Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis vom 13. März 2001 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn den Beschwerdeführer schuldig, die F GmbH habe von mindestens 29. Dezember 2000 bis zumindest 14. Jänner 2001 an zwei näher umschriebenen Orten verbotenerweise außerhalb des Ortsgebietes an der Straße innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand die Ankündigung mit der Aufschrift "Große Hausmesse, 12.-14. Jänner 2001" und einem Logo mit der Firmenbezeichnung und Anschrift angebracht. Er sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F GmbH hiefür verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Er habe zwei Übertretungen jeweils gemäß § 84 Abs. 2 StVO 1960 iVm § 9 Abs. 1 VStG begangen. Es wurden zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils vier Tagen) verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer mittels eines durch seinen Vertreter verfassten Schriftsatzes vom 30. März 2001 Berufung.
In diesem Schriftsatz finden sich nach Wiedergabe des Sachverhalts folgende Ausführungen:
"Weder an den im Bewilligungsverfahren noch an den im Strafverfahren angesprochenen Standorten wurden Transparente angebracht, sondern Kraftfahrzeuge mit der Firmenaufschrift und dem Zusatz 'Hausmesse 12.-14. Jänner' auf privatem Grund geparkt.
Daher wurde sowohl in der Berufung gegen den abweisenden Bewilligungsbescheid wie auch im Einspruch gegen die Strafverfügung behauptet, eine Bewilligungspflicht liegt nicht vor.
Auf diese Rechtsansicht stütze ich auch die gegenständliche Berufung gegen das Straferkenntnis vom 13.3.2001.
Es wurde auch mit Recht darauf hingewiesen, dass die LKW und Anhänger nur für kurze Zeit abgestellt wurden, denn Normzweck des § 84 StVO ist die Verhinderung der Entstehung eines Schilderwaldes entlang der Straßen, zu welcher ein für kurze Zeit abgestelltes Fahrzeug nicht beiträgt. Für nur wenige Tage müsste sogar ein Werbeschild toleriert werden, da auch in einem Bewilligungsverfahren nach Absatz 3 vor Ort überprüft werden müsste, ob eine Landschafts- oder Verkehrsbeeinträchtigung gegeben ist und dies nur anhand der bereits aufgestellten Schilder im Rahmen eines Ortsaugenscheines zu beurteilen ist. Bei negativem Ausgang hätte ein Beseitigungsbescheid nach § 84 (4) StVO zu ergehen.
Daher kann durch kurzfristiges Parken von KFZen der Tatbestand des Abs. 2 nicht erfüllt werden. Über welchen Zeitraum die LKW abgestellt wurden, ist von der BH nicht festgestellt worden, was einen Verfahrensmangel auch im Hinblick auf die Strafbemessung darstellt.
War lediglich gewollt die LKW auf Grund einer Sichtbeeinträchtigung in einer unübersichtlichen Kurve zu entfernen, kommt es nicht darauf an, ob sich eine Ankündigung oder eine Firmenbezeichnung auf dem LKW befindet und ist auf Grund des oben angeführten Schutzzweckes der Norm § 84 StVO nicht geeignet, das Abstellen von ungünstig platzierten Fahrzeugen zu ahnden.
§ 84 StVO bezieht sich gerade nicht auf LKW und Anhänger oder andere Fahrzeuge, da ansonsten, wie bereits im Einspruch ausgeführt, jeder Bäcker, Fleischer oder sonstiger Gewerbetreibender und erst recht jeder Halter eines Sattelschleppers mit Firmenaufschrift und etwaigen Hinweisen bei jedem Anhalten und Parken außerhalb des Ortsgebietes eine Ausnahmebewilligung einholen müsste, was aber nicht ernsthaft verlangt werden kann.
Es stellt auch die Norm des § 84 StVO insofern gegenüber anderen Verboten der StVO eine Sondervorschrift dar, als im Abs. 4 ein Beseitigungsanspruch normiert wird. Eine uneingeschränkte Anwendung des § 99 wird hiedurch relativiert.
Vor Erlassung eines Beseitigungsanspruches bleibt aufgrund der spezielleren Norm des Abs. 4 kein Raum für den Ausspruch einer Bestrafung nach § 99 StVO. Ein Beseitigungsbescheid ist zu VerkR 96-503-2001-RO bisher nicht ergangen, sondern nur im Bewilligungsverfahren über andere Standorte zur Zahl 1015-46-2001-
RO."
Nach Ausführungen zu einem allfälligen "Beseitigungsbescheid" setzte der Beschwerdeführer fort:
"Sollte trotz alledem davon auszugehen sein, dass auch für Kraftfahrzeuge und damit auch für LKW und Anhänger eine Ausnahmebewilligung erforderlich ist, stelle ich den Antrag
auf nachträgliche Bewilligung der Aufstellung nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens unter Beiziehung eines verkehrstechnischen Sachverständigen zur Beurteilung der Frage, ob durch die Aufstellung eine Ablenkung der Verkehrsteilnehmer zu erwarten wäre, weiters wird für diesen Fall beantragt die Beiziehung eines Sachverständigen zur Beurteilung der Frage, ob an den konkreten Standorten eine landschaftliche Beeinträchtigung vorliegen kann, die geeignet ist, eine Versagung der Bewilligung zu rechtfertigen, weiters wird ein Ortsaugenschein beantragt.
Zur Strafhöhe ist zu bemerken, dass die Tat gänzlich ohne Folgen geblieben ist und dem Einschreiter selbst dann, wenn § 84 StVO für Fahrzeuge anwendbar wäre, nur ein zu vernachlässigendes Verschulden treffen würde, was ein Absehen von der Strafe gem. § 21 VStG rechtfertigen würde."
Die belangte Behörde stellte sich auf den Standpunkt, dass der Berufung ein begründeter Berufungsantrag fehle. Sie erteilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20. April 2001 gemäß § 13 Abs. 3 AVG den Auftrag, den Mangel des Fehlens eines begründeten Berufungsantrages binnen einer Frist von einer Woche ab Erhalt des Verbesserungsauftrages zu beheben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. Mai 2001 wies die belangte Behörde die Berufung als unzulässig zurück. Der Verbesserungsauftrag vom 20. April 2001 sei am 24. April zugestellt worden, innerhalb der festgesetzten Frist von einer Woche sei keine Stellungnahme des Beschwerdeführers eingelangt bzw. sei keine Stellungnahme erstattet worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß dem auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, darf die Bestimmung des § 63 Abs. 3 AVG, wonach die Berufung einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten hat, im Geiste des Gesetzes nicht formalistisch ausgelegt werden. Die Berufung müsse aber wenigstens erkennen lassen, was die Partei anstrebe und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt.
Was das Fehlen eines ausdrücklich formulierten Berufungsantrages anbelangt, so schadet dies bei einer Berufung gegen ein erstbehördliches Straferkenntnis schon deshalb nicht, weil schon die Erhebung der Berufung an sich - soweit dies durch die Berufungsausführungen nicht modifiziert wird - das Ziel des Berufungswerbers erkennen lässt, nicht der ihm im erstbehördlichen Straferkenntnis zur Last gelegten Übertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1993, Zl. 93/02/0129).
Schon durch den ersten Teil des oben wörtlich wiedergegebenen Auszuges aus der Berufung des Beschwerdeführers vom 30. März 2001 ist klar, dass der Beschwerdeführer anstrebte, nicht der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen schuldig erkannt zu werden, wobei er dies mit einer anderen rechtlichen Wertung seines Verhaltens begründete.
Im gegenständlichen Fall wurde mit dem oben zitierten "Antrag" keine Modifizierung vorgenommen, weil der Antrag nur für den Fall gestellt wurde, dass überhaupt eine Bewilligung erforderlich sei ("Sollte trotz alledem davon auszugehen sein, ...").
Entspricht aber eine rechtzeitig eingebrachte Berufung den Anforderungen des § 63 Abs. 3 AVG, so erübrigt es sich zu prüfen, ob bei einem dennoch - unnötigerweise - erteilten Verbesserungsauftrag die gesetzte Frist eingehalten wurde, weil schon über die ursprüngliche Berufung in der Sache selbst zu entscheiden ist.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 22. Februar 2002
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