VwGH 2001/13/0255

VwGH2001/13/025531.3.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde der W Fernreisen GmbH in W, vertreten durch Mag. Günter Haslberger, Wirtschaftsprüfer in 4710 Grieskirchen, Lanzenberg 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IXa) vom 5. September 2001, Zl. RV/339-06/11/2001, betreffend Umsatzsteuer 1999, zu Recht erkannt:

Normen

11997E234 EG Art234;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art17 Abs6;
61981CJ0283 CILFIT und Lanificio di Gavardo VORAB;
EStG 1988 §20 Abs1 Z3 idF 1995/297;
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 lita;
11997E234 EG Art234;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art17 Abs6;
61981CJ0283 CILFIT und Lanificio di Gavardo VORAB;
EStG 1988 §20 Abs1 Z3 idF 1995/297;
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von 1.172,88 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In der Berufung vom 23. März 2001 gegen den erklärungsgemäß ergangenen Umsatzsteuerbescheid 1999 brachte die beschwerdeführende GmbH vor, nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH ("C-177/99 R S Ampafrance") erscheine die innerstaatliche Regelung, wonach der Vorsteuerabzug bei Bewirtungskosten nur zu 50 % zustehe, "gemeinschaftswidrig". Es werde daher die Anerkennung von Vorsteuern im Betrag von 1.408,20 S beantragt, die bei der Erstellung der Umsatzsteuererklärung ausgeschieden worden seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach § 12 Abs. 1 KStG 1988 dürften Repräsentationsaufwendungen nach § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 in Form der Bewirtung von Geschäftsfreunden nur zur Hälfte abgezogen werden. Damit ergebe sich unter Anwendung der Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 auch der entsprechende Ausschluss vom Vorsteuerabzug. Bedenken hinsichtlich Gemeinschaftsrechtswidrigkeit dieser Rechtslage lägen nach Ansicht der belangten Behörde nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird vorgebracht, durch die am 5. Mai 1995 kundgemachte Novelle BGBl. Nr. 297/1995 zum EStG 1988 sei die Absetzbarkeit von Geschäftsessen mit Werbecharakter auf 50 % eingeschränkt worden. Dies habe auf Grund der Anordnung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 auch zur Einschränkung des Vorsteuerabzuges auf 50 % geführt. Dieser ab dem 5. Mai 1995, somit nach dem EU-Beitritt Österreichs, wirkenden Einschränkung stehe die 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie entgegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im - den Vorsteuerabzug beim häuslichen Arbeitszimmer betreffenden - Erkenntnis vom 24. September 2002, 98/14/0198, zu Recht erkannt, dass Art. 17 Abs. 6 der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie 77/388/EWG den Mitgliedstaaten zwar die Beibehaltung der bei Inkrafttreten der Richtlinie (für Österreich im Zeitpunkt des Beitrittes zur EU mit 1. Jänner 1995) bestehenden Vorsteuerabzugsausschlüsse erlaubt, dass aber die nachträgliche Erweiterung der Vorsteuerabzugsausschlüsse untersagt ist. Mit der durch das Strukturanpassungsgesetz BGBl. Nr. 297/1995 erfolgten Neufassung des zweiten Satzes in § 20 Abs. 1 Z 3 EStG wurde bewirkt, dass die dort näher definierten Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden nur mehr zur Hälfte absetzbar sind. Diese Neufassung betraf Aufwendungen (Ausgaben), die ab dem 5. Mai 1995 angefallen sind (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III B, Tz 7.4 zu § 20 EStG 1988). Die aus dem zitierten Strukturanpassungsgesetz über § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a. UStG 1994 resultierende Einschränkung der Vorsteuerabzugsmöglichkeit in Bezug auf die Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden erweist sich daher als durch das Gemeinschaftsrecht verdrängt, wobei im Sinne der Rechtsprechung C.I.L.F.I.T. (Urteil des EuGH vom 6. Oktober 1982, Rs 283/81, Slg. 1982, S. 3415 ff) von einem Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EGV abgesehen werden konnte.

Die im angefochtenen Bescheid über den Verweis in § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 auf § 12 Abs. 1 Z 3 KStG 1988 iVm § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 gestützte Versagung des Vorsteuerabzuges erweist sich damit als rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 31. März 2004

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