VwGH 2001/09/0191

VwGH2001/09/019119.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Gerhard Mitterböck, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Josefstädterstraße 34, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 23. Juli 2001, Zl. UVS- 07/A/37/5587/2000/57, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §29 Abs1;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §19;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §29 Abs1;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §19;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 6. Juni 2000 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung in drei Fällen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz für schuldig erkannt und mit drei Geldstrafen in Höhe von je S 16.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von je einer Woche und einem Tag) bestraft, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P. Produktions Gesellschaft m.b.H., nunmehr P Ges.m.b.H (in der Folge: P-GesmbH), zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeber mit Sitz in W in ihrem Betrieb zur Erzeugung von kosmetischen Artikeln und Parfümeriewaren in W, W-Straße 76, einen namentlich genannten polnischen Staatsangehörigen in der Zeit vom 28. September bis 29. Oktober 1998, sowie zwei weitere namentlich genannte polnische Staatsangehörige in der Zeit vom 26. September bis 29. Oktober 1998 als Hilfsarbeiter bei der Erzeugung kosmetischer Produkte beschäftigt habe, obwohl für diese drei Ausländer weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebewilligung oder eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er - soweit im Beschwerdeverfahren von Relevanz - unter anderem auch rügte, die Behörde erster Rechtsstufe habe die Dauer der Tätigkeit der drei polnischen Staatsangehörigen tatsachenwidrig angenommen; das Aus- und Einschlichten habe jeweils nur einige Tage, jedenfalls aber deutlich weniger als eine Woche in Anspruch genommen. Diese Feststellungen fänden auch im Beweisverfahren nicht die geringste Stütze. Diesbezüglich hafte dem erstinstanzlichen Straferkenntnis ein Begründungsmangel an.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass in der verbalen Tatanlastung nach der Wortfolge "mit Sitz in W" die Wortfolge "W-Straße 76" einzufügen und die Übertretungsnorm mit "in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG" zu ergänzen sei.

Nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens, Darstellung der Ermittlungsergebnisse sowie wörtlicher Wiederholung der Angaben der in der Berufungsverhandlung einvernommenen Personen stellte die belangte Behörde lediglich fest, auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens werde als erwiesen angenommen, dass die P-GesmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer im Tatzeitraum unbestrittenermaßen gewesen sei, die drei verfahrensgegenständlichen Ausländer zu den im Straferkenntnis angeführten Zeiten beschäftigt habe, ohne dass hierfür arbeitsmarktbehördliche Bewilligungen vorgelegen seien. Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Erwägungen zur Beweiswürdigung und nach rechtlicher Beurteilung des von ihr festgestellten Sachverhaltes die Strafbemessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 58 Abs 2 AVG zu erlassende Bescheide sind, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, zu begründen und zufolge der Regelung des § 60 AVG sind in dieser Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage klar und übersichtlich zusammenfassen. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 1993, Zl. 93/04/0156, vom 13. Oktober 1991, Zl. 90/09/0186, Slg. Nr. 13.520/A, und vom 28. Juli 1994, Zl. 90/07/0029).

Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid aber insofern nicht, als darin keine Feststellungen getroffen, sondern lediglich die Beweisergebnisse wiederholt werden, ohne dass erkennbar wäre, welchen Angaben die Behörde gefolgt ist und welchen nicht. Insbesondere hätte es im konkreten Fall einer Begründung bedurft, auf Grund welcher Erhebungsergebnisse und/oder weiterer Überlegungen die belangte Behörde von den im erstinstanzlichen Straferkenntnis enthaltenen, in der Berufung aber bereits bestrittenen Tatzeiträumen ausgegangen ist, obwohl sich aus den Vernehmungen der Ausländer in diesem Zusammenhang Widersprüche ergeben und die belangte Behörde in Wiedergabe der von ihr gewonnenen Ergebnisse der Berufungsverhandlung selbst dahingehend wiederholt,

"er (Anm.: der im Straferkenntnis erstgenannte Ausländer) sei bereits am 27.9.1998 in W gewesen, was mit einem Arbeitsbeginn vom 28.9.1998 durchaus korrespondiert. N.(Anm.: der im Straferkenntnis zweitgenannte Ausländer) gab ergänzend an, er sei seit ca. vier Wochen in W und zuletzt am 2.10.1998 eingereist und habe insgesamt ca. zwei Wochen gearbeitet. G .(Anm.: der im Straferkenntnis drittgenannte Ausländer) gab an, er sei zuletzt am 24.10.1998 wieder nach Österreich eingereist".

Diese Angaben "korrespondieren" keineswegs - wie die belangte Behörde vermeint - mit den zuvor gemachten Angaben der betroffenen Ausländer und können - ebenfalls infolge Abweichung von dem im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bezeichneten Beginn des Tatzeitraums (26. bzw. 28. September 1998) - nicht "als zutreffend zugrundegelegt" worden sein.

Da die belangte Behörde diese Widersprüche nicht aufgeklärt und sohin ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen ist, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, die auch entscheidungswesentlich ist, weil sich u.a. auch die Dauer der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung auf die Höhe der zu bemessenden Strafe auswirken kann. Bereits aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Aus prozessökonomischen Gründen sei den weiteren Beschwerdeausführungen aber bereits jetzt entgegen gehalten, dass es zur Annahme eines dem AuslBG unterliegenden Beschäftigungsverhältnisses infolge der in § 2 Abs. 2 AuslBG enthaltenen Legaldefinition des Beschäftigungsbegriffes keines ("schriftlich, mündlich oder schlüssig zustande gekommenen") Arbeitsvertrages bedarf. Nach dieser Gesetzesbestimmung in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997, gilt nämlich als Beschäftigung die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988. Auch bildet das Unterbleiben einer tatsächlichen Bezahlung kein Indiz gegen das Vorliegen eines dem AuslBG unterworfenen Beschäftigungsverhältnisses, da gemäß § 29 Abs. 1 AuslBG dem Ausländer, der entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes ohne Beschäftigungsbewilligung beschäftigt wird, gegenüber dem ihn beschäftigenden Betriebsinhaber für die Dauer der Beschäftigung die gleichen Ansprüche wie auf Grund eines gültigen Arbeitsvertrages (Anm.: jedenfalls) zustehen. Auch wären im Rahmen der Bekämpfung der Beweiswürdigung konkrete Widersprüche oder Ungereimtheiten zu behaupten; eine lediglich andere Sicht der Angelegenheit reicht zur Bekämpfung der behördlichen Beweiswürdigung nicht aus, weil der Verwaltungsgerichtshof aus Anlass einer Bescheidbeschwerde nur eine nachprüfende Kontrolle auszuüben, nicht aber eine Sachentscheidung zu fällen hat, und die Beweiswürdigung nur insoweit überprüft werden kann, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Denkvorgang der Behörde zu einem den Denkgesetzen entsprechenden Ergebnis geführt hat bzw. ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Schlüssig sind solche Erwägungen, wenn sie u.a. den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. N.F. Nr. 8619/A). Auf die konkrete Richtigkeit der von der Behörde gezogenen Schlussfolgerungen kommt es nicht an.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Pauschalgebühr im Sinne der oben genannten Verordnung EUR 908,-- beträgt und die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG mit EUR 181,68 umgerechnet wird. Mehrwertsteuer ist in der genannten Pauschalgebühr bereits enthalten.

Wien, am 19. Dezember 2002

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