VwGH 2000/10/0156

VwGH2000/10/015613.11.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des T in Volders, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 9. August 2000, Zl. U-13.364/3, betreffend naturschutzbehördlichen Wiederherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG Tir 1997 §2 Abs2;
NatSchG Tir 1997 §3 Abs1;
NatSchG Tir 1997 §2 Abs2;
NatSchG Tir 1997 §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Im Bescheid vom 22. Juni 2000 legte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck dar, der Beschwerdeführer habe vor dem 26. Mai 2000 im Gemeindegebiet von V. außerhalb der geschlossenen Ortschaft in den V.-Auen zwischen Streitweg, Hauptweg und Kapellenweg einen mit Eisenbahnschwellen umzäunten Reitplatz mit einer 2,5 m breiten und mit Schotter aufgefüllten Bahn im Gesamtausmaß von 15.000 m2 (204 x 150 m) und somit eine Sportanlage errichtet, ohne über eine dafür erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung zu verfügen. Gemäß § 16 Abs. 1 lit. b des Tiroler Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 33/1997 (TNSchG) trug sie dem Beschwerdeführer auf, bis 15. Juli 2000 den aufgebrachten Schotter vollständig zu entfernen und die Fläche ordnungsgemäß zu begrünen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er legte dar, bei der umzäunten Fläche handle es sich nicht um eine Sportfläche, sondern um eine rein landwirtschaftlich genutzte Fläche. Das Einstellen und Halten von Reitpferden sei eine klar definierte landwirtschaftliche Tätigkeit. Im Rahmen dieser Tätigkeit sei es notwendig, den Pferden ausreichend Koppeln und auch einen Platz zum Reiten zur Verfügung zu stellen. In der gesamten V.-Au bestehe Reitverbot, weshalb er gezwungen sei, auf seinem eigenen Grundstück eine Möglichkeit zu schaffen. Wegen der Verletzungsgefahr für die Pferde sei es nicht möglich, auf der Grasfläche oder dem Humusboden zu reiten. Auf diesem Untergrund entstünden mit der Zeit durch die Hufabdrücke Löcher, die eine Verletzungsgefahr für die Gelenke und Sehnen der Pferde darstellten. Deshalb habe er einen Streifen entlang seines Grundstückes, der nach Fertigstellung der Arbeiten etwa 2 m breit sein werde, mit Kies und Sand versehen. Dieser Streifen umfasse keinesfalls die angeführten 15.000 m2, sondern bei einer Breite von 2 m und einer Länge von 500 m ca. 1.000 m2. Der Beschwerdeführer bezog sich weiters in der Berufung auf die (auch mit der Beschwerde vorgelegte) Stellungnahme eines "landwirtschaftlichen Sachbearbeiters" der belangten Behörde, wonach ein ca. 2 m breiten befestigten Weges am Zaunrand angelegt worden sei, "um sich mit den Pferden darauf verletzungsfrei bewegen zu können"; dabei handle es sich um eine Maßnahme "für den Pferdebetrieb", die für das landwirtschaftliche Anwesen erforderlich sei, "damit die Pferdebesitzer auch ganzjährig im Hofbereich reiten können".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie den Entfernungsauftrag sprachlich neu fasste und die Leistungsfrist mit 15. September 2000 festsetzte. Begründend legte sie unter anderem dar, der Beschwerdeführer verwende den im Jahr 1990 auf der Liegenschaft angelegten Stall für das Einstellen von Reitpferden. Darüber hinaus sei auf der Liegenschaft ein Reitplatz angelegt worden. Es handle sich nicht um landwirtschaftliche Nutzung, weil ein Reitpferd kein Nutztier im Sinne des Begriffes der Land- und Forstwirtschaft sei. Beim Reiten handle es sich nicht um landwirtschaftliche Tätigkeit, sondern um sportliche Betätigung. Auch das Errichten einer Anlage könne nicht unter den Begriff der landwirtschaftlichen Tätigkeit fallen. Beim Reitplatz handle es sich somit um eine bewilligungspflichtige Sportanlage im Sinne des § 6 lit. e TNSchG. Der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 leg. cit. sei nicht anzuwenden. Die Voraussetzungen der Erlassung einer Anordnung nach § 16 Abs. 1 TNSchG lägen vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer trägt im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung vor, die landwirtschaftliche Liegenschaft im Ausmaß von 3,3789 ha werde als "Dauerwiese" genützt. Auf dieser Fläche habe er einen ca. 500 m langen und 2 m breiten kreisförmigen Streifen angelegt, der dazu diene, die im Stallgebäude eingestellten Pferde zu bewegen.

Im Rahmen der Verfahrensrüge wird sodann geltend gemacht, es handle sich bei dem "Streifen" entgegen der Annahme der belangten Behörde nicht um eine "Rennbahn", weil schon wegen der geringen Breite keine Pferderennen durchgeführt werden könnten. Auf dem Streifen werde überhaupt nicht "geritten"; vielmehr würden die Pferde auf der kreisförmig angelegten Bahn an der Longe geführt. Der Streifen nehme auch nicht eine Fläche von 15.000 m2, sondern lediglich eine solche von 1.000 m2 (500 m x 2 m) in Anspruch. Weiters habe die belangte Behörde die Stellungnahme der Abteilung Landwirtschaft nicht beachtet, wonach das Anlegen des Streifens für das landwirtschaftliche Anwesen erforderlich sei, damit die Pferdebesitzer ganzjährig im Hof reiten könnten.

Damit wird kein relevanter Verfahrensmangel aufgezeigt.

Nach § 16 Abs. 1 lit. b TNSchG hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn ein nach diesem Gesetz ... bewilligungspflichtiges Vorhaben, ausgenommen Werbeeinrichtungen, ohne naturschutzrechtliche Bewilligung oder entgegen einem in diesen Vorschriften enthaltenen Verbot, ohne dass hiefür eine Ausnahmebewilligung vorliegt, ausgeführt wird, demjenigen, der dies veranlasst hat, oder wenn dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden kann, dem Grundeigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen auf seine Kosten aufzutragen.

Voraussetzung für eine Anordnung nach § 16 Abs. 1 TNSchG ist somit, dass ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt wurde (vgl. das Erkenntnis vom 6. Juli 1999, Zl. 98/10/0382). Die von der Beschwerde geltend gemachten Ermittlungs- und Begründungsmängel wären somit nur relevant, wenn die belangte Behörde bei deren Vermeidung in der Frage des Vorliegens eines Bewilligungstatbestandes zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können.

Die belangte Behörde hat für das in Rede stehende Vorhaben die Bewilligungsbedürftigkeit im Grunde des § 6 lit. e TNSchG angenommen. Danach bedarf die Errichtung von Sportanlagen, wie Schipisten, Rodelbahnen, Klettersteige, Golf-, Fußball- und Tennisplätze udgl., sowie von Anlagen zur Erzeugung von Schnee, außerhalb geschlossener Ortschaften einer Bewilligung.

Mit den oben wiedergegebenen Darlegungen der Beschwerde wird nicht widerlegt, sondern bestätigt, dass die vom Beschwerdeführer hergestellte Anlage - eine kreisförmige Bahn, die von an der Longe gehenden Reitpferden benützt wird - eine Sportanlage, nämlich eine der Ausübung des Reitsportes dienende Anlage ist. Dabei ist ohne Bedeutung, ob die von der belangten Behörde verwendete Bezeichnung "Rennbahn" zutrifft, weil Anlagen wie die vom Beschwerdeführer errichtete zum typischen Erscheinungsbild einer Reitsportanlage zählen. Dass es sich dabei um dem Pferderennsport dienende Anlagen handle, wird vom Begriff "Sportanlage" nicht vorausgesetzt.

Eine bestimmte Mindestfläche ist - anders als etwa beim Bewilligungstatbestand nach § 6 lit. a TNSchG - bei § 6 lit. e leg. cit. nicht Tatbestandsvoraussetzung. Es kann daher auf sich beruhen, ob die belangte Behörde zu Recht die gesamte von der Kreisbahn umschriebene Fläche zur Sportanlage gezählt hat und solcherart zu einer Fläche von 15.000 m2 gelangte, oder die Auffassung der Beschwerde zutrifft, wonach nur die Kreisbahn (die eine Fläche von ca. 1.000 m2 umfasse) die Anlage darstelle, zumal sich die mit dem Entfernungs- und Wiederherstellungsauftrag getroffenen Anordnungen ausschließlich auf die von der Kreisbahn selbst in Anspruch genommene Fläche beziehen.

Im Rahmen der Rechtsrüge macht die Beschwerde geltend, die Anlage der Kreisbahn stelle eine Maßnahme der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung im Sinne des § 2 Abs. 2 TNSchG dar. Auch damit ist die Beschwerde nicht im Recht.

Nach § 2 Abs. 2 erster Satz TNSchG bedürfen Maßnahmen der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung keiner Bewilligung nach diesem Gesetz.

Eine Legaldefinition des Begriffes "Maßnahme der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung" findet sich in § 3 Abs. 1 TNSchG. Danach ist "Maßnahme der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung" jede Tätigkeit zur Hervorbringung und Gewinnung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte unter Anwendung der nach dem jeweiligen Stand der Technik, der Betriebswirtschaft und der Biologie gebräuchlichen Verfahren. Zum jeweiligen Stand der Technik gehört insbesondere auch die Verwendung von Kraftfahrzeugen, Luftfahrzeugen und sonstigen Arbeitsgeräten, die auf Grund ihrer Bauart und Ausrüstung für diese Verwendung bestimmt sind.

Die Merkmale dieser Begriffsbestimmung werden im vorliegenden Fall nicht verwirklicht. Dabei kann auf sich beruhen, ob die Haltung von Reitpferden als "Hervorbringung und Gewinnung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte" anzusehen ist. Vielmehr ist maßgeblich, ob die Anlage der in Rede stehenden Kreisbahn als solche Tätigkeit anzusehen ist. Davon kann nicht die Rede sein. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass als "Maßnahme der (üblichen) land- und forstwirtschaftlichen Nutzung" nicht schon Maßnahmen anzusehen sind, die einer derartigen Nutzung dienen, sondern nur solche, die für sich der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung zuzurechnen sind. Daher sei auch die Anlage von Wegen auch dann nicht als Maßnahme der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung anzusehen, wenn sie für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung bestimmter Liegenschaften notwendig wären (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 26. Juni 1995, Zl. 93/10/0226, und vom 18. Oktober 1993, Zl. 92/10/0134). Davon ausgehend kann auch die Anlage einer Kreisbahn, auf der Pferde an der Longe bewegt werden, keinesfalls in einem solchen Zusammenhang mit einer Tätigkeit zur Hervorbringung und Gewinnung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte gesehen werden, dass von einer "Maßnahme der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung" im Sinne des § 2 Abs. 2 iVm § 3 Abs. 1 TNSchG gesprochen werden könnte.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 13. November 2000

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte