VwGH 2000/11/0035

VwGH2000/11/003527.6.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Mizner, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der Ärztekammer für Wien, vertreten durch Braunegg, Hoffmann & Partner, Rechtsanwälte in 1013 Wien, Gonzagagasse 9, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 17. Dezember 1999, Zl. MA 15-II-H/2/175/99 (Beschlussdatum 14. Dezember 1999), betreffend Errichtung und Betrieb eines Ambulatoriums (mitbeteiligte Partei: M Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Manfred Ainedter und Dr. Friedrich Trappel, Rechtsanwälte in 1020 Wien, Taborstraße 24a), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
KAG Wr 1987 §4 Abs1;
KAG Wr 1987 §4 Abs2;
KAG Wr 1987 §57 lith;
KAG Wr 1987 §6;
KAG Wr 1987 §7 Abs3;
AVG §59 Abs1;
KAG Wr 1987 §4 Abs1;
KAG Wr 1987 §4 Abs2;
KAG Wr 1987 §57 lith;
KAG Wr 1987 §6;
KAG Wr 1987 §7 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei auf Grund ihres Antrages vom 8. April 1999 gemäß §§ 4 und 6 Abs. 1 des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 (WrKAG) unter Vorschreibung einer Anzahl von Auflagen die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums an einem im 2. Wiener Gemeindebezirk gelegenen Standort erteilt.

In ihrer auf Art. 131 Abs. 2 B-VG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 WrKAG gestützten Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei in Ansehung der im angefochtenen Bescheid positiv beurteilten Bedarfsfrage Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen Aufhebung. Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet auf Bewilligung der Errichtung und des Betriebes einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums an einem bestimmten Standort. Der Bescheid enthält somit keine Umschreibung und damit auch keine Einschränkung des in Aussicht genommenen Leistungsangebotes dieser Krankenanstalt. Eine solche Umschreibung ist aber ein notwendiger Bestandteil eines Bewilligungsbescheides für Errichtung und Betrieb einer Krankenanstalt. Dies ergibt sich aus der Bestimmung des § 4 Abs. 1 WrKAG, wonach schon der Antrag auf Erteilung einer Errichtungsbewilligung den Anstaltszweck und das vorgesehene Leistungsangebot zu bezeichnen hat, sowie aus § 4 Abs. 2 lit. WrKAG, wonach der Bedarf nach der geplanten Krankenanstalt an Hand des angegebenen Anstaltszweckes und des vorgesehenen Leistungsangebotes zu prüfen ist. Ein Bescheid wie der vorliegende hätte die Folge, dass in der Krankenanstalt ärztliche Tätigkeiten jeglichen Inhaltes angeboten werden dürften, sodass die mitbeteiligte Partei auf Grund des vorliegenden Bescheides nicht rechtswidrig handelte, würden in den Anstaltsräumlichkeiten ärztliche Tätigkeiten auch auf anderen medizinischen Fachgebieten als denen, die offenbar von ihr und auch von der belangten Behörde ins Auge gefasst wurden und auf die sich die durchgeführte Bedarfsprüfung bezogen hat, entfaltet würden, hinsichtlich derer somit eine Bedarfsprüfung auch nicht ansatzweise stattgefunden hat. Aus diesem Grunde kann die gerügte fehlerhafte Fassung des Spruches auch bei der Entscheidung über eine Beschwerde der beschwerdeführenden Partei wie die vorliegende aufgegriffen werden, die nach dem WrKAG auf das Thema der Bedarfsprüfung eingeschränkt ist.

Im gegebenen Zusammenhang kann auch aus dem Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides, wonach "der beiliegende Plan samt Bau- und Betriebsbeschreibungen ... Bestandteile des Bescheides" sind, nichts gewonnen werden. Zwar hat des Verwaltungsgerichtshof wiederholt als zulässig angesehen, im Spruch eines Bescheides auf vom Bescheid getrennte Schriftstücke oder Pläne Bezug zu nehmen, deren Aussagen und Darstellungen in den normativen Bescheidinhalt zu integrieren und solcherart zum Inhalt des Bescheides zu machen, sofern der Bescheidspruch den Akt der Integrierung unzweifelhaft klargestellt hat und die besagten Schriftstücke oder Pläne ihrerseits das nötige Bestimmtheitserfordernis erfüllen (vgl. die Erkenntnisse vom 17. September 1996, Zl. 95/05/0228, und vom 12. Dezember 1996, Zl. 96/07/0086, jeweils mwH). Die erstgenannte Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung nicht erfüllt, wenn einerseits eine sprachliche Verknüpfung des Inhaltes der bezogenen Schriftstücke oder Pläne mit dem Bescheidspruch fehlt, und andererseits mangels hinreichender Verbindung mit dem Bescheid oder entsprechender Bestimmbarkeitskriterien die eindeutige Zuordnung eines bestimmten Schriftstückes oder Planes nicht möglich ist (vgl. die Erkenntnisse vom 21. Dezember 1993, Zl. 93/04/0134, und vom 15. September 1994, Zl. 93/09/0132).

Im Beschwerdefall ist schon die erstgenannte Voraussetzung nicht erfüllt, weil der im Spruch genannte "Plan samt Bau- und Betriebsbeschreibungen" weder näher bezeichnet noch der Urschrift und den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Bescheidausfertigungen angeschlossen ist. Es kann somit keine Rede davon sein, dass der mangelhafte Spruch eine rechtliche Sanierung durch davon getrennte Schriftstücke oder Pläne erfahren könnte.

2. Nach dem Inhalt der Begründung des angefochtenen Bescheides ist die mitbeteiligte Partei Pächterin einer bestehenden Krankenanstalt und beabsichtigt, diese an den in unmittelbarer Nähe gelegenen neuen Standort zu verlegen; dementsprechend ist im angefochtenen Bescheid auch von einer "de facto-Verlegung" die Rede. Bei der Verlegung der Anstalt handelt es sich aber um ein eigenes - in § 7 Abs. 3 WrKAG geregeltes - Rechtsinstitut. Danach wird die bestehende Bewilligung an den neuen Standort übertragen und erlischt am bisherigen Standort. Eine solche Verlegung war auf Grund des Antrages der mitbeteiligten Partei nicht Gegenstand des Verfahrens; der mitbeteiligten Partei als Pächterin fehlte auch die entsprechende Antragslegitimation. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde vielmehr eine zweite Bewilligung neben der weiterhin bestehenden Bewilligung der Verpächterin erteilt. Die nach der Aktenlage von der mitbeteiligten Partei im Verwaltungsverfahren abgegebene Erklärung vom 10. Mai 1999, "für den Fall der rechtskräftigen Erteilung der erforderlichen Bewilligungen" am neuen Standort auf sämtliche ihr hinsichtlich des alten Standortes "zustehenden Rechte und deren Ausübung" zu verzichten, ist mit einer Anzeige der Auflassung des Ambulatoriums im Sinne des § 57 lit. h WrKAG, die wiederum nur vom Inhaber der Bewilligung (also der Verpächterin) erstattet werden könnte, und die das Erlöschen der Bewilligung unmittelbar bewirkte, nicht gleichzusetzen. Das Erlöschen der Bewilligung für den alten Standort war jedenfalls nach der Begründung des angefochtenen Bescheides ein entscheidender Faktor für die Bejahung des Bedarfes an der geplanten Krankenanstalt, da ein solcher Bedarf nur in Ansehung einer Krankenanstalt mit dem dem Verfahren zugrundegelegten Anstaltszweck und Leistungsangebot in unmittelbarer Nähe des Standortes angenommen wurde.

Solcherart ist die belangte Behörde offenbar von der verfehlten Ansicht ausgegangen, das Leistungsangebot der bestehenden Krankenanstalt sei bei der Bedarfsprüfung nicht zu veranschlagen. Dabei hat sie übersehen, dass die für die bestehende Krankenanstalt erteilte Bewilligung auch nach der Erteilung der gegenständlichen Bewilligung an die beschwerdeführende Partei dem Rechtsbestand angehören werde und kein rechtlich gesicherter Grund zur Annahme besteht, das Leistungsangebot der bestehenden Krankenanstalt werde wegfallen. Auch in diesem Punkt ist der angefochtene Bescheid somit inhaltlich rechtswidrig.

Aus den genannten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 27. Juni 2000

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