VwGH 2001/14/0169

VwGH2001/14/016928.5.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur Mag (FH) Schärf, über die Beschwerde der H-GesmbH in L, vertreten durch Dr. Anton Moser, Rechtsanwalt in 4050 Traun, Johann-Roithner Straße 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 19. Februar 2001, Zl. RV788/1-8/1999, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für den Zeitraum 1. Jänner 1995 bis 31. Dezember 1998, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;
EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Wirtschaftstreuhand-GmbH war in den Streitjahren (ab Oktober 1996) zunächst zu 55 %, später zu 73,3 % an dieser Gesellschaft beteiligt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für die Jahre 1995 bis 1998 Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen unter Berufung auf § 41 Abs 1 Familienlastenausgleichsgesetz (im Folgenden kurz: FLAG) vorgeschrieben. Begründend wird u.a. ausgeführt, im Zuge einer Lohnsteuerprüfung im Unternehmen der Beschwerdeführerin sei festgestellt worden, dass die Vergütungen des Geschäftsführers ab Oktober 1996 nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einbezogen worden seien. In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid sei eingewandt worden, bis auf einen geringen Anteil von ca 10 % erhalte der Geschäftsführer sein Honorar, weil er für die Beschwerdeführerin als Steuerberater auf Grund eines Werkvertrages tätig sei. Der Geschäftsführer sei aber generell nicht auf Grund eines Dienstverhältnisses tätig. Aus der Beantwortung eines Fragenkataloges ergebe sich, dass sich der Geschäftsführer in seiner Eigenschaft als Steuerberater vertreten lassen könne. Er erhalte sein Honorar zwölf Mal jährlich ausbezahlt. Er erhalte auch eine ergebnisabhängige Prämie. Die Beschwerdeführerin stelle dem Geschäftsführer ein Kfz zur Verfügung, welches dieser auch für Privatfahrten nutzen dürfe. Im Übrigen ersetze die Beschwerdeführerin die Auslagen des Geschäftsführers nicht. Nach den Feststellungen der belangten Behörde erhalte der Geschäftsführer wie ein Arbeitnehmer eine nach der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden berechnete Vergütung. Diese Vergütung habe 658.560 S für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 1996, 2,250.150 S für das Kalenderjahr 1997 und 2,289.751 S für das Kalenderjahr 1998 betragen. Eine Abrechnung nach geleisteten Arbeitsstunden stelle für sich allein noch keine erfolgsabhängige Entlohnung dar. Eine derartige Entlohnung könne nicht dazu führen, dass, wie dies etwa bei einer Gewinnbeteiligung der Fall sei, die Arbeitsleistung überhaupt nicht entlohnt werde. Die zusätzliche Gewährung einer gewinnabhängigen Prämie (erstmals im Jahr 1998 für das Kalenderjahr 1997) sei auch bei leitenden Angestellten üblich. Die Beschwerdeführerin sei nach § 1014 ABGB verpflichtet, dem Geschäftsführer die Barauslagen zu ersetzen. Diesem Umstand sei dadurch Rechnung getragen worden, dass dem Geschäftsführer unentgeltlich ein Pkw zur Verfügung gestellt worden sei. Nach Ansicht der belangten Behörde treffe den Geschäftsführer kein Unternehmerwagnis. Das Fehlen des Anspruches auf Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall hänge nicht mit einem Unternehmerwagnis zusammen, sondern mit dem "sozial gestaffelten Arbeitsrecht" und der auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Beziehung fehlenden Weisungsunterworfenheit. Die faktische Eingliederung in den Betrieb der Beschwerdeführerin ergebe sich aus den vom Geschäftsführer zu erfüllenden Aufgaben. Für seine Tätigkeit seien ihm der gesamte Büroapparat und die Bediensteten der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestanden. Die Aufgabe des Geschäftsführers habe Tätigkeiten im Bereich der Steuerberatung und der Buchführung betroffen. Im Hinblick auf die auf einen längeren Zeitraum ausgerichteten Tätigkeiten sei von einem Dauerschuldverhältnis und nicht von einem Werkvertrag auszugehen. Das Vertragsverhältnis des Geschäftsführers weise sohin - bei Außerachtlassung der Weisungsgebundenheit - die Merkmale eines Dienstverhältnisses auf, sodass seine Einkünfte solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 seien und deshalb in die Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einzubeziehen seien.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Juni 2001, B 343/01, ab. Mit Beschluss vom 22. August 2001 trat er die Beschwerde gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 41 Abs 1 bis 3 FLAG in der für die Streitjahre geltenden

Fassung lautet:

"(1) Den Dienstgeberbeitrag haben alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen; als im Bundesgebiet beschäftigt gilt ein Dienstnehmer auch dann, wenn er zur Dienstleistung ins Ausland entsendet ist.

(2) Dienstnehmer sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.

(3) Der Beitrag des Dienstgebers ist von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988."

Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu in Auslegung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 u.a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2001, 2001/14/0052 und 2001/14/0054).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird (vgl das oben zitierte Erkenntnis 2001/14/0052).

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis 2001/14/0054).

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft.

Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung zu § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 ergangenen Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag gezogen hat. Das für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Tätigwerden ist im Beschwerdefall unbestritten geblieben. Gleiches gilt für die laufende Entlohnung. Im Hinblick auf die nur moderaten Schwankungen der Bezüge des Geschäftsführers hat die belangte Behörde zutreffend ein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko ausgeschlossen (vgl das hg Erkenntnis vom 27. März 2002, 2001/13/0071). Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, es habe Schwankungen in der gewinnabhängigen Tantieme gegeben (1997: 850.000 S, 1998: 602.060 S, 1999: 195.580 S), ist dem entgegenzuhalten, dass diese Tantiemen nur einen kleinen Teil des im Wesentlichen nur geringe Schwankungen aufweisenden Gesamtbezuges des Geschäftsführers bilden, und dass Tantiemen, die für sich gewinnabhängig sind, insbesondere bei leitenden Angestellten nicht ungewöhnlich sind, weshalb sie nicht für ein solches Risiko sprechen, das für Unternehmer typisch ist (vgl das hg Erkenntnis vom 12. September 2001, 2001/13/0180). Schließlich ist darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführerin nicht vorbringt, es hätte das Risiko von ins Gewicht fallender Schwankungen auf der Ausgabenseite bestanden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 501/2001.

Wien, am 28. Mai 2002

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