VwGH 2001/06/0132

VwGH2001/06/013230.3.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Dr. BD, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 1. März 1999, Zl. uvs-1998/13/183-1, betreffend Übertretung des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 (weitere Partei gemäß § 21 Abs. 1 VwGG: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §7;
BStFG 1996 §1 Abs1;
BStFG 1996 §12 Abs1 Z2 idF 1996/656;
BStFG 1996 §7 Abs1 idF 1997/I/113;
BStFG 1996 §7 Abs1;
BStFG 1996 §8 idF 1997/I/113;
MautpflichtAusnahmeV 1997;
VwRallg;
ABGB §7;
BStFG 1996 §1 Abs1;
BStFG 1996 §12 Abs1 Z2 idF 1996/656;
BStFG 1996 §7 Abs1 idF 1997/I/113;
BStFG 1996 §7 Abs1;
BStFG 1996 §8 idF 1997/I/113;
MautpflichtAusnahmeV 1997;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 4. Juni 1998 um 14.00 Uhr als Lenker mit einem nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeug eine mautpflichtige Bundesautobahn im Gemeindegebiet von Langkampfen, und zwar die Inntalautobahn A 12, bei Kilometer 9,3, befahren, ohne die hiefür gemäß § 7 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, vorgeschriebene zeitabhängige Maut vor der angeführten Benützung der genannten Straße ordnungsgemäß (durch die Anbringung einer entsprechenden Mautvignette am Kraftfahrzeug) entrichtet zu haben.

Dadurch habe der Beschwerdeführer § 12 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 und § 8 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, verletzt. Über ihn wurde gemäß § 12 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe in Höhe von S 3.000,-- (2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, die Vignette sei mit einem Klebestreifen und nicht mit der auf der Vorderseite der Vignette befindlichen Klebeschicht an der Windschutzscheibe fixiert gewesen. Bei dem verwendeten Kennzeichen handle es sich um ein Wechselkennzeichen für den gegenständlichen Pkw der Marke Jaguar und einen Pkw der Marke Peugeot.

Eine Ausnahmeregelung für Wechselkennzeichen hinsichtlich der Mautpflicht sei in der auf § 7 Abs. 10 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz fußenden Verordnung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. Nr. 1996/697, nicht genannt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers beruhe dies nicht auf einem Versehen des Gesetzgebers. Vielmehr sei laut Fachinformation des Juristenservice vom 23. April 1996 und vom 23. Dezember 1996 (ÖAMTC - Fachinformation 1997/70) vorgeschlagen worden, Ausnahmen für auf Wechselkennzeichen laufende Kraftfahrzeuge von der Vignettenpflicht vorzusehen. Der Vorschlag des ÖAMTC habe auf "die Ausgabe von 2 bis 3 Vignetten zum Preis von einer" gelautet. Diesem Vorschlag sei der Gesetzgeber jedoch nicht gefolgt. Dahinter stehe offenbar der Gedanke, dass der mit der kostenlosen Vignettenausgabe verbundene Kontrollaufwand vermieden werden bzw. eine missbräuchliche Verwendung von Vignetten von vornherein ausgeschlossen werden sollte. Obwohl die Besitzer von Wechselkennzeichen selbstverständlich immer nur mit einem Fahrzeug unterwegs sein dürften, müssten sie bei der Benützung von Autobahnen und Schnellstraßen für jedes auf Wechselkennzeichen zugelassene Fahrzeug eine eigene Mautvignette kaufen. Der Gesetzgeber stelle daher nicht darauf ab, dass Fahrzeuge nur einzeln im Einsatz sein können, sondern auf das Benützen von Autobahnen und Schnellstraßen. Von einer "Doppelbemautung" könne daher nicht gesprochen werden.

Da der Beschwerdeführer entgegen Punkt 8 der Mautordnung die Jahresvignette 1998 für jedes Straßenaufsichtsorgan erkennbar mit Klebestreifen an der Windschutzscheibe angebracht habe, sei eine Mehrfachverwendung dieser Vignette möglich gewesen.

Die Behandlung der zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. September 2001, B 781/99-7, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 7 Abs. 1 und Abs. 2 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996 (BStFG) i.d.F. BGBl. I Nr. 113/1997, lauten:

"§ 7. (1) Solange für Fahrzeuge, die von den in Abs. 2 genannten Kategorien umfasst werden, keine fahrleistungsabhängige Maut auf Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) und Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen) eingehoben wird, unterliegt deren Benützung einer zeitabhängigen Maut. Die Maut ist vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

(2) Der Preis einer Jahresvignette samt Umsatzsteuer beträgt für

...

2. mehrspurige Kraftfahrzeuge, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht bis einschließlich 3,5 Tonnen beträgt

....................................................................

.550 S,

..."

Gemäß § 8 erster Satz BStFG i.d.F. BGBl. I Nr. 113/1997 ist

Mautschuldner der Kraftfahrzeuglenker.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 BStFG i.d.F. BGBl. Nr. 656/1996 begehen Lenker von Kraftfahrzeugen, die mit diesen mautpflichtige Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) oder Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen) benützen, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von S 3.000,-

- bis zu S 60.000,-- zu bestrafen.

Der Beschwerdeführer rügt, bei der Nichtberücksichtigung der Bemautung von mehreren Fahrzeugen unter einem polizeilichen Kennzeichen (Wechselkennzeichen) handle es sich um eine planwidrige Gesetzeslücke, die durch Analogie zu schließen sei. Das Nicht-Aufgreifen eines Vorschlages eines Autofahrerklubs sei kein Indiz dafür, dass der Gesetzgeber diese Ausnahme bewusst nicht regeln habe wollen. So seien Steuern, Versicherungsprämien und Mautabgaben (beispielsweise Brenner Autobahn) pro polizeilichem Kennzeichen zu entrichten und nicht nach der Anzahl der unter diesem Kennzeichen zugelassenen Fahrzeuge. Diesen Regelungen liege nicht der Gedanke einer Befreiung von Mehrbelastungen der Zulassungsbesitzer zu Grunde, sondern die klare Überlegung, dass von mehreren unter einem Kennzeichen zugelassenen Fahrzeugen immer nur eines in Betrieb sein könne.

Dem kann nicht gefolgt werden.

Bei einer Gesetzeslücke handelt es sich um eine planwidrige und daher durch Analogie zu schließende Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung. Eine Lücke ist demnach nur dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an der mit seiner Erlassung verfolgten Absicht und seiner immanenten Teleologie unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Die bloße Meinung, eine (fehlende) Regelung wäre rechtspolitisch wünschenswert, reicht zur Annahme einer Gesetzeslücke nicht hin (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2002, Zl. 2002/08/0127). Im Verwaltungsrecht gilt weiters der Grundsatz der Auslegungsstrenge. Danach ist zwar die Analogie im Bereich des Verwaltungsrechts zulässig, das Bestehen einer Rechtslücke ist im Zweifel aber nicht anzunehmen (vgl. Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 103 f und die dort zitierte hg. Judikatur). Gemäß der hg. Judikatur (vgl. das Erkenntnis vom 5. Juni 1985, Zl. 85/09/0006) ist für die Anwendung einer Gesetzesanalogie kein Raum, wenn die gesetzlichen Bestimmungen eindeutig sind.

§ 7 Abs. 1 BStFG stellt hinsichtlich der Verpflichtung zur Entrichtung einer zeitabhängigen Maut auf die Benützung bestimmter Bundesstraßen durch bestimmte Fahrzeuge ab (vgl. auch das Erkenntnis vom 25. Jänner 2001, Zl. 2000/06/0024). Auch § 12 Abs. 1 BStFG bezieht sich auf Lenker von Kraftfahrzeugen, die u. a. mautpflichtige Bundesstraßen A benützen. Schon im Hinblick auf den diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 7 Abs. 1 und des § 12 Abs. 1 BStFG kann keine Rede davon sein, dass in Bezug auf Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen eine Gesetzeslücke vorliegt. Aus den Gesetzesmaterialien (vgl. StenProtNR 43. Sitzung 20.GP, S. 77) ergibt sich weiters, dass ein diesbezüglicher Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Kollegen betreffend Mautpickerl für Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen keine Zustimmung gefunden hat. Auch in der gemäß § 7 Abs. 10 BStFG erlassenen Verordnung, BGBl. Nr. 697/1996, ist keine Ausnahme für Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen vorgesehen.

Bei der Maut handelt es sich um keine Abgabe, sondern, wie dies in § 1 Abs. 1 BStFG zum Ausdruck kommt, um ein Entgelt, das dem Bund für die Benützung bestimmter Bundesstraßen zu leisten ist. Im Lichte der möglichen Missbräuche, wenn als Entrichtung der Maut nicht die entsprechende Anbringung der jeweils erforderlichen Vignette am jeweiligen Kraftfahrzeug verlangt würde, bestehen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch keine Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber ohne Ausnahme die Entrichtung der Maut in Form der entsprechenden Anbringung der Vignette am Kraftfahrzeug fordert (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, Zl. 2001/06/0096). Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. März 2004

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