Normen
FrG 1997 §107;
FrG 1997 §108 Abs1 Z3 litb;
FrG 1997 §110 Abs3;
FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §107;
FrG 1997 §108 Abs1 Z3 litb;
FrG 1997 §110 Abs3;
FrG 1997 §61 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. September 2000 wurde der an diese gerichteten Beschwerde der Mitbeteiligten - einer ungarischen Staatsbürgerin - unter Berufung auf § 73 Abs. 1, 2 und 4 FrG Folge gegeben und deren Festnahme (am 23. April 1999), der Schubhaftbescheid vom 23. April 1999 sowie die Anhaltung derselben in Schubhaft - ab 23. April 1999 (21.00 Uhr) bis 6. Mai 1999 - für rechtswidrig erklärt; weiters wurde "die Bundespolizeidirektion Wien" gemäß § 79a AVG gegenüber der Mitbeteiligten zum Kostenersatz verpflichtet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 74 FrG gestützte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Rechtswidrigkeit der Festnahme der Mitbeteiligten und der über sie verhängten und vollzogenen Schubhaft darin erblickt, dass sich die Mitbeteiligte ungeachtet des Art. 1 Abs. 3 des Abkommens zwischen Österreich und Ungarn (BGBl. Nr. 481/1978 idF BGBl. Nr. 91/1997) - wonach die Berechtigung zur sichtvermerksfreien Einreise und zum Aufenthalt (Art. 1 Abs. 1 dieses Abkommens) nicht für Staatsbürger gilt, die sich in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates begeben wollen, um dort u.a. ein Arbeitsverhältnis einzugehen oder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen - zum Zeitpunkt ihrer Festnahme rechtmäßig in Österreich aufgehalten habe, zumal das Verfahren keinen "zwingenden Hinweis auf das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses" erbracht habe.
Damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt:
Was zunächst die Festnahme der Mitbeteiligten anlangt, so wurde diese auf § 110 Abs. 3 FrG gestützt. Aus der "Anhaltemeldung" der Bundespolizeidirektion Wien vom 23. April 1999 in Verbindung mit der Zeugenaussage eines der einschreitenden Polizeibeamten vor der belangten Behörde ist zu entnehmen:
Die Mitbeteiligte wurde - wenn auch in Straßenkleidung - in einer Bar angetroffen, wo sie mit einem männlichen Gast (von dem sie nach ihren Angaben eingeladen worden war) alkoholische Getränke konsumierte. Nach Aufforderung zur Ausweisleistung ging die Mitbeteiligte in einen nur für Hausangestellte zugänglichen Raum, um aus einem Kasten eine Tasche mit ihrem Reisepass zu holen. Es ist unbestritten, dass die Mitbeteiligte über keinen Sichtvermerk verfügte. Damit war ihre Festnahme jedenfalls nach § 110 Abs. 3 FrG rechtmäßig: Eine solche war nämlich schon dann zulässig, wenn das einschreitende Sicherheitsorgan ein Verhalten unmittelbar selbst wahrnahm, das es zumindest vertretbarer Weise als eine als Verwaltungsübertretung strafbare Tat qualifizieren konnte, wenn also das Organ mit gutem Grund annehmen konnte, dass eine Verwaltungsübertretung (nach den §§ 107 oder 108 Abs. 1 Z. 3 lit. b FrG) vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. September 2002, Zl. 2000/02/0037). Nach § 107 Abs. 1 Z. 4 FrG begeht aber eine Verwaltungsübertretung, wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, wobei auf § 31 leg. cit. verwiesen wird. Nach dieser Bestimmung (Z. 1) halten sich Fremde (nur) dann rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie u.a. unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Hauptstückes eingereist sind (vgl. dessen § 5 über die Sichtvermerkspflicht). Da es aber der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. 99/09/0195) entspricht, dass die Tätigkeit als "Animierdame" in Barbetrieben oder vergleichbaren Etablissements eine Beschäftigung im Sinne des § 2 AuslBG darstellt, war die Festnahme der Mitbeteiligten rechtens, zumal sich dafür, dass "auf Grund bestimmter Tatsachen" anzunehmen war, die Mitbeteiligte werde das Bundesgebiet "unverzüglich" verlassen (§ 110 Abs. 3 FrG), kein Anhaltspunkt ergibt.
Aber auch der Schubhaftbescheid und in der Folge die Schubhaft erweisen sich als rechtmäßig:
Die Schubhaft wurde entsprechend dem Schubhaftbescheid zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung bzw. eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet, zumal die Mitbeteiligte "ohne Unterstand" beim "Schwarzarbeiten" betreten worden sei. Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 20. Mai 2003, Zl. 2000/02/0236) setzt die Anordnung der Schubhaft - was die belangte Behörde verkannt hat - nicht die Gewissheit, dass ein Aufenthaltsverbot verhängt werde, voraus, sondern es reicht hiefür bereits die berechtigte Annahme der Möglichkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes aus. Diese Voraussetzungen waren schon im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides - vgl. die obigen Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Festnahme - gegeben. Die Berechtigung dieser "Annahme" wurde schon allein durch die am 28. April 1999 mit der Mitbeteiligten (unter Beiziehung einer Dolmetscherin) aufgenommenen Niederschrift bestätigt, in der die Mitbeteiligte angab, es sei "richtig", dass sie vor ihrer Festnahme "Animiertätigkeit" durchgeführt habe. Es braucht daher auf die Frage, ob dies auch aus anderen Umständen abgeleitet werden könnte, nicht mehr eingegangen werden. In diesem Zusammenhang sei vermerkt, dass gegen die Mitbeteiligte mit dem am 4. Mai 1999 (sohin vor Beendigung der Schubhaft) zugestellten Bescheid vom 30. April 1999 ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen wurde (zumal gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen wurde).
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher insgesamt mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am 19. Dezember 2003
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