VwGH 2000/15/0013

VwGH2000/15/001330.1.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der M Company, USA, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilerstätte 28, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 14. Dezember 1999, Zl RV 215/1-10/99, betreffend Erklärung eines Antrages auf Erstattung von Vorsteuern als zurückgenommen und Zurückweisung einer Berufung und eines Vorlageantrages, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §85 Abs2;
BAO §85 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Erklärung des Antrages auf Erstattung von Vorsteuern als zurückgenommen betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 16. August 1995 beantragte die Beschwerdeführerin, eine Versicherungsgesellschaft mit Sitz in den USA, die in Österreich weder Sitz noch Geschäftsleitung, Zweigniederlassung oder Betriebsstätte hat und in Österreich auch keine Umsätze ausführt, die Erstattung von Vorsteuerbeträgen in Höhe von ca 783.000 S. Auf der Eingabe ist die S-GmbH, eine Wirtschaftstreuhandgesellschaft, als steuerliche Vertreterin ausgewiesen. Als Zustellbevollmächtigter wird die IR-GmbH in Wien benannt.

Gegen den - der S-GmbH als Vertreterin der Beschwerdeführerin zugestellten - Bescheid vom 16. April 1996, mit welchem der Antrag auf Erstattung von Vorsteuern abgewiesen worden war, brachte die S-GmbH im Namen der Beschwerdeführerin die Berufung von 13. Mai 1996 ein. Nach Ergehen einer - ebenfalls der S-GmbH zugestellten - abweisenden Berufungsvorentscheidung vom 30. Oktober 1996 stellte die S-GmbH für die Beschwerdeführerin den Antrag vom 3. Dezember 1996 auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Eine mit 16. Jänner 1997 datierte schriftliche Vollmacht (einschließlich Zustellvollmacht) der Beschwerdeführerin an die S-GmbH wurde dem Finanzamt am 28. Jänner 1997 vorgelegt.

Mit Schreiben vom 25. Juni 1997 teilte die S-GmbH dem Finanzamt auf dessen Anfrage mit, dass sie die Vollmacht für die Beschwerdeführerin zurückgelegt habe.

Mit Berufungsentscheidung vom 27. Juni 1997 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie stellte die Entscheidung an Frau Mag. M, eine Wirtschaftstreuhänderin, als Vertreterin der Beschwerdeführerin zu, und zwar am 30. Juni 1997.

Frau Mag. M richtete im Namen der Beschwerdeführerin die Eingabe vom 24. Juli 1997 an die belangte Behörde. Mit dieser Eingabe wurde das Berufungsvorbringen ergänzt. Als Beilage zu dieser Eingabe wurde der belangten Behörde (erstmalig) die (mit 17. Juni 1997 datierte) schriftliche Vollmacht vorgelegt, welche die Beschwerdeführerin Frau Mag. M erteilt hatte.

In einer gegen die Berufungsentscheidung vom 27. Juni 1997 gerichteten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde eingewendet, die Berufungsentscheidung sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Die Zustellung sei an Frau Mag. M erfolgt. Der belangten Behörde gegenüber sei Frau Mag. M jedoch zum damaligen Zeitpunkt nicht als bevollmächtigter Vertreter namhaft gemacht gewesen. Die belangte Behörde wendete ein, Frau Mag. M habe ihr gegenüber in einem Telefonat vom 20. Juni 1997 im Namen der Beschwerdeführerin um die Anberaumung eines Vorsprachetermins für die mündliche Erörterung des Falles ersucht. Dieses Einschreiten von Frau Mag. M könne nur als schlüssige und uneingeschränkte fernmündliche Berufung auf eine bereits erteilte Vollmacht iSd § 33 Abs. 1 lit c WTBO verstanden werden.

Mit Beschluss vom 24. Juni 1999, 97/15/0131, wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde als unzulässig zurück. Es könne auf sich beruhen, ob sich Frau Mag. M im Telefonat vom 20. Juni 1997 der Behörde gegenüber auf eine Vollmacht berufen habe. Es könne auch unerörtert bleiben, ob eine telefonische Berufung auf die Bevollmächtigung überhaupt Rechtswirkungen entfalte. Gemäß § 103 Abs 2 BAO sei eine Zustellbevollmächtigung Abgabenbehörden gegenüber unwirksam, wenn sie sich nicht auf alle dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen erstrecke, die im Zuge eines Verfahrens ergingen oder Abgaben beträfen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO zusammengefasst verbucht werde. Auch aus der Sachverhaltsbehauptung der belangten Behörde ergebe sich nicht, dass sich Frau Mag. M nicht nur auf die Vollmacht zur Vornahme einer bestimmten Prozesshandlung berufen hätte, sondern auf alle Erledigungen iSd § 103 Abs 2 BAO. Daraus folge, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid an Frau Mag. M zugestellt habe, obwohl auf Grund der Bestimmung des § 103 Abs 2 BAO eine wirksame Zustellvollmacht nicht vorgelegen habe.

In der Folge ersuchte Frau Mag. M als Vertreterin der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die (am 24. Juli 1997 vorgelegte, eine Zustellvollmacht einschließende Vollmacht) vom 17. Juni 1997 mit Eingabe vom 14. September 1999 um Zustellung einer Berufungsentscheidung.

Das Finanzamt erließ am 23. September 1999 einen auf § 85 Abs 2 BAO gestützten Mängelbehebungsauftrag (Ausfertigungsdatum 22. September 1999) betreffend die Eingabe der Beschwerdeführerin von 16. August 1995 (Antrag auf Erstattung von Vorsteuern), welchen es an Frau Mag. M als Vertreterin der Beschwerdeführerin zustellte. Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 der Verordnung BGBl 279/1995 müsse der Unternehmer, der die Vorsteuererstattung beantrage, "durch eine behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist". Eine solche Bescheinigung sei weder mit dem Antrag vom 16. August 1995 noch im weiteren Verfahren vorgelegt worden. Als Frist für die Behebung der Mängel wurde die Zeit bis 8. Oktober 1999 gesetzt.

Mit der am 7. Oktober 1999 beim Finanzamt eingereichten Eingabe beantragte Mag. M für die Beschwerdeführerin die Verlängerung der Mängelbehebungsfrist bis 31. Oktober 1999. In den Unterlagen, die sie vom vorigen steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin, der S-GmbH, übergeben erhalten habe, sei eine entsprechende behördliche Bescheinigung nicht enthalten. Eine solche Bescheinigung müsse daher beim Klienten in den USA angefordert werden.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 1999, zugestellt am 19. Oktober 1999 an Frau Mag. M, sprach das Finanzamt aus, dass der Antrag auf Erstattung von Vorsteuern vom 16. August 1995 als zurückgenommen gelte. Dem Mängelbehebungsauftrag sei nämlich nicht entsprochen worden.

Mit Eingabe vom 18. Oktober 1999, beim Finanzamt eingelangt am 19. Oktober 1999, legte Mag. M für die Beschwerdeführerin die entsprechende Bestätigung des "Department of Revenue" Minnesota (datiert mit 7. Oktober 1999) vor.

Die Beschwerdeführerin berief gegen den Bescheid vom 18. Oktober 1999 über die Zurücknahme der Eingabe. Es habe weder ein formeller noch ein materieller Mangel der Eingabe vorgelegen. Daher könne die Eingabe nicht unter Berufung auf § 85 Abs 2 BAO als zurückgenommen angesehen werden. Ein Auftrag auf Ergänzung der behördlichen Bescheinigung werde von dieser Bestimmung nicht erfasst. Selbst wenn sich die belangte Behörde zutreffend auf § 85 Abs 2 BAO gestützt haben sollte, habe sie das Gebot der Setzung einer angemessenen Frist verletzt. Eine Frist von gerade zwei Wochen sei für die Herbeischaffung einer behördlichen Urkunde aus den USA nicht als angemessen anzusehen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung von 13. Mai 1996 sowie den Vorlageantrag vom 3. Dezember 1996 als unzulässig zurück. Die Berufung gegen den Bescheid vom 18. Oktober 1999 wies sie als unbegründet ab.

Im Antrag auf Erstattung von Vorsteuern vom 16. August 1995 sei als Zustellungsbevollmächtigte (ausschließlich) die IR-GmbH in Wien bestimmt worden. Dennoch habe das Finanzamt den abweisenden Bescheid und die Berufungsvorentscheidung an die S-GmbH zugestellt, ohne dass sich die S-GmbH gemäß § 33 Abs 1 lit c WTBO auf eine Vollmacht berufen oder eine Erklärung iSd § 103 Abs 2 BAO abgegeben hätte, sodass die genannten Erledigungen nicht wirksam geworden seien. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass es zur Heilung der Zustellmängel gekommen wäre. Die Berufung vom 13. Mai 1996 und der Vorlageantrag vom 3. Dezember 1996 seien daher unzulässig.

Erst am 27. Jänner 1997 habe die S-GmbH dem Finanzamt eine Vollmacht vorgelegt.

Beim Vorsteuererstattungsverfahren nach der Verordnung BGBl 279/1995 bedürfe es einer "Unternehmerbescheinigung" des Antragstellers. Im Falle eines mangelhaften Erstattungsantrages sei ein Mängelbehebungsverfahren nach § 85 Abs 2 BAO durchzuführen. Das gelte auch bei Fehlen von Belegen, die auf Grund des Gesetzes beizubringen seien. Dem Antrag auf Verlängerung der Mängelbehebungsfrist sei keine fristhemmende Wirkung zugekommen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sei die gesetzte Frist von 15 Tagen angemessen. Das Finanzamt habe davon ausgehen können, dass die in der Berufung der S-GmbH vom 13. Mai 1996 im Text erwähnte und als Beilage genannte "Finanzamtsbestätigung der US-Finanzbehörden" bloß irrtümlich diesem Berufungsschriftsatz nicht beigeschlossen worden sei. Es gebe keinen Anlass für die Annahme, der seinerzeitige Vertreter der Beschwerdeführerin hätte wahrheitswidrig auf die behördliche Bescheinigung Bezug genommen, obwohl sie ihm in Wirklichkeit gar nicht vorgelegen sei. Es liege auf der Hand, dass für die Übermittlung eines irrtümlich beim steuerlichen Vertreter liegen gebliebenen Originals bzw für die Herstellung einer weiteren Kopie der ausländischen Unternehmerbescheinigung aus den vom vorherigen steuerlichen Vertreter übernommenen Unterlagen eine Frist von 15 Tagen ausreichend gewesen wäre. Aus den mit Schreiben vom 18. Oktober 1999 verspätet dem Finanzamt übermittelten Unterlagen gehe hervor, dass die Kopie des "Minnesota Departement of Revenue" am 7. Oktober 1999 an Frau Mag. M per Fax übermittelt worden sei. Außerdem sei es im Zeitalter der elektronischen Datenübermittlung ohne weiters möglich, mit 7. Oktober 1999 datierte und sonach bereits existierende Schriftstücke von den USA bis zum 8. Oktober 1999 dem Finanzamt in Österreich zukommen zu lassen. Zudem hätte die nunmehrige steuerliche Vertreterin Mag. M bei ordnungsgemäßer Prüfung der vom früheren steuerlichen Vertreter übernommenen Unterlagen erkennen können, dass eine Kopie der in der Berufung vom 13. Mai 1996 als Beilage erwähnten Unternehmerbestätigung fehle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

1. Zurückweisungen

In der Beschwerde wird vorgebracht, gemäß § 33 Abs 1 lit a WTBO ersetze die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis. Es sei daher eine nach außen wirksame Vollmacht für die S-GmbH stets vorgelegen. Das Vorliegen einer schriftlichen Vollmacht sei nicht Voraussetzung für das Tätigwerden eines Wirtschaftstreuhänders. Durch das Tätigwerden der S-GmbH sei die Bevollmächtigung der Behörde gegenüber zum Ausdruck gebracht worden.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Streitentscheidend ist nämlich nicht, ob die S-GmbH der Abgabenbehörde gegenüber wirksam als Vertreter der Beschwerdeführerin bestellt worden ist - dies liegt im Hinblick auf die ausdrückliche Vertreterbenennung in der Eingabe vom 16. August 1995 auf der Hand -, sondern ob die Vollmacht auch die Zustellvollmacht beinhaltet hat. Hiezu enthält die Beschwerde kein Vorbringen. Die Eingabe vom 16. August 1995 benennt die S-GmbH als steuerlichen Vertreter und die IR-GmbH als Zustellbevollmächtigten. Der objektive Erklärungsgehalt dieser Eingabe ist somit dahingehend zu verstehen, dass die Vollmacht der S-GmbH keine Zustellvollmacht beinhaltet. Aus den mit der Aktenlage übereinstimmenden Feststellungen der belangten Behörde ergibt sich, dass sich die S-GmbH vor Einreichung der Vollmachtsurkunde vom 16. Jänner 1997 nicht auf eine Zustellvollmacht berufen hat.

Die Beschränkung des Inhaltes der Vollmacht der S-GmbH ergibt sich bereits aus der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 16. August 1995. Auf die Ausführungen der belangten Behörde zu § 103 Abs 2 BAO und das entsprechende Beschwerdevorbringen braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass der Bescheid vom 16. April 1996 und die Berufungsvorentscheidung vom 30. Oktober 1996 nicht wirksam geworden sind (§ 97 Abs 1 BAO), weil sie der S-GmbH zugestellt worden sind, diese aber nicht über eine Zustellvollmacht verfügt hat.

2. Mängelbehebungsauftrag

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl 279/1995, lautet:

"Auf Grund des § 21 Abs. 9 UStG 1994, BGBl. Nr. 663/1994, in der Fassung BGBl. Nr. 21/1995 wird verordnet:

Artikel I

Erstattung der Vorsteuerbeträge in einem besonderen Verfahren

Berechtigte Unternehmer

§ 1. (1) Die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, ist abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 nach Maßgabe der §§ 2 und 3 durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum

1. keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 oder

2. nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 oder

3. nur Umsätze, bei denen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz und Art. 19 Abs. 1 Z 3 UStG 1994), oder

4. nur Umsätze, die der Einzelbesteuerung (§ 20 Abs. 4 UStG 1994) unterlegen haben, ausgeführt hat.

5.

(2) Abs. 1 gilt nicht für Vorsteuerbeträge, die anderen als den in Abs. 1 bezeichneten Umsätzen im Inland zuzurechnen sind.

Erstattungszeitraum

§ 2. Erstattungszeitraum ist nach der Wahl des Unternehmers ein Zeitraum von mindestens drei Monaten bis zu höchstens einem Kalenderjahr. Der Erstattungszeitraum kann weniger als drei Monate umfassen, wenn es sich um den restlichen Zeitraum des Kalenderjahres handelt. In dem Antrag für diesen Zeitraum können auch abziehbare Vorsteuerbeträge aufgenommen werden, die in vorangegangene Erstattungszeiträume des betreffenden Kalenderjahres fallen.

Verfahren

§ 3. (1) Der Unternehmer hat die Erstattung mittels amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Finanzamt Graz Stadt zu beantragen. Der Antrag ist binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist. In dem Antrag hat der Unternehmer den zu erstattenden Betrag selbst zu berechnen. Dem Erstattungsantrag sind die Rechnungen und die Belege über die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer im Original beizufügen.

(2) Der zu erstattende Betrag muss mindestens 5 000 S betragen. Das gilt nicht, wenn der Erstattungszeitraum das Kalenderjahr oder der letzte Zeitraum eines Kalenderjahres ist. Für diese Erstattungszeiträume muss der zu erstattende Betrag mindestens 500 S betragen.

(3) Der Unternehmer muss dem Finanzamt Graz Stadt in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 durch behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist.

Berücksichtigung von Vorsteuerbeträgen, Belegnachweis

§ 4. (1) Ist bei den in § 1 Abs. 1 genannten Unternehmern die Besteuerung nach den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 durchzuführen, so sind hiebei die Vorsteuerbeträge nicht zu berücksichtigen, die nach § 1 Abs. 1 erstattet worden sind.

(2) Die abziehbaren Vorsteuerbeträge sind in den Fällen des Abs. 1 durch Vorlage der Rechnungen und zollamtlichen Belege (Einfuhrumsatzsteuer) im Original nachzuweisen.

Artikel II

(1) Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 1995 in Kraft und ist erstmals auf Vorsteuerbeträge anzuwenden, die in das Kalenderjahr 1995 fallen.

(2) Die Verordnung BGBl. Nr. 882/1993 tritt mit 31. Dezember 1994 außer Kraft."

§ 85 Abs 2 BAO lautet:

"Formgebrechen von Eingaben wie auch das Fehlen einer Unterschrift berechtigen an sich die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht."

Formgebrechen sind solche Gestaltungen, die gesetzlich normierten Vorschriften widersprechen, wenn diese Vorschriften die formelle Behandlung eines Anbringens sicherstellen oder die Erledigung für die Behörde erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen (vgl das hg Erkenntnis vom 27. April 1981, 17/2599/79). Dazu gehört auch das Fehlen von Belegen eines Antrages, die auf Grund eines Gesetzes oder einer Verordnung beizubringen sind (vgl Stoll, BAO-Kommentar, 863).

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin liegt somit ein Anwendungsfall für einen Mängelbehebungsauftrag nach § 85 Abs 2 BAO vor, wenn ein Antrag auf Erstattung von Vorsteuerbeträge nach der Verordnung BGBl 279/1995 gestellt wird, die in § 3 Abs 3 der Verordnung genannte behördliche Bescheinigung des Ansässigkeitsstaates des Antragstellers aber nicht vorgelegt worden ist.

Die Beschwerdeführerin verweist schließlich darauf, dass die vom Finanzamt im Mängelbehebungsauftrag gesetzte Frist nicht als angemessen zu betrachten sei. Die Frist sei für die Herbeischaffung einer behördlichen Urkunde aus den USA zu kurz. Der Mangel der Eingabe vom 16. August 1995 sei im Übrigen auch vom Finanzamt erst dreieinhalb Jahre nach Einbringung der Eingabe bemerkt worden. In den bei Frau Mag M befindlichen Unterlagen hätten sich zwei Kopien von Unternehmerbescheinigungen aus dem Jahr 1996 befunden, weshalb Frau Mag. M bei Übernahme der Vertretung von der S-GmbH davon ausgegangen sei, dass die Originale dem Finanzamt vorgelegt worden seien. Der Mängelbehebungsauftrag vom 22. September 1999, der anführe, dass die Unterlagen nicht übermittelt worden seien, sei daher überraschend gekommen. In der amtlichen Ausfüllhilfe des Antragsforumlars auf Erstattung von Vorsteuerbeträgen (Formular U5) finde sich folgende Anweisung: "Dem Antrag ist eine Bescheinigung des Staates, in dem der Unternehmer ansässig ist, im ORIGINAL beizufügen." Frau Mag. M habe die in den USA ansässige Beschwerdeführerin um dringende Übersendung einer Bestätigung ersuchen müssen. Es sei im Hinblick auf den Zeitunterschied von sieben Stunden nicht immer leicht, hiefür den richtigen Ansprechpartner zu finden. Tatsächlich seien dann bis 7. Oktober 1999 entsprechende behördliche Bestätigungen ausgestellt worden. Die Bestätigungen seien vorab an Frau Mag. M gefaxt worden, damit diese prüfe, ob "diese Form der österreichischen Finanzverwaltung zusagen würde". Mag. M habe dann auf die Originale aus den USA warten müssen. Diese seien noch am 7. Oktober 1999 dem Transportunternehmen "Airborne Express" zur dringlichen Versendung nach Österreich übergeben worden. Unglücklicherweise sei von Airborne Express nicht Austria, sondern Australia auf das Kuvert geschrieben worden. Obwohl das Schreiben in Singapur habe abgefangen werden können, sei es erst am 18. Oktober 1999 bei Mag. M eingelangt. Wäre - wie ansonsten üblich - für die Behebung der Mängel eine Frist von einem Monat gesetzt worden, hätte die Frist eingehalten werden können.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Der Mängelbehebungsauftrag hat für die Behebung eine angemessene Mängelbehebungsfrist zu setzen. Angemessenheit ist gegeben, wenn die Fristbemessung den besonderen Verhältnissen angemessen Rechnung trägt und so ausreichend ist, dass die Partei in die Lage versetzt wird, dem Auftrag unter den gegebenen Möglichkeiten und den der Partei zumutbaren Anstrengungen nachkommen zu können (Stoll, BAO-Kommentar, 865).

Im gegenständlichen Fall ist von entscheidender Bedeutung, dass die - nunmehr als fehlerhaft angesehene - Eingabe vom 16. August 1995 am 17. August 1995 beim Finanzamt eingelangt ist und das Finanzamt - auch eine Großbetriebsprüfungsabteilung - und die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Eingabe einer inhaltlichen Bearbeitung zugeführt haben, ohne das Fehlen einer Unternehmerbestätigung zu beanstanden. Erst im September 1999, also ca vier Jahre später, wurde vom Finanzamt mit einem Mängelbehebungsauftrag die Vorlage einer Unternehmerbescheinigung verlangt. Die belangte Behörde bestreitet in ihrer Gegenschrift, dass die amtliche Ausfüllhilfe zum Formular U5 die Vorlage des Originals der Unternehmerbescheinigung verlange. Damit steht sie im Widerspruch zum Inhalt des von ihr vorgelegten Verwaltungsaktes, in dem sich ein Formular U5 befindet (OZ 9). In diesem Formular wird unter Ausfüllhinweise ausgeführt: "Dem Antrag ist eine Bescheinigung des Staates, in dem der Unternehmer ansässig ist, im Original beizufügen." Somit verlangt zwar nicht die Verordnung BGBl 279/1995 die Vorlage der Unternehmensbestätigung im Original, es kann aber davon ausgegangen werden, dass eine entsprechende Verwaltungspraxis besteht. Da es der Partei nicht zum Nachteil gereichen kann, wenn sie sich an die im amtlichen Formular zum Ausdruck gebrachten Anforderung der Verwaltungspraxis hält, ist auch bei Ausmessung der Mängelbehebungsfrist von einer Mängelbehebung durch Beischaffung der Originalunterlagen auszugehen.

Das Finanzamt konnte im gegenständlichen Fall nicht mit Sicherheit annehmen, dass sich im September 1999 das Original einer Unternehmerbescheinigung bei den von Frau Mag. M gehaltenen Unterlagen befand. Um Originalunterlagen aus den USA beizuschaffen, was des körperlichen Transportes der Schriftstücke bedarf, ist aber eine Frist von ca zwei Wochen zu kurz bemessen, zumal die Beschwerdeführerin im bis daher abgeführten Verwaltungsverfahren keine Handlungen zur Verfahrensverzögerung gesetzt hat und zudem nach dem Verstreichen von vier Jahren, während derer die Eingabe inhaltlich bearbeitet worden ist, nicht (mehr) mit der Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages rechnen konnte.

Im Hinblick darauf, dass der Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes eine nicht ausreichend lange Frist bestimmt hat, ist die Rechtsfolge § 85 Abs 2 BAO nicht eingetreten. Die belangte Behörde hat, indem sie im Instanzenzug ausgesprochen hat, die Eingabe vom 16. August 1995 gelte als zurückgenommen, die Rechtslage verkannt.

Der angefochtene Bescheid ist daher, soweit er die Erklärung des Antrages auf Erstattung von Vorsteuern als iSd § 85 Abs 2 BAO zurückgenommen betrifft, gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen ist die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 502/2001.

Wien, am 30. Jänner 2003

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