Normen
BewG 1955 §5;
ErbStG §3 Abs1 Z2;
GmbHG §91 Abs3;
BewG 1955 §5;
ErbStG §3 Abs1 Z2;
GmbHG §91 Abs3;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 30.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit zwei Notariatsakten, je vom 26. Juni 1993 traten Dagmar Nowak und Klaus Nowak ihre Geschäftsanteile an einer GmbH (betreffend je zur Hälfte einbezahlte Stammeinlagen von S 75.000,-- und S 50.000,-
-) an die Beschwerdeführerin ab, und zwar zu Abtretungspreisen von S 116.250,-- und 77.500,--.
Mit Noten vom 7. September und 18. November 1993 forderte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz (im folgenden kurz: Finanzamt) die Beschwerdeführerin auf, den gemeinen Wert der erworbenen Anteile einzubekennen, worauf die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 14. Dezember 1993 bekannt gab, dass der gemeine Wert der Anteile zum Stichtag 1.1.1992 je S 100,-- Stammkapital S 1.072,-- betragen habe.
Dazu brachte die Beschwerdeführerin noch Folgendes vor:
"Weiters erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass der im vergleich zu den gemeinen werten niedrige abtretungspreis keine freigebige zuwendung an mich darstellt: Der abtretungspreis ist viel mehr durch punkt VI des ursprünglichen gesellschaftsvertrages vorgegeben. Laut auskunft des nunmehr die firma betreuenden notars wäre ein abgehen von diesem vorgegebenem preis nur dann möglich gewesen, wenn alle derzeitigen gesellschafter einstimmig mit diesem höheren abtretungspreis einverstanden gewesen wären und in dem zwingend zu fassenden gesellschafterbeschluss dies erklärt und gleichzeitig in kenntnis dieses höheren abtretungspreises unwiderruflich auf die ausübung ihres aufgriffsrechtes verzichtet hätten.
In der beilage übermittle ich eine ablichtung des ursprünglichen gesellschaftsvertrages (punkt VI wurde bisher nicht geändert) und der auskunft des notars."
Der zitierte Gesellschaftsvertrag (Notariatsakt vom 9. April 1975) lautet auszugsweise:
"Sechstens: Aufgriffsrecht: Die entgeltliche Abtretung von Geschäftsanteilen oder Teilen von Geschäftsanteilen an Nichtgesellschafter unter Lebenden kann erst erfolgen, wenn die Gesellschafter von dem ihnen hiemit vertraglich eingeräumten Aufgriffsrecht keinen Gebrauch machen.
Es muss daher jeder Gesellschafter vor entgeltlicher Abtretung seines Geschäftsanteiles oder Teilen seines Geschäftsanteiles an einen Nichtgesellschafter diesen den anderen Gesellschaftern mittels recomandierten Schreibens unter Bekanntgabe des Abtretungspreises zum Erwerb anbieten.
Die anderen Gesellschafter haben das Recht, die Abtretung dieses Geschäftsanteiles untereinander im Verhältnis ihrer übernommenen Stammeinlagen für sich in Anspruch zu nehmen.
Macht ein Gesellschafter von diesem ihm zustehenden Aufgriffsrecht keinen Gebrauch, so wächst dieses Recht verhältnismäßig den anderen Gesellschaftern zu.
Die Übernahmserklärungsfrist nach dem erfolgten Angebot beträgt sechs Monate, den Angebotstag nicht mitgerechnet.
Nach ungenütztem Ablauf der sechsmonatigen Frist kann der abtretungswillige Gesellschafter den Geschäftsanteil oder Teil des Geschäftsanteiles auch an einen Dritten, jedoch nur zu den den Gesellschaftern bekannt gegebenen Abtretungsbedingungen abtreten.
Im Falle einer Änderung der Abtretungsbedingungen ist der Anteil den übrigen Gesellschaftern neuerlich anzubieten und das Verfahrne zu wiederholen.
Der Abtretungsbetrag setzt sich nur aus dem Nennwert der Stammeinlage zuzüglich der Wertsicherung dieser Einlage, bezogen auf das Monat der handelsgerichtlichen Eintragung zusammen.
Als Maß zur Berechnung der Wertbeständigkeit dient der Index der Verbraucherpreise Basis 1966 wie dieser monatlich vom österreichischen statistischen Zentralamt in Wien verlautbart wird, oder ein an dessen Stelle tretender Index, wobei obige Indexziffer auf die des Monats der handelsgerichtlichen Eintragung abgestellt wird. Schwankungen der Indexziffer nach oben oder unten bis einschließlich 5 % (fünf von Hundert) bezogen auf obige Indexziffer bleiben unberücksichtigt; bei Überschreiten dieser Grenze ist jedoch die Gesamtdifferenz zu berichtigen."
Das Finanzamt setzte daraufhin mit vorläufigen Bescheiden vom 28. Jänner 1994 jeweils Schenkungssteuer ausgehend von einem gemeinen Wert der Anteile zum 1.1.1992 von S 1.072,-- pro S 100,-- Nominale fest, wobei es vom Vorliegen einer freigebigen Zuwendung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG ausging.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin, wozu sie auf den Gesellschaftsvertrag verwies.
Mit Berufungsvorentscheidungen vom 25. Jänner 1999 wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen und die angefochtenen Bescheide dahin abgeändert, dass die Steuerfestsetzungen für endgültig erklärt und jeweils ein gemeiner Wert von S 1.266,-- für S 100,-- Nominale herangezogen wurden.
Dagegen stellte die Beschwerdeführerin rechtzeitig Anträge auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Die belangte Behörde hielt die in den Berufungsvorentscheidungen vorgenommene Bemessung aufrecht, erklärte die Steuerfestsetzung ebenfalls für endgültig und gab den Berufungen keine Folge.
Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen einer freigebigen Zuwendung aus wobei sie ihre Rechtsmeinung wie folgt begründete:
"Es trifft zwar zu, dass der Abtretungspreis durch den Gesellschaftsvertrag in gewissem Rahmen vorgegeben war; dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass ein Gesellschafter bei Eintritt in die Gesellschaft diese Bestimmung zur Kenntnis zu nehmen hat und sich daher der Reglementierung des (allfälligen) Abtretungspreises bewusst ist. Dadurch nimmt er zwangsläufig die Bereicherung des Empfängers in dem Fall in Kauf, dass der gemeine Wert des Geschäftsanteiles im Zeitpunkt der Abtretung wesentlich höher ist als der Abtretungspreis. Aus diesem Grund ist offensichtlich, dass der Abtretende die Bereicherung der Berufungswerberin zumindest in Kauf genommen hat, weshalb der Tatbestand des § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG erfüllt ist."
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Verwaltungsgerichtshofbeschwerden je wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, nicht mit Schenkungssteuer belastet zu werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete Gegenschriften in denen die Abweisung der Beschwerden begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres rechtlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG gilt als Schenkung iS des Gesetzes jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte dadurch auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
Für die Erfüllung des Tatbestandes ist es in subjektiver Hinsicht erforderlich, dass der Zuwendende den einseitigen Willen hat, den Bedachten auf seine Kosten zu bereichern, das heißt ihm etwas unentgeltlich zuzuwenden, wobei für das Vorliegen des Bereicherungswillens die Verkehrsauffassung maßgeblich ist (vgl. dazu die zahlreiche bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III Erbschafts- und Schenkungssteuer unter Rz 11 zu § 3 ErbStG referierte hg. Judikatur).
Die Übertragung von Geschäftsanteilen an GesellschaftenmbH durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden kann im Gesellschaftsvertrag wirksam beschränkt werden, und zwar u.a. durch Aufgriffsrechte und durch die Vorausbestimmung des Abtretungspreises im Wege so genannter Abfindungsklauseln (vgl. z.B. Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht1 618, 620). Im Allgemeinen werden solche Abfindungsklauseln für zulässig erachtet (Reich-Rohrwig a. a.O. 620, 621; Koppensteiner, GmbH-Kommentar2, Rz 9 in Anh § 71; Karsten-Schmidt, Gesellschaftsrecht2, 1223); ihre Grenze finden solche Klauseln in der Sittenwidrigkeit der jeweiligen Vereinbarung z.B. im gänzlichen Ausschluss einer Abfindung (Reich-Rohrwig a.a.O. 621; Koppensteiner a.a.O.; Karsten-Schmidt, a. a.O.). Die grundsätzliche Wirksamkeit einer Abfindungsklausel erklärt sich aus der Privatautonomie und ist im Allgemeinen die Annahme einer Schenkung verfehlt (Karsten-Schmidt a.a.o. 1222, 1223).
Im vorliegenden Fall bedeutet der durch den Gesellschaftsvertrag vorbestimmte Veräußerungspreis, dass auch ein dritter Erwerber für den Geschäftsanteil nur jenen Preis bezahlen muss, den ein Gesellschafter zu bezahlen hätte, würde er von seinem Aufgriffsrecht Gebrauch machen und dass der jeweilige Veräußerer nur diesen Preis bekommen darf, nicht aber einen darüber hinausgehenden Wert der Beteiligung. An einem solchen Wert würde ein Gesellschafter nur im Wege des Anteils am Liquidationserlös gemäß § 91 Abs. 3 GmbHG partizipieren. Das bedeutet, dass auch die Beschwerdeführerin, die an die beiden Veräußerer nur den auf Grund des Gesellschaftsvertrages errechneten vorbestimmten Abtretungspreis gezahlt hat, ohne Änderung des Gesellschaftsvertrages an einem den bezahlten Abtretungspreis allenfalls übersteigenden Wert der erworbenen Beteiligung nur dann partizipieren würde, wenn sie bis zu einer allfälligen Liquidation Gesellschafterin bliebe und wenn eine Zuteilung gemäß § 91 Abs. 3 GmbHG erfolgen sollte - insgesamt ein ungewisses Ereignis, das als aufschiebende Bedingung anzusehen ist, die gemäß § 5 BewG derzeit jedenfalls nicht die Annahme einer unentgeltlich eingetretenen Bereicherung im Vermögen der Beschwerdeführerin rechtfertigt.
Von einer bereits jetzt von den Veräußerern der Anteile gewollten Übertragung der im gemeinen Anteilswert steckenden (den jeweiligen vertragsgemäß bestimmten Abtretungspreis übersteigenden) stillen Reserven des Unternehmens auf die Beschwerdeführerin (wie dies z.B. im Falle des hg. Erkenntnisses vom 20. Jänner 1986, Zl. 84/15/0174, bei der Einbringung eines Unternehmens eines Einzelunternehmers in eine Personenhandelsgesellschaft auf Basis einer sog. Buchwertklausel anzunehmen war) kann somit im Beschwerdefall keine Rede sein.
Da die belangte Behörde dies verkannte, hat sie ihre Bescheide mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu ihrer Aufhebung führen muss.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Wien, am 15. März 2001
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