VwGH 2000/14/0105

VwGH2000/14/010517.11.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der V GmbH in M, vertreten durch die Confida Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H. in 1190 Wien, Reithlegasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 7. April 2000, GZ. RV 721/1-7/99, betreffend die Vorschreibung von Lohnsteuer im Haftungswege sowie die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum der Jahre 1994 bis 1997, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §3 Abs1 Z10;
EStG 1988 §3 Abs1 Z10;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, deren Unternehmensgegenstand die Erzeugung sowie der Vertrieb von Bauplatten und Bauplattensystemen ist, erwarb im Jahr 1995 ein in Tschechien gelegenes Werk zur Herstellung von zementgebundenen Holzplatten. Um die Produktionsweise des Werks westlichen Standards anzupassen, wurden umfangreiche Adaptierungsarbeiten vorgenommen, zu deren Überwachung und Koordinierung die Dienstnehmer JS und HM nach Tschechien entsandt wurden.

Im Zuge einer den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1997 umfassenden Lohnsteuerprüfung stellte die Prüferin fest, dass von den für die Dauer des Auslandseinsatzes zur Auszahlung gelangten Bezügen der beiden Dienstnehmer zu Unrecht unter Berufung auf § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 keine Lohnabgaben entrichtet worden waren.

Das Finanzamt schloss sich der Ansicht der Prüferin an und erließ einen Haftungs- und Abgabenbescheid, mit dem die auf den Zeitraum der Auslandstätigkeit entfallenden Lohnabgaben (Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlägen) nachgefordert wurden.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Montage- und Adaptierungsarbeiten hätten sowohl den Gebäudeteil als auch den Maschinenpark betroffen. JS sei von Jänner 1995 bis Mai 1995, im August 1995 sowie im Oktober und November 1997 ununterbrochen im Ausland eingesetzt gewesen. In dieser Zeit sei die gesamte Anlage soweit adaptiert worden, dass eine optimale Funktion der Anlage gewährleistet worden sei. JS hätte sowohl die Montageüberwachung der Maschinen als auch die Adaptierung der Baulichkeiten beaufsichtigt. Darüber hinaus habe er die Inbetriebnahme und optimale Einstellung der Anlage gemeinsam mit dem tschechischen Produktionspersonal vorgenommen. HM, der mit Ausnahme des Monats Juni 1995 nicht durchgehend in Tschechien eingesetzt worden sei, sei neben der Montageüberwachung mit der Schulung des kaufmännischen und technischen Personals betraut gewesen.

Über Vorhalt erläuterte die Beschwerdeführerin die in der tschechischen Produktionsstätte vorgenommenen technischen Verbesserungen (Umbau der Hammermühle, Integration einer Recyclinganlage, Errichtung eines Schweißautomaten, Anschaffung einer Entrindungsanlage). Sämtliche Arbeiten seien von tschechischen Fremdfirmen und tschechischen Mitarbeitern ausgeführt worden. Von österreichischen Firmen seien keine Arbeitsleistungen erbracht worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Grundvoraussetzung für die gegenständliche Befreiung sei, dass ein inländisches Unternehmen im Ausland eine begünstigte Anlage errichte. Im Beschwerdefall seien jedoch mit der Durchführung der baulichen Adaptierungsarbeiten keine österreichischen Firmen betraut gewesen. Da diese Arbeiten ausschließlich von tschechischen (Fremd)Firmen bzw. tschechischen Dienstnehmern ausgeführt worden seien, könne die Steuerbefreiung gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 nicht in Anspruch genommen werden.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 sind von der Einkommensteuer befreit:

Einkünfte, die Arbeitnehmer inländischer Betriebe (lit. a) für eine begünstigte Auslandstätigkeit (lit. b) von ihren Arbeitgebern beziehen, wenn die Auslandstätigkeit jeweils ununterbrochen über den Zeitraum von einem Monat hinausgeht.

a) Inländische Betriebe sind Betriebe von inländischen Arbeitgebern oder inländische Betriebsstätten von im Ausland ansässigen Arbeitgebern.

b) Begünstigte Auslandstätigkeiten sind die Bauausführung, Montage, Montageüberwachung, Inbetriebnahme, Instandsetzung und Wartung von Anlagen, die Personalgestellung anlässlich der Errichtung von Anlagen durch andere Unternehmungen sowie die Planung, Beratung und Schulung, soweit sich alle diese Tätigkeiten auf die Errichtung von Anlagen im Ausland beziehen, weiters das Aufsuchen und die Gewinnung von Bodenschätzen im Ausland.

§ 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 entspricht inhaltlich im Wesentlichen § 3 Z. 14a EStG 1972, eingefügt durch das Bundesgesetz vom 18. Dezember 1979, BGBl. Nr. 550. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 113 BlgNR XV.GP, führen dazu aus:

"Da sich auf dem Sektor des Anlagenbaues im Ausland die Konkurrenzverhältnisse zunehmend verschärfen, wirkt sich die derzeitige steuerliche Behandlung der Arbeitslöhne von ins Ausland entsendeten Arbeitnehmern im Vergleich mit anderen Ländern (z.B. der Bundesrepublik Deutschland) für österreichische Unternehmen wettbewerbsnachteilig aus. Die vorliegende Novelle sieht daher eine Steuerbefreiung für alle Fälle einer Auslandstätigkeit von inländischen Arbeitnehmern vor, die mit der Errichtung von Anlagen im Ausland im Zusammenhang steht."

Durch die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 werden Einkünfte steuerfrei gestellt, die Arbeitnehmer inländischer Betriebe für eine im Ausland ausgeübte Tätigkeit von ihren Arbeitgebern beziehen, wenn die Auslandstätigkeit mit einem begünstigten ausländischen Vorhaben des Arbeitgebers im Zusammenhang steht und ihre Dauer jeweils ununterbrochen über den Zeitraum von einem Monat hinausgeht.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde stellt das Gesetz nicht darauf ab, ob in- oder ausländische Arbeitskräfte bei der Errichtung der Anlage eingesetzt sind. Ebensowenig steht die Mitwirkung ausländischer Unternehmen der Steuerbegünstigung entgegen. Die gegenständliche Steuerbefreiung setzt lediglich voraus, dass - soweit nicht ein Fall von Personalgestellung vorliegt - der inländische bzw. diesem gleichgestellte Arbeitgeber im Ausland eine Anlage errichtet und zu diesem Zweck seine Arbeitnehmer einsetzt. Dass diese Voraussetzungen im Beschwerdefall nicht erfüllt wären, hat die belangte Behörde nicht festgestellt.

Indem die belangte Behörde die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 unter Hinweis auf Umstände versagt hat, welche nicht Tatbestandsvoraussetzung der strittigen Steuerbegünstigung sind, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. November 2004

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