VwGH 2001/14/0055

VwGH2001/14/00552.7.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der L Gesellschaft mbH in L, vertreten durch Dr. Günther Klepp, Dr. Peter Nöbauer und Mag. Franz Hintringer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Graben 28, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 11. August 1999, Zl. RV-160.97/1-8/1997, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 1993 bis 1995, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen unter Berufung auf § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz und Beträge an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben. Begründend wurde u.a. ausgeführt, strittig sei, ob die in den Kalenderjahren 1994 und 1995 gewährten Vergütungen des zu 100 % am Stammkapital der Beschwerdeführerin beteiligten Geschäftsführers in die Beitragsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen bzw. Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen seien. Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH sei schon auf Grund dieser Stellung der Gesellschaft gegenüber zur Tätigkeit verpflichtet. Tatsächlich oblägen ihm die Lenkung und Überwachung des Unternehmens. Insbesondere habe er für die wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Belange der Gesellschaft in bestmöglicher Weise Sorge zu tragen. Die persönliche Arbeitsleistung stehe somit im Vordergrund. Für die Ausübung seiner Tätigkeit stehe unbestritten ein Arbeitsplatz im Unternehmen zur Verfügung. Die der Weisungsfreiheit entspringende Möglichkeit, Hilfskräfte heranzuziehen, die Arbeitszeit frei einzuteilen und den Erholungsurlaub festzulegen, habe bei der Beurteilung der Dienstgeberbeitragspflicht keine Bedeutung. Der Geschäftsführer habe ein erfolgsunabhängiges monatliches Entgelt erhalten. Weiters seien ihm die bei den für die Gesellschaft durchgeführten Geschäftsreisen entstandenen Auslagen ersetzt worden. Zudem habe er Anspruch auf Weiterzahlung der Vergütungen im Krankheitsfall. Nicht von wesentlicher Bedeutung sei, dass die Auszahlung der Geschäftsführervergütung nicht in 14 Teilbeträgen erfolgt sei. Es weise somit die Tätigkeit des wesentlich beteiligten Geschäftsführers unter Außerachtlassung der Weisungsgebundenheit die Merkmale eines Dienstverhältnisses auf, sodass die Vergütungen als Einkünfte im Sinn des § 22 Z. 2 EStG 1988 in die Beitragsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu u.a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren würden und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar seien. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gezeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, würden vor allem folgende gehören: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2001, Zl. 2001/14/0194).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen eines Unternehmerwagnisses ab.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2001/14/0194).

Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde mit Recht vor, dass sie keine Feststellungen über den konkreten Umfang und das tatsächliche Ausmaß der Geschäftsführungstätigkeit getroffen hat. Die Relevanz dieses Verfahrensmangels ist jedoch nicht gegeben. Die Beschwerdeführerin behauptet nämlich in keiner Weise, dass ihr Geschäftsführer nicht mit den Aufgaben der Geschäftsführung betraut sei. Aus der Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist aber - wie bereits ausgeführt - die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin abzuleiten.

Ob - wie im angefochtenen Bescheid ausgesprochen und in der Beschwerde bekämpft - die persönliche Arbeitsleistung des Geschäftsführers im Vordergrund steht, ist von keiner rechtlichen Relevanz, weil die Heranziehung von Hilfskräften an der Geschäftsführungstätigkeit nichts ändert und es auf das in der Beschwerde angesprochene Kriterium der Vertretungsbefugnis im gegebenen Zusammenhang nicht entscheidend ankommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2002, Zl. 2001/14/0073).

Entgegen der Beschwerdeansicht ist die zivilrechtliche Einordnung des Leistungsverhältnisses eines wesentlich Beteiligten einer Kapitalgesellschaft zu dieser für die Beurteilung des Vorliegens von Einkünften nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 irrelevant (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 2001/14/0073). Dass die Tätigkeit des Geschäftsführers "frei von persönlicher Abhängigkeit" ausgeübt werden dürfe, versteht sich angesichts der Weisungsungebundenheit von selbst. Die von der Beschwerde geforderten Feststellungen über eine diesbezügliche Bestimmung des Geschäftsführervertrages waren daher entbehrlich.

An der von der belangten Behörde angenommenen Eingliederung des Geschäftsführers in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin bestehen nach dem Gesagten keine Bedenken. Entgegen der Beschwerdeansicht kommt es dabei mangels Weisungsgebundenheit nicht auf die Anwendbarkeit betrieblicher Ordnungsvorschriften, auf die Unterwerfung unter die betriebliche Kontrolle und die disziplinäre Verantwortlichkeit an. Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, dass dies an der grundsätzlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft nichts ändert.

Die Beschwerde ist zwar im Recht, dass die Verfügbarkeit eines Arbeitsplatzes im Unternehmen für sich allein betrachtet nichts aussage; dieser Umstand spricht aber auch nicht gegen die von der belangten Behörde angenommene Betätigung iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988.

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Unbestritten bezog der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin in den streitgegenständlichen Jahren monatliche Pauschalentgelte. Die Beschwerde bringt in diesem Zusammenhang vor, dass die Auszahlung der Bezüge nicht bloß von der Liquidität der Gesellschaft abhängig sei, sondern als "Vertragsdauer" im Geschäftsführervertrag bloß eine unbestimmte Laufzeit vereinbart worden sei. Dem ist zu entgegnen, dass das Liquiditätsrisiko auch andere Gläubiger der Gesellschaft trifft und auch andere Dienstverhältnisse im Regelfall einer Kündigungsmöglichkeit unterliegen - was aber bei einer 100%-Beteiligung wohl eher eine rein theoretische Überlegung darstellt.

Wie bereits erwähnt, kommt es auf einen Anspruch auf Weiterzahlung der Vergütungen im Krankheitsfall nicht an, weshalb die diesbezügliche Verfahrensrüge auf sich beruhen kann. Dies gilt angesichts der übrigen unbestrittenen Umstände der Entlohnung auch für die Behauptung, entgegen der Ansicht der belangten Behörde würde dem Geschäftsführer kein Auslagenersatz bezahlt.

Letztlich ist den Hinweisen der Beschwerdeführerin auf "kritische Literaturmeinungen" das bereits zitierte (zeitlich nachfolgende) Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 2001 entgegenzuhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof kann somit zusammenfassend nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche im Sinn des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen habe.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 2. Juli 2002

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