VwGH 2001/16/0253

VwGH2001/16/025319.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der D in W, vertreten durch Dr. Friedrich H. Knöbl, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Meidlinger Hauptstr. 28, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. Februar 2001, GZ-RV-240-09/12/00, betreffend Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §246 Abs1;
BAO §257;
BAO §273 Abs1 lita;
BAO §246 Abs1;
BAO §257;
BAO §273 Abs1 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin brachte beim Verfassungsgerichtshof die unter B 1676/97-9 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses der Ärztekammer Wien vom 17. April 1997, Zl. B 33/97, mit dem Eventualantrag auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof ein und entrichtete die für die Einbringung von Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof entstandene Stempelgebühr.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 29. September 1997 ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Mit Schreiben vom 24. November 1997 forderte der Leiter der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtshofes den Beschwerdevertreter selbst und nicht in seiner Eigenschaft als Vertreter der Beschwerdeführerin "in der vom Verfassungsgerichtshof abgetretenen Beschwerdesache Dr. Paula Adrario gegen Beschwerdeausschuss d. Wohlfahrtsfonds" auf, binnen Wochenfrist ein festgestelltes Stempelgebrechen durch Nachreichung von S 2.500,-- in Bundesstempelmarken zu beheben. Die Gebühr wurde nicht entrichtet.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien schrieb dem Beschwerdevertreter mit Bescheid vom 29. März 1999 gemäß § 24 Abs. 3 VwGG Stempelgebühr in Höhe von S 2.500,-- und eine Gebührenerhöhnung gemäß § 9 Abs. 1 GebG in Höhe von S 1.250,--, insgesamt somit S 3.750,-- vor.

Die Vorschreibung erfolgte durch Anführung des Beschwerdevertreters im Adressatenbereich des Bescheides ausschließlich an den Beschwerdevertreter als Gebührenschuldner und nicht an die - nicht im Adressatenbereich des Bescheides genannte - Beschwerdeführerin für die "Abgetretene VfGH Beschwerde vom 19.11.1997, eingelangt beim VwGH, Zl. 97/11/0326, für Dr. Paul (richtig: Paula) Adrario betr. Wohlfahrtsfonds d. Ärztekammer Wien".

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin vertreten durch den Beschwerdevertreter Berufung, in der sie vorbrachte, die beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde sei vergebührt und die an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde am 13. Jänner 1998 zurückgezogen worden. Die Gebührenpflicht bestehe nicht zu Recht, es liege eine unzulässige Doppelvergebührung der Beschwerde vor.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 1999 wies die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 273 Abs. 1 BAO mit der Begründung zurück, die Einbringung einer Berufung sei gemäß § 246 Abs. 1 BAO nur derjenige befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen sei. Der Bescheid vom 29. März 1999 sei an den Beschwerdevertreter ergangen. Die durch diesen vertretene Beschwerdeführerin sei daher zur Einbringung der Berufung nicht befugt.

In der gegen diesen Zurückweisungsbescheid erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, beim Verwaltungsgerichtshof sei der Beschwerdevertreter für sie eingeschritten und die Gebührenpflicht und ein allfälliges Gebührengebrechen treffe somit sie und nicht ihren ausgewiesenen Vertreter. Deshalb sei im Bescheid auch ausdrücklich auf das Vollmachtsverhältnis verwiesen worden. Auf Grund der ausgewiesenen Vollmacht sei der Gebührenbescheid ihrem ausgewiesenen Vertreter zuzusenden und dieser habe ordnungsgemäß für sie das erforderliche Rechtsmittel eingebracht.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 9. Mai 2000 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Der Gebührenbescheid sei an den Beschwerdevertreter als Bescheidadressaten zugestellt worden. Die durch ihn vertretene Beschwerdeführerin sei daher nicht berechtigt gewesen, eine Berufung gegen diesen Bescheid einzubringen, der Zurückweisungsbescheid sei folglich zu Recht ergangen.

Im - als Berufung bezeichneten - Vorlageantrag brachte die Beschwerdeführerin vor, es sei dem Bescheid mit dem Verweis auf die von ihr eingebrachte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdevertreter selbst Bescheidadressat gewesen sei. Anhand der Bescheidgestaltung sei vielmehr davon auszugehen gewesen, dass diesem der Bescheid als Vertreter der Beschwerdeführerin zugegangen sei. Neben der Beschwerdeführerin sei der Beschwerdevertreter zur Entrichtung der Stempelgebühren zur ungeteilten Hand verpflichtet. Die Solidarhaftung berufsmäßiger Parteienvertreter werde keinesfalls bestritten. Die Beschwerdeführerin sei als Primärschuldnerin jedenfalls verfahrensbeteiligt und daher legitimiert, den Abgabenbescheid anzufechten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Auch bei Gesamtschuldverhältnissen gelte die Regel des § 246 Abs. 1 BAO, wonach der Berufungswerber nur der sein könne, dem gegenüber der Bescheid ergangen und wirksam bekannt gegeben, also zugestellt worden sei. Auch hier gelte das Erfordernis der Identität der Nennung dessen, für den der Bescheid seinem Inhalt nach bestimmt sei und der als Schuldner in Anspruch genommen werde sowie an den die Zustellung erfolge. Ein Gesamtschuldner sei nur berufungsberechtigt, wenn der schuldbegründende Bescheid an ihn ergangen und ihm gegenüber durch die Zustellung wirksam geworden sei. Berufungswerber könne nur der sein, dem der Bescheid wirksam bekannt gegeben worden und für den der Bescheid auch inhaltlich bestimmt sei. Die Beschwerdeführerin sei im Adressfeld nicht erwähnt worden, daher sei sie zur Einbringung der Berufung nicht berechtigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf "Vergebührung ihrer Sukzessivbeschwerde gemäß dem Gebührengesetz 1957 in der Fassung der vor der am 1. September 1997 in Kraft getretenen Neuregelung des § 24 Abs. 3 VwGG" - und damit auch in ihrem Recht auf Nichtzurückweisung der Berufung - verletzt.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 24 Abs. 3 erster und zweiter Satz VwGG (in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997) lauten:

"(3) Für Beschwerden, Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens einzelner, mit Ausnahme von Gebietskörperschaften - einschließlich der Beilagen -, ist spätestens im Zeitpunkt ihrer Überreichung eine Gebühr von 2 500 S zu entrichten. Die Gebühr ist durch Aufkleben von Stempelmarken auf einer Ausfertigung der Schriftsätze oder durch Einzahlung mit Erlagschein auf das Konto des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien unter Angabe des Verwendungszwecks zu entrichten."

§ 13 GebG 1957 lautet:

"§ 13. (1) Zur Entrichtung der Stempelgebühren sind verpflichtet:

1. Bei Eingaben, deren Beilagen und den die Eingaben vertretenden Protokollen sowie sonstigen gebührenpflichtigen Protokollen derjenige, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht oder das Protokoll verfasst wird;

2. bei amtlichen Ausfertigungen und Zeugnissen derjenige, für den oder in dessen Interesse diese ausgestellt werden;

3. bei Amtshandlungen derjenige, in dessen Interesse die Amtshandlung erfolgt;

(2) Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung der Stempelgebühr zwei oder mehrere Personen, so sind sie zur ungeteilten Hand verpflichtet.

(3) Mit den im Abs. 1 genannten Personen ist zur Entrichtung der Stempelgebühren zur ungeteilten Hand verpflichtet, wer im Namen eines anderen eine Eingabe oder Beilage überreicht oder eine gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder ein Protokoll oder eine Amtshandlung veranlasst."

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien schrieb dem Beschwerdevertreter (als Gebührenschuldner nach § 13 Abs. 3 GebG) die nach § 24 Abs. 3 VwGG zu entrichtende Gebühr samt Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG vor. Die Vorschreibung erfolgte durch ausschließliche Anführung des Beschwerdevertreters im Adressatenbereich des Bescheides nur an den Beschwerdevertreter als Gebührenschuldner (ausdrücklich wird im Bescheid auch angeführt, dass der Bescheid "an Sie als Gesamtschuldner" ergeht) und nicht an die - nicht im Adressatenbereich des Bescheides genannte - Beschwerdeführerin. Dieser Bescheid vom 29. März 1999 wurde nicht zu Handen des Beschwerdevertreters der Beschwerdeführerin, sondern an den Beschwerdevertreter zugestellt.

Der im Bescheid angeführte Hinweis, "Abgetretene VfGH Beschwerde vom 19.11.1997, eingelangt beim VwGH, Zl. 97/11/0326, für Dr. Paul (richtig: Paula) Adrario betr. Wohlfahrtsfonds d. Ärztekammer Wien" nennt lediglich den Entstehungsgrund der Gebührenschuld, keineswegs lässt sich daraus aber ableiten, dass damit der Beschwerdeführerin die Gebührenschuld vorgeschrieben wird.

Gemäß § 246 Abs. 1 BAO ist zur Einbringung einer Berufung jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

Bei Gesamtschuldverhältnissen ist nur der in Anspruch genommene Gesamtschuldner bzw. der in Anspruch genommene Haftungspflichtige zur Einbringung einer Berufung berechtigt. Noch nicht herangezogene Gesamtschuldner und Haftungspflichtige sind nicht berufungsbefugt, sondern allenfalls gem. § 257 BAO beitrittsberechtigt (vgl. Ritz, BAO-Kommentar2, Rz 5 zu § 246 BAO).

Wird eine Berufung von einem hiezu nicht Legitimierten eingebracht, so ist sie gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO zurückzuweisen (vgl. Ritz, a.a.O., Rz 7 zu § 246).

Da die Beschwerdeführerin als nicht herangezogene Gesamtschuldnerin zur Erhebung der Berufung nicht legitimiert war und ein Berufungsbeitritt nicht vorlag, erfolgte die Zurückweisung der Berufung zu Recht.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. September 2001

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