VwGH 2000/14/0044

VwGH2000/14/004428.4.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des HS in O, vertreten durch Dr. Johann Kahrer und Dr. Christian Haslinger, Rechtsanwälte in 4910 Ried im Innkreis, Bahnhofstraße 59, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Berufungssenat I) vom 30. Juni 1999, RV 565/1-10/1999, betreffend Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1972 DE Erlaß BMF 30.Oktober 1972;
UStG 1994 §19 Abs2;
UStG 1994 §21 Abs1;
UStG 1972 DE Erlaß BMF 30.Oktober 1972;
UStG 1994 §19 Abs2;
UStG 1994 §21 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Finanzamtes Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 26. November 1998 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als Geschäftsführer der Fa. B vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen für die Zeiträume November 1995, Jänner, Mai, September und November 1996 eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in der Gesamthöhe von S 755.525,-- bewirkt, indem er Baustellen zu spät abgerechnet habe; er habe dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten. Er habe dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen und es werde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 250.000,-- verhängt.

Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. Juni 1999 der Berufung gegen das zitierte Straferkenntnis teilweise Folge, hob es hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruches auf und sprach den Beschwerdeführer einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für schuldig. Dieser habe als Geschäftsführer der Fa. B betreffend die Monate November 1995, Jänner, Mai, September und November 1996 vorsätzlich Vorauszahlungen (an Umsatzsteuer) nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet und auch nicht zumindest bis zu diesen Zeitpunkten der zuständigen Abgabenbehörde die Höhe der geschuldeten Beträge bekannt gegeben. Die belangte Behörde verhängte über ihn eine Geldstrafe von S 60.000,--.

Zur Begründung dieses Bescheides verwies die belangte Behörde auf näher genannte Bauleistungen der Fa. B und auf konkrete Verspätungen mit dem Legen von Rechnungen über die genannten Bauleistungen. Die belangte Behörde verwies weiters auf die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht Ried im Innkreis vom 18. Dezember 1996 wegen Hinterziehung von Umsatz- und Kapitalertragsteuer betreffend die Veranlagungsjahre 1991 bis 1993 gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG und Hinterziehung von Umsatzsteuervorauszahlungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG. In diesem Strafverfahren habe der Beschwerdeführer erklärt, dass ab 1995 die Abrechnung genauestens monatlich durchgeführt werde und er deswegen eine Buchhaltungskraft angestellt habe.

Obwohl es dem Beschwerdeführer möglich gewesen wäre, seien im Monat der Verschaffung der Verfügungsmacht über die erbrachten Werklieferungen bzw. der erbrachten Werkleistungen und im Folgemonat die diesbezüglichen Rechnungen noch nicht gelegt worden. In objektiver Hinsicht seien daher unzweifelhaft die spruchgegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlungen betreffend den jeweiligen der Leistungserbringung folgenden Monat nicht bis zum jeweiligen Fälligkeitstag (und auch nicht bis zum 5. Tag nach Fälligkeit) entrichtet worden. Ebenso sei die Einreichung entsprechender Voranmeldungen bis zu diesen Zeitpunkten unterblieben.

Zur subjektiven Tatseite merkte die belangte Behörde an, dass der Beschwerdeführer nicht berechtigt gewesen sei, durch eine verspätet erstellte Schlussrechnung den Entrichtungstermin für die Umsatzsteuerzahllast um mehr als einen Monat hinauszuschieben. Unter Hinweis auf ein vom Beschwerdeführer vorgelegtes Rechtsgutachten führte die belangte Behörde aus, dass der Unternehmer im Fall der Berechnungsmöglichkeit der Bemessungsgrundlagen verpflichtet sei, diese auch wahrzunehmen. Hätten wie hier Rechnungen bzw. Schlussrechnungen gelegt werden können, wäre das Entgelt auch konkret zu berechnen gewesen. Als erfahrener Geschäftsmann habe der Beschwerdeführer in Anbetracht der steuerlichen Konsequenzen eines gegenteiligen Verhaltens zumindest ernsthaft damit rechnen müssen, dass er eine rechtzeitige Berechnung bzw. Entrichtung der strafrelevanten Umsatzsteuervorauszahlungen sowie eine Aufnahme in die beim Finanzamt einzureichenden diesbezüglichen Voranmeldungen vornehmen bzw. veranlassen hätte müssen. Er habe sich jedoch offenkundig damit abgefunden, dass eine Entrichtung zum Fälligkeitstag bzw. am 5. Tag nach Fälligkeit sowie eine Bekanntgabe der Umsatzsteuerschuld bis zu diesen Zeitpunkten gegenüber der Abgabenbehörde nicht erfolgen würde. Er habe daher mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Die bedingt vorsätzliche Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen bis zum 5. Tag nach Fälligkeit (im Ergebnis straflose Nachtaten im Fall einer Bestrafung wegen einer wissentlichen Nichtentrichtung zum Fälligkeitszeitpunkt) stelle eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe die ihm geleisteten Akontozahlungen gemäß § 19 Abs. 2 Z. 1 lit. a UStG 1994 im Zeitpunkt der Vereinnahmung versteuert und die auf die Differenz zwischen Schlussrechnung und geleisteten Anzahlungen entfallende Umsatzsteuer in der Folge für jene Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume abgeführt, in denen die Schlussrechnung gelegt wurde. Diese Vorgangsweise habe er auf Grund der Bestimmung des Abschnittes 119 Abs. 2 des Durchführungserlasses zum UStG (1972) für korrekt erachtet.

Gemäß § 19 Abs. 2 UStG 1994 entsteht die Steuerschuld für Lieferungen und sonstige Leistungen mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausgeführt worden sind (Sollbesteuerung); dieser Zeitpunkt verschiebt sich um einen Kalendermonat, wenn die Rechnungsausstellung erst nach Ablauf des Kalendermonates erfolgt, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung erbracht worden ist. Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgeltes vereinnahmt, bevor die Leistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuerschuld mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist. Der Durchführungserlass für das UStG 1972 sah in Abschnitt 119 vor, dass im Rahmen der Sollversteuerung zunächst die Summe der gezahlten Voraus- und Abschlagszahlungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist und der geschuldete Steuerbetrag entsprechend zu berichtigen ist, wenn sich in der Schlussrechnung Abweichungen von der vorläufigen Bemessungsgrundlage ergeben. Sind keine Voraus- oder Abschlagszahlungen gezahlt worden, so ist das Entgelt gegebenenfalls nach Maßgabe eines abgegebenen Angebotes oder eines Voranschlags zu schätzen. Dem liegt nach dem Durchführungserlass die Überlegung zu Grunde, dass der Auftragnehmer, wenn für Leistungen Einheitspreise vereinbart worden sind, die Schlussrechnung im Allgemeinen erst mehrere Monate nach Entstehung der Steuerschuld lege, weil die Ermittlung des genauen Entgeltes längere Zeit erfordere.

Im gegenständlichen Fall ist nicht zu beantworten, ob die Einhaltung der beschriebenen Vorgangsweise nach dem - im Übrigen zu einer anderen Rechtslage ergangenen (vgl. Kolacny/Mayer, UStG2, § 19 Anm. 18) und bloß einen Erlass an die Finanzbehörden darstellenden - DE-USt ein Verschulden an der verspäteten Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen ausschließt. Zweifellos liegt auch dem DE-USt zu Grunde, dass der Auftragnehmer nicht befugt ist, mit der Erstellung der Schlussrechnung und der jedenfalls dann vorzunehmenden Entrichtung der Umsatzsteuer nach Belieben zuzuwarten. Die Umsatzsteuervorauszahlung ist im Sinn des § 19 Abs. 2 und § 21 Abs. 1 UStG 1994 jedenfalls dann zu entrichten, wenn die Erstellung der Schlussrechnung möglich ist. Die belangte Behörde stellte ausdrücklich fest, dass es dem Beschwerdeführer möglich gewesen wäre, die diesbezüglichen Rechnungen im Monat der Verschaffung der Verfügungsmacht über die erbrachten Werklieferungen bzw. der erbrachten Werkleistungen zu legen; der Beschwerdeführer habe nämlich mit Jänner 1995 eine Buchhaltungskraft angestellt, die es dem Beschwerdeführer ermögliche, die steuerlichen Agenden korrekt und ohne Zeitverzögerung durchzuführen. Da Rechnungen bzw. Schlussrechnungen gelegt hätten werden können, wäre das Entgelt auch konkret zu berechnen gewesen.

Dieser - keinesfalls als unschlüssig zu betrachtenden - Feststellung trat der Beschwerdeführer nicht mit konkreten Argumenten entgegen. Nach dem Beschwerdevorbringen "kann ja wohl keine Rede sein", der Beschwerdeführer habe künstlich die Legung der Schlussrechnung hinausgeschoben; diesfalls hätte er ja auch keinen Werklohn vom Auftraggeber erhalten. An anderer Stelle enthält die Beschwerde das Vorbringen, bei den Bauvorhaben sei die Abrechnung jeweils Monate nach der Leistungserbringung erfolgt, dies sei gar nicht anders möglich gewesen, weil die Leistungen ja erst abgerechnet werden mussten. In keiner Weise werden konkrete Gründe für eine unvermeidliche Verzögerung der Abrechnung behauptet. Auch wird nicht in Abrede gestellt, dass dem Beschwerdeführer bewusst gewesen ist, dass durch das Unterlassen der exakten Berechnung des Entgelts im möglichen Zeitpunkt eine verspätete Entrichtung der über die durch die Anzahlungen ausgelöste USt hinausgehenden Umsatzsteuer eintreten könne.

Es bestehen daher keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht hat. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. April 2004

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