Normen
WWSGG §13;
WWSGG §34 Abs1;
WWSGG §7;
WWSLG Tir 1952 §39;
WWSLG Tir 1952 §8 Abs2;
WWSGG §13;
WWSGG §34 Abs1;
WWSGG §7;
WWSLG Tir 1952 §39;
WWSLG Tir 1952 §8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
In EZ 159 KG Gerlos (im Eigentum der mitbeteiligten Partei) sind auf Grund von Servitutenurkunden unter C-LNr. 1 und 8 Dienstbarkeiten der Weide und unter C-LNr. 2 und 9 Dienstbarkeiten des Bezuges von Brenn-, Nutz- und Kalkholz und Streu sowie von Lehm, Kalksteinen und Schotter auf Grundstück Nr. 114/17 für EZ 90009 KG Gerlos (KG G.) einverleibt. Eigentümer der berechtigten Liegenschaft EZ 90009 sind die Beschwerdeführer.
Hinsichtlich der vorbezeichneten Weiderechte (C-LNr. 1 und 8) wurde mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 24. Juli 1990 ein Servitutenverfahren eingeleitet. Dieser Einleitungsbescheid ist durch Abweisung der dagegen erhobenen Berufung mit Bescheid des Landesagrarsenates vom 12. September 1991 in Rechtskraft erwachsen. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/07/0150, als unbegründet abgewiesen.
Mit Eingabe vom 31. Mai 2001 beantragte der Mitbeteiligte als Eigentümer des belasteten Grundstückes Nr. 114/17 KG G. auch die unter C-LNr. 2 und 9 einverleibten Dienstbarkeiten abzulösen und ein entsprechendes Verfahren einzuleiten.
Mit Bescheid der AB vom 13. Juni 2001 wurde gemäß den §§ 8 Abs. 2 lit. a und 39 des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes, LGBl. Nr. 21/1952 (WWSG), festgestellt, dass ein gültiger Antrag vorliege und die Einleitung des Servitutenverfahrens zur Ablösung der zu Gunsten der Liegenschaften EZ 90009 KG G. auf Grundstück Nr. 114/17 (in EZ 159 KG G.) C-LNr. 2 und 9 lastenden Dienstbarkeit des Bezuges von Brenn-, Nutz- und Kalkholz und Streu sowie von Lehm, Kalksteinen und Schotter verfügt.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der sie vorbrachten, mit einer zwangsweisen Ablösung ihrer für immer währende Zeiten eingeräumten Einforstungsrechte nicht einverstanden zu sein. Die Agrarbehörde könne nicht gegen den Willen des Berechtigten, also zwangsweise, Einforstungsrechte ablösen. Andernfalls seien diese Bestimmungen verfassungswidrig. Dem Mitbeteiligten würde keine Antragslegitimation zukommen. Ein gültiger Antrag würde nur dann vorliegen, wenn die Agrarbehörde der Änderung des Rechtsverhältnisses zwischen Verpflichtetem und Berechtigtem zugestimmt habe. Laut Regulierungsurkunde seien die österreichischen Bundesforste Verpflichtete. Zunächst sei die Antragslegitimation des Mitbeteiligten genau zu prüfen, davon sei die Gültigkeit des Antrages abhängig.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. September 2001 gab die belangte Behörde der Berufung insoweit Folge, als die Einleitung eines Servitutenverfahrens hinsichtlich der zu Gunsten der Liegenschaft EZ 90009 KG G. auf Grundstück Nr. 114/17 (in EZ 159 KG G.) C-LNr. 2 und 9, lastenden Dienstbarkeiten verfügt wurde; im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Nach Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 8 und 39 WWSG führte die belangte Behörde zur Antragslegitimation des Mitbeteiligten aus, bei der Dienstbarkeit C-LNr. 2 sei eine Übertragung der Eintragung aus EZ 51 (Eigentümerin Republik Österreich-Österreichische Bundesforste) angemerkt, was bedeute, dass ein servitutsbelastetes bundesforstliches Grundstück geteilt und mit der Abschreibung des Trennstückes aus EZ 51 KG G. die Dienstbarkeit mitübertragen worden sei. Die Teilung belasteter Grundstücke unterliege nicht der Genehmigungspflicht durch die Agrarbehörde, wie sich aus § 3 WWSG ergebe. Eine derartige "Änderung des Rechtsverhältnisses" bedürfe nicht der Zustimmung durch die Agrarbehörde. Die Antragslegitimation des Mitbeteiligten als Eigentümer des belasteten Grundstückes stehe außer Zweifel, sodass vom Vorliegen eines gültigen Antrages auf Einleitung eines Servitutenverfahrens auszugehen sei. Die Frage der Ablösung stelle sich im Zeitpunkt der Einleitung eines Servitutenverfahrens noch nicht; diese Frage könne erst auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, das nach Eintritt der Rechtskraft des Einleitungsbescheides durchzuführen sei, beurteilt und entschieden werden. Im Einleitungsbescheid sei nur festzustellen, ob ein gültiger Antrag oder die Voraussetzungen für ein Verfahren von Amts wegen vorlägen.
Mit dem Spruch des Bescheides der ABB sei die "Einleitung des Servitutenverfahrens zur Ablösung" verfügt worden, womit der Gegenstand des Servitutenverfahrens in unzulässiger Weise eingeschränkt werde. Eine auf § 39 WWSG gestützte Einleitung eines Servitutenverfahrens habe "allgemein" zu erfolgen. Ob und welche Neuregulierungs- oder Ablösungsmaßnahmen vorzunehmen seien, bleibe den Ergebnissen dieses einheitlichen Verfahrens vorbehalten. Die Agrarbehörde sei im (einheitlichen) Servitutenverfahren verpflichtet, die auf Grund der Ergebnisse ihrer Erhebungen und Verhandlungen geeignetste Form einer Neuordnung zu beurteilen oder gegebenenfalls von dieser Abstand zu nehmen. Dem Berufungsvorbringen sei daher nur insoweit Berechtigung zuzuerkennen, als das Verfahren nicht auf die Frage der Ablösung beschränkt sein dürfe; die Einleitung eines allgemeinen Servitutenverfahrens vermögen die Beschwerdeführer jedoch nicht mit Erfolg zu bekämpfen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die §§ 1 Abs. 1 und 2, 3 Abs. 1, 4 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 2, und 39 WWSG lauten:
"§ 1. (1) Dieses Gesetz bezeichnet als Nutzungsrechte:
a) alle wie immer benannten Rechte, in oder aus einem fremden Wald Holz oder sonstige Forstprodukte zu ziehen;
- b) Weiderechte auf fremden Grund und Boden,
- c) alle anderen Felddienstbarkeiten auf Wald oder Waldkultur gewidmetem Boden mit Ausnahme der Wegerechte.
(2) Solche Nutzungsrechte können nach den Bestimmungen dieses Gesetzes geregelt, abgelöst und gesichert werden.
§ 3. (1) Werden verpflichtete Grundstücke geteilt, so bleiben die Nutzungsrechte auf allen Teilstücken bestehen, außer die Ausübung der Dienstbarkeit beträfe ein abgetrenntes Teilstück nicht (§§ 485 und 847 ABGB).
(2) ...
§ 4. (1) Rechtsgeschäfte, welche Veränderungen an Nutzungsrechten, insbesondere die gänzliche oder teilweise Übertragung solcher von einer berechtigten Liegenschaft auf eine andere oder von einer belasteten Liegenschaft auf eine andere oder die Löschung von Nutzungsrechten im Grundbuch bezwecken, bedürfen der Bewilligung der Agrarbehörde.
(2) ...
§ 8. (1) Nutzungsrechte der in § 1 bezeichneten Art können auf Antrag oder von Amts wegen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes reguliert oder abgelöst werden, auch wenn sie bereits nach älteren Vorschriften reguliert oder neu reguliert worden sind
(2) Der Antrag kann gestellt werden:
- a) vom Eigentümer der verpflichteten Grundstücke;
- b) vom Eigentümer der berechtigten Liegenschaft.
(3) ...
§ 39. Verfahren zur Regulierung oder Ablösung werden mit einem Bescheid eingeleitet, der feststellt, ob ein gültiger Antrag oder die Voraussetzungen für ein Verfahren von Amts wegen vorliegen, und die Einleitung des Verfahrens verfügt.
Die Beschwerdeführer machen als Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorerst geltend, die Einleitung eines gesonderten Servitutenverfahrens sei unzulässig gewesen, weil bereits ein Servitutenverfahren (hinsichtlich der Weiderechte) anhängig gewesen sei, in welches eine Einbeziehung erfolgen hätte müssen; schließlich sei auch eine auf die Ablöse bestimmter Dienstbarkeiten eingeschränkte Einleitung eines Servitutenverfahrens unzulässig.
Die beschwerdeführenden Parteien bleiben aber jegliche Begründung für diese Ansicht schuldig. Unbeschadet dessen, dass sich gegebenenfalls eine gemeinsame Durchführung parallel anhängiger Servitutenverfahren (hinsichtlich verschiedener auf einem Grundstück lastenden Dienstbarkeiten) aus verfahrensökonomischen Gründen als sinnvoll erweisen kann, ist eine Verpflichtung zu einer gemeinsamen Durchführung solcher Verfahren dem Gesetz nicht zu entnehmen. Darin, dass das vorliegende Servitutenverfahren in das bereits hinsichtlich der Weiderechte anhängige Servitutenverfahren nicht "einbezogen" wurde, liegt daher keine Rechtswidrigkeit. Die Zulässigkeit der Einleitung eines Servitutenverfahrens, eingeschränkt auf die Ablöse bestimmter Dienstbarkeiten, ergibt sich schließlich bereits aus § 1 Abs. 1 und 2 sowie § 8 WWSG; in diesem Zusammenhang sei auch auf das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991 hinsichtlich der Einleitung des ausschließlich Weiderechte betreffenden Servitutenverfahrens verwiesen.
Die belangte Behörde hat aus Anlass der Berufung die im Bescheid der AB auf die Ablösung der Weiderechte eingeschränkte Einleitung des Servitutenverfahrens allgemein gefasst, sodass nunmehr sowohl die Ergänzungsregulierung, Regulierung als auch die Ablösung der gegenständlichen Rechte vom Einleitungsbescheid umfasst sind. Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1996, Zl. 96/07/0126, VwSlg 14.550/A, ausgesprochen hat, kann ein Antragsteller durch einen bestimmten Antragsinhalt (hier: Ablösung) das Einforstungsverfahren nicht auf Teilaspekte beschränken. Auch ein Antrag auf Ablösung durch Abtretung von Grund erlaubt daher die (uneingeschränkte) Einleitung des Einforstungsverfahrens. Ob eine Ergänzungsregulierung, Regulierung oder Ablösung von Grund oder in Geld erfolgt, entscheidet nicht der Einleitungsbescheid, sondern wird auf Grund der Ergebnisse des weiteren Verfahrens bestimmt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1981, Zl. 81/07/0129, VwSlg 10.554/A). Die belangte Behörde war daher entgegen den gegenteiligen Beschwerdeausführungen zur "allgemeinen" Einleitung des Servitutenverfahrens befugt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991 ausgesprochen, im Einleitungsbescheid sei nur festzustellen, ob ein gültiger Antrag oder die Voraussetzungen für ein Verfahren von Amts wegen vorliegen. Als Voraussetzung für den Einleitungsbescheid müsse lediglich die Frage geprüft werden, ob der von der mitbeteiligten Partei gestellte Antrag im Sinne des § 8 Abs. 2 WWSG gültig sei, also ob der Antrag vom Eigentümer des belasteten Grundstückes erhoben wurde. Feststellungen über das Vorliegen weiterer Voraussetzungen für die Durchführung des Servitutenverfahrens selbst seien hingegen im Rahmen des Einleitungsverfahrens nicht zu treffen.
Der Mitbeteiligte ist nach dem (unbestrittenen) Grundbuchsstand Eigentümer des belasteten Grundstückes. Bereits daraus ergibt sich seine Antragslegitimation. Sollte sich im Zuge der Abwicklung des Servitutenverfahrens - aus welchen Gründen auch immer - die Unrichtigkeit der im Grundbuch angegebenen Eigentumsverhältnisse an den betroffenen Grundstücken ergeben, wäre im Verfahren selbst darauf entsprechend zu reagieren.
Ergänzend wird bemerkt, dass die im vorliegenden Fall geäußerten Bedenken der Beschwerdeführer gegen die Rechtswirksamkeit des Eigentumsübergangs an den Mitbeteiligten unbegründet sind. Die Österreichischen Bundesforste veräußerten das verpflichtete Grundstück an den Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten; dieser Vertrag wurde wegen eines anhängigen Regulierungsverfahrens agrarbehördlich bewilligt. Für den Kaufvertrag zwischen dem Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten und diesem bestand keine Notwendigkeit der Einholung einer agrarbehördlichen Bewilligung, weil durch den Wechsel des Eigentümers des verpflichteten Grundstückes keine Veränderung am Bestand und Umfang der Nutzungsrechte erfolgt ist.
Nicht nachvollziehbar ist schließlich auch das Vorbringen der Beschwerdeführer, insoweit sie an der Kompetenz der Agrarbehörden zur Regulierung, Neuregulierung oder Ablösung von Nutzungsrechten nach dem WWSG zweifeln. Insofern die Beschwerdeführer eine Verfassungswidrigkeit der entsprechenden Bestimmungen des WWSG geltend machen und eine Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof anregen, übersehen sie, dass mit dem im vorliegenden Fall angefochtenen Bescheid (lediglich) ein Servitutenverfahren eingeleitet wird; Veränderungen der Eigentumsverhältnisse werden durch den angefochtenen Bescheid nicht bewirkt. Schon aus diesem Grund hat sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst gesehen, im vorliegenden Fall dem von den Beschwerdeführern angeregten Gesetzesprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof näher zu treten.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandsatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei bezieht sich auf den begehrten Ersatz des die Höhe des in der Verordnung festgelegten Pauschbetrages übersteigenden Betrages für den Schriftsatzaufwand (vgl. § 3 Abs. 2 der Verordnung), des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorgesehenen Streitgenossenzuschlages sowie von nicht entrichteten Barauslagen.
Wien, am 21. März 2002
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