VwGH 2001/13/0265

VwGH2001/13/026521.9.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerde des AM in W, vertreten durch Dr. Herbert Orlich, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Leonard Bernstein-Straße 4-6/9/3a, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat II, vom 7. September 2001, Zl. RV/153-15/09/98, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 1993, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §131;
BAO §163;
BAO §184 Abs3;
BAO §131;
BAO §163;
BAO §184 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt als Einzelunternehmer das Schlossergewerbe.

Im Zuge einer die Jahre 1993 bis 1995 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung seines Unternehmens nahm die Prüferin eine kalkulatorische Verprobung der Umsätze vor, die für das Jahr 1993 zu einer Abweichung gegenüber den erklärten Umsätzen führte, welche die Prüferin als erheblich ansah. Auf der Basis der Prüferin bekannter branchenüblicher Kennzahlen (37 Wochen mit einer produktiven Arbeitszeit von 32,5 Stunden; Rohaufschlag beim Material von 30 %; Stundensatz S 500,--) hatte sie eine kalkulatorische Differenz zu den erklärten Erlösen von rund S 240.000,-- ermittelt, welche sie dem Beschwerdeführer zur Kenntnis brachte.

In einer vom steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers hiezu erstatteten Stellungnahme wurden gegen den von der Prüferin angesetzten Handelswarenaufschlag und gegen die Höhe des Stundensatzes keine Einwände erhoben, das von der Prüferin angesetzte Ausmaß produktiver Arbeitszeit aber als zu hoch bemessen kritisiert. Bei den vom Finanzamt verwendeten Daten handle es sich um Durchschnittswerte. Dass der Betrieb des Beschwerdeführers nicht zu jenen mit höchster Auslastung zähle, sei der Prüferin wohl aufgefallen. Wenn die Prüferin sechs Stunden der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit des vom Beschwerdeführer beschäftigten Arbeiters als Stehzeit annehme, sei dem zu entgegnen, dass der Arbeiter allein im Jahre 1993 136 Stunden während der Arbeitszeit nicht im Betrieb gewesen sei (nicht zur Arbeit erschienen, frühzeitig weggegangen, private Wege erledigt u. a.). Dazu kämen noch Stehzeiten, weil keine Arbeit zu erledigen gewesen sei oder es sich nicht ausgezahlt habe, mit einer neuen Arbeit anzufangen. Die produktive Arbeitszeit könne damit im Schnitt nicht höher als mit sechs Stunden pro Tag angesetzt werden. Die Anzahl der verrechenbaren Stunden für den Beschwerdeführer selbst müsse weit tiefer als mit 66,6 % des Arbeiters angesetzt werden. Der Beschwerdeführer habe keine Hilfskräfte im Betrieb. Er müsse sich selbst um die Aufträge von Kunden kümmern, selbst Hausbesuche bei den Kunden machen, Einkaufsfahrten und Lieferantenbesuche allein durchführen und für die Reinigung der Geschäftsräume gebe es auch keine Hilfskraft. Auch die ganze Büroarbeit müsse der Beschwerdeführer allein leisten. Mit hereinkommenden Aufträgen werde in erster Linie zunächst der Arbeiter befasst, um ihn einigermaßen auszulasten, wodurch die "Stehzeit" für den Beschwerdeführer selbst noch erhöht werde. Die Auftragslage sei generell rückläufig, was auch durch den hohen Verschuldungsgrad aufgezeigt werde. In der betroffenen Straße sei seit längerem ein Abwandern von Geschäftsleuten zu bemerken.

In einem weiteren für den Beschwerdeführer überreichten Schriftsatz wurde ausgeführt, dass sich die Auftragslage des Unternehmens ab dem Jahre 1991 verschlechtert habe. Da der Beschwerdeführer in den Jahren bis 1991 verhältnismäßig hohe Entnahmen habe tätigen können, welche er angespart habe, sei es ihm möglich gewesen, in den schlechteren Jahren auf diese Ersparnisse zur Deckung der Lebenshaltungskosten zurückzugreifen.

Eine von der Prüferin daraufhin angestellte Kalkulation unter Annahme eines zeitlichen Einsatzes des Beschwerdeführers nur zur Hälfte ergab weitgehende Übereinstimmung der ermittelten Werte für die Jahre 1994 und 1995, für das Jahr 1993 aber erneut eine Differenz von knapp S 144.000,--. Das Finanzamt griff die Ergebnisse dieser Kalkulation der Prüferin auf und rechnete nach Wiederaufnahme der Umsatz- und Einkommensteuerverfahren des Jahres 1993 in den neu erlassenen Umsatz- und Einkommensteuerbescheiden für dieses Jahr den vom Beschwerdeführer erklärten Betriebsergebnissen den Betrag von S 144.000,-- schätzungsweise hinzu.

Gegen diese Hinzuschätzung wandte sich der Beschwerdeführer in seiner gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für das Jahr 1993 erhobenen Berufung unter Darlegung einer Kalkulation auf der Basis von 37 Arbeitswochen zu 30 Stunden und eines Zeiteinsatzes des Beschwerdeführers im Umfang von 60 % des Arbeiters. Diese in der Berufungsschrift angestellte Kalkulation führte für die Jahre 1994 und 1995 erneut zu Werten, die mit den erklärten Erlösen übereinstimmten, während für das Jahr 1993 ein Differenzbetrag von S 129.500,-- verblieb. Hiezu wurde in der Berufungsschrift ausgeführt, dass während des gesamten Prüfungsverfahrens nicht eine einzige Unregelmäßigkeit habe aufgezeigt oder ein Schwarzgeschäft habe nachgewiesen werden können, womit sich eine Hinzuschätzung rechtfertigen ließe. Die Umsatzeinbuße von 1992 auf 1993 sei sehr groß gewesen, was auch das Ausmaß der Verschuldung des Beschwerdeführers bei seiner Bank beweise, welches zwischen Ende 1992 und Ende 1993 von S 666.000,-- auf S 927.000,-- angestiegen sei. Der Grund dafür sei in der schlechten Ertragslage zu suchen und gewiss nicht in einer Umsatzverkürzung. Zudem hätten in den Jahren 1992 und 1993 "eheliche Schwierigkeiten angefangen", die 1995 zu einem Scheidungsverfahren geführt hätten, welches noch anhängig sei. Einer beim Institut für Gewerbe- und Handelsforschung in Wien telefonisch eingeholten Auskunft zufolge habe das Schlossergewerbe im Jahr 1993 einen Umsatz- und Auftragsrückgang verzeichnet, während seither die Umsätze wieder kontinuierlich angewachsen seien. Es gebe manchmal Geschäftsjahre, die nicht in die übliche Linie passten. Es hätten im Jahre 1993, um wenigstens den Arbeiter zu beschäftigen, mehrere Aufträge übernommen werden müssen, die einen wesentlich niedrigeren Aufschlag erbracht hätten.

Die Prüferin erstattete eine Stellungnahme zur Berufung, in welcher sie zunächst darüber berichtete, dass die auffallend geringen Entnahmen in den Prüfungsjahren dazu Anlass gegeben hätten, die Betriebsergebnisse einer Nachkalkulation zu unterziehen. Dem gegen die erste Kalkulation erhobenen Einwand, nach welchem der Arbeiter weit höhere als übliche Stehzeiten habe und nur maximal 30 Stunden produktiv sei, sei Glaubwürdigkeit abzusprechen, weil es nicht anzunehmen sei, dass ein Arbeiter weiter beschäftigt werde, der nicht zufriedenstellend arbeite, seine Arbeitszeit nicht einhalte und nicht ausgelastet sei. Jeder Unternehmer würde einen solchen Arbeiter kündigen. Dass die Schulden des Unternehmens angewachsen seien, treffe zu, dürfte aber damit zusammenhängen, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers angestellt worden sei, obwohl das Unternehmen dazu nicht die erforderliche Auftragslage gehabt habe und der Beschwerdeführer ohnehin selbst die Büroarbeiten, Einkaufsfahrten und sogar die Reinigung der Geschäftsräumlichkeiten durchgeführt habe. Die Prüferin habe, "weil es dem Unternehmen nicht sehr gut und der Abgabepflichtige demnächst in den Ruhestand tritt", die Kalkulation dahin abgeändert, dass der Arbeiter zwar als branchenüblich ausgelastet, der Beschwerdeführer aber nur als zur Hälfte produktiv tätig angesetzt worden sei. Dabei habe sich für das Jahr 1993 die Kalkulationsdifferenz von S 143.400,-- ergeben. Auch die in der Berufung angestellte Kalkulation ergebe für das Jahr 1993 eine Differenz zum erklärten Umsatz, die als erheblich anzusehen sei. Der Betrieb sei ohnehin auf der Basis ungünstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen kalkuliert worden und dass die Familie keinen außergewöhnlichen Lebensaufwand tätige, sei berücksichtigt worden. Dass keinerlei Schwarzgeschäfte hätten nachgewiesen werden können, sei für eine Zuschätzung auf Grund von "minimalsten" zur Verfügung stehenden Lebenshaltungskosten und größeren kalkulatorischen Differenzen nicht relevant. Die Auskunft des Instituts für Gewerbe- und Handelsforschung sei für den geprüften Betrieb nicht maßgeblich, weil ein Betrieb, "in dem immer ein und derselbe Arbeiter mit dem Unternehmensinhaber arbeitet, immer die gleiche Struktur aufweist".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens darauf hin, dass sowohl die Nachkalkulation der Abgabenbehörde erster Instanz als auch jene des steuerlichen Vertreters erhebliche Abweichungen zu den in den Abgabenerklärungen 1993 dokumentierten Betriebsergebnissen gezeigt hätten, wobei im Ergebnis jedenfalls Abweichungen von mehr als 10 % der erklärten Umsätze vorlägen. Dass bei Abweichungen der kalkulierten Umsätze von jenen der Betriebsaufschreibungen um mehr als 10 % die sachliche Richtigkeit der Bücher in Zweifel zu ziehen und die Abgabenbehörde berechtigt sei, die Abgabenbemessungsgrundlagen im Schätzungswege zu ermitteln, sei vom Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen worden. Die von der Prüferin gewählte Schätzungsmethode werde von der belangten Behörde als schlüssig und nachvollziehbar qualifiziert, was vor allem darin begründet sei, dass die "Betriebsstruktur als einheitlich zu bezeichnen" gewesen sei (Betriebsinhaber und ein Arbeitnehmer), wobei sich "dieser Umstand in einem Einklang (wie 1994 und 1995) der kalkulatorischen zu den erklärten Umsätzen hätte spiegeln müssen". Das in der Berufung vorgebrachte Argument, die Abweichungen im Betrieb des Beschwerdeführers seien durch die auch vom Institut für Handels- und Gewerbeforschung in Wien für das Schlossergewerbe bestätigte rückläufigen Auftragslage im Jahr 1993 begründet, gehe deshalb ins Leere. Angesichts der zur Verfügung stehenden Mittel zur Bestreitung der Lebenshaltung (ca. S 11.000,-- für einen vierköpfigen Haushalt) sowie des Ausmaßes der Kalkulationsdifferenzen für das Jahr 1993 sei es der Behörde "nicht auferlegt, auch nur ein Schwarzgeschäft nachzuweisen". Die von der Prüferin ermittelten Stehzeiten des Arbeiters und die angesetzte produktive Zeit des Betriebsinhabers sei "gemessen an der Betriebsstruktur" als realitätsnahe zu qualifizieren, weshalb auch keine Notwendigkeit bestanden habe, die vom Beschwerdeführer "in der Rechtsmittelschrift gewählten Basen in die Berufungsentscheidung einfließen zu lassen".

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Den Aufhebungsgrund der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sieht der Beschwerdeführer dadurch verwirklicht, dass der Berufungssenat II der belangten Behörde, welcher den angefochtenen Bescheid erlassen hat, nach der Geschäftsverteilung der belangten Behörde zur Erledigung der Berufung nicht zuständig gewesen sei. Der Beschwerdeführer hat hiefür die Ablichtung jener Bestimmungen des Geschäftsverteilungsplanes der Berufungssenate in Abgabensachen der belangten Behörde mit dem Stand 1. Jänner 2001 vorgelegt, die die Zuständigkeit des Berufungssenates II regeln. Diese Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

"SENAT II

Zuständig für

1. Berufungen der vom Finanzamt für den 8., 16. und 17. Bezirk in Wien veranlagten Abgabepflichtigen;

2. Berufungen der vom Finanzamt für den 21. und 22. Bezirk in Wien veranlagten Abgabepflichtigen,

wenn die Berufung der Finanzlandesdirektion zwischen dem 30. April 1992 und dem 31. Dezember 1995 und nach dem 1. September 1998 vorgelegt wurde

soweit es sich um Berufungen gegen

a) Feststellungsbescheide über Feststellungen gemäß § 186 Bundesabgabenordnung (BAO), soweit sie wirtschaftliche Einheiten oder Untereinheiten des Betriebsvermögens (mit Ausnahme von Betriebsgrundstücken) betreffen, sowie über Feststellungen gemäß §§ 187 und 188 BAO;

b) Bescheide, mit denen ausgesprochen wird, dass Feststellungen gemäß lit. a zu unterbleiben haben;

c) Messbescheide über den einheitlichen Steuermessbetrag nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital;

d) Abgabenbescheide (§§ 198, 200 BAO) über die veranlagte Einkommensteuer (mit Ausnahme von Bescheiden, in denen keine anderen als lohnsteuerpflichtige Einkünfte im einkommensteuerrechtlichen Sinn erfasst sind), die Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital, die Vermögensteuer, die Umsatzsteuer (mit Ausnahme der Einfuhrumsatzsteuer) und die Abgabe von alkoholischen Getränken, soweit diese nicht anlässlich der Einfuhr in das Zollgebiet erhoben wird; ferner gegen Bescheide, mit denen festgestellt wird, dass eine Veranlagung hinsichtlich einer der vorgenannten Abgaben unterbleibt, oder die aussprechen, dass eine dieser Abgaben nicht festgesetzt wird;

e) Bescheide, mit denen durch einen Bescheid im Sinn der lit. a bis d abgeschlossenes Verfahren wiederaufgenommen oder ein Antrag auf Wiederaufnahme eines solchen Verfahrens abgewiesen wird;

handelt."

Die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung sei am 15. Juni 1998, somit im Sinne dieser Zuständigkeitsregelung vor dem 1. September 1998 bei der belangten Behörde eingelangt, sodass der Berufungssenat II zur Erledigung dieser Berufung nicht zuständig gewesen sei. Die dem Beschwerdevertreter vom Vorsitzenden des Berufungssenates II mitgeteilte Rechtsauffassung, dass sich die zeitliche Beschränkung der Zuständigkeit des Berufungssenates II nur auf die Erledigung von Berufungen solcher Abgabepflichtiger beziehe, die vom Finanzamt für den 21. und 22. Bezirk in Wien veranlagt worden seien, lasse sich aus dem Wortlaut der Geschäftsverteilung nicht ableiten.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Zweifel des Beschwerdeführers an der Zuständigkeit des Berufungssenates II der belangten Behörde zur Erledigung der Berufung nicht. Durch den nach dem Wort "Abgabepflichtigen" in der Zuständigkeitsbeschreibung zu 2. gesetzten Beistrich wurde ausreichend klargestellt, dass sich die im anschließenden Nebensatz formulierte Bedingung der Vorlage der Berufung zu bestimmten Zeiträumen nur auf Berufungen der vom Finanzamt für den

21. und 22. Bezirk in Wien veranlagten Abgabepflichtigen bezieht, nicht aber auch auf Berufungen der vom Finanzamt für den 8., 16. und 17. Bezirk in Wien veranlagten Abgabepflichtigen, deren Erledigung dem Berufungssenat II in Punkt 1. seiner Zuständigkeitsbeschreibung ohne zeitliche Beschränkung zugewiesen wird, was mit dem Strichpunkt nach der Zuständigkeitsbeschreibung zu Punkt 1. noch ausreichend deutlich festgelegt ist.

In der Sache selbst wendet sich der Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde angenommene Schätzungsbefugnis mit dem Vorbringen, die Behörde habe ihre Kalkulationsgrundlagen nicht aus seinen Angaben geschöpft, sondern sei von statistischen Durchschnittswerten ausgegangen, deren Übereinstimmung mit den tatsächlichen Verhältnissen der Beschwerdeführer immer substanziiert bestritten habe, ohne dass sich die belangte Behörde mit seinen Argumenten in der gebotenen Weise auseinandergesetzt hätte. Auch die Berechnungen des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers hätten auf solchen Grundlagen beruht, deren Zutreffen auf die konkrete Situation des Beschwerdeführers von ihm stets bestritten worden sei. Die von der Behörde angesprochene "Betriebsstruktur" sei nicht der einzige Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Mit dem im Jahr 1993 beim Schlossergewerbe zu beobachtenden scharfen Rückgang der Auftragslage habe sich die belangte Behörde ebenso wenig befasst wie mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers über das Auftreten familiärer Schwierigkeiten im Jahr 1993, über die Erforderlichkeit, zur Deckung der Fixkosten selbst solche Aufträge anzunehmen, die keinen Gewinn abwarfen, über die besonders schlechte Produktivität seines Arbeiters im Jahr 1993 und über die deutlich unter dem Durchschnitt gelegene Arbeitskapazität des Beschwerdeführers in diesem Jahr. Die gebotene Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen hätte die Berechnungsgrundlagen der belangten Behörde in Frage gestellt.

Dieses Vorbringen erweist sich als begründet:

Nach § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Zu schätzen ist nach § 184 Abs. 2 BAO insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Zu schätzen ist gemäß § 184 Abs. 3 leg. cit. ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Nach § 163 BAO haben Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften des § 131 entsprechen, die Vermutung ordnungsgemäßer Führung für sich und sind der Erhebung der Abgaben zugrunde zu legen, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.

Die Begründungslast für das Vorliegen eines solchen begründeten Anlasses im Sinne des § 163 BAO liegt auf der Abgabenbehörde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Juni 2005, 2000/14/0199, vom 30. April 2003, 99/13/0162, und vom 21. September 1993, 88/14/0110).

Die Erfüllung dieser Aufgabe ist der belangten Behörde im Beschwerdefall deswegen nicht gelungen, weil sie sich, was vom Beschwerdeführer mit Grund gerügt wird, mit seinem Sachvorbringen zur besonderen Situation im Jahr 1993 nicht in der erforderlichen Weise befasst hat. So hat der Beschwerdeführer etwa vorgetragen, von fachkundiger Seite über einen beim Schlossergewerbe in Wien für das Jahr 1993 wahrzunehmenden Konjunktureinbruch informiert worden zu sein. Die belangte Behörde hat diesem Einwand des Beschwerdeführers im angefochtenen Bescheid das Gleichbleiben seiner "Betriebsstruktur" entgegengehalten. Weshalb sich das Gleichbleiben der "Betriebsstruktur" dahin auswirken sollte, dass der eine ganze Branche treffende Auftrags- und Umsatzrückgang einen Betrieb mit einer gleich gebliebenen "Betriebsstruktur" nicht oder weniger treffen würde, erläutert die belangte Behörde nicht und ist nicht ohne Weiteres vorstellbar. Auch zum Vorbringen des Beschwerdeführers über die besonders schlechte Produktivität seines Arbeiters in diesem Jahr und die von ihm eingeschlagene Vorgangsweise, im Interesse der Weiterbeschäftigung des Arbeiters auch wirtschaftlich unattraktive Angebote angenommen zu haben, findet sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides kein Wort. Wollte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer nicht glauben, was er vorgebracht hatte, dann hätte sie dies begründen müssen. Hat sie es ihm geglaubt, dann hätte sie einsichtig machen müssen, weshalb diese Sachverhalte - im Zusammenhalt mit anderen vom Beschwerdeführer vorgetragenen Sachverhalten - den auffälligen Umsatzrückgang des Jahres 1993 nicht hätten plausibel machen können.

Gleiches gilt für das Vorbringen des Beschwerdeführers über aufgetretene Eheprobleme, die in ein streitiges Scheidungsverfahren mündeten, das zum Zeitpunkt der Berufungserhebung im September 1997 immer noch anhängig war. Traf es zu, dass der - nach der Stellungnahme der Prüferin kurz vor dem Übertritt in den Ruhestand stehende - Beschwerdeführer im Jahr 1993 eine Ehekrise durchmachte, dann konnte dies seine persönliche Arbeitskapazität in diesem Jahr in einer Weise beeinträchtigen, die wirtschaftliche Auswirkungen auf seinen Kleinbetrieb erwarten ließ.

Die unzulängliche Behandlung der Einwände des Beschwerdeführers gegen die Annahme einer Schätzungsbefugnis der Behörde aus dem Grunde einer sachlichen Unrichtigkeit der geführten Bücher belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil bei der gebotenen Auseinandersetzung mit den im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Argumenten des Beschwerdeführers das Ergehen eines im Spruche anders lautenden Bescheides keineswegs ausgeschlossen werden kann.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. September 2005

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