VwGH 2000/17/0259

VwGH2000/17/02598.9.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck sowie die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der E GmbH in S, vertreten durch Burgemeister & Alberer, Rechtsanwälte in 3400 Klosterneuburg, Kierlinger Straße 12, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom 2. Oktober 2000, Zl. MD-E-5/2000Li/Me, betreffend Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe, zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1996 §11 Abs1 Z1;
BauO NÖ 1996 §11 Abs2;
BauO NÖ 1996 §11;
BauO NÖ 1996 §38 Abs1 Z1;
VwRallg;
BauO NÖ 1996 §11 Abs1 Z1;
BauO NÖ 1996 §11 Abs2;
BauO NÖ 1996 §11;
BauO NÖ 1996 §38 Abs1 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Stadt Krems an der Donau Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unter Spruchpunkt I) des Bescheides vom 22. März 1999 erklärte der Magistrat der Stadt Krems an der Donau (im Folgenden: Stadt Krems) zufolge der Anzeige der beschwerdeführenden Partei vom 2. November 1998 näher bezeichnete, nach Änderung der Grundstücksgrenzen neu geschaffene Grundstücke gemäß § 11 Abs. 1 NÖ BauO 1996 zu Bauplätzen.

Unter Spruchpunkt II) des Bescheides vom 22. März 1999 schrieb der Bürgermeister der Stadt Krems der beschwerdeführenden Partei für die unter Spruchpunkt I) zum Bauplatz erklärten Grundstücke gemäß § 38 Abs. 1 NÖ BauO 1996 eine Aufschließungsabgabe in der Höhe von S 3,040.730,-- vor.

Mit Schreiben vom 21. April 1999 erhob die beschwerdeführende Partei gegen Spruchpunkt II) des Bescheides vom 22. März 1999 Berufung und führte aus, dass im Beschwerdefall die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Z 2 und Z 4 NÖ BauO 1996 erfüllt seien. Im Jahre 1998 sei ein "historisches" Gutachten eingeholt worden, aus welchem sich ergebe, dass die vor der nunmehrigen Änderung der Grundstücksgrenzen bestehenden Grundstücke jedenfalls durch eine vor dem 1. Jänner 1989 baubehördlich bewilligte Änderung der Grundstücksgrenzen geschaffen und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besessen hätten. Diese Grundstücke seien am 1. Jänner 1989 bereits als Bauland gewidmet und mit baubehördlich bewilligten Gebäuden beziehungsweise Gebäudeteilen bebaut gewesen.

Dies ergebe sich aus dem dem Bescheid des Magistrates des Stadt Krems vom 21. Dezember 1988 angeschlossenen Verhandlungsprotokoll. In diesem sei anlässlich des Lokalaugenscheines festgestellt worden, dass innerhalb des Zeitraumes vom 7. Dezember 1988 bis zum Zeitpunkt der Durchführung des Lokalaugenscheines lediglich Teile der bestehenden Objekte des S-Areals, der im Jahre 1964 errichteten S-Fabrik abgetragen worden seien, wobei mit den Abbrucharbeiten im Bereich des südöstlich gelegenen Parks und des ehemaligen Einfahrtsbereiches zum Fabrikgelände begonnen worden sei. Dem genannten Bescheid sei ein Antrag auf Abbruchsgenehmigung für die gesamten noch bestehenden Fabriksgebäude zu Grunde gelegen und sei diese Abbruchsgenehmigung auch erteilt worden. Die Abbruchsarbeiten seien jedoch erst im Jahre 1989 durchgeführt worden.

Damit sei nachgewiesen, dass die gegenständlichen Grundstücke am 1. Jänner 1989 bereits als Bauland gewidmet gewesen seien und mit baubehördlich bewilligten Gebäuden oder Gebäudeteilen bebaut gewesen seien. Der Umstand, dass ein geringer Teil der Gebäude am 1. Jänner 1989 bereits abgebrochen gewesen seien, sei diesbezüglich auch ohne Belang, da vom Gesetz lediglich die Widmung der Grundstücke am 1. Jänner 1989 als Bauland gefordert werde und nicht die Bebauung zu diesem Zeitpunkt.

Selbst wenn man die zitierte Gesetzesstelle so auslegte, dass die Gebäude auch am 1. Jänner 1989 noch bestehen hätten müssen, so wäre auch diese Voraussetzung erfüllt, da am 1. Jänner 1989 nur ein geringer Teil der Gebäude abgebrochen gewesen sei und mit dem Abbruch des überwiegenden Teils der Bausubstanz erst im Jänner 1989 begonnen worden sei.

Vom Abbruchbescheid vom 21. Dezember 1988 seien auch nicht sämtliche auf den Grundstücken befindliche Gebäudeteile umfasst gewesen und daher auch nicht abgebrochen worden. Schließlich bestünden nach Durchführung der Abbruchsarbeiten noch Bauwerksreste in Form von einigen Mauern, Fundamenten und Kanalschächten, sodass auch heute noch Gebäudeteile im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 4 NÖ BauO 1996 bestünden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet ab.

Die Vorschreibung der gegenständlichen Abgabe sei aus Anlass der Bauplatzerklärung mit Bescheid vom 22. März 1999 (Spruchteil I) erfolgt. Die Berufung der beschwerdeführenden Partei richte sich ausschließlich gegen Spruchteil II) des Bescheides vom 22. März 1999, weshalb Spruchteil I) des genannten Bescheides und somit auch die Bauplatzerklärung in Rechtskraft erwachsen seien.

Dem Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Partei sei daher zu entgegnen, dass sich die gegenständliche Abgabenvorschreibung auf diese rechtskräftige Bauplatzerklärung stütze.

Gemäß § 3 Abs. 1 NÖ Abgabenordnung entstehe der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den die Abgabenvorschrift die Abgabenpflicht knüpfe.

Im Beschwerdefall sei der Tatbestand der Aufschließungsabgabe nach § 38 NÖ BauO 1996 mit der Erklärung der gegenständlichen Grundstücke zu Bauplätzen nach § 11 Abs. 1 Z 1 leg. cit. verwirklicht worden.

Daher sei der Tatbestand des § 39 NÖ BauO 1996, der § 38 leg. cit. nicht nur numerisch, sondern auch systematisch und inhaltlich nachgeordnet sei, nicht verwirklicht worden. Es liege kein Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z 2 beziehungsweise Z 4 leg. cit. vor, sondern ein Bauplatz gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 NÖ BauO 1996.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher jedoch die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 27. November 2000, B 2113/00-3, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.

In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte den Zuspruch des Vorlageaufwandes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 11 Abs. 1 und 2 NÖ BauO 1996, LGBl. Nr. 8200-0, lauten:

"(1) Bauplatz ist ein Grundstück im Bauland, das

  1. 1. hiezu erklärt wurde oder
  2. 2. durch eine vor dem 1. Jänner 1989 baubehördlich bewilligte Änderung von Grundstücksgrenzen geschaffen wurde und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß oder

    3. durch eine nach dem 1. Jänner 1989 baubehördlich bewilligte oder angezeigte Änderung von Grundstücksgrenzen ganz oder zum Teil aus einem Bauplatz entstanden ist und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß oder

    4. am 1. Jänner 1989 bereits als Bauland gewidmet und mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude oder Gebäudeteil, ausgenommen solche nach § 15 Abs. 1 Z. 1 und § 23 Abs. 3 letzter Satz, bebaut war.

(2) Auf Antrag des Eigentümers ist ein Grundstück im Bauland mit Bescheid zum Bauplatz zu erklären, wenn es

1. a) an eine bestehende oder im Flächenwidmungsplan vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche unmittelbar angrenzt oder

b) mit einer solchen durch eine Brücke verbunden ist oder verbunden werden kann oder

c) mit einem im Grundbuch sichergestellten Fahr- und Leitungsrecht, das dem Bebauungsplan nicht widerspricht, verbunden wird oder

d) die Widmung Bauland-Sondergebiet aufweist und durch eine im Flächenwidmungsplan vorgesehene im Eigentum des Bauplatzeigentümers stehende private Verkehrsfläche mit einer öffentlichen Verkehrsfläche verbunden ist,

2. aufgrund seiner Gestalt, Beschaffenheit und Größe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und den Festlegungen im Bebauungsplan bebaut werden darf,

  1. 3. nicht in einer Aufschließungszone (§ 75) liegt, und wenn
  2. 4. die Bauplatzerklärung dem Zweck einer Bausperre (§ 74 Abs. 4 oder § 23 Abs. 3 NÖ Raumordnungsgesetz, LGBl. 8000) nicht widerspricht, oder

    5. die Aufschließung des Grundstücks zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht unwirtschaftliche Aufwendungen für öffentliche Einrichtungen auf dem Gebiete des Straßenbaues, der Wasserversorgung oder der Abwasserbeseitigung wegen seiner Entfernung von bereits aufgeschlossenem Gebiet zur Folge hat.

Verliert ein zum Bauplatz erklärtes Grundstück, das weder mit einem Gebäude noch mit einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) bebaut ist, durch Umwidmung nach den Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, die Baulandwidmung, erlischt die Bauplatzerklärung."

Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ BauO 1996 ist dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit rechtskräftigem Bescheid ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt wird.

Die gegenständlichen Grundstücke wurden mit Spruchteil I) des Bescheides vom 22. März 1999 gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 NÖ BauO 1996 auf Antrag der beschwerdeführenden Partei zum Bauplatz erklärt.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen richtete sich die von der beschwerdeführenden Partei erhobene Berufung ausdrücklich (aber auch dem Inhalt nach) ausschließlich gegen Spruchteil II) des Bescheides vom 22. März 1999, weshalb dessen Spruchteil I) und somit die Bauplatzerklärung mit Ablauf der Rechtsmittelfrist rechtskräftig wurden.

Gegenstand des angefochtenen Bescheides und des gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist daher nur noch die von der beschwerdeführenden Partei bekämpfte Abgabenvorschreibung (vgl. für den Fall der Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz und die Vorschreibung der Gebrauchsabgabe in verschiedenen Spruchpunkten desselben Bescheides das hg. Erkenntnis vom 22. März 1996, Zl. 94/17/0482).

Diese stützte sich auf die mit Bescheid vom 22. März 1999 erfolgte rechtskräftige Bauplatzerklärung, durch welche der Tatbestand des § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ BauO 1996 verwirklicht wurde.

Die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei, wonach der Bauplatzerklärung gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 NÖ BauO 1996 lediglich deklarative Bedeutung zukomme und im Gegensatz zu der Bauplatzerklärung nach § 11 Abs. 2 leg. cit. von § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ BauO 1996 nicht umfasst sei, gehen ins Leere.

Diese Ausführungen stehen im Widerspruch zu dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und der Systematik der maßgeblichen Bestimmungen.

§ 11 Abs. 2 NÖ BauO 1996 normiert die Voraussetzungen, unter denen ein Grundstück - wie unter § 11 Abs. 1 Z 1 leg. cit. erwähnt - auf Antrag des Eigentümers zum Bauplatz zu erklären ist. Eine Differenzierung hinsichtlich der rechtlichen Qualität der Bauplatzerklärung, je nachdem, ob eine solche formell auf § 11 Abs. 1 Z 1 leg. cit. (auch eine solche Bauplatzerklärung müsste die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 leg. cit. beachten) oder auf

§ 11 Abs. 2 NÖ BauO 1996 gestützt wurde, erlauben die gesetzlichen Bestimmungen nicht und es wird eine solche von § 38 Abs. 1 Z 1 leg. cit. auch nicht vorgenommen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. November 2002, Zl. 2002/17/0067, bereits ausgesprochen hat, ist es für die Frage der Verpflichtung zur Entrichtung einer Aufschließungsabgabe nach § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ BauO 1996 wegen rechtskräftiger Bauplatzerklärung ohne Bedeutung, ob das Grundstück überhaupt zum Bauplatz zu erklären gewesen wäre. Diese Frage wäre in dem Verfahren zur Bauplatzerklärung zu klären gewesen, nicht jedoch nach Eintritt der Rechtskraft des Bauplatzerklärungsbescheides in dem Verfahren betreffend die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe nach § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ BauO 1996. Diese Rechtslage begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. auch den (Ablehnungs-)Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27. November 2000).

Auf Grund der dargestellten Rechtslage erübrigt es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Zulässigkeit beziehungsweise Erforderlichkeit der Bauplatzerklärung einzugehen.

Ebenso erweisen sich die Rügen der beschwerdeführenden Partei in verfahrensrechtlicher Hinsicht bereits deshalb als irrelevant, weil es auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Bauplatzerklärungen im Hinblick auf die eingetretene Rechtskraft des Bauplatzerklärungsbescheides nicht mehr ankam.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Wien, am 8. September 2003

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