Normen
EStG §4 Abs1;
EStG §4 Abs4;
EStG §5 Abs1;
EStG 1988 §9 Abs1 idF 1993/818;
EStG 1988 §9 Abs3 idF 1993/818;
EStG 1988 §9 idF 1993/818;
HVertrG 1993 §24;
EStG §4 Abs1;
EStG §4 Abs4;
EStG §5 Abs1;
EStG 1988 §9 Abs1 idF 1993/818;
EStG 1988 §9 Abs3 idF 1993/818;
EStG 1988 §9 idF 1993/818;
HVertrG 1993 §24;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war in den Streitjahren eine GmbH und ist in der Folge (zum 1. Jänner 1999) in eine AG umgewandelt worden.
Am 1. April 1993 schloss die Beschwerdeführerin mit BB einen Handelsvertretervertrag hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin erzeugten Produkte. In Punkt IX Abs. 5 wurde festgelegt, dass dem Handelsvertreter im Falle der Kündigung des Vertrages durch die Beschwerdeführerin ein Provisionsanspruch für von ihm eingeleitete und vorbereitete Geschäfte, die bis zu einem Jahr nach der Beendigung des Vertrages abgeschlossen würden, eingeräumt sei. Gemäß Punkt XIII Abs. 2 des Vertrages soll auf das Vertragsverhältnis ausschließlich österreichisches Recht, insbesondere das Handelsvertretergesetz angewendet werden.
In den Jahresabschlüssen zum 31. Dezember 1997 und 1998 bildete die Beschwerdeführerin erstmals eine "Rückstellung für den Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters". Die beiden Jahresabschlüsse enthalten den Hinweis: "In sinngemäßer Anwendung des Artikel X Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zum Rechnungslegungsgesetz wird diese Rückstellung auf fünf Jahre verteilt dotiert." Für 1997 wurde die Rückstellung im Ausmaß von 2,253.000 S (ein Fünftel des Jahres-Provisionsaufwandes) gebildet, für 1998 erfolgte die Erhöhung der Dotierung um 1,227.000 S.
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, der Ausgleichsanspruch der Handelsvertreterin sei die Abgeltung von Provisionen aus künftigen Vertragsverhältnissen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses des Handelsvertreters. Deshalb könne die Rückstellung steuerlich nicht anerkannt werden.
Das Finanzamt erließ - nach Wiederaufnahme der Verfahren - den Prüfungsfeststellungen entsprechend geänderte Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1997 und 1998.
In der Berufung gegen die Körperschaftsteuerbescheide brachte die Beschwerdeführerin vor, das am 1. März 1993 in Kraft getretene Handelsvertretergesetz 1993, BGBl. 88/1993 (im Folgenden HVG 1993), sei auf den in Rede stehenden Handelsvertretervertrag anzuwenden und normiere, dass dem Handelsvertreter ein angemessener Ausgleichsanspruch zustehe, wenn er dem Unternehmen neue Kunden zugeführt habe. Auch bei sinkenden Provisionszahlungen betrage der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters eine Jahresvergütung, die sich aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre errechne. Dieser Durchschnittswert stelle einen vergangenheitsbezogenen Aufwand dar und sei als ungewisse Verbindlichkeit in eine Rückstellung einzustellen. Der Ausgleichsanspruch sei auch insofern vergangenheitsbezogen, als er sich auf die Handelsvertretertätigkeit der Vergangenheit beziehe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. § 9 Abs. 1 EStG idF SteuerreformG 1993 regle die Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten. § 24 HVG 1993 lege den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters fest. Dieser Bestimmung zufolge bestehe der Ausgleichsanspruch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses, wenn und soweit der Handelsvertreter dem Unternehmer neue Kunden zugeführt habe und zu erwarten sei, dass der Unternehmer aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen könne. Der Anspruch bestehe nur, wenn er unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspreche.
Gemäß § 24 Abs. 3 HVG 1993 bestehe der Anspruch nicht, wenn der Handelsvertreter selbst das Vertragsverhältnis gekündigt oder vorzeitig aufgelöst habe. Gemäß § 24 Abs. 4 HVG 1993 betrage der Ausgleichsanspruch mangels einer für den Handelsvertreter günstigeren Vereinbarung höchstens eine Jahresvergütung, die aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre errechnet werde.
Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom 21. Juni 1994, 91/14/0165, unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH vom 20. Jänner 1983, BStBl. 1983 II 375, zu Recht erkannt, dass eine Rückstellung für den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nicht zu bilden sei. Das Erkenntnis habe einen Ausgleichsanspruch nach § 89b des deutschen HGB betroffen. Gemäß § 89b dHGB stehe dem Handelsvertreter der Ausgleichsanspruch zu, wenn und soweit der Unternehmer aus den Geschäftsverbindungen mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben habe, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehe und der Handelsvertreter wegen der Beendigung des Vertragsverhältnisses Provisionsansprüche verliere. Der Anspruch bestehe nur, wenn er unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspreche.
Der Verwaltungsgerichtshof habe im genannten Erkenntnis zu Recht erkannt, Voraussetzung einer Rückstellungsbildung sei stets, dass ein wirtschaftlich die Vergangenheit betreffender Aufwand ernsthaft drohe. Die wesentliche Ursache der Ausgleichsverpflichtung sei nicht das Vorhandensein eines vom Handelsvertreter erworbenen Kundenstockes, sondern - aus der Sicht des Handelsvertreters - der Verlust künftiger Provisionen und - aus der Sicht des Unternehmers - der zu erwartende Vorteil aus künftigen Geschäftsabschlüssen. Der Ausgleichsanspruch stehe somit wirtschaftlich betrachtet einer Vergütung für alle künftigen, von alten Kunden eingehenden Aufträgen näher als einer Nachvergütung für bereits vor der Beendigung des Vertragsverhältnisses erbrachte Leistungen. Mangels wirtschaftlicher Verursachung in der Vergangenheit könne eine Rückstellung nicht gebildet werden.
Im Erkenntnis vom 18. Dezember 1997, 96/15/0140, habe der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass auch der Ausgleichsanspruch nach § 24 des HVG 1993 in erster Linie künftig entgehende Provisionen des Handelsvertreters abgelten wolle.
Aus den ErlRV zum Steuerreformgesetz 1993, mit welchem die Rückstellungsregelung in § 9 EStG geschaffen worden sei, ergebe sich, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 9 EStG Klarheit hinsichtlich der Definition des steuerlichen Rückstellungsbegriffes habe schaffen wollen. Die gesetzgeberische Maßnahme diene der Objektivierung des steuerlichen Rückstellungsbegriffes. Die (Verbindlichkeits)Rückstellungen sollten auf "verbindlichkeitsnahe" Passivposten beschränkt werden.
Aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des BFH sei zu entnehmen, dass die Bildung einer Rückstellung für den Handelsvertreter-Ausgleichsanspruch steuerlich nicht zulässig sei. Überdies bestehe nach Ansicht der belangten Behörde im gegenständlichen Fall keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Ausgleichsanspruch anfallen werde. Es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Beschwerdeführerin auch nach der Auflösung des mit dem Handelsvertreter geschlossenen Vertragsverhältnisses noch mit erheblichen Vorteilen rechnen könne. Solcherart könne ein Ausgleichsanspruch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit erwartet werden.
Die Bildung der Rückstellung erscheine der belangten Behörde daher schon handelsrechtlich keineswegs zwingend, weil der Entstehungsgrund des Ausgleichsanspruches erst nach Auflösung des Vertragsverhältnisses gelegen sei und nicht in Wirtschaftsperioden projiziert werden dürfe, in denen das Vertragsverhältnis noch aufrecht sei. Steuerlich sei die in Rede stehende Rückstellungsbildung jedenfalls unzulässig.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid
erhobene Beschwerde erwogen:
§ 24 HVG 1993 lautet:
"(1) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gebührt dem Handelsvertreter ein angemessener Ausgleichsanspruch, wenn und soweit
1. er dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat,
2. zu erwarten ist, dass der Unternehmer oder dessen Rechtsnachfolger aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann, und
3. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
(2) Der Ausgleichsanspruch besteht auch dann, wenn das Vertragsverhältnis durch Tod des Handelsvertreters endet und die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen vorliegen.
(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn
1. der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat, es sei denn, dass dem Unternehmer zurechenbare Umstände, auch wenn sie keinen wichtigen Grund nach § 22 darstellen, hiezu begründeten Anlass gegeben haben oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit oder Gebrechen nicht zugemutet werden kann, oder
2. der Unternehmer das Vertragsverhältnis wegen eines schuldhaften, einen wichtigen Grund nach § 22 darstellenden Verhaltens des Handelsvertreters gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat oder
3. der Handelsvertreter gemäß einer aus Anlass der Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffenen Vereinbarung mit dem Unternehmer, die Rechte und Pflichten, die er nach dem Vertrag hat, einem Dritten überbindet.
(4) Der Ausgleichsanspruch beträgt mangels einer für den Handelsvertreter günstigeren Vereinbarung höchstens eine Jahresvergütung, die aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre errechnet wird. Hat das Vertragsverhältnis weniger als fünf Jahre gedauert, so ist der Durchschnitt der gesamten Vertragsdauer maßgeblich.
(5) Der Handelsvertreter verliert den Ausgleichsanspruch, wenn er dem Unternehmer nicht innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mitgeteilt hat, dass er seine Rechte geltend macht."
Gemäß § 9 Abs. 1 EStG 1988 idF SteuerreformG 1993, BGBl. 818/1993, "dürfen" Rückstellungen gebildet werden für
- Anwartschaften auf Abfertigungen
- laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen
- sonstige ungewisse Verbindlichkeiten
- drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.
Für die Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG 1988 - die Beschwerdeführerin ermittelt ihren Gewinn nach dieser Bestimmung - bewirkt die bei dieser Gewinnermittlungsart zu beachtende Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, dass innerhalb des von den steuerlichen Vorschriften vorgegebenen Rahmens eine Verpflichtung zur Rückstellungsbildung für die steuerliche Gewinnermittlung besteht, wenn eine solche Verpflichtung für die Handelsbilanz besteht.
§ 9 Abs. 3 EStG 1988 legt als Voraussetzung für die Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung fest, dass im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen oder dem Entstehen der Verbindlichkeit ernsthaft zu rechnen ist.
Die Verbindlichkeitsrückstellung ist ein Gewinnkorrektivum, welches steuerrechtlich in der Höhe anerkannt wird, in der der Erfolg des betreffenden Wirtschaftsjahres voraussichtlich mit künftigen Ausgaben belastet wird. Voraussetzung einer steuerrechtlich anzuerkennenden Rückstellung ist stets, dass ein die Vergangenheit betreffender Aufwand bestimmter Art ernsthaft droht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. November 2000, 96/14/0067, und vom 21. Juni 1994, 91/14/0165). Die wirtschaftliche Verursachung muss im Abschlussjahr gelegen sein (vgl. Eduard Lechner, Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG, ÖStZ 1983, 42).
Das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1994, 91/14/0165, betrifft den Fall eines Handelsvertreter-Ausgleichsanspruchs nach § 89 des deutschen HGB. Nach dieser Bestimmung hängt der Anspruch des Handelsvertreters - unter Berücksichtigung der Billigkeit - von der Beendigung seines Vertragsverhältnisses, den nach der Beendigung dieses Vertrages gegebenen erheblichen Vorteilen für den Unternehmer im Hinblick auf die vom Handelsvertreter geworbenen Kunden und dem Verlust von Provisionsansprüchen, die dem Handelsvertreter bei Fortsetzung des Vertragsverhältnisses aus Geschäften mit von ihm geworbenen Kunden erwachsen wären, ab.
§ 24 Abs. 1 HVG 1993 stellt für den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses, die (während des Vertragsverhältnisses erfolgte) Zuführung neuer Kunden durch den Handelsvertreter (bzw die wesentliche Erweiterung der bestehenden Geschäftsverbindungen), die für den Unternehmer künftig zu erwartenden erheblichen Vorteile aus den Geschäftsbeziehungen zu den (neuen) Kunden und die Billigkeit unter Berücksichtigung der dem Handelsvertreter entgehenden Provisionen ab.
Der Ausgleichsanspruch nach § 24 HVG 1993 hängt somit (vergleichbar dem Anspruch nach § 89 b des deutschen HGB) - aus der Sicht des Handelsvertreters - mit dem Verlust künftiger Provisionen (so auch das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1997, 96/15/0140) und - aus der Sicht des Unternehmer - mit zu erwartenden künftigen Vorteilen aus den Geschäftsverbindungen mit vom Handelsvertreter geworbenen Kunden zusammen.
Einer wirtschaftlichen Verursachung in der Vergangenheit steht es entgegen, wenn die Verpflichtung mit den dem Unternehmer erst in der Zukunft erwachsenden Vorteilen verknüpft ist. Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters hängt davon ab, dass der Unternehmer mit hoher Wahrscheinlichkeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile aus den Geschäftsverbindungen mit den vom Handelsvertreter geworbenen Kunden erzielen wird. Solcherart ist der Zusammenhang mit künftigen Erträgen des Unternehmers gegeben. Die wirtschaftliche Verursachung liegt daher nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft, weshalb die Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung ausgeschlossen ist (vgl. Hofstätter/Reichel, § 9 EStG 1988 Tz 62 ff und Tz 180, Stichwort "Handelsvertreter"; Doralt, EStG4, § 9 Tz 35, Stichwort "Handelsvertreter").
Wenn die Beschwerde vorbringt, ein mit der Zuführung von Kundschaft betrauter Agent (Handelsvertreter) werde durch die Lösung des Vertrages um die Früchte seiner Tätigkeit gebracht, auf welche es zurückzuführen sei, dass die Kundschaft in dauernde Geschäftsverbindung zum Geschäftsherrn gebracht worden sei, zeigt sie damit keinen Umstand gegen die Annahme der erst in der Zukunft gelegenen wirtschaftlichen Verursachung der Ausgleichszahlung auf. Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters soll die "Früchte seiner Tätigkeit" abgelten, die - bei Fortsetzung des Vertragsverhältnisses - in der Zukunft angefallen wären. Insofern ist - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - auch keine Vergleichbarkeit mit dem Anspruch eines Dienstnehmers auf Abfertigung gegeben.
Die Beschwerde bringt auch vor, der Handelsvertretervertrag sei am 19. und 22. Februar 1999 (mit Wirkung ab 1. April 1999) insofern geändert worden, als dessen Punkt IX Abs. 5 nunmehr laute: "Wenn (die Beschwerdeführerin) kündigt, fällt nach Vertragsbeendigung eine Abfertigung in der Höhe des Durchschnittes der letzten fünf Jahre der pro Kalenderjahr bezahlten Provision an. Damit sind alle weiteren Provisions- und Ausgleichsansprüche des Handelsvertreters zur Gänze abgegolten." Durch diese Änderung werde klargestellt, dass nach Beendigung des Vertragsverhältnisses keine weiteren Provisionen anfallen könnten und kein Nachweis erbracht werden müsse, welche Geschäfte der Handelsvertreter vor Beendigung des Vertragsverhältnisses eingeleitet oder vorbereitet habe. Mit der Änderung werde vertraglich festgelegt, dass dem Handelsvertreter bei Vertragsbeendigung auf jeden Fall der Ausgleichsanspruch zustehe. Die Überlegung, ob der Unternehmer aus den Geschäftsverbindungen auch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen könne, trete in den Hintergrund. Dadurch werde das Schwergewicht der Parteienvereinbarung in die Vergangenheit verlegt.
In Bezug auf dieses Vorbringen genügt der Hinweis, dass eine im Februar 1999 getroffene vertragliche Vereinbarung keinesfalls Auswirkungen auf die Rückstellungsbildung für die Jahre 1997 und 1998 zu zeitigen vermag. Es war daher nicht darauf einzugehen, ob die genannte Vertragsänderung der Annahme einer erst in der Zukunft gelegenen wirtschaftlichen Verursachung des Ausgleichsanspruches entgegenstünde.
Soweit die Beschwerdeführerin auf jenen Teil des handelsrechtlichen Schrifttums verweist, der die Rückstellung für den Ausgleichsanspruch nach § 24 HVG 1993 handelsrechtlich für geboten hält, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten:
Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG sind gemäß § 4 Abs. 2 EStG die allgemeinen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu beachten; im Gegensatz dazu sind bei der Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG 1988, wenn nicht zwingendes Steuerrecht entgegensteht, auch die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung maßgebend. Die steuerliche Rückstellungsbildung legt § 9 EStG fest. Der Inhalt des Begriffes der steuerlichen Rückstellungen iSd § 9 EStG ändert sich nicht, wenn nicht die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG, sondern jene nach § 5 Abs. 1 EStG zur Anwendung kommt. Die eine wie die andere Gewinnermittlungsart stellt auf die Erfassung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ab. Solcherart ist der vom EStG vorgegebene Rückstellungsbegriff auch für die Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG maßgebend. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. September 2001, 95/14/0098, hinsichtlich der Rückstellungsbildung für den Fall einer Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG ausgesprochen, aus der die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen berücksichtigenden Auslegung des § 4 Abs. 1 EStG iVm § 6 EStG ergebe sich die zwingende einkommensteuerliche Regelung, dass im Betriebsvermögen, welches für die steuerliche Gewinnermittlung maßgebend sei, nur solche negative Wirtschaftsgüter berücksichtigt werden dürften, die mit einer Belastung des Steuerpflichtigen verbunden seien. Dass aber für eine drohende Verbindlichkeit, die mit erst künftig zu realisierenden Gewinnen zusammenhängt und daher erst in der Zukunft wirtschaftlich veranlasst ist, im Steuerrecht keine Rückstellung zu bilden ist, wurde bereits oben dargelegt (vgl. nochmals Lechner, aaO).
In der Beschwerde wird weiters vorgetragen, der Handelsvertretervertrag sei auf zehn Jahre unkündbar geschlossen worden. Auch der "Vorgängervertrag" sei zehn Jahre lang aufrecht gewesen, sodass mit demselben Handelsvertreter eine zwanzigjährige Vertragsdauer bestanden habe. Über den 31. Dezember 2002 hinaus werde das Vertragsverhältnis aber nicht verlängert werden. Deshalb sei konkret mit dem Anfallen des Ausgleichsanspruches zu rechnen. Weil die Beschwerdeführerin diesen Umstand im Verwaltungsverfahren vorgetragen habe, sei die belangte Behörde zu Unrecht von einer nicht hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Anfalls des Ausgleichsanspruches ausgegangen. Tatsächlich sei das Vertragsverhältnis am 26. Juli 2000 mit Wirkung zum 31. Dezember 2002 einvernehmlich aufgelöst und für den Handelsvertreter eine Abfindung von 8,17 Mio. S vereinbart worden.
Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, dass die belangte Behörde zu Unrecht die wirtschaftliche Verursachung des Ausgleichsanspruches in der Vergangenheit (im jeweils abgelaufenen Wirtschaftsjahr) ausgeschlossen hat. Auch wenn das Anfallen des Ausgleichsanspruches hinreichend wahrscheinlich gewesen sein sollte, steht das Fehlen der in der Vergangenheit gelegenen wirtschaftlichen Verursachung der Rückstellungsbildung entgegen.
Wenn die Beschwerdeführerin schließlich vorbringt, bei Dauerschuldverhältnissen sei der zeitanteilige Aufbau einer Rückstellung geboten, ist ihr insoweit zuzustimmen, als bei einer drohenden Verbindlichkeit mit über mehrere Perioden verteilter wirtschaftlicher Verursachung eine Rückstellung laufend in den Jahren der wirtschaftlichen Verursachung aufzubauen ist (Ansammlungsrückstellung, vgl. Hofstätter/Reichel, § 9 EStG 1988 Tz 75 ff). Ein derartiger Fall liegt allerdings hier nicht vor. Die wirtschaftliche Verursachung des Ausgleichsanspruches des Handelsvertreters ist in der Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Handelsvertreter gelegen.
Abschließend sei darauf verwiesen, dass auch in keiner Weise erkennbar ist, welche Änderung vom Jahr 1996 auf das Jahr 1997 eingetreten sein könnte, aus der sich der Beginn der Rückstellungsbildung im Jahr 1997 ergäbe. Auf Art. X Abs. 1 des Rechnungslegungsgesetzes, BGBl. 475/1990, kann sich die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht stützen.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 27. November 2001
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)