VwGH 2000/11/0276

VwGH2000/11/027623.1.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Mag. Dr. G in B, vertreten durch Dr. Karl Muzik, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Graf Starhemberggasse 39/17, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. Oktober 2000, Zl. RU6-St-Sch-9903, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung sowie Anordnung einer Nachschulung und der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §57 Abs3;
AVG §57 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und den ihr angeschlossenen Beilagen ergibt sich Folgendes:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 und § 25 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 6 1/2 Monaten gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides am 25. September 1998, somit bis 10. April 1999, entzogen. Weiters wurde ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer einer besonderen Nachschulung (Einstellungs- und Verhaltenstraining für alkoholauffällige Lenker) zu unterziehen und ein amtsärztliches Gutachten vorzulegen habe.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am 23. April 1998 nach einem Verkehrsunfall die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert. Über ihn sei deshalb mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 29. Juli 1999 wegen der Übertretung nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 eine Geldstrafe von S 16.000,-- verhängt worden. Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung sei mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 18. April 2000 keine Folge gegeben worden. Aufgrund dieser rechtskräftigen Bestrafung stehe fest, dass eine bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG vorliege. Wenn aufgrund der vom Beschwerdeführer erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 18. April 2000 die Vorfrage der Begehung eines Alkoholdeliktes abweichend beurteilt werden sollte, biete das Rechtsinstitut der Wiederaufnahme des Verfahrens hinreichende Möglichkeiten, diesem Umstand Rechnung zu tragen.

Alkoholdelikte seien besonders verwerflich. Dem Beschwerdeführer sei bereits wegen eines am 24. Februar 1998 begangenen Alkoholdeliktes mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 19. März 1998, abgeändert mit Bescheid vom 14. Juli 1998, die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten entzogen worden. Schon im Hinblick auf die beim Beschwerdeführer gegebene Wiederholungstendenz könne mit dem Wiedereintritt der Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf der festgesetzten Entziehungszeit gerechnet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen hat:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Kraftfahrbehörden an die rechtskräftigen Bestrafungen durch die Strafbehörden gebunden. Die belangte Behörde hatte daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die ihm angelastete Übertretung begangen hat. Eine selbständige Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert hat, war ihr demnach verwehrt. An dieser Bindung vermag auch die Einbringung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 18. April 2000 nichts zu ändern. Sollte sich nachträglich (als Folge der Aufhebung dieses Strafbescheides) herausstellen, dass der Beschwerdeführer diese strafbare Handlung nicht begangen hat, könnte dies nur in einem Wiederaufnahmeverfahren Beachtung finden (siehe zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2000, Zl. 99/11/0333, mwN).

Im Hinblick auf diese Rechtslage gehen die Ausführungen der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Annahme richten, der Beschwerdeführer habe am 23. April 1998 die Atemluftuntersuchung verweigert, ins Leere.

Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer - nach den insoweit unbekämpften Feststellungen der belangten Behörde - auch am 24. Februar 1998 ein Alkoholdelikt begangen hat, das zu einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten geführt hat, ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer in Ansehung von Alkoholdelikten im Straßenverkehr, die zu den verwerflichsten Verwaltungsübertretungen gehören, als Wiederholungstäter anzusehen ist. Schon deshalb kann in der Festsetzung der Entziehungszeit mit 6 1/2 Monaten keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers erkannt werden. Ob den Beschwerdeführer ein Verschulden an dem Unfall vom 23. April 1998 trifft, ist angesichts der Dauer der festgesetzten Entziehungszeit ohne Bedeutung. Umstände, die die Festsetzung einer noch kürzeren Entziehungszeit gerechtfertigt hätten, zeigt die Beschwerde nicht auf.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, der Mandatsbescheid der Erstbehörde sei gemäß § 57 Abs. 3 AVG außer Kraft getreten, weil die innerhalb der Frist von zwei Wochen getroffene Verfügung, den Verwaltungsstrafakt beizuschaffen, keine Einleitung des Ermittlungsverfahrens darstelle. Dem ist zu erwidern, dass es für die Frage der Einleitung des Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 57 Abs. 3 AVG entscheidend darauf ankommt, ob die Behörde eindeutig zu erkennen gibt, dass sie sich nach Erhebung der Vorstellung durch die Anordnung von Ermittlungen mit der den Gegenstand des Mandatsbescheides bindenden Angelegenheit befasst. Eine bestimmte Art von Ermittlungen oder eine bestimmte Form ist für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens nicht vorgeschrieben (siehe dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) unter E. Nr. 55 und 56 zu § 57 AVG zitierte hg. Rechtsprechung). Die Beischaffung des Strafaktes stellt einen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bewirkenden Ermittlungsschritt dar, und zwar auch dann, wenn der Strafakt bei derselben Behörde geführt wird oder wurde. Im Übrigen wäre für den Beschwerdeführer auch dann im Ergebnis nichts gewonnen, wenn man seiner Auffassung folgte, der Mandatsbescheid sei außer Kraft getreten, denn das Außerkrafttreten des Mandatsbescheides bewirkt nicht, dass damit die betreffende Verwaltungsangelegenheit zugunsten des Vorstellungswerbers abgeschlossen ist. Die Kraftfahrbehörde ist durch das Außerkrafttreten des Mandatsbescheides nicht gehindert, nachträglich das Ermittlungsverfahren einzuleiten und sodann in der Sache neuerlich zu entscheiden (siehe dazu die bei Walter/Thienel, a.a.O., unter E. Nr. 77 und 78 zu § 57 AVG zitierte hg. Rechtsprechung).

Gegen die Anordnung der Nachschulung und der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens führt die Beschwerde nichts ins Treffen. Es bedarf daher bezüglich dieser Aussprüche, die ihre gesetzliche Grundlage jedenfalls in § 26 Abs. 8 FSG finden, keiner weiteren Ausführungen.

Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 23. Jänner 2001

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