VwGH 2001/03/0203

VwGH2001/03/02038.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der F GmbH in H, vertreten durch Dr. Alfred Hawel und Dr. Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Museumstraße 17, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 31. Mai 2001, Zl 43434/1-PR10/01, betreffend Genehmigung von Änderungen einer Tarifordnung nach dem Luftfahrtgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, als er über den Zeitraum ab 1. April 2002 abspricht.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, Halterin des Zivilflugplatzes L, beantragte mit Schreiben vom 26. Februar 2001 gemäß § 74 Abs 3 und 4 in Verbindung mit § 68 Abs 2 des Luftfahrtgesetzes, BGBl Nr 253/1957 idF BGBl I Nr 194/1999 (LFG), die Genehmigung von "neuen Bestimmungen und Tarifen im Teil II der Zivilflugplatz-Benützungsbedingungen (Tarif- und Entgeltordnung) für den Flughafen L". Gleichzeitig beantragte sie, "die Genehmigung für das Inkrafttreten der neuen Tarife in der Tarif- und Entgeltordnung mit Wirksamkeit 1. April 2001 zu erteilen".

Mit Schreiben vom 26. April 2001 und 31. Mai 2001 erfolgten Änderungen des verfahrenseinleitenden Antrages.

Über den mit den genannten Schreiben abgeänderten Antrag entschied die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid, dessen Spruch - soweit hier von Belang - wie folgt lautet:

"Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie als Oberste Zivilluftfahrtbehörde genehmigt gemäß § 74 Abs. 3 und § 68 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes, BGBl. Nr. 253/1957, gemäß § 20 der Zivilflugplatz-Betriebsordnung, BGBl. Nr. 72/1962, sowie gemäß § 10 Abs. 2 des Flughafen-Bodenabfertigungsgesetzes BGBl. I Nr. 97/1998 die in der Anlage im einzelnen ersichtlichen, einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildenden Änderungen zur Tarifordnung des Flughafens L (Teil I der Gebührenordnung) mit Wirksamkeit vom 1. Juni 2001 bis 31. März 2002.

Diese neue Tarifordnung basiert auf folgenden Regelungen, die im Wege dieses Bescheides vorerst für 10 Monate Verbindlichkeit erlangen:

ANWENDUNGSBEREICH

sachlich: Lande-, Park-, Fluggast-, land- u.

luftseitiger Infrastrukturtarif;

zeitlich: 1.4.2001 - 31.3.2002;

SOCKEL

sind die zum 31.12.2000 ho genehmigten FLB-Flughafentarife. Im Laufe des Jahres 2001 wird ein Flughafen-Benchmarking aufgrund der bis Ende 2000 aufgelaufenen IST-Daten durchgeführt, aufgrund dessen zum 1.4.2002 allfälligerweise eine Absenkung/Aufhebung der Sockel-Flughafentarife zu kalkulieren ist. Auf diese korrigierten Tarifsätze ist dann die Formel anzuwenden;

FORMEL

...

PARAMETER

..."

Eine Begründung entfalle "wegen antragsgemäßer Genehmigung".

In der dagegen nur hinsichtlich des Abspruches über die Zeit ab 1. April 2002 erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde hat Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 74 Abs 3 LFG bedürfen die - für einen öffentlichen Flugplatz vom Flugplatzhalter aufzustellenden - Zivilflugplatz-Benützungsbedingungen der Genehmigung durch die zur Erteilung der Zivilflugplatzbewilligung zuständige Behörde. Dies gilt auch für jede wesentliche Änderung der Zivilflugplatz-Benützungsbedingungen (§ 74 Abs 4 LFG).

Gemäß § 58 Abs 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Kommt die Behörde ihrer Begründungspflicht nicht nach, ist einerseits die Partei - weil sie über die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die für die rechtliche Subsumtion maßgeblichen Erwägungen keine Kenntnis erlangt - an der Verfolgung ihrer Rechte gehindert, andererseits der Verwaltungsgerichtshof nicht in der Lage, die Prüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes vorzunehmen. Dem Standpunkt einer Partei wird auch dann nicht vollinhaltlich im Sinne des § 58 Abs 2 AVG entsprochen, wenn diesem nur unter Bedingungen, Beschränkungen oder weitergehenden Anordnungen Rechnung getragen wurde (vgl das hg Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, Zl 93/10/0109).

Die Unterlassung einer Begründung unter Hinweis darauf, dem Parteibegehren sei vollinhaltlich stattgegeben worden, verstößt also nur dann nicht gegen die Begründungspflicht des § 58 Abs 2 AVG, wenn die Beschwerdeführerin auch den nun in der Beschwerde gerügten Passus des Spruches des angefochtenen Bescheides ("Im Laufe des Jahres 2001 wird ein Flughafen-Benchmarking auf Grund der bis Ende 2000 aufgelaufenen IST-Daten durchgeführt, aufgrund dessen zum 1.4.2002 allfälligerweise eine Absenkung/Anhebung der Sockel-Flughafentarife zu kalkulieren ist. Auf diese korrigierten Tarifsätze ist dann die Formel anzuwenden; ...") tatsächlich beantragt hat.

Die belangte Behörde verweist dazu in ihrer Gegenschrift auf die Antragsänderung im Schreiben der Beschwerdeführerin vom 26. April 2001. Darin heißt es (auszugsweise):

"Die ... FLG hat am 26.2.2001 ... einen Antrag ... gestellt.

Diese Antrag soll nun wie folgt geändert werden:

Der geänderte Antrag soll mit Wirkung 1. Juni 2001 in Kraft treten.

Die Änderungen wurden gemäß den geführten Gesprächen und gemäß Ihrem Schreiben vom GZ 43.436/4-Pr10/01 vom 3.4.2001 durchgeführt.

...

Die geänderten Seiten 1, 4 und 7 der Tarif- und Entgeltordnung liegt dem Schreiben bei."

Mit Schreiben vom 31. Mai 2001 änderte die Beschwerdeführerin ihren Antrag dahin, "dass die Änderung der Tarife mit 31.3.2002 befristet ist".

Dass die Beschwerdeführerin eine Änderung des Antrages im Sinne des in der Beschwerde gerügten Spruchteiles vorgenommen hätte, geht aus den im Bescheid angeführten Schriftsätzen (Antrag vom 26. Februar 2001 und Schreiben vom 26. April 2001 sowie 31. Mai 2001) nicht hervor.

Daraus folgt, dass die belangte Behörde sich nicht mit einem Hinweis auf eine antragsgemäße Erledigung hätte begnügen dürfen, weshalb der angefochtene Bescheid gegen die Begründungspflicht des § 58 Abs 2 AVG verstößt.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde ausgeführt, dass der Bescheid "insoweit ... ausdrücklich unbekämpft bleibt, als er über die Zeit bis 31.3.2002 abspricht". Sie meint, es sei eine Trennung und daher Teilaufhebung derart möglich, dass nur der sich auf die Zeit ab 1. April 2002 beziehende Spruchteil aufgehoben werde.

Dem gegenüber steht die belangte Behörde auf dem Standpunkt, der gesamte Spruch sei als "untrennbare Einheit formuliert" worden, weshalb eine nur teilweise Aufhebung des Bescheides nicht möglich sei.

Gemäß § 59 Abs 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge in der Regel zur Gänze zu erledigen. Wenn aber der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zulässt, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.

Mit dem gerügten Passus erfolgte - über den vom Antrag umfassten zeitlichen Anwendungsbereich (1. Juni 2001 bis 31. März 2002) hinaus - eine Festlegung "zum 1.4.2002". Warum in einem solchen Fall nach Ansicht der belangten Behörde eine Trennbarkeit nicht gegeben sein sollte, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, weshalb der angefochtene Bescheid nur insoweit aufzuheben ist, als er über den Zeitraum ab 1. April 2002 abspricht.

Der angefochtene Bescheid war daher in aufgezeigten Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl II Nr 333/2003. Wien, am 8. Juni 2005

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