VwGH 2001/11/0132

VwGH2001/11/013221.1.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der Br & Co KEG in B, vertreten durch Hajek & Boss & Wagner Rechtsanwälte OEG in 7100 Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 52, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 8. März 2001, Zl. 6-G-SA107/4-2001, betreffend Bewilligung der Errichtung eines Ambulatoriums, zu Recht erkannt:

Normen

KAG Bgld 2000 §5 Abs3 Z1;
KAG Slbg 2000;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
KAG Bgld 2000 §5 Abs3 Z1;
KAG Slbg 2000;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde gemäß den §§ 1 und 5 des Burgenländischen Krankenanstaltengesetzes 2000 - Bgld. KAG 2000, LGBl. Nr. 52/2000, den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der krankenanstaltenrechtlichen Errichtungsbewilligung für ein am Standort in Bruckneudorf zu betreibendes selbständiges Ambulatorium für physikalische Medizin ab. In der Begründung führte sie im Wesentlichen aus, bereits den Antragsunterlagen betreffend die Bedarfsfrage sei zu entnehmen, dass der Standort des geplanten Institutes zwar in der burgenländischen Gemeinde Bruckneudorf liege, dieses aber den niederösterreichischen Bezirk Bruck an der Leitha mit mehr als 40.000 Einwohnern einschließlich der Gemeinde Bruckneudorf mit 2.000 Einwohnern versorgen solle, wobei zu erwarten sei, dass auch die burgenländischen Gemeinden Parndorf und Neudorf das Institut in Anspruch nehmen würden. Allein schon daraus erhelle, dass das Einzugsgebiet des im Burgenland liegenden Institutes "auf Grund der geographischen und wirtschaftlichen Geschlossenheit" weitaus überwiegend in Niederösterreich liege. Dies werde noch erhärtet durch die zur Äußerung der Ärztekammer für Burgenland betreffend den Bedarf erstattete Stellungnahme der Beschwerdeführerin, in der diese gerügt habe, dass die Ärztekammer für Burgenland die Bedürfnisse der Patienten des Bezirkes Bruck an der Leitha ungerechtfertigterweise nicht berücksichtigt habe. Aus dieser Argumentation der Beschwerdeführerin ergebe sich, dass der Institutsstandort "vordergründig" der Bedarfsdeckung bzw. Versorgung der Patienten des Bezirkes Bruck an der Leitha dienen solle. Nach der Rechtsauffassung der belangten Behörde sei es jedoch entscheidend, "ob am konkreten in Aussicht genommenen Standort - sohin in der Gemeinde Bruckneudorf und nicht in einem exterritorialen Gebiet - ein Bedarf gegeben ist, denn nur diesfalls ist nach dem Bgld. KAG 2000 eine Errichtungsbewilligung zu erteilen". Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sei die Bedarfsfrage für den in Betracht kommenden Standort negativ zu beurteilen. Die Versorgung der Bevölkerung des Bezirkes Neusiedl am See auf dem Gebiet der physikalischen Medizin erfolge einerseits durch die niedergelassene Ärzteschaft (die Gesamtverträge mit den Krankenversicherungsträgern enthielten als Vertragsleistung auch physiotherapeutische Leistungen), andererseits durch das selbständige Ambulatorium für physikalische Medizin in Neusiedl am See sowie durch die Sonderkrankenanstalt Zicksee, die ebenfalls Verträge mit allen Krankenversicherungsträgern hätten. Für die Bevölkerung von Bruckneudorf sei eine ausreichende Versorgung auf dem Gebiet der physikalischen Medizin gegeben. Im Hinblick auf das Fehlen des Bedarfes sei der Antrag abzuweisen gewesen, ohne dass die weiteren Voraussetzungen für die Errichtungsbewilligung zu prüfen gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Bgld. KAG 2000 maßgebend:

"Begriffsbestimmungen

§ 1

Krankenanstalten

(2) Krankenanstalten im Sinne des Abs. 1 sind:

...

7. Selbständige Ambulatorien (Röntgeninstitute, Zahnambulatorien und ähnliche Einrichtungen), das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist.

...

Allgemeine Bestimmungen für die Errichtung und den Betrieb

von Krankenanstalten

§ 5

Errichtungsbewilligung

(1) Krankenanstalten dürfen nur mit Bewilligung der Landesregierung errichtet werden. Ist der Rechtsträger der Krankenanstalt ein Krankenversicherungsträger, so bedarf er lediglich bei selbständigen Ambulatorien einer Errichtungsbewilligung. Die beabsichtigte Errichtung einer allgemeinen Krankenanstalt durch einen Sozialversicherungsträger ist der Landesregierung anzuzeigen.

(2) Anträge auf Erteilung der Errichtungsbewilligung haben den Anstaltszweck und das in Aussicht genommene Leistungsangebot genau zu bezeichnen. Weiters sind dem Antrag maßgerechte Baupläne und Bau- und Betriebsbeschreibungen in dreifacher Ausfertigung anzuschließen.

(3) Die Errichtungsbewilligung ist, sofern nicht Abs. 6 anzuwenden ist, zu erteilen, wenn

1. nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot

a) im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie

b) bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag,

ein Bedarf gegeben ist.

..."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, bei der Beurteilung, ob ein Bedarf im Sinne des § 5 Abs. 3 Z. 1 Bgld. KAG 2000 gegeben sei, sei ausschließlich die Versorgung der innerhalb der Landesgrenzen ansässigen Bevölkerung zu berücksichtigen, nicht hingegen die Versorgung der zwar im Einzugsgebiet des geplanten Institutes, aber in Niederösterreich ansässigen Bevölkerung.

Die Auffassung der belangten Behörde ist rechtswidrig. Der Verfassungsgerichtshof hat mit den Erkenntnissen vom 13. Dezember 2000, Slg. Nr. 16.058 und 16.059, Bestimmungen des Salzburger Krankenanstaltengesetzes 2000 - SKAG, die die Bedarfsprüfung auf politische Grenzen (Bezirks- bzw. Landesgrenzen) eingeschränkt haben, als verfassungswidrig aufgehoben, weil derartige Beschränkungen dem Grundsatzgesetz, das eine über die politischen Grenzen hinausgehende Prüfung des Bedarfes geradezu erfordere, widersprechen und daher verfassungswidrig seien.

Das Bgld. KAG 2000 enthält keine derartigen Beschränkungen. Die belangte Behörde begründet ihre Auffassung, dass sich die Bedarfsprüfung auf die im Landesgebiet ansässige Bevölkerung zu beschränken habe, nicht näher. Sie unterstellt mit ihrer Auffassung den Bestimmungen des Bgld. KAG 2000 nach dem zuvor Gesagten - ohne dass der Wortlaut dieses Gesetzes dazu zwingt - einen grundsatzgesetzwidrigen und damit verfassungswidrigen Inhalt. In Verkennung der Rechtslage hat sie es unterlassen zu prüfen, ob nicht - wie dies von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren unter Hinweis auf die Bevölkerungszahlen der im Einzugsgebiet gelegenen Gemeinden und die Versorgungsengpässe im niederösterreichischen Teil des Einzugsgebietes behauptet wurde - im Hinblick darauf, dass das Einzugsgebiet des geplanten Institutes auf Grund der Besonderheit der geographischen Lage des Standortes Bruckneudorf (in unmittelbarer Nähe der Landesgrenze und einer Bezirkshauptstadt in einem angrenzenden Bundesland) zu einem wesentlichen Teil auf niederösterreichischem Gebiet liegt, ein Bedarf an dem von der Beschwerdeführerin in Aussicht genommenen Leistungsangebot besteht.

Aus dem dargelegten Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, dass der Schriftsatzaufwand für die Beschwerde EUR 908,-- (früher S 12.500,-- und nicht wie verzeichnet S 22.500,--) beträgt und die in der Verordnung genannten Pauschalbeträge für Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten.

Wien, am 21. Jänner 2003

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte