Normen
FrG 1997 §112;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §23 Abs6;
FrG 1997 §28 Abs2;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §112;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §23 Abs6;
FrG 1997 §28 Abs2;
FrG 1997 §37;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Jänner 2000 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 11. Februar 1999 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 und § 28 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, es stehe fest, dass der Antrag vom 11. Februar 1999 durch den Vater der Beschwerdeführerin vom Inland aus beim Amt der Wiener Landesregierung eingebracht worden, und die Beschwerdeführerin seit 22. Jänner 1999 bis dato polizeilich aufrecht gemeldet gewesen sei. Weiters sei der vorliegenden Aktenlage zu entnehmen, dass die Mutter der Beschwerdeführerin im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen und nach dessen Ablauf nicht mehr in den Besitz eines Aufenthaltsrechts für Österreich gekommen sei. In weiterer Folge sei der Antrag der Mutter auf Wiederaufnahme ihren aufenthaltsrechtlichen Verfahrens mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Jänner 2000 abgewiesen worden.
Somit stehe fest, dass die Mutter der Beschwerdeführerin niemals im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Republik Österreich gewesen sei und die Beschwerdeführerin deshalb keinen Rechtsanspruch im Sinn des § 28 Abs. 2 FrG 1997 ableiten könne. Unbeschadet dieser Umstände habe sich die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung eindeutig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten und sohin das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt; auf Grund dieser Tatsache sei ihr Antrag "negativ zu finalisieren" gewesen. Das Interesse an einem geordneten Fremdenwesen erfordere es, dass Fremde, die nach Österreich einreisen wollten, die dabei zu beachtenden Vorschriften einhielten.
Weiters habe gemäß § 37 Fremdengesetz 1997 eine Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen unter Anwendung des Art. 8 EMRK zu erfolgen. § 14 Abs. 2 FrG 1997 entspreche im Wesentlichen dem Inhalt nach § 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz. In ständiger Rechtsprechung habe der Verwaltungsgerichtshof zum § 6 Abs. 2 AufG judiziert, dass die Antragstellung vor der Einreise auch für ehemalige Asylwerber
- trotz eventueller Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz - von wesentlicher Bedeutung sei, und eine nicht dem Gesetz entsprechende Antragstellung zur Abweisung des Antrages führe. Der Gesetzgeber habe bereits bei Erlassung dieser Bestimmung auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Verhältnisse gestellt. Da dem Gesetzgeber des FrG 1997
- Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus den Materialien - nicht zu unterstellen sei, dass die Beweggründe zur Erlassung des § 14 Abs. 2 FrG 1997 einen anderen Hintergrund hätten, als die, die zur Erlassung des § 6 Abs. 2 AufG geführt haben, könne davon ausgegangen werden, dass ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin, auch im Hinblick auf Art. 8 MRK, entbehrlich sei. Da die Mutter der Beschwerdeführerin über keinen Aufenthaltstitel verfüge, sei von einer "positiven Verfahrensfinalisierung" Abstand zu nehmen gewesen, dies auch trotz des unbefristeten gültigen Aufenthaltstitels des Vaters der Beschwerdeführerin.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Mit Erkenntnis vom 8. März 2000, G 1/00-6, hob der Verfassungsgerichtshof in § 28 Abs. 2 FrG 1997 die Wortfolge ", sofern die Mutter über einen Aufenthaltstitel verfügt oder Sichtvermerks- und Niederlassungsfreiheit genießt; dies gilt jedoch nur, solange das Aufenthaltsrecht der Mutter weiterhin besteht."
als verfassungswidrig auf. Er sprach aus, dass diese Aufhebung mit Ablauf des 31. März 2001 in Kraft trete. Eine Ausdehnung der Anlassfallwirkung auf beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren nahm der Verfassungsgerichtshof in diesem Erkenntnis nicht vor.
Der gegenständliche Beschwerdefall ist nicht Anlassfall des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 8. März 2000. Der Verwaltungsgerichtshof hatte vorliegendenfalls daher § 28 Abs. 2 FrG 1997 in seiner Fassung vor Inkrafttreten der Aufhebung der oben zitierten Wortfolge durch den Verfassungsgerichtshof anzuwenden (Art. 140 Abs. 7 B-VG).
Soweit die Beschwerde Normbedenken gegen diese Bestimmung geltend macht, wird auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im obgenannten Erkenntnis verwiesen.
Die Beschwerdeführerin verfügte noch nie über einen gewöhnlichen Sichtvermerk oder über eine Aufenthaltsbewilligung. Der Feststellung der belangten Behörde, ihre Mutter sei niemals im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Republik Österreich gewesen, tritt sie mit folgendem Vorbringen entgegen:
Ihre Mutter sei "zunächst" im Besitz eines Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes gewesen, mit dem ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stattgegeben worden sei. Sohin sei eine Abschiebung unzulässig gewesen. Die belangte Behörde hätte daher feststellen müssen, dass die Mutter der Beschwerdeführerin "legal" in Österreich aufhältig gewesen sei. Nach Aufhebung des über sie verhängten Aufenthaltsverbotes durch den Verwaltungsgerichtshof habe sie einen Antrag auf Wiederaufnahme (des Verfahrens zur Erteilung einer Niederlassungsbewilligung) gestellt, der jedoch zwischenzeitig im Instanzenzug mit Bescheid des Bundesministers für Inneres abgewiesen worden sei. Dagegen habe die Mutter der Beschwerdeführerin wiederum eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde mit Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eingebracht. Die Mutter der Beschwerdeführerin halte sich "nach wie vor, wenn auch nicht mit einer Niederlassungsbewilligung, so doch legal" im österreichischen Bundesgebiet auf.
Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Nach der Aktenlage (vgl. die zu Bl. 8 des Verwaltungsaktes erliegenden Fotokopien aus ihrem Reisepass) verfügte die Mutter der Beschwerdeführerin zuletzt über eine bis 22. November 1995 gültige Aufenthaltsbewilligung, wobei sie in der Folge - unstrittig - nicht mehr in den Besitz eines Aufenthaltstitels (Aufenthaltsbewilligung, Niederlassungsbewilligung) gelangt ist. Wenn die belangte Behörde nun einerseits ausführt, dass die Mutter der Beschwerdeführerin nach Ablauf ihres Aufenthaltstitels nicht mehr in den Besitz eines Aufenthaltsrechtes gekommen sei und andererseits feststellt, sie sei "niemals im Besitz eines Aufenthaltstitels" gewesen, so ist dies bei verständiger Würdigung vor dem Hintergrund der dargestellten Aktenlage und im gegebenen Zusammenhang durch den nachfolgenden Hinweis der belangten Behörde auf § 28 FrG so zu verstehen, dass die Mutter jedenfalls seit dem gemäß § 28 Abs. 2 FrG 1997 maßgeblichen Zeitpunkt der Geburt der Beschwerdeführerin nicht mehr über einen Aufenthaltstitel verfügte. Der behauptetermaßen vom Verwaltungsgerichtshof im Aufenthaltsverbotsverfahren zuerkannten aufschiebenden Wirkung kommt nicht die Wirkung eines Aufenthaltstitels im Sinn des § 28 Abs. 2 FrG zu. Auch aus der Aufhebung des Aufenthaltverbotes allein folgt noch keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet.
Aus dem Grunde des § 23 Abs. 6 FrG 1997 wäre der Antrag der Beschwerdeführerin nur dann als solcher zur Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu werten gewesen, wenn sie als in Österreich geborenes Kind gemäß § 28 Abs. 2 FrG 1997 (in seiner Fassung vor dem Inkrafttreten der teilweisen Aufhebung dieser Bestimmung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. März 2000) keinen Aufenthaltstitel benötigt hätte. Da die Beschwerdeführerin nach Inkrafttreten des Fremdengesetzes 1997 geboren wurde, fällt sie zwar in den unmittelbaren Anwendungsbereich der letztgenannten Bestimmung. Der gegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin kann jedoch nicht als solcher zur Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung qualifiziert werden, weil die Mutter der Beschwerdeführerin nach den vorstehenden Ausführungen jedenfalls seit deren Geburt über keinen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügte.
Im Hinblick auf den unrechtmäßigen Aufenthalt der Mutter der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt und seit deren Geburt wertete die belangte Behörde den Antrag vom 11. Februar 1999 daher zutreffend als solchen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/19/0269).
Der Verwaltungsgerichtshof hat im erwähnten Erkenntnis vom 23. März 1999, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, insbesondere ausgesprochen, dass § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 auf in Österreich geborene und seit der Geburt ständig aufhältige Fremde nicht unmittelbar Anwendung findet, weil diese - zu keinem Zeitpunkt - nach Österreich eingereist sind. Allerdings ist nach den auch in den Gesetzesmaterialien erkennbaren Wertungsgesichtspunkten des FrG 1997 die weiterhin bestehende Regelungslücke in Ansehung solcher Fremder, die nicht gemäß § 28 Abs. 2 FrG 1997 von der Sichtvermerkspflicht befreit waren, in der Regel in Analogie zum ersten Satz des § 14 Abs. 2 zu schließen. Grundsätzlich ist für solche Fremde daher zu verlangen, dass sie durch Ausreise aus dem Bundesgebiet den rechtmäßigen Zustand herstellen und vor einer weiteren Einreise nach Österreich ihre Niederlassungsbewilligung vom Ausland aus beantragen.
Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen sah der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis lediglich in Ansehung solcher in Österreich geborener und seit der Geburt aufhältiger Fremder gegeben, die vor dem 1. Dezember 1997 den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt und noch unter der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung auf Grund dieses Antrages erworben hatten.
In Ansehung solcher Fremder ist eine Analogie zu den in § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 geregelten Fallgruppen geboten. Die für diese Ausnahme ins Treffen geführten Gründe des Dispositionsschutzes spielen aber bei einer - wie hier - erst nach Inkrafttreten des FrG 1997 erfolgten Antragstellung keine Rolle.
Auch liegt keiner der Fälle vor, die vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 8. März 2000, G 1/00-6, für die Verfassungswidrigkeit des § 28 Abs. 2 FrG 1997 ins Treffen geführt wurden (gerichtliche Übertragung der alleinigen Obsorge über das Kind an den Vater, Tod der Mutter bei der Geburt oder eine die Betreuung des Kindes hindernde schwere Erkrankung der Mutter). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob in solchen Fallkonstellationen auch auf Basis der Rechtslage vor dem Inkrafttreten der teilweisen Aufhebung des § 28 Abs. 2 FrG 1997 eine Analogie zu den in § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 geregelten Fallgruppen gezogen werden müsste.
Nach dem Vorgesagten war der hier gegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin also an § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 zu messen. Da die Beschwerdeführerin nicht bestreitet, sich im Zeitpunkt ihrer Antragstellung in Österreich aufgehalten zu haben, ist der in der obgenannten Bestimmung umschriebenen Erfolgsvoraussetzung (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 23. März 1999) nicht Genüge getan. Dies hat die Abweisung des Antrages zur Folge.
Entgegen der Auffassung der belangten Behörde hatte vorliegendenfalls eine Beurteilung gemäß § 37 FrG 1997 nicht Platz zu greifen. Diese Bestimmung regelt ausschließlich die Zulässigkeit von Ausweisungen und Aufenthaltsverboten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1999, Zl. 99/19/0004).
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 2. Oktober 2000
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