Normen
11994N/PRO/09 EU-Beitrittsvertrag Prot9 Art1;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs1;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §23 Abs2 idF 1998/I/017;
VStG §19;
VStG §20;
11994N/PRO/09 EU-Beitrittsvertrag Prot9 Art1;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs1;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §23 Abs2 idF 1998/I/017;
VStG §19;
VStG §20;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe
"am 04.03.2000 als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ..... (D) und dem Sattelanhänger mit dem amtlichen Kennzeichen ..... (D), wie bei einer Kontrolle auf der A 13 bei km 10,8 am 04.03.2000 um 11.00 Uhr festgestellt worden ist, eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich von Italien kommend nach Deutschland auf der Strecke vom Grenzübergang am Brenner bis zum Kontrollort durchgeführt, und hat dabei entgegen der Bestimmung des Artikels 1 Abs. 1 lit. a der Verordnung EG-Nr. 3298/94 i.d.F. der Verordnung EG-Nr. 1524/96 keine ordnungsgemäß ausgefüllte und entwertete Ökopunktekarte mitgeführt, wobei auch keine automatische Abbuchung der erforderlichen Ökopunkte durch den Umweltdatenträger erfolgte, da dieser unberechtigterweise auf ökopunktebefreite Fahrt gestellt war."
Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz, BGBl. Nr. 593/1995 i.d.F. BGBl. I Nr. 17/1998 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 2 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Verordnung EG-Nr. 3298/94 i.d.F. der Verordnung EG-Nr. 1524/96 begangen. Es wurde über ihn gemäß § 23 Abs. 2 GüterbeförderungsG in der angeführten Fassung eine Geldstrafe in Höhe von S 20.000,-- verhängt.
Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, der Beschwerdeführer habe beantragt, ein Sachverständigengutachten zum Beweise dafür einzuholen, dass die Abbuchung am Grenzeingang nicht ordnungsgemäß erfolgt sei und dies auf einen technischen Defekt bei der Abbuchungsanlage zurückzuführen sei. Dies werde damit begründet, dass vermehrt Aussagen von Fahrern vorlägen, die mit dem Gerät umgehen könnten, die aber angegeben hätten, dass eine ordnungsgemäß eingestellte Ökopunkteabbuchungsanlage vorgelegen habe, eine Abbuchung aber wahrscheinlich aus einem technischen Defekt nicht erfolgt sei. Dem gestellten Beweisantrag sei nach Auffassung der belangten Behörde nicht zu folgen gewesen, da es sich im vorliegenden Fall um einen reinen Erkundigungsbeweis handle, der unzulässig sei. Dazu komme noch, dass unzweifelhaft feststehe, dass eine Kontaktaufnahme über das Enforcement-Gerät stattgefunden habe. Wäre der Ecotag defekt gewesen, so hätte eine derartige Kontaktaufnahme nicht stattfinden können.
Der Beschwerdeführer sei trotz ausgewiesener Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Er habe daher zum Sachverhalt nicht befragt werden können. Aus dem dem Akt beiliegenden Kontrollzertifikat sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer (letzter Kommunikationsort: Brennerpass, Einfahrt) keine Transitdeklaration am Umweltdatenträger vorgenommen habe. Diesbezüglich scheine in der bezughabenden Zeile "nein/no" auf. Dieses Kontrollzertifikat sei vom Beschwerdeführer unterfertigt worden. Über den Beschwerdeführer sei die Mindeststrafe verhängt worden. Gemäß § 20 VStG könne die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwögen. Davon könne aber im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden. Da § 20 VStG auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse keinen Bedacht nehme, sei auf das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers nicht einzugehen gewesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995 (in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998; GütbefG) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-
- zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.
Gemäß § 23 Abs. 2 zweiter Satz GütbefG hat die Geldstrafe u. a. bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 Z. 7 bis 9 mindestens 20.000,- zu betragen.
Gemäß Art. 1 des dem EU-Beitrittsakt beigefügten Protokolles Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich (BGBl. Nr. 45/1995) gilt als Transitverkehr durch Österreich jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegen (lit. c), als Straßengütertransitverkehr durch Österreich jeder Transitverkehr, der mit Lastkraftwagen durchgeführt wird, unbeschadet ob diese Lastkraftwagen beladen oder unbeladen sind (lit. e).
Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs "die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird; oder
c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ..."
Art. 2 Abs. 1 Unterabsatz 1 der genannten Verordnung ordnet an, dass, soweit das Fahrzeug keinen Umweltdatenträger benutzt, die erforderliche Anzahl von Ökopunkten auf die Ökokarte aufgeklebt und entwertet wird. Die Ökopunkte sind durch Unterschrift so zu entwerten, dass sich der Schriftzug sowohl auf die Ökopunkte als auch auf das die Ökopunkte tragende Blatt erstreckt. An Stelle einer Unterschrift kann auch ein Stempel verwendet werden.
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die belangte Behörde den angebotenen Beweis, nämlich ein Gutachten zur Frage des technischen Defekts am Ecotag durch die belangte Behörde nicht eingeholt worden sei. Die belangte Behörde hätte dies damit begründet, es sei amtsbekannt, dass bei Vorliegen eines technischen Defekts eine Kontaktaufnahme mit dem Enforcement-Gerät nicht stattfinde und es sich bei dem gestellten Beweisantrag um einen unzulässigen Erkundungsbeweis handle. Die Behörde dürfe jedoch nur dann Fachfragen selbstständig beurteilen, wenn sie die Kenntnisse und Erfahrungen habe, die für eine selbstständige fachliche Beurteilung vorausgesetzt werden müssten. Dies liege im vorliegenden Fall gerade nicht vor. Das beantragte Sachverständigengutachten hätte Auskunft darüber geben sollen, ob es auf Grund eines technischen Defekts am Ecotag dazu gekommen sei, dass trotz Deklaration einer ökopunktepflichtigen Fahrt eine Abbuchung der erforderlichen Ökopunkte nicht erfolgt sei. Eine solche technische Frage zu beurteilen, sei jedoch lediglich ein Sachverständiger in der Lage, der das notwendige und spezielle Fachwissen besitze. Aus diesem Grund sei die belangte Behörde daher jedenfalls verpflichtet gewesen, den beantragten Sachverständigenbeweis aufzunehmen. Die Behörde dürfe einen Beweisantrag nur dann von vorneherein ablehnen, wenn das angebotene Beweismittel an sich nicht geeignet ist, über den Gegenstand einen Beweis zu liefern.
Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden. Gemäß der hg. Judikatur (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Jänner 2001, Zl. 2000/03/0367) hat sich der Lenker eines Lastkraftwagens bei einer Transitfahrt vor der Einreise in das Hoheitsgebiet Österreichs im Fall der Benutzung eines Umweltdatenträgers (auf geeignete Weise) davon zu überzeugen hat, dass mit diesem eine automatische Abbuchung von Ökopunkten auch möglich ist. Die belangte Behörde hat sich bei der Beweiswürdigung in diesem Zusammenhang zutreffend darauf berufen, dass dem Kontrollzertifikat betreffend den letzten Kommunikationsort des verfahrensgegenständlichen Lastkraftwagens, dem Brennerpass, zu entnehmen gewesen sei, dass keine Transitdeklaration am Ecotag vorgenommen worden sei. Weiters habe das amtshandelnde Organ mit dem Enforcement-Gerät an dem verfahrensgegenständlichen Ecotag eine Abbuchung vornehmen können. Aus dem Kontrollzertifikat ergibt sich weiters, dass das amtshandelnde Organ das Ecotag bei der Kontrolle auf ökopunktebefreit eingestellt vorgefunden hat. Hinweise dafür, dass das verfahrensgegenständliche Ecotag überraschend nach der entsprechenden Kontrolle vor der Einreise defekt gewesen sein könnte, haben sich - abgesehen von der auf Grund der vorliegenden Beweise als nicht glaubwürdig erachteten Aussage des Beschwerdeführers, das Gerät sei bei der Einreise auf ökopunktepflichtig eingestellt gewesen - somit für die belangte Behörde auf Grund der vorliegenden Beweismittel nicht ergeben.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, dass der angefochtene Bescheid nicht ausreichend begründet worden sei.
Auch diese Ansicht wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Die belangte Behörde ist auf Grund der Aussagen des amtshandelnden Organes in der mündlichen Verhandlung (der Beschwerdeführer ist zu dieser nicht erschienen) und auf Grund der im Akt vorliegenden Beweismittel (zwei Kontrollzertifikate vor der Benützung des vom amtshandelnden Organ eingesetzten Enforcement-Gerät und danach) von dem im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Verhalten des Beschwerdeführers ausgegangen. Zu dem maßgeblichen Argument des Beschwerdeführers in der Berufung, dass ein Sachverständigengutachten zur Funktionsfähigkeit des Ecotag eingeholt hätte werden müssen, hat die belangte Behörde - wie bereits dargelegt - ausreichend Stellung genommen. Ein Begründungsmangel ist somit für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.
Die belangte Behörde hat auch zutreffend die Ansicht vertreten, dass es bei der Vollziehung des § 20 VStG auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten nicht ankommt. § 19 VStG, der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführt wird, ist bei der Festsetzung der Strafe von Relevanz und nicht für die Vollziehung des § 20 VStG.
Im Übrigen liegt jedoch eine - vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende - inhaltliche Rechtwidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor. Mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/2001 u. a., kundgemacht am 8. Februar 2002 im BGBl. I Nr. 37, stellte der Verfassungsgerichtshof nämlich fest, dass die Wortfolge "und Z. 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Der Verfassungsgerichtshof sprach in diesem Erkenntnis gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG weiters aus, dass diese Bestimmung "insofern nicht mehr anzuwenden" ist, "als sie sich auf Z. 8 bezieht". Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diese Bestimmung daher nicht mehr anzuwenden (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 3. September 2002, Zl. 2001/03/0412). Es ist somit eine maßgebliche gesetzliche Grundlage für die Bestrafung des Beschwerdeführers im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren weggefallen.
Der angefochtene Bescheid war daher in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 19. März 2003
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