VwGH 2001/12/0229

VwGH2001/12/022920.12.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der D in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 27. September 2001, Zl. 16 2121/1-I/6/01, betreffend das Ruhen von Nebengebühren nach § 15 Abs. 5 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), zu Recht erkannt:

Normen

GehG 1956 §15 Abs5 idF 1972/214;
GehG 1956 §15 Abs5 idF 1972/214;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1939 geborene Beschwerdeführerin, zuletzt Amtsdirektorin im Planstellenbereich der Finanzprokuratur, befindet sich seit Ablauf des 30. April 2000 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund.

Mit (zuletzt) Bescheid vom 11. November 1996 ordnete der Präsident der Finanzprokuratur gegenüber der Beschwerdeführerin ab 1. Jänner 1997 eine (gemeint: monatliche) Überstundenleistung von 15,6 Stunden an und bestimmte zugleich das gemäß § 16 GehG dafür gebührende Überstundenpauschale mit 12,4 v.H. der Bemessungsgrundlage.

Mit Bescheid vom 17. Mai 1999 stellte er die angeführte pauschalierte Nebengebühr mit Wirksamkeit ab 1. Juni 1999 ruhend, weil sich die Beschwerdeführerin seit 26. April 1999 im Krankenstand befunden hatte. Nach Aufforderung zum Dienstantritt meldete sich die Beschwerdeführerin am 18. Februar 2000 schriftlich. Sie beantragte die Bewilligung von Urlaub bis zum 30. April 2000 sowie die Wiederanweisung des ruhenden Überstundenpauschales und erklärte, mit 30. April 2000 aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen. Der Urlaub wurde antragsgemäß bewilligt.

Mit Bescheid vom 29. Juni 2000 wies der Präsident der Finanzprokuratur den Antrag, "Überstundenpauschale für die Monate März und April 2000 wieder anzuweisen", ab.

Nach auszugsweiser Darstellung des Verwaltungsverfahrens führte er aus, Dienst und Urlaub seien uno actu angetreten worden, zugleich habe die Ruhestandserklärung ihre Wirkung entfaltet. Die Leistung von Überstunden sei somit schon begrifflich "nach den Denkgesetzen" nicht einmal mehr theoretisch möglich gewesen. Da eine denkunmögliche Gesetzesanwendung zu unterbleiben habe, gingen die Rechtsausführungen der Beschwerdeführerin in ihrem Antrag ins Leere.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin ab.

Nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens führte die belangte Behörde aus, das Gesetz räume einem Beamten kein subjektives Recht auf Pauschalberechnung oder Beibehaltung einer Pauschalvergütung von Überstunden ein. Vielmehr bleibe es der Dienstbehörde unbenommen, von einer Pauschalvergütung auf die Einzelverrechnung von Überstunden überzugehen. Zwar normiere § 15 Abs. 5 GehG, dass der Anspruch auf pauschalierte Nebengebühren durch einen Urlaub, während dessen der Beamte den Anspruch auf Monatsbezüge behalte, nicht berührt werde. Auch stelle die Erklärung nach § 15 Abs. 1 BDG 1979 keine annahmebedürftige, sondern lediglich eine empfangsbedürftige Willenserklärung dar. Durch diese Erklärung habe sich für die Dienstbehörde allerdings eine völlig neue Situation ergeben, weil offenkundig geworden sei, dass nach der Konsumation des Erholungsurlaubes nicht mit einer weiteren Arbeitsleistung zu rechnen sei. Demgegenüber gehe § 15 Abs. 5 GehG nur von einer vorübergehenden Nichtleistung (u.a.) wegen eines Urlaubes "unter Beibehaltung der gleichen Dienstleistung aus".

Ein Abgehen von einer pauschalen Überstundenvergütung sei dann erforderlich, wenn eine Sachverhaltsänderung eintrete, die den Wegfall der Voraussetzungen für die Pauschalierung, nämlich die Möglichkeit der Ermittlung monatlicher Durchschnittswerte, zur Folge habe. Dazu sei es im Beschwerdefall durch den Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gekommen. Hiedurch sei die (theoretische) Möglichkeit der Ermittlung von Durchschnittswerten zur Bemessung eines Überstundenpauschales weggefallen. Ein "Antrag auf Einzelverrechnung" sei ebenfalls ausgeschlossen, "weil in dieser Zeit tatsächlich keine Dienstleistungen und damit auch keine zeitlichen Mehrleistungen erbracht" worden seien.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattetet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Überstundenpauschale durch unrichtige Anwendung insbesondere des § 15 Abs. 5 GehG sowie weiters der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

§ 15 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54, idF der 24. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 214/1972, lautet auszugsweise:

"Nebengebühren

§ 15. (1) Nebengebühren sind

1. die Überstundenvergütung (§ 16),

...

(2) Die unter Abs. 1 Z. 1 ... angeführten Nebengebühren ... können pauschaliert werden, wenn die Dienstleistungen, die einen Anspruch auf eine solche Nebengebühr begründen, dauernd oder so regelmäßig erbracht werden, dass die Ermittlung monatlicher Durchschnittswerte möglich ist ...

(3) Das Pauschale hat den ermittelten Durchschnittswerten unter Bedachtnahme auf Abs. 5 angemessen zu sein ...

(4) Pauschalierte Nebengebühren sind mit dem jeweiligen Monatsbezug im voraus auszuzahlen.

(5) Der Anspruch auf pauschalierte Nebengebühren wird durch einen Urlaub, während dessen der Beamte den Anspruch auf Monatsbezüge behält, oder eine Dienstverhinderung auf Grund eines Dienstunfalles nicht berührt. Ist der Beamte aus einem anderen Grund länger als einen Monat vom Dienst abwesend, so ruht die pauschalierte Nebengebühr von dem auf den Ablauf dieser Frist folgenden Monatsersten bis zum Letzten des Monates, in dem der Beamte den Dienst wieder antritt.

(6) Die pauschalierte Nebengebühr ist neu zu bemessen, wenn sich der ihrer Bemessung zu Grunde liegende Sachverhalt wesentlich geändert hat. Die Neubemessung wird im Falle der Erhöhung der pauschalierten Nebengebühr mit dem auf die Änderung folgenden Monatsersten, in allen anderen Fällen mit dem auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monatsersten wirksam.

..."

Die Beschwerdeführerin räumt ein, dass es "nach Wiederantritt des Dienstes" zu einer Verrichtung von Überstunden nicht mehr habe kommen können und auch nicht gekommen sei. Sie argumentiert jedoch damit, das Wesen einer Nebengebührenpauschalierung bestehe darin, dass der Beamte bei einer Durchschnittsbetrachtung die Nebengebühr in jener Höhe erhalte, die ihm bei Einzelverrechnung zustünde. Bei der Bildung des Durchschnitts sei zu berücksichtigen, dass das Pauschale auch in Zeiten weiterbezahlt werde, in denen der Beamte keinen Dienst leiste. Hiebei sei im Gesetz detailliert geregelt, welches diese Zeiten seien. Es müsse angenommen werden, dass bei Schaffung der Regelung unter Anwendung einer Durchschnittsbetrachtung so kalkuliert worden sei, dass das richtige Ergebnis dann herauskomme, wenn die Weiterzahlung hinsichtlich aller dienstfreien Zeiten genau so erfolge, wie sie im Gesetz vorgesehen sei. Das bedeute umgekehrt, dass zu wenig ausbezahlt würde, wenn während irgendeiner dieser Zeiten die Fortzahlung des Pauschales unterbliebe. Entgegen dem Standpunkt der belangten Behörde müsse es insbesondere unmaßgeblich sein, ob ein Urlaub vor oder nach einem Krankenstand konsumiert werde.

Bei Wiederantritt des Dienstes und Ersuchen um Urlaub sei ihr nicht mitgeteilt worden, dass die Pauschalierung ihrer Überstunden aufgehoben sei. Die Argumentation der belangten Behörde hiermit stelle somit den Versuch dar, im Nachhinein die Gesetzesbestimmungen, die für den Fall des Vorliegens einer Pauschalierung von Nebengebühren gelten, durch die Fiktion der Aufhebung dieser Pauschalierung zu umgehen. Würde dies zugelassen, hätte die Behörde die Möglichkeit, eine Gesetzesregelung nach Belieben nicht anzuwenden. Die Bescheide über die Gebührlichkeit des Pauschales und über dessen Ruhen verlangten "im Sinne des Prinzips des contrarius actus für das Abweichen eine Bescheiderlassung und zwar pro futuro". Ein solcher Bescheid sei hingegen nicht einmal nachträglich ergangen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob und zu welchem Zeitpunkt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2001, Zl. 98/12/0050) eine Neubemessung (Nullbemessung) der pauschalierten Nebengebühr nach § 15 Abs. 6 GehG geboten oder zumindest zulässig gewesen wäre. Im Ergebnis ist nämlich jedenfalls vom Fortdauern des Ruhens der beschwerdegegenständlichen Nebengebühren, das mit Bescheid des Präsidenten der Finanzprokuratur vom 17. Mai 1999 ohne Nennung eines Endzeitpunktes, also bis auf weiteres (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 2003, Zl. 2002/12/0299) ausgesprochen worden war, auszugehen.

Ein derartiges Ruhen dauert gemäß § 15 Abs. 5 zweiter Satz GehG jedenfalls bis zum tatsächlichen Dienstantritt an. Die bloße Bereitschaft des Beamten, Dienst zu versehen, ist keinesfalls geeignet, ein Ruhen des Anspruches auf pauschalierte Nebengebühren nach dieser Gesetzesstelle hintan zu halten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 2003, Zlen. 2002/12/0299 und 2002/12/0230, mwN). Vielmehr bedarf es in diesem Fall auch einer - entweder auf Anordnung oder zumindest mit Billigung eines Vertreters des Dienstgebers - vom Beamten tatsächlich erbrachten Dienstverrichtung in seiner anspruchsbegründenden Verwendung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2000, Zl. 95/12/0267, und zuletzt das hg. Erkenntnis vom 10. September 2004, Zl. 2004/12/0044, mwN).

Die tatsächliche Erbringung einer derartigen Dienstleistung wurde in der Beschwerde nicht einmal behauptet. Das Unterbleiben einer Nullbemessung der pauschalierten Nebengebühren mit Bescheid nach § 15 Abs. 5 GehG bleibt somit ohne Folgen. Keinesfalls konnte, worauf die Argumentation der Beschwerdeführerin im Ergebnis hinausläuft, bei der im Beschwerdefall gegebenen Konstellation der bloße Urlaubsantritt zu einer Beendigung des Ruhens führen.

Die belangte Behörde hat somit im Ergebnis die Gebührlichkeit der strittigen Nebengebühr rechtsrichtig verneint, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 20. Dezember 2004

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