Normen
EStG 1988 §23 Z1;
EStG 1988 §47 Abs2;
EStG 1988 §23 Z1;
EStG 1988 §47 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin im genannten Zeitraum Einkünfte aus Gewerbebetrieb - so nach Ansicht der belangten Behörde - oder solche aus nicht selbstständiger Arbeit - so die Ansicht der Beschwerdeführerin - erzielt hat.
Einleitend verwies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf den zwischen der Beschwerdeführerin und der B KG abgeschlossenen Vertrag vom 17. Jänner 1990, der in der Überschrift als "Werkvertrag" bezeichnet wurde.
Dieser Vertrag hat folgenden Wortlaut:
"I. Der Auftragnehmer verpflichtet sich für den Auftraggeber folgende Werkleistungen durchzuführen: Reinigung der öffentlichen Telefonzellen im Bereich der Städte Linz und Steyr.
II. Der Auftragnehmer ist an keine fixe Arbeitszeit gebunden, er verpflichtet sich jedoch diese Reinigung einmal wöchentlich gewissenhaft durchzuführen.
III. Sollten seitens der Postverwaltung Reklamationen beim Auftraggeber hinsichtlich der durchgeführten Reinigung erfolgen, hat der Auftragnehmer unverzüglich eine entsprechende Ersatzreinigung auf seine Kosten durchzuführen. Für einen, etwa durch eine mangelhafte Reinigung entstandenen Schaden, haftet der Auftragnehmer.
IV. Der Auftragnehmer erhält für die Reinigung S 17,-- netto, zuzüglich Umsatzsteuer.
V. Der Auftragnehmer erklärt, als selbstständiger Unternehmer für die Versteuerung seines Entgeltes sowie für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge bei der zuständigen Sozialversicherungsanstalt selbst Sorge zu tragen."
Die Beschwerdeführerin habe sich - so die belangte Behörde - zur Reinigung von Telefonzellen in einem bestimmten Gebiet verpflichtet. Die Entlohnung sei nach Anzahl der gereinigten Zellen erfolgt. Die Beschwerdeführerin habe wöchentliche Vorschüsse erhalten; die genaue Abrechnung sei jeweils für zwei bis drei Monate im Nachhinein erfolgt. In dieser Abrechnung sei Umsatzsteuer offen ausgewiesen worden. Die Reinigungen seien wöchentlich vorzunehmen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe keinen Urlaub genommen; auch andere Unmöglichkeiten der Leistungserbringung seien von ihr nicht gemeldet worden. Eine Anmeldung zur Sozialversicherung sei nicht erfolgt. Die belangte Behörde folge der Aussage der Beschwerdeführerin, wonach alle Putzmaterialien von der Vertragspartnerin, der B KG, beigestellt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe von der B KG einen Pkw zur Verfügung gestellt bekommen; es könne nicht geklärt werden, ob auch Privatfahrten zulässig gewesen seien. Eine diesbezügliche Kontrolle sei nicht erfolgt. Im Erwägungsteil stellte die belangte Behörde weiters fest, dass die Beschwerdeführerin die Treibstoffkosten getragen hat.
Rechtlich folgerte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 47 Abs. 2 EStG 1988, dass (im Allgemeinen) zwei Kriterien für ein Dienstverhältnis sprächen, nämlich Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. Ein sachliches Weisungsrecht sei auf den Arbeitserfolg gerichtet, während das für die Arbeitnehmereigenschaft sprechende persönliche Weisungsrecht einen Zustand wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit fordere. Die persönlichen Weisungen seien auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspreche, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stelle.
Im Beschwerdefall würden die von der Beschwerdeführerin unwidersprochen gebliebenen Gutschriften über die von ihr geleistete Tätigkeit eindeutig auf eine selbstständige Tätigkeit hinweisen. Für die Telefonzellenreinigung seien jeweils Rechnungen gelegt worden, in denen Umsatzsteuer offen ausgewiesen worden sei. Nicht nur die Bezeichnung der Vereinbarung vom 17. Jänner 1990 lasse keinen Zweifel zu, dass ein Werkvertrag vorliege, sondern es seien auch die explizit getroffenen Regelungen für einen Werkvertrag typisch, nämlich keine Bindung an eine fixe Arbeitszeit, das Schulden eines bestimmten Erfolges (eine Reinigung wöchentlich, gegebenenfalls Ersatzreinigung) und die ausdrückliche Verpflichtung, für die Versteuerung und die Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge selbst zu sorgen. Aus dem Fehlen schriftlicher Detailvereinbarungen sei nichts zu gewinnen. Die Beschwerdeführerin habe nie behauptet, dass die B KG jemals die persönliche Leistungserbringung gefordert bzw. kontrolliert hätte. Die Verpflichtung zur Bekanntgabe allfälliger Leistungsunmöglichkeit spreche weder für noch gegen eine selbstständige Tätigkeit. Es sei gleichgültig gewesen, wie lange die Beschwerdeführerin für die Reinigung der Telefonzellen benötige; geschuldet sei die Reinigungsleistung gewesen. Dies spreche eindeutig für das Vorliegen eines Werkvertrages. Dafür spreche auch die Vereinbarung, dass Reklamationen zu Lasten der Beschwerdeführerin gingen. Ein Dienstnehmer könne nämlich Verbesserungsbemühungen in der Regel innerhalb der Dienstzeit vornehmen. Ob die Beschwerdeführerin genauso gut als Arbeitnehmerin hätte beschäftigt werden können und ob ihr dies möglicherweise sogar lieber gewesen wäre, ändere nichts daran, dass die B KG keinen Dienstvertrag habe schließen wollen. Das Zurverfügungstellen eines Fahrzeuges sei weder typisch noch untypisch für einen Dienstvertrag.
Zusammengefasst spreche das Schulden eines bestimmten Erfolges, nämlich die Verpflichtung zur Erbringung der Reinigungsleistung einer vorgegebenen Anzahl von Telefonzellen, ebenso die Bezahlung ausschließlich nach der Anzahl der gereinigten Telefonzellen, für das Vorliegen eines Werkvertrages. Weiters sei weder ein Grundgehalt noch ein 13. und 14. Gehalt ausbezahlt worden. Auch die Auftragserteilung sei rein sachlich erfolgt. Ein weiteres Indiz für das Vorliegen eines Werkvertrages liege darin, dass die Beschwerdeführerin im Fall ihrer Verhinderung selbstständig für eine Vertretung zu sorgen gehabt habe. Es würden somit die Kriterien, die für ein Werkvertragsverhältnis sprächen, jene für ein Dienstverhältnis sowohl zahlenmäßig als auch inhaltlich eindeutig überwiegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. Hofstätter/Reichel, Kommentar zum EStG 1988, Band III, Tz 4.3 zu § 47) bezieht sich das im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübte sachliche bzw. technische Weisungsrecht lediglich auf die vereinbarte Werkleistung und somit nur auf den Arbeitserfolg, während das persönliche Weisungsrecht einen Zustand wirtschaftlicher Abhängigkeit und persönlicher Gebundenheit hervorruft. Eine sachliche oder technische Weisungsgebundenheit, die sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Arbeitsleistung bezieht, begründet für sich allein kein Dienstverhältnis.
Folgende Kriterien sprechen grundsätzlich für einen Werkvertrag (Hofstätter/Reichel, aaO): Vertretung durch einen Dritten gegenüber dem Auftraggeber; Verpflichtung, für fehlerhafte Arbeiten auf eigene Kosten einzustehen; keine Bindung an eine vorgegebene, feste Arbeitszeit oder einen Arbeitsplatz; kein Anspruch auf Entlohnung (Entgelt) bei auch unverschuldeter Verhinderung; ein bloß sachliches, nur auf den Arbeitserfolg abgestelltes Weisungsrecht des Auftraggebers; regelmäßige Rechnungslegung mit Umsatzsteuerausweis.
Hingegen sprechen für ein Dienstverhältnis u.a. persönliche Gebundenheit und Leistungspflicht, wirtschaftliche Abhängigkeit, mangelnder unmittelbarer Einfluss auf das betriebliche Geschehen, langfristige Einbindung in den Arbeitsprozess, Anwesenheitspflicht am Arbeitsort, erfolgsunabhängige (Grund)Entlohnung, Spesenersatz, Beistellung von Berufskleidung.
Zur Einordnung von Reinigungsarbeiten sprach der Gerichtshof in den hg. Erkenntnissen vom 25. Mai 1982, 14/3038/78 und 82/14/0147, Slg. 5690 F, vom 21. Februar 1984, 83/14/0102, und vom 22. April 1992, 88/14/0082, aus, dass eine Aufräumefrau in einem Dienstverhältnis stehe. Die Vereinbarung, die Reinigungsarbeiten in der "auf den Erfolg bezogenen üblichen" Art durchzuführen, würden keineswegs das Weisungsrecht des Arbeitgebers ausschließen. Die Verpflichtung zur Einhaltung einer bestimmten Arbeitszeit bilde zwar ein Indiz für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses, sei jedoch nicht eine unabdingbare Voraussetzung dafür. Die organisatorische Eingliederung in den Betrieb ergebe sich daraus, dass die für den Betrieb notwendigen Reinigungsarbeiten so zu verrichten seien, wie dies den Erfordernissen eines Betriebes entspreche. Maßgeblich sei der Ersatz der Reinigungsmittel durch den Arbeitgeber. An dieser Beurteilung ändere nichts, dass sich die Aufräumefrau bei der Durchführung der primär von ihr selbst zu leistenden Reinigungsarbeiten einer Hilfsperson hätte bedienen können.
Unter Berücksichtigung dieser von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze für die Abgrenzung zwischen einer selbstständigen und unselbstständigen Tätigkeit kann der Ansicht der belangten Behörde nicht beigetreten werden, dass die Einkünfte der Beschwerdeführerin im genannten Zeitraum als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren seien.
Die Beschwerdeführerin verpflichtete sich nämlich zu einem bestimmten zeitraumbezogenen Arbeitsumfang, nämlich zu einer einmal wöchentlichen Reinigung bestimmter Telefonzellen; dies behauptetermaßen - und von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen - nach einem Reinigungsplan. Dafür erhielt sie ein (arbeitszeitunabhängiges) Entgelt, das sich aus der feststehenden Anzahl der Telefonzellen berechnen ließ. Aus dieser Vereinbarung kann keinesfalls ein Unternehmerwagnis abgeleitet werden, waren doch sowohl der Umfang der Arbeiten als auch das Entgelt vorher bestimmt. Es war der Beschwerdeführerin in Erfüllung ihres Vertrages nicht möglich, ihre Arbeit zu verringern oder auszuweiten und solcherart das Entgelt zu beeinflussen. Auch auf der Ausgabenseite traf die Beschwerdeführerin kein Unternehmerwagnis, wurden ihr doch die Putzmittel beigestellt. Von einer erfolgsabhängigen Entlohnung oder einem Unternehmerwagnis kann demnach keine Rede sein.
Eine organisatorische Einordnung kann fallbezogen kein entscheidendes Merkmal sein, weil die Reinigungsarbeiten nicht in einem bestimmten Betrieb zu erfolgen hatten. Dass die Möglichkeit einer Vertretung bei Reinigungsarbeiten nicht ausschlaggebend ist, hat der Gerichtshof in den oben zitierten Erkenntnissen bereits dargelegt. Sehr wohl ist hingegen die unbestritten vorhandene wirtschaftliche Abhängigkeit maßgeblich für die Qualifikation als Dienstverhältnis.
Zusammenfassend kommt der Möglichkeit der freien Zeiteinteilung nicht die Bedeutung zu, dass entgegen den genannten Indizien - vor allem dem fehlenden Unternehmerwagnis und dem klar bestimmten Arbeitsumfang - keine unselbstständige Tätigkeit anzunehmen wäre. Gegenüber der tatsächlichen Ausgestaltung der Vereinbarung ist die Bezeichnung des Vertrages als Werkvertrag nicht ausschlaggebend, ebenso wenig die vertragliche Überbindung einer - nicht bestehenden - Verpflichtung, als Unternehmer die Versteuerung durchzuführen.
In einem anderen Zusammenhang verwies der Gerichtshof darauf, dass bei Qualifizierung der Verrichtung von Reinigungsarbeiten als Werk oder als Dienstleistung auch dem Element der Dauer bzw. der kurzfristigen Wiederkehr der Verpflichtung eine gewisse Bedeutung zukommen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2002, 2000/08/0161). Genau dieser festbestimmte und sich wöchentlich wiederholende Arbeitsumfang liegt hier vor.
Letztlich hat der Gerichtshof bereits im zitierten Erkenntnis 88/14/0082 auch ausgesprochen, dass ein Dienstverhältnis anzunehmen sei, wenn nicht die Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit überwiegen. Von einem Überwiegen solcher Merkmale kann hier keine Rede sein.
Der angefochtene Bescheid war somit wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Im fortzusetzenden Verfahren wird die Behörde unter Beachtung der Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 3. August 2004, 2001/13/0022, Feststellungen zu treffen haben, anhand deren eine Umsatzsteuerpflicht nach § 11 Abs. 7 und 14 UStG beurteilt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 28. September 2004
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