Normen
FinStrG §197;
FinStrG §53 Abs1;
FinStrG §54 Abs1;
FinStrG §54 Abs3;
FinStrG §54 Abs5;
FinStrG §57 Abs1;
FinStrG §82 Abs2;
FinStrG §85 Abs1 litc;
FinStrG §85;
FinStrG §86 Abs1 litb;
FinStrG §88 Abs1 litb;
FinStrG §88 Abs1;
EMRK Art6;
VwRallg;
FinStrG §197;
FinStrG §53 Abs1;
FinStrG §54 Abs1;
FinStrG §54 Abs3;
FinStrG §54 Abs5;
FinStrG §57 Abs1;
FinStrG §82 Abs2;
FinStrG §85 Abs1 litc;
FinStrG §85;
FinStrG §86 Abs1 litb;
FinStrG §88 Abs1 litb;
FinStrG §88 Abs1;
EMRK Art6;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Abweisung der Beschwerde gegen die Festnahmeanordnung betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdefall steht im Zusammenhang mit von den Finanzstrafbehörden in den Jahren 1998 bis 2000 nach Einsichtnahme in das Rechenwerk von Getränkelieferanten bei Gastwirten wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung durch den nicht deklarierten Verkauf von Getränken verstärkt vorgenommenen Ermittlungen. Gegen einer große Anzahl von Gastwirten wurde der Vorwurf erhoben, sie hätten von Lieferantenangeboten Gebrauch gemacht, nur einen Teil ihrer Getränke als auf Rechnung des Unternehmens eingekauft darzustellen, einen anderen Teil aber als "Schwarzlieferungen" zu behandeln. Die aus dem Verkauf der nicht im Rechenwerk aufscheinenden Lieferungen erzielten Erlöse seien anschließend nicht deklariert worden.
Bei der im Getränkevertrieb tätigen Unternehmensgruppe der B AG wurde im Zuge von Hausdurchsuchungen umfangreiches Datenmaterial sichergestellt, welches bei Betriebsprüfungen im gesamten Bundesgebiet ausgewertet wurde. Gegen den bei der B AG als Verkaufsleiter der Niederlassung Wels tätigen Beschwerdeführer wurden in diesem Zusammenhang durch das Finanzamt Ermittlungen wegen des Verdachtes des vorsätzlichen Tatbeitrages geführt.
Aufgrund dieser Erhebungen wurde mit der mit 13. September 1999 datierten Festnahmeanordnung des Finanzamtes als Finanzstrafbehörde erster Instanz der Auftrag erteilt, den Beschwerdeführer in Haft zu nehmen. Es bestehe der dringende Verdacht, dass "Schwarzlieferungen" der B AG vom Beschwerdeführer in der Form initiiert und abgesichert worden seien, dass Unternehmer einen Teil der Lieferung auf Rechnung, einen zweiten Teil ohne Rechnung erhalten hätten. Dem Beschwerdeführer sei bekannt gewesen, dass diese "Schwarzlieferungen" vom Unternehmer im Unternehmen verkauft würden, ohne in den steuerlichen Rechengang Eingang zu finden. Der Tatbeitrag sei dahin zu sehen, dass der Beschwerdeführer als Verkaufsleiter des Außendienstes die Teilung der Lieferung in korrekte Lieferungen bzw. "Schwarzlieferungen" organisiert habe und nur auf Grund dieser Organisation die Tatausführung möglich gewesen sei. Durch das Wissen um die Wareneinsatz- bzw. Erlösverkürzung bestehe der dringende Verdacht des Tatbeitrages zum Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung bei drei im Bescheid namentlich genannten Unternehmen, wobei der nach Unternehmen und Steuern aufgegliederte strafbestimmende Wertbetrag 635.549 S betrage. Auf Grund der Aktenlage sei derzeit ein eine Million erreichender bzw. übersteigender Hinterziehungsbetrag nicht erweislich.
Es bestehe der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr im Sinne des § 85 Abs 1 lit c FinStrG, da der Verdacht bestehe, der Beschuldige beeinflusse die an der Tat Beteiligten und versuche, die Ermittlung der Wahrheit in der Form zu erschweren, dass jeder Tatvorwurf bestritten werden solle, obwohl bereits Tatgeständnisse vorlägen. Der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 85 Abs 1 lit d FinStrG liege deshalb vor, weil der Verdacht bestehe, es solle "seitens der Mitbeschuldigten mit den Erlösverkürzungen fortgesetzt werden, es sei von oben her alles abgesichert", womit gemeint sei, dass seitens der "Chefetage" Zustimmung zu dieser Vorgangsweise erteilt worden sei. Der Strafreferent des Finanzamtes habe die Verhängung der Untersuchungshaft beantragt, "wobei vorher die Festnahmeanordnung als Verwahrungshaft auszusprechen war, um nach anschließender Vernehmung des Verdächtigen über die weitere Haft zu entscheiden".
Am 16. September 1999 erschien der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Rechtsanwalt im Gebäude des Finanzamtes, worauf ihm die mit 13. September 1999 datierte Festnahmeanordnung ausgefolgt, seine Festnahme ausgesprochen und er vom Vorsitzenden des Spruchsenates zu den Haftgründen vernommen wurde.
In Anschluss an die von ihm vorgenommene Vernehmung zu den Haftgründen verkündete der Vorsitzende des Spruchsenates den Bescheid betreffend Anwendung des gelinderen Mittels nach § 88 Abs 1 lit b FinStrG. Der Beschwerdeführer habe im Zuge seiner Vernehmung zur Sache selbst nichts sagen wollen, sodass aufgrund der Aktenlage weiterhin der dringende Tatverdacht zu bejahen sei. Bedenke man, dass die Haft doch eine Stunde gedauert habe und diese für den Beschuldigten überraschend gekommen sei, könne bei der aktengegenständlichen Höhe des Verkürzungsbetrages das gelindere Mittel angewendet werden. Zur gerügten Unzuständigkeit des Spruchsenatsvorsitzenden sei auszuführen, dass das beim Landesgericht Linz behängende Strafverfahren nicht den Sprengel des Finanzamtes Wels umfassen könne, weil nach § 61 Abs 1 FinStrG von einer identen Finanzstrafbehörde erster Instanz auszugehen sei, es sich jedoch bei dem beim LG Linz anhängigen Verfahren um Finanzvergehen handle, die im Sprengel des Finanzamtes Linz begangen worden seien.
Der Beschwerdeführer erhob gegen die Festnahmeanordnung, gegen seine erfolgte Festnahme sowie gegen den Bescheid auf Verhängung gelinderer Mittel in einem Beschwerde.
Die Rechtswidrigkeit der bekämpften Hoheitsakte ergebe sich aus der Unzuständigkeit des Finanzamtes Wels. Beim Landesgericht Linz sei ein Strafverfahren gegen verantwortlichte Mitarbeiter aus dem Kreis der Unternehmensgruppe der B AG anhängig, dessen Gegenstand völlig identisch mit demjenigen sei, der ihm zu Last gelegt werde. Er sei Mitarbeiter der B AG, sodass er, sofern sich gegen ihn tatsächlich ein begründeter Verdacht ergäbe, an denjenigen strafbaren Handlungen beteiligt gewesen wäre, die Gegenstand des Strafverfahrens beim LG Linz seien. Damit wäre er einer strafbaren Handlung verdächtig, die in die Zuständigkeit der Gerichte falle. Dem Finanzamt Wels sei bekannt, dass er in seiner beruflichen Zuständigkeit nicht nur mit der Abwicklung der Belieferung der drei in der Festnahmeanordnung bezeichneten Gastgewerbebetriebe, sondern vielmehr mit einer Vielzahl von Betrieben im Sprengel des Finanzamtes Wels betraut gewesen sei. Dem Finanzamt liege die komplette Datensammlung der Lieferungen von Letztverbrauchermengen an Gastwirte im Sprengel des Finanzamtes Wels vor. Wenn überhaupt der Tatverdacht der Beteiligung an Abgabenhinterziehungen von Gastwirten begründbar sei, was ausdrücklich bestritten werde, so indizierten die dem Finanzamt zur Verfügung stehenden Unterlagen mit einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit einen strafbestimmenden Wertbetrag, der die Zuständigkeit der Gerichte begründe. Die Beschränkung auf lediglich drei namentlich genannte Unternehmen erfolge demnach willkürlich.
Wenn dem Beschwerdeführer in der Festnahmeanordnung vorgeworfen werde, dass er es unternommen haben soll, die Ermittlungen der Wahrheit dadurch zu erschweren, dass jeder Tatvorwurf bestritten werden soll, obwohl bereits Tatgeständnisse vorlägen, so verkenne die Behörde damit die Grundsätze eines auch die Rechte der Verteidigung sichernden Strafverfahrens. Es stehe jedem Verdächtigen einer strafbaren Handlung frei, deren Begehung zu bestreiten. Gleichermaßen stehe es dem Verdächtigen auch frei, mit anderen Personen, die verdächtigt werden, an der Tatsausführung mitgewirkt zu haben, eine gleichermaßen bestreitende Verantwortung abzusprechen.
Auch im verwaltungsbehördlichen Strafverfahren sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Wenn § 85 Abs 1 FinStrG keinen Hinweis darauf enthalte, dass Voraussetzung für die Verhängung der Haft das Vorliegen eines dringenden Tatverdachtes sei, so müsse dennoch eine solche Voraussetzung dem Tatbestand unterlegt werden. Einen Hinweis auf das Vorliegen eines dringenden Tatverdachtes enthalte die Festnahmeanordnung aber nicht.
Auch verpflichte das Vorliegen einer Festnahmeanordnung die Behörde nicht, die Festnahme tatsächlich auszusprechen.
§ 85 Abs 1 FinStrG bestimme nämlich, dass die hierin vorgesehene Festnahme dazu bestimmt sei, einen Verdächtigen der Finanzstrafbehörde vorzuführen. Sofern sich ein Verdächtiger aus freien Stücken zur Finanzstrafbehörde begebe um sich einer Vernehmung zu stellen, dürfe eine Festnahme nur ausgesprochen werden, wenn sich nach Durchführung der Vernehmung ergebe, dass ein Grund zur weiteren Verwahrung vorliege. Die trotz des freiwilligen Erscheinens des Beschwerdeführers erfolgte Festnahme stelle einen rechtswidrigen Verwaltungsakt dar, welcher in das verfassungsgesetzlich garantierte Recht auf Freiheit der Person eingreife. Dass die Festnahme zu keinem Zeitpunkt gerechtfertigt gewesen sei, ergebe sich aus dem nachfolgenden Bescheid, mit dem die Haft durch gelindere Mittel ersetzt worden sei.
Schließlich sei der Bescheid, mit dem als gelinderes Mittel das Gelöbnis angeordnet worden sei, keinen Versuch zu unternehmen, die Untersuchung zu vereiteln, deshalb rechtswidrig, weil kein die Verhängung der Untersuchungshaft zulassender Haftgrund und kein dringender Tatverdacht vorgelegen sei. Selbst wenn man diese Voraussetzungen bejahte, ergebe sich die Rechtswidrigkeit des Verlangens des Gelöbnisses, weil dieses in unzulässiger Weise in die Verteidigungsrechte eingreife. Eine einer strafbaren Handlung verdächtige Person treffe keine wie immer geartete Verpflichtung, an der Ermittlung der Wahrheit mitzuwirken. Sie sei im Gegensatz dazu vielmehr berechtigt, innerhalb der Schranken der Rechtsordnung den Nachweis zu erschweren, wozu auch das Recht zähle, sich wahrheitswidrig zu verantworten oder mit Mitverdächtigen eine übereinstimmende Verantwortung zu verabreden. Dies selbst dann, wenn durch die Wahrnehmung dieser Rechte die Untersuchung tatsächlich vereitelt werde. Das abverlangte Gelöbnis habe nur den Sinn, keinen rechtswidrigen Versuch der Vereitelung zu ermöglichen. Hiezu bedürfe es aber keines Gelöbnisses, weil ein dieser Verpflichtung widerstreitendes Verhalten ohnedies in der Rechtsordnung die entsprechenden Sanktionen finde. Das Gelöbnis, sich rechtskonform zu verhalten, sei lediglich die keine zusätzliche Sicherheit bietende Verdopplung einer bestehenden Verpflichtung. Eine darüber hinaus gehende Verpflichtung würde einen unzulässigen Eingriff in die Verteidigungsrechte darstellen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde gegen die Festnahmeanordnung sowie den Bescheid, mit welchem von der Verhängung der Untersuchungshaft gegen Ablegung eines Gelöbnisses abgesehen wurde, als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerde gegen die erfolgte Festnahme wurde zurückgewiesen.
Der Aktenlage sei zu entnehmen, dass zum Zeitpunkt der Amtshandlungen die Auswertung des sichergestellten und der Betriebsprüfung des Finanzamtes Wels übermittelten Datenmaterials und die finanzstrafrechtliche Würdigung gerade im Gang gewesen und ein Verdacht gegen den Beschwerdeführer wegen Tatbeitrages zu von drei Beziehern von Getränkelieferungen bewirkten Abgabenverkürzungen in Höhe von insgesamt 635.549 S konkretisiert gewesen sei. Weitere Fälle seien beim genannten Finanzamt noch nicht ausgewertet gewesen, sodass weitere vom Beschwerdeführer zu verantwortende Verkürzungen noch nicht festgestanden seien.
Daraus folge unter Zugrundelegung der §§ 53 Abs 1 lit b und 53 Abs 8 FinStrG mangels Überschreitung der relevanten Betragsgrenze eine damals gegebene Zuständigkeit des Finanzamtes als Finanzstrafbehörde erster Instanz, welche erst später durch weitere Erhebungsergebnisse auf das Landesgericht Wels bzw. Linz übergegangen sei, ohne dass sich aus dem Grunde der späteren Zuständigkeit der Strafgerichte eine Anfechtbarkeit der verwaltungsbehördlichen Maßnahmen wegen Unzuständigkeit ergebe.
Soweit die Zuständigkeit mit dem Hinweis auf einen eine Million übersteigenden Wertbetrag in Zweifel gezogen werde, lasse das Rechtsmittel ein überprüfbares Sachverhaltssubstrat dahingehend vermissen, dass zum damaligen Zeitpunkt konkrete Verkürzungen festgestellt gewesen wären, welche bei entsprechendem gleichartigem deliktischem Verhalten dem Beschwerdeführer als Beitragstäter vorzuwerfen gewesen wären. Ohne eine durch Beweismittel erhärtete Verdachtslage sei es einer Ermittlungsbehörde im Sinne des Art 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention verwehrt, den "schlimmstmöglichen" Fall anzunehmen.
Zur vom Beschwerdeführer geltend gemachten inhaltlichen Rechtswidrigkeit führte die belangte Behörde aus, das Finanzamt habe nicht die fehlende eigene Einlassung des Beschwerdeführers, sondern vielmehr dessen sich aus der Aktenlage erschließenden Versuch, bereits geständig gewordene unmittelbare Täter dazu zu bewegen, jeden Tatvorwurf zu bestreiten, als für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 85 Abs 1 lit c FinStrG relevant bewertet.
So habe Mag. K anlässlich einer Befragung am 22. Juli 1999 erklärt, dass "man" nach der Hausdurchsuchung bei der B AG von dieser aufgefordert worden sei, so weiterzumachen wie bisher. Es sei auffällig, wenn von den einzelnen Wirten mehr offizielles Bier eingekauft werde als bisher. Am 2. September 1999 habe Mag. K präzisiert, er habe mit dem Beschwerdeführer etwa im Oktober bzw. November 1998 die weitere Vorgangsweise besprochen. Der Beschwerdeführer habe ihn dabei aufgefordert, so weiter zu machen wie bisher und alles abzustreiten.
Auch Frau L. habe am 2. September 1999 angegeben, cirka eineinhalb Monate zuvor vom Beschwerdeführer aufgefordert worden zu sein, die Schwarzlieferungen zu bestreiten.
Ferner habe sich auch Mag. L am 8. September 1999 erinnert, dass der Beschwerdeführer nach erfolgter Kontaktaufnahme mit der Gruppe der B AG im Zuge der Ankündigung der Betriebsprüfung bei seinem Mandanten dessen Lokal aufgesucht habe. Bei einem Telefonat zwischen ihm und dem Beschwerdeführer habe dieser massiv darauf gedrängt, es solle kein Geständnis abgegeben und alles abgestritten werden.
Diese Aussagen ergäben konkrete Anhaltspunkte, die darauf hindeuteten, dass von Seiten des Beschwerdeführers vor Erlassung der Festnahmeanordnung (Ausfertigungsdatum 13. September 1999) und des Bescheides über die Anwendung des gelinderen Mittels vom 16. September 1999 der Versuch unternommen worden sei, die Wahrheitsfindung im Ermittlungsverfahren zu beeinträchtigen.
Ebenso habe der Beschwerdeführer die Getränkekunden aufgefordert, "weiterzumachen wie bisher", sohin im Ergebnis mit Unterstützung des Getränkelieferanten weiterhin Abgabenverkürzungen zu bewirken. Aus den Aussagen ergebe sich daher, dass der Beschwerdeführer ohne Maßnahme der Finanzstrafbehörde strafbare Handlungen begehen würde, welche gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet seien, wie die bereits angelastete Tat.
Hinsichtlich der Festnahme führte die belangte Behörde aus, dass diese ein nicht eigenständig bekämpfbares Ergebnis der bescheidmäßigen Festnahmeanordnung darstelle, weshalb das diesbezügliche Rechtsmittel zurückzuweisen sei.
Ein Rechtsanspruch eines Straftäters auf durch Behördeneinwirken unbeeinträchtigtes Verdunkeln und damit die Rechtspflicht der Strafverfolgungsbehörde, Verdunkelungsversuche zuzulassen, sei der Rechtsordnung fremd.
Hinsichtlich des Vorbringens, die Festnahme des Beschwerdeführers erweise sich bei freiwilligem Erscheinen in den Räumlichkeiten der Finanzstrafbehörde als rechtswidrig, sei auf den Gesetzestext des § 85 Abs 1 FinStrG zu verweisen, wonach die Festnahme eines Verdächtigen zum Zwecke der Vorführung und vorläufigen Verwahrung angeordnet werden könne. Es entspreche der Logik, eine derartige Maßnahme als rechtmäßig zuzulassen, weil der erschienene Verdächtige sich andernfalls ebenso rasch aus der von ihm aufgesuchten Dienststelle wieder entfernen könnte.
Der Behauptung, der Bescheid, mit welchem von der Verhängung der Untersuchungshaft nach Anwendung eines gelinderen Mittels, nämlich eines vom Verdächtigen abgelegten Gelöbnisses, abgesehen worden sei, erweise sich als rechtswidrig, weil er in unzulässiger Weise in die Verteidigungsrechte eingreife, stehe der Wortlaut des Gesetzes entgegen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 12. Juni 2001, B 408/01, die Behandlung der gegen diesen Bescheid vor ihm erhobenen Beschwerde abgelehnt und mit Beschluss vom 1. August 2001 die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 144 Abs 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 53 Abs 1 lit b FinStrG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung ist u.a. dann das Gericht zur Ahndung von Finanzvergehen zuständig, wenn das Finanzvergehen vorsätzlich begangen wurde und der Wertbetrag, nach dem sich die Strafdrohung richtet (strafbestimmender Wertbetrag), 1 Mio S übersteigt oder wenn die Summe der strafbestimmenden Wertbeträge aus mehreren zusammentreffenden vorsätzlich begangenen Finanzvergehen 1 Mio S übersteigt und alle diese Vergehen in die örtliche und sachliche Zuständigkeit derselben Finanzstrafbehörde fielen.
Gemäß § 53 Abs 6 FinStrG sind Finanzvergehen, deren Ahndung nicht dem Gericht zukommt, von den Finanzstrafbehörden zu ahnden.
Kann eine Prüfung, ob das Gericht zur Ahndung des Finanzvergehens zuständig sei, noch nicht vorgenommen werden, so hat die Finanzstrafbehörde gemäß § 53 Abs 8 FinStrG alle zur Sicherung der Beweise erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Solche Maßnahmen der Finanzstrafbehörde sind wegen Unzuständigkeit nicht anfechtbar, wenn sich später die gerichtliche Zuständigkeit herausstellt.
Wie bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen, behauptet auch die vorliegende Beschwerde die Unzuständigkeit des Finanzamtes Wels als Finanzstrafbehörde erster Instanz. Das Finanzamt sei vom Landesgericht Linz in einem bei diesem anhängigen Verfahren gegen unbekannte Täter mit der Vornahme von Erhebungen beauftragt worden. Auch verfüge das Finanzamt Wels über eine komplette Datensammlung der Lieferungen von Letztverbrauchermengen an Gastwirte in seiner örtlichen Zuständigkeit und sei diesem bekannt, dass eine Vielzahl von Strafverfahren wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung wider Gastwirte laufen. Sollte daher überhaupt der Tatverdacht der Beteiligung an einer Abgabenhinterziehung begründbar sein, so sei es aufgrund der dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen evident, dass der strafbestimmende Wertbetrag den in § 53 Abs 1 lit b FinStrG angeführten bei weitem übersteige. Die Behörde habe die Frage der Zuständigkeit anhand der ihr bekannten Unterlagen zu überprüfen und hätte eine diesbezügliche Prüfung bereits zum Zeitpunkt der gegen den Beschwerdeführer gesetzten Handlungen vornehmen können. Die gerichtliche Zuständigkeit sei dem Finanzamt bereits im Zeitpunkt des Einschreitens bekannt gewesen.
Diesem Vorbringen ist zunächst zu erwidern, dass die Tatsache der Anhängigkeit eines Verfahrens gegen unbekannte Täter beim Landesgericht Linz für sich noch nicht die Unzuständigkeit des Finanzamtes Wels zur Ermittlung bzw. Ahndung gleichgelagerter Fälle von Abgabenhinterziehung in seinem Amtssprengel zur Folge hat. Vielmehr haben die Abgabenbehörden in Wahrnehmung ihrer eigenen Zuständigkeit in ihrem Amtsbereich entsprechende Sachverhaltsermittlungen anzustellen.
Der Beschwerdeführer behauptet nicht (dies ist im Übrigen auch dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen), dass dem Finanzamt Wels bei Vornahme der gegenständlichen Hoheitsakte in seinem örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsbereich bereits weitere konkrete Ergebnisse von Betriebsprüfungen und nachfolgender Ermittlungsschritte vorgelegen seien, welche Abgabenhinterziehungen in dem Ausmaß zu Tage gebracht und einen konkreten Verdacht auf eine Beteiligung des Beschwerdeführers begründet hätten, sodass zufolge der Bestimmung des § 53 Abs 1 FinStrG eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben gewesen wäre.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 20. Juli 1999, 94/13/0059, festgestellt hat, setzt die Feststellung der gerichtlichen Zuständigkeit aber voraus, dass die hiefür maßgebenden Tatbestandselemente mit so großer Wahrscheinlichkeit als zutreffend anzusehen sind, dass eine Unzuständigkeitsentscheidung des Gerichtes (§ 54 Abs 5 FinStrG) tunlichst vermieden wird. Dies liegt nicht nur im Sinn der Prozessökonomie, sondern ergibt sich auch aus der gesetzlichen Anordnung, wonach eine rechtskräftige Unzuständigkeitsentscheidung des Gerichtes endgültig die Zuständigkeit der Finanzstrafbehörde begründet und eine neuerliche Befassung des Gerichtes (nach Hervorkommen entsprechender Tatsachen) nicht vorgesehen ist.
Die Intention des Gesetzgebers, dass die für die Verwirklichung des Straftatbestandes maßgebenden Fakten in einem solchen Ausmaß durch die Finanzstrafbehörde ermittelt werden, dass (spätere) Zweifel betreffend die Zuständigkeit für die Durchführung des Strafverfahrens weitgehend vermieden werden, bedeutet für den konkreten Fall selbst dann nicht, dass die Finanzstrafbehörde die Auswertung des gesamten ihr vorliegenden Datenmaterials und der Ergebnisse allfälliger Betriebsprüfungen und weiterer Ermittlungsschritte abzuwarten gehalten gewesen war, wenn ihr zwar im Grundsätzlichen, nicht aber im Konkreten der Verdacht weiterer gleichgelagerter Straftaten auch desselben Täters bekannt gewesen sein sollte. Daraus folgt, dass zum Zeitpunkt der Erlassung der erstinstanzlichen Bescheide bzw. Rechtsakte die Zuständigkeit des Finanzamtes Wels gegeben gewesen ist.
Liegt der Behörde ein konkreter und begründeter Tatverdacht vor und ist zur Ahndung dieser Straftat die Sicherung von Beweisen notwendig, so hat die Finanzstrafbehörde gem § 57 Abs 1 FinStrG auch tätig zu werden und stehen ihr zu diesem Zwecke die in den §§ 85ff FinStrG normierten Maßnahmen zur Verfügung.
Der in der Beschwerde geäußerten Ansicht, weder dem angefochtenen Bescheid noch der erstinstanzlichen Festnahmeanordnung sei ein dringender Tatverdacht zu entnehmen, vermag der Gerichtshof nicht zu folgen: In der Festnahmeanordnung vom 13. September 1999 hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz deutlich und konkret dargelegt, dass gegen den Beschwerdeführer der Verdacht bestehe, er habe sogenannte "Letztverbraucherlieferungen" ("Schwarzlieferungen") der B AG an drei im Bescheid namentlich genannte Unternehmen im Wissen um Wareneinsatz- und -erlösverkürzung initiiert und organisiert. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz hat zudem den strafbestimmenden Wertbetrag detailliert aufgeschlüsselt. Auch der angefochtene Bescheid beschreibt diesen Tatverdacht in ausreichender Form unter Benennung jener Unternehmungen, auf die er sich bezieht. Das Vorliegen des Haftgrundes der Verdunkelungs- bzw. der Tatbegehungsgefahr bestreitet die Beschwerde nicht.
§ 85 Abs 4 FinStrG normiert, dass der Festgenommene unverzüglich der Finanzstrafbehörde vorzuführen und von dieser sofort, spätestens binnen 24 Stunden zur Sache und zu den Voraussetzungen der Verwahrung zu vernehmen ist. Ergibt sich, dass kein Grund zu seiner weiteren Verwahrung vorhanden ist, oder ist der Zweck der Verwahrung durch die Anwendung gelinderer Mittel oder durch eine Sicherheitsleistung erreicht, so ist er sogleich freizulassen, sonst aber hat die Finanzstrafbehörde zu veranlassen, dass die Untersuchungshaft verhängt wird.
Der Beschwerdeführer ist nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides am 16. September 1999 gemeinsam mit seinem Verteidiger ohne Vorführung und sohin freiwillig beim Finanzamt erschienen. Die Durchführung einer Vernehmung des Beschwerdeführers hätte sohin vom Spruchsenatsvorsitzenden vorgenommen werden können, ohne dass es des Erlasses der Festnahmeanordnung (und des anschließenden Ausspruches der Festnahme) bedurft hätte. Dass im Zeitpunkt der Erlassung der Festnahmeanordnung eine (vorläufige) Verwahrung aus einem der in § 85 Abs 1 lit c und d FinStrG genannten Gründe erforderlich gewesen wäre, vermag der angefochtene Bescheid nicht aufzuzeigen. Schließlich erschien auch nach Durchführung der Vernehmung durch den Vorsitzenden des Spruchsenates, in welcher der Beschwerdeführer sich weigerte, eine Äußerung zu den ihm zur Last gelegten Finanzvergehen abzugeben, die Verhängung der Haft (in Form der Untersuchungshaft) nicht erforderlich. Vielmehr verlangte der Vorsitzende des Spruchsenates lediglich die Ablegung des Gelöbnisses, die Untersuchung nicht zu vereiteln. Die Notwendigkeit des Eingriffes in das Recht auf persönliche Freiheit durch die Erlassung der Festnahmeanordnung zeigt der angefochtene Bescheid sohin in keiner Weise auf. Solcherart findet aber die Erlassung dieser Festnahmeanordnung keine Deckung in § 85 Abs 1 FinStrG. Bemerkt sei, dass nach der Bestimmung des § 88 Abs 1 lit b FinStrG die Festnahme keine Voraussetzung für die Abnahme eines Gelöbnisses darstellt.
Die belangte Behörde hat sohin den angefochtenen Bescheid insoweit, als sie die gegenüber dem Beschwerdeführer erlassene Festnahmeanordnung als im Einklang mit dem Gesetz qualifiziert hat, mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Der Akt der eigentlichen Festnahme unterliegt nur dann einer selbständigen Anfechtung, wenn dieser nicht durch eine bescheidmäßige Festnahmeanordnung gedeckt ist (vgl. in diesem Sinne auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 1984, B 306/82). Dass der Ausspruch der Festnahme durch den Spruchsenatsvorsitzenden die von diesem zuvor zugestellte Festnahmeanordnung überschritten hätte, hat der Beschwerdeführer in seiner (auch gegen diese Maßnahme) ergriffenen Administrativbeschwerde nicht behauptet, sodass die belangte Behörde die Beschwerde hinsichtlich dieses Punktes zu Recht zurückgewiesen hat.
Auch im Bescheid über die Verhängung des gelinderen Mittels nach der Bestimmung des § 88 Abs 1 lit b FinStrG vom 16. September 1999 hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz den gegen den Beschwerdeführer erhobenen Verdacht, er habe sogenannte "Letztverbraucherlieferungen" (Schwarzlieferungen) der B AG an drei namentlich genannte Unternehmen im Wissen um Wareneinsatz- und -erlösverkürzung initiiert und organisiert, unter Aufschlüsselung des strafbestimmenden Wertbetrages und konkreter Unternehmen dargelegt und zudem ausgeführt, dass mangels Aussage des Beschwerdeführers dieser Tatverdacht auch nach seiner Vernehmung weiter bestehe. Feststellungen dieser Art finden sich entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers auch im angefochtenen Bescheid.
Zwar ist dem Beschwerdeführer zuzustimmen, dass der erstinstanzliche Bescheid keinerlei Feststellungen enthält, die den Haftgrund der Verdunkelungs- bzw. Tatbegehungsgefahr darzulegen vermögen, doch hat die belangte Behörde den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr im angefochtenen Bescheid ausreichend dargelegt: Die belangte Behörde hat die im angefochtenen Bescheid angeführten Aussagen des Mag. K, der P. L. und des Mag. L, wonach der Beschwerdeführer sie aufgefordert habe, alle Vorwürfe zu bestreiten bzw. die Ergebnisse der Betriebsprüfung nicht zu akzeptieren, zutreffend als unzulässige Beeinflussung bzw. Erschwerung der Wahrheitsermittlung im Sinne des § 85 Abs 1 lit c FinStrG qualifiziert. Gegen die Aussagen der angeführten Personen bringt die Beschwerde nichts vor.
Der Beschwerdeführer vertritt weiters die Ansicht, die Absprache mit Zeugen oder Mittätern sei von den ihm zukommenden Verteidigungsrechten umfasst, ihm dürfe daher das Gelöbnis, keinen Versuch zu unternehmen die Untersuchung zu vereiteln, gar nicht abverlangt werden. Diesem Vorbringen ist allerdings entgegenzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer angesprochenen verfassungsgesetzlich verankerten Verteidigungsrechte nach Art 6 EMRK keinen Rechtsanspruch auf unbehelligte Verdunkelung von Straftaten durch Beeinflussung von Zeugen oder Mittätern bzw. Absprache mit denselben einräumen. Der Umstand, dass ein Beschuldigter nach der vorzitierten Bestimmung nicht gezwungen werden darf, Beweise gegen sich selbst zu liefern, bedeutet nicht, dass diesem ein Recht auf Vereitelung der strafrechtlichen Untersuchungen eingeräumt wäre. Im Interesse der Strafrechtspflege normieren die § 85 Abs 1 lit c bzw § 86 Abs 1 lit b FinStrG daher die Verabredungs- bzw. Verdunkelungsgefahr als Haftgrund. Die Abnahme des vom Beschwerdeführer beanstandeten Gelöbnisses ist in der Bestimmung § 88 Abs 1 FinStrG vorgesehen und steht zu den vorerwähnten Verteidigungsrechten nicht im Widerspruch.
Der angefochtene Bescheid war sohin, soweit er die Abweisung der Beschwerde gegen die Festnahmeanordnung zum Gegenstand hat, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 501/2001. Gemäß § 1 Z 1 lit a der Verordnung steht dem Beschwerdeführer als Ersatz des Aufwandes, der für ihn mit der Einbringung der Beschwerde (einschließlich ergänzender Schriftsätze, Repliken, etc.) verbunden war, lediglich ein Pauschalbetrag in Höhe von 908 EUR zu. Mit diesem Betrag ist auch die Umsatzsteuer abgegolten.
Wien, am 17. Dezember 2002
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