Normen
BDG 1979 §96;
BDG 1979 §97;
BDG 1979 §98;
B-VG Art83 Abs2;
PTSG 1996 §17 Abs1;
PTSG 1996 §17 Abs9 Z4;
PTSG 1996 §21 Abs2;
PTSG 1996 §24 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3;
BDG 1979 §96;
BDG 1979 §97;
BDG 1979 §98;
B-VG Art83 Abs2;
PTSG 1996 §17 Abs1;
PTSG 1996 §17 Abs9 Z4;
PTSG 1996 §21 Abs2;
PTSG 1996 §24 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der im Jahr 1955 geborene Beschwerdeführer stand bis zur gegenständlichen Entlassung als Oberoffizial in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war bis zum Ablauf des 30. April 1996 Beamter der Post- und Telegraphenverwaltung; am 1. Mai 1996 trat an deren Stelle im Wege der Gesamtrechtsnachfolge die Post- und Telekom Austria AG (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 des Poststrukturgesetzes, Art. 95 des Bundesgesetzes BGBl. 201/1996); seit 31. Dezember 1998 trat an deren Stelle im Wege der Gesamtrechtsnachfolge die Österreichische Post AG. Der Beschwerdeführer war somit seit 31. Dezember 1998 (bis zu seiner Entlassung) bei der Österreichischen Post AG im Bereich der Direktion Innsbruck beim Postamt H im Paketzustelldienst verwendet worden (§ 17 Abs. 1a Z. 1 Poststrukturgesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 161/1999).
Mit Disziplinaranzeige (des Personalamtes der Direktion Innsbruck) vom 19. April 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Disziplinarverfahren anhängig gemacht; laut dieser Disziplinaranzeige sei der Beschwerdeführer verdächtigt, in seiner dienstlichen Tätigkeit als Paketzusteller während eines näher bezeichneten Tatzeitraumes Paketzustellgebühren bei näher bezeichneten Unternehmen zu Unrecht eingehoben, nicht abgeführt und diese Gelder sich unrechtmäßig angeeignet zu haben.
Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 12. Juli 1999 - in der Zusammensetzung "K Dr. Martin W als Senatsvorsitzender, sowie ADir Reg. Rat. Wolfgang L und I. Max B als weitere Mitglieder des Senates XXII in Innsbruck" - wurde der Beschwerdeführer schuldig befunden, er habe "in der Zeit von Jänner 1995 bis Februar 1999 bei der Firma S Vertriebsgesellschaft m.b.H. in I und bei der Firma G Gesellschaft m.b.H. & Co KG in I, 1. zu Unrecht Paketzustellgebühren eingehoben und 2. 'freie' Pakete zu 'unfreien' Paketen gemacht und dafür Gebühren eingehoben, sodass bis zum Februar 1999 bei der Firma S ein Schaden von ATS 68.004,-- und bei der Firma G ein Schaden von ATS 36.700,--, insgesamt somit ein Schaden von ATS 104.704,-- entstanden ist."
Die genannte Disziplinarkommission erster Instanz verhängte über den Beschwerdeführer wegen dieser nach § 43 Abs. 1 und Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) qualifizierten Dienstpflichtverletzungen gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von S 70.000,--.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. November 1999 wurde der vom Disziplinaranwalt erhobenen Berufung gegen das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis Folge gegeben und über den Beschwerdeführer gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, dass über ihn nicht die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt werde. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften unter Zuerkennung der (mit S 12.500,-- Schriftsatzaufwand, S 2.500,-- Umsatzsteuer, S 2.500,-- Eingabengebühr) verzeichneten Kosten aufzuheben.
Die belangt Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Beschwerdeführer hat zur Gegenschrift der belangten Behörde Repliken vom 5. Oktober 2000, 23. Mai 2001 und 2. Juli 2001 erstattet.
Die belangte Behörde hat auf diese (hier ordnungsgemäß zugestellten) Repliken nicht geantwortet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 des Poststrukturgesetzes (PTSG), Art. 95 des Strukturanpassungsgesetzes, in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996, idF der Novelle BGBl. I Nr. 31/1999, werden die bisher bei der Post- und Telegraphenverwaltung beschäftigten aktiven Beamten auf die Dauer ihres Dienststandes der Post und Telekom Austria AG oder einem Unternehmen, an dem die Post- und Telekom Austria AG zumindest mehrheitlich beteiligt ist, zur Dienstleistung zugewiesen. Der Anwendungsbereich von Rechtsvorschriften des Bundes in ihrer jeweils geltenden Fassung, die auf Rechtsverhältnisse von Beamten abstellen, bleibt mit der Maßgabe unberührt, dass im § 24 Abs. 5 Z. 2 sowie im ersten Satz des § 229 Abs. 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 und jeweils im letzten Satz des § 105 Abs. 3 und 6 des Gehaltsgesetzes 1956 die Worte "im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler" und die Zustimmung des Bundeskanzlers oder des Bundesministers für Finanzen in § 15 des Gehaltsgesetzes 1956, in § 75 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 und in § 68 der Reisegebührenvorschrift 1995 entfallen, soweit damit nicht Belastungen des Bundeshaushaltes verbunden sind.
Zu den in § 17 Abs. 1 zweiter Satz PTSG verwiesenen Bestimmungen zählen auch jene des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) über die Bildung und Zusammensetzung der Disziplinarkommission (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 20. März 2002, Zl. 2001/09/0214).
§ 98 BDG 1979 regelt die Zusammensetzung der Disziplinarkommission. Nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesbestimmung sind der Vorsitzende, seine Stellvertreter und die Hälfte der weiteren Mitglieder der Disziplinarkommission vom Leiter der Zentralstelle mit Wirkung vom 1. Jänner auf die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Die zweite Hälfte der weiteren Mitglieder ist von dem (den) zuständigen Zentralausschuss (Zentralausschüssen) zu bestellen.
Durch eine rückwirkend per 1. Jänner 1999 in Kraft gesetzte Novelle zum PTSG (Art. VI BGBl. I Nr. 6/1999, ausgegeben am 8. Jänner 1999; zum Inkrafttreten vgl. § 24 Abs. 2 Z. 2 PTSG idF Art. VI Z. 7 BGBl. I Nr. 6/1999) wurden hinsichtlich jener Beamten, die vormals bei der Post- und Telegraphenverwaltung beschäftigt waren und nunmehr auf die Dauer ihres Dienststandes der Post- und Telekom Austria AG oder ihrer Rechtsnachfolgerin oder einem der Unternehmen, die durch Maßnahmen der Umgründung im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsrechtes aus der Post und Telekom Austria AG hervorgegangen sind und an denen sie oder die Post und Telekom Beteiligungsverwaltungsgesellschaft direkt oder indirekt einen Anteil von mehr als 25 % hält (vgl. § 17 Abs. 1 erster Satz PTSG idF Art. VI Z. 1 BGBl. I Nr. 6/1999 = Art. I Z. 32 BGBl. I Nr. 31/1999), zur Dienstleistung zugewiesen sind, vom BDG 1979 abweichende Bestimmungen über die Bildung und die Zusammensetzung der Disziplinarkommission erlassen.
Der § 17 PTSG wurde unter anderem um den Abs. 9 erweitert.
Gemäß diesem § 17 Abs. 9 leg. cit. sind auf die Zuständigkeit und das Verfahren in den Beamte gemäß Abs. 1 betreffenden Disziplinarangelegenheiten die Bestimmungen des 9. Abschnittes des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 mit der Maßgabe anzuwenden, dass unter anderem nach der Z. 4 ein Mitglied des zuständigen Senates der Disziplinarkommission statt vom Zentralausschuss von der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten oder gemäß § 98 Abs. 4 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 bestellt worden sein muss.
In § 21 PTSG wurde folgende - ebenfalls per 1. Jänner 1999 in Kraft gesetzte - Übergangsbestimmung aufgenommen (vgl. Art. VI Z. 5 BGBl. I Nr. 6/1999 und zum Inkrafttreten § 24 Abs. 2 Z. 2 PTSG idF Art. VI Z. 7 BGBl. I Nr. 6/1999):
"(2) Am 1. Jänner 1999 anhängige Dienstrechtsverfahren sind von den am 31. Dezember 1998 zuständigen Dienstbehörden weiter zu führen."
Der Beschwerdeführer macht unter anderem (nämlich in seiner Replik vom 23. Mai 2001) geltend, die vorliegend eingeschrittene Disziplinarkommission erster Instanz sei - im Zeitpunkt der Beschlussfassung über das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis - deshalb unrichtig (gesetzwidrig) zusammengesetzt gewesen, weil das Mitglied Amtsdirektor Max B seit 1. Jänner 1998 (für die Dauer von fünf Jahren) vom Zentralausschuss bestellt gewesen sei. Erst nach dem Abschluss des Disziplinarverfahrens in erster Instanz - nämlich mit einem Schreiben der Gewerkschaft vom 26. August 1999 -
sei eine gesetzeskonforme Neubestellung erfolgt.
Diesem (durch Urkunden belegten) Vorbringen des Beschwerdeführers ist die belangte Behörde nicht entgegengetreten.
Die belangte Behörde hat es vorliegend unterlassen, zu prüfen und festzustellen, ob die Disziplinarkommission erster Instanz im Zeitpunkt der Beschlussfassung über das Disziplinarerkenntnis erster Instanz insoferne dem Gesetz entsprechend zusammengesetzt war. Unklar bleibt, ob eines ihrer Mitglieder - wie dies § 17 Abs. 9 Z. 4 PTSG vorschreibt - von der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten, statt vom Zentralausschuss, dem auf Unternehmensebene eingerichteten Personalvertretungsorgan der dem Postbereich zuordenbaren Arbeitnehmerschaft bestellt worden war. Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1999 hätte ein Mitglied der genannten Disziplinarkommission statt vom Zentralausschuss von der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten bestellt werden müssen. Das vorliegende Disziplinarverfahren wurde (mit Disziplinaranzeige vom 19. April 1999 also) nach Ablauf des 31. Dezember 1998 anhängig gemacht. Die Beschlussfassung der Disziplinarkommission erster Instanz über das Disziplinarerkenntnis erfolgte am 29. Juni 1999.
Dadurch, dass die belangte Behörde es unterlassen hat, diese gesetzwidrige Zusammensetzung der Disziplinarkommission erster Instanz zu prüfen und darüber entsprechende Feststellungen zu treffen und gegebenenfalls einen Mangel der Zusammensetzung aufzugreifen, hat sie - auch im Hinblick auf die Verletzung des Beschwerdeführers in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter - ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Februar 2000, B 2025/99).
Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. I Nr. 333/2003. Die Umrechnung stützt sich auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft im Hinblick auf die Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes die zu Unrecht verzeichnete Umsatzsteuer. Wien, am 4. September 2003
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