VwGH 2000/07/0089

VwGH2000/07/008920.10.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde des R N in X, vertreten durch Dr. Dietmar Endmayr, Rechtsanwalt in Wels, Vogelweiderstraße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 15. Juni 2000, Zl. VwSen-310181/24/Le/La, betreffend Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

AltölG §2 Abs1 Z1 lita;
AWG 1990 §17 Abs1;
AWG 1990 §21 Abs1 Z1 lita;
AWG 1990 §39 Abs1 lita Z2;
B-VG Art140 Abs7;
FestsetzungsV gefährliche Abfälle 1997 §3 Abs1;
FestsetzungsV gefährliche Abfälle 1997 Anl1;
AltölG §2 Abs1 Z1 lita;
AWG 1990 §17 Abs1;
AWG 1990 §21 Abs1 Z1 lita;
AWG 1990 §39 Abs1 lita Z2;
B-VG Art140 Abs7;
FestsetzungsV gefährliche Abfälle 1997 §3 Abs1;
FestsetzungsV gefährliche Abfälle 1997 Anl1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unter dem Datum des 18. Februar 2000 erließ die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land gegen den Beschwerdeführer ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:

"Sie haben zumindest am 28.6.1999, in 4650 Lambach, Fischerau 3,

1. auf der Rigole, an der Westseite der betonierten Fläche, eine vor Niederschlägen ungeschützte ca. 50 l fassende Wanne aus schwarzem Kunststoff, ca. zu einem Drittel mit einem Öl-Wasser-Gemisch gefüllt, Ölstand ca. 1 cm; das Öl-Wasser-Gemisch ist der Schlüsselnummer 54408 "Sonstige Öl-Wasser-Gemische" gemäß ÖNORM S 2100 "Abfallkatalog", Ausgabe September 1997, zuzuordnen;

2. unter dem anlässlich früherer Überprüfungen mehrfach erwähnten Drei-Achs-Anhänger mit blauer Plane eine ca. 50 l fassende Wanne aus schwarzem Kunststoff auf geschotterter Fläche, ca. 5 cm hoch mit Öl (nach Aussage von Herrn (Beschwerdeführer) Dieselöl) gefüllt; das Dieselöl ist der Schlüsselnummer 54102 "Altöle" gemäß ÖNORM S 2100 "Abfallkatalog", Ausgabe September 1997, zuzuordnen;

gelagert, somit 1. gefährliche Abfälle und 2. Altöl gelagert, weshalb durch diese Lagerung Beeinträchtigungen der in § 1 Abs. 1 AWG geschützten Interessen, nämlich

  1. 4. Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,
  2. 5. Geräusche und Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

    6. das Auftreten und die Vermehrung von schädlichen Tieren und Pflanzen sowie von Krankheitserregern begünstigt werden,

  1. 7. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann,
  2. 8. Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.

    Dem Beschwerdeführer wurde in dem mit dem angefochtenen Bescheid unverändert aufrecht erhaltenen Spruchpunkt 2 des erstinstanzlichen Bescheides zur Last gelegt, er habe Öl (Dieselöl), welches der Schlüsselnummer 54102 "Altöle" gemäß ÖNORM S 2100 "Abfallkatalog", Ausgabe September 1997, zuzuordnen sei, und "somit Altöl" gelagert. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Schuldspruches hängt somit auch davon ab, ob die Zuordnung dieses Öls zu der erwähnten Schlüsselnummer zutrifft.

    § 39 Abs. 1 lit. a Z. 2 AWG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 leg. cit. unterscheidet gefährliche Abfälle und Altöle. Altöle im Sinne der §§ 39 Abs. 1 lit. a Z. 2 und 17 Abs. 1 AWG sind keine gefährlichen Abfälle.

    Welche Abfälle als gefährliche Abfälle gelten, ist nach § 2 Abs. 5 AWG mit Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft festzulegen.

    Diese Festlegung erfolgte durch die Festsetzungsverordnung 1997, BGBl. II Nr. 227.

    Nach § 3 Abs. 1 der Festsetzungsverordnung 1997 gelten als gefährliche Abfälle jene Abfälle der ÖNORM S 2100 "Abfallkatalog", ausgegeben am 1. September 1997, welche in dem Verzeichnis gefährlicher Abfälle gemäß Anlage 1 enthalten sind. Die Zuordnung eines Abfalls zu einer fünfstelligen Schlüsselnummer der ÖNORM S 2100 hat entsprechend den in der Anlage 1 festgelegten Zuordnungskriterien zu erfolgen.

    In der Anlage 1 zur Festsetzungsverordnung 1997 scheinen unter der Schlüsselnummer 54102 "Altöle" auf. Dieser Schlüsselnummer haben die Behörden des Verwaltungsstrafverfahrens das beim Beschwerdeführer vorgefundene Dieselöl zugeordnet. Damit erfolgte eine Einstufung als gefährlicher Abfall. Gleichzeitig ist aber in der Tatumschreibung davon die Rede, dass der Beschwerdeführer Altöl gelagert habe, was einen inneren Widerspruch der Tatumschreibung bedeuten könnte, da Altöle im Sinne des AWG eben keine gefährlichen Abfälle sind. Ein solcher Widerspruch liegt aber deshalb nicht vor, weil in der Tatumschreibung nicht von Altöl im Sinne des AWG die Rede ist und der Ausdruck "Altöl" auch in der Schlüsselnummer 54102 der Anlage 1 zur Festsetzungsverordnung 1997 verwendet wird, welcher das Dieselöl zugeordnet wurde.

    Die Schlüsselnummer 54102 weist als Abfallbeschreibung "Altöle" auf und ist mit der Fußnote 16 versehen. Diese Fußnote lautet in der Fassung BGBl. II Nr. 75/1998:

    "16) soweit nicht Altöl gemäß § 21 AWG vorliegt".

    Altöle (im weitesten Sinne) sind somit nur dann der Schlüsselnummer 54102 zuzuordnen, wenn sie nicht Altöle im Sinne des § 21 AWG sind. Das AWG und die Festsetzungsverordnung 1997 kennen daher zwei unterschiedliche Altölbegriffe.

    Nach § 21 Abs. 1 AWG sind Altöle im Sinne dieses Bundesgesetzes, soweit Abs. 2 oder eine nach Abs. 4 erlassene Verordnung nicht anderes bestimmen,

    1. gebrauchte oder durch eine produktspezifische Verwendung, wozu auch Lagerung und Beförderung gehören, verunreinigte

  1. a) flüssige Mineralölerzeugnisse,
  2. b) Emulsionen von Erzeugnissen der lit. a,
  3. c) synthetische Motor-, Getriebe- und Hydrauliköle, sofern sie aus synthetischen Kohlenwasserstoffen oder Carbonsäureestern bestehen und halogenfrei sind,

    d) Schmiermittel auf Basis pflanzlicher Öle,

    2. pumpfähige Rückstände und Wasser-Öl-Gemische von Erzeugnissen der Z. 1 lit. a.

    Nach § 21 Abs. 2 AWG gelten als Altöle jedenfalls nicht die im Abs. 1 angeführten Stoffe, die

    1. mehr als 15 vH - bezogen auf die Masse - Verunreinigungen aus einer produktspezifischen Verwendung des Stoffes,

    2. mehr als 30 ppm polychlorierte Biphenyle oder Terphenyle

    (PCB, PCT),

    3. mehr als 0,5 vH - bezogen auf die Masse - Halogene enthalten oder

    4. einen Flammpunkt unter 55 Grad C aufweisen.

    Nach der im Beschwerdefall allein in Betracht kommenden Bestimmung des § 21 Abs. 1 Z. 1 lit. a AWG sind flüssige Mineralölerzeugnisse dann Altöl (im Sinne des AWG) wenn sie gebraucht oder durch eine produktspezifische Verwendung, wozu auch Lagerung und Beförderung gehören, verunreinigt sind.

    Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid handelt es sich bei dem im Beschwerdefall in Rede stehenden Stoff um Dieselöl, welches für Reinigungszwecke verwendet und dadurch verunreinigt wurde.

    Gestützt auf die Ausführungen des Amtssachverständigen für Abfallchemie hat die belangte Behörde dieses Dieselöl der Schlüsselnummer 54102 zugeordnet, weil die Verwendung von Dieselöl zu Reinigungszwecken keine produktspezifische Verwendung sei. Letzterem ist zuzustimmen. § 21 Abs. 1 Z. 1 AWG ordnet aber nicht nur durch eine produktspezifische Verwendung verunreinigte flüssige Mineralölerzeugnisse dem Altölbegriff des AWG zu, sondern auch gebrauchte Mineralölerzeugnisse. Der Wortsinn allein lässt keine eindeutige Lösung der Frage zu, ob unter "gebrauchten" Mineralölerzeugnissen nur solche zu verstehen sind, die bestimmungsgemäß gebraucht wurden oder ob darunter jegliche Form einer Verwendung zu verstehen ist.

    Eine Antwort auf diese Frage ist aus der Entstehungsgeschichte des § 21 AWG zu gewinnen.

    In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum AWG heißt es zu § 21 AWG (1274 Blg. NR. XVII. GP, 38):

    "Die vorliegende Bestimmung übernimmt die Altöldefinition des bestehenden Altölgesetzes. Altöl, das den vorliegenden Kriterien entspricht, ist somit nicht als gefährlicher Abfall zu qualifizieren. Werden die genannten Kriterien von Altöl nicht eingehalten, so liegt gefährlicher Abfall im Sinne dieses Bundesgesetzes vor."

    Die Definition von Altöl war im Altölgesetz im § 2 enthalten.

    Dieser lautete auszugsweise:

"(1) Altöle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind, soweit Abs. 2 oder eine nach Abs. 3 erlassene Verordnung nicht anderes bestimmen,

1. gebrauchte oder durch eine produktspezifische Verwendung, wozu auch Lagerung und Transport gehören, verunreinigte,

  1. a) flüssige Mineralölerzeugnisse,
  2. b) Emulsionen von Erzeugnissen der lit. a,
  3. c) synthetische Motor-, Getriebe- und Hydrauliköle, sofern sie aus synthetischen Kohlenwasserstoffen oder Carbonsäureestern bestehen und halogenfrei sind,

    2. pumpfähige Rückstände und Wasser-Öl-Gemische von Erzeugnissen der Z. 1 lit. a.

(2) Nicht als Altöle, sondern als Sonderabfälle im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b des Sonderabfallgesetzes, BGBl. Nr. 186/1983, gelten im Abs. 1 angeführte Stoffe, die

1. mehr als 15 v.H. - bezogen auf die Masse - Verunreinigungen aus einer produktspezifischen Verwendung des Stoffes,

2. mehr als 50 ppm polychlorierte Biphenyle oder Terphenyle

(PCB, PCT),

3. mehr als 0,5 v.H. - bezogen auf die Masse - Halogene enthalten oder

4. einen Flammpunkt unter 55 Grad C aufweisen

und weiters im Zuge der Verwertung von Altölen entstehende Stoffe, die nicht mehr verwendbar sind."

Diese Altöldefinition stimmt also in den für den Beschwerdefall wesentlichen Belangen mit jener des § 21 AWG überein.

Die Regierungsvorlage stimmt mit Ausnahme des § 2 Abs. 2 Z. 4 - dieser war in der Regierungsvorlage noch nicht enthalten - mit dem später beschlossenen Gesetz überein.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage

(867 Blg. NR XVI. GP, heißt es zu § 2:

"§ 2 Abs. 1 enthält in Anlehnung an den bisherigen Gesetzeswortlaut die Definition, welche Stoffe grundsätzlich als Altöle anzusehen sind. Alle hier nicht aufgezählten Stoffe, die gemeinhin als Altöle bezeichnet werden könnten, sind von vornherein Sonderabfall im Sinne des Sonderabfallgesetzes. Auch das in Abs. 1 angeführte Altöl kann aber von einer solchen Beschaffenheit sein, dass seine Verwertung entweder wirtschaftlich nicht sinnvoll oder im Hinblick auf die für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt bestehenden Gefahren nicht vertretbar ist. Abs. 2 enthält daher eine negative Abgrenzung des diesem Gesetz unterworfenen Altöls mit dem gleichzeitigen klaren Hinweis, dass diese Stoffe Sonderabfall sind. Dieser Hinweis dient der Klarstellung, weil ohne das Altölgesetz alle von ihm erfassten Stoffe ohnehin Sonderabfall gemäß Sonderabfallgesetz wären.

§ 2 Abs. 1 unterscheidet zunächst zwischen Stoffen, die einem Gebrauch zugeführt wurden (Z. 1) und solchen, für die ein Gebrauch aus der Natur der Sache nicht möglich ist (Z. 2 und 3). Gebrauchte Altöle sind allermeistens (aber nicht immer) verunreinigt. Im Bericht des Handelsausschusses zum geltenden Altölgesetz ist festgehalten, dass in "Altölen alle Verunreinigungen enthalten sein können, die aus einer produktspezifischen Verwendung dieser Öle stammen". Der Inhalt dieser Aussage wird nun in den Gesetzestext übernommen.

Der Begriff "Mineralölerzeugnisse" wird in der Fachliteratur als Sammelbezeichnung für die aus mineralischen Rohstoffen gewonnen flüssigen Destillationsprodukte verstanden. In dieser allgemein gebräuchlichen Art ist auch im Altölgesetz der Begriff "Mineralölerzeugnis" zu verstehen und nicht etwa im Sinne des § 1 Abs. 2 des Mineralölsteuergesetzes, das "Mineralöl im Sinne dieses Bundesgesetzes" (nämlich des Mineralölsteuergesetzes 1959) als wesentlich engeren Begriff kennt. Außerdem unterliegen dem Mineralölsteuergesetz im Prinzip solche Produkte, die geeignet sind, einen Verbrennungsmotor anzutreiben (z.B. Benzin, Dieseltreibstoffe, etc.).

Da hiebei diese Mineralölerzeugnisse aufgebraucht werden, können sie im allgemeinen nicht zu Altöl werden. Eine Auslegung des hier verwendeten Begriffes "Mineralölerzeugnisse" im Sinne des Mineralölsteuergesetzes wäre daher ausgesprochen sinnwidrig."

Diese Ausführungen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zeigen in mehrfacher Hinsicht, dass der Ausdruck "gebrauchte oder durch eine produktspezifische Verwendung, wozu auch Lagerung und Beförderung gehören, verunreinigte flüssige Mineralölerzeugnisse" nur solche Mineralölerzeugnisse erfasst, die ihrem üblichen bestimmungsgemäßen Gebrauch zugeführt wurden oder die durch eine produktspezifische Verwendung verunreinigt wurden.

Dass mit "gebrauchte flüssige Mineralölerzeugnisse" nicht jeglicher Gebrauch solcher Erzeugnisse gemeint ist, sondern nur ein üblicher, bestimmungsgemäßer, ergibt sich schon daraus, dass die Erläuterungen davon sprechen, dass Benzin oder Dieseltreibstoffe bei ihrer Verwendung zum Antrieb für Verbrennungsmotoren "verbraucht" - und nicht gebraucht - werden, weshalb sie im Allgemeinen nicht zu Altöl (im Sinne des Altölgesetzes) werden können.

Weiters nehmen die Erläuterungen Bezug auf das Altölgesetz 1979, BGBl. Nr. 138 und die zu diesem Gesetz erfolgten Äußerungen im Bericht des Handelsausschusses, und erklären, dass diese Äußerungen des Handelsausschusses zum Altölgesetz 1979 zum Inhalt des Altölgesetzes 1986 werden sollen.

§ 2 des Altölgesetzes 1979 lautete:

"Altöle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind gebrauchte oder verunreinigte flüssige Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus den im § 1 Abs. 2 des Mineralölsteuergesetzes 1959, BGBl. Nr. 2/1960, angeführten Waren, aus sonstigem Mineralöl oder aus synthetischem Öl bestehen, sowie mineralölhältige Rückstände, Wasser-Öl-Gemische und Emulsionen."

Im Bericht des Handelsausschusses (1238 Blg. NR XIV. GP, 2) heißt es dazu:

"In den Altölen können alle Verunreinigungen enthalten sein, die aus einer produktspezifischen Verwendung dieser Öle stammen. Das schließt aus, dass zum Altöl Chemikalien oder andere Abfallstoffe dazugegeben werden, die nicht aus der üblichen Verwendung der Öle kommen."

Diese Äußerung des Handelsausschusses zum Altölgesetz 1979 sollte durch die Formulierung des § 2 Abs. 1 des Altölgesetzes 1986 Gesetzesinhalt werden. Diese Äußerung stellt auf eine "übliche" Verwendung von Mineralölen ab und zeigt außerdem, dass nur solche Verschmutzungen bei Altöl im Sinne des Altölgesetzes zulässig sein sollten, die aus einer üblichen Verwendung des Öles resultieren. Damit zeigt auch dieser Verweis auf die Entstehungsgeschichte, dass § 21 Abs. 1 AWG auf die übliche, bestimmungsgemäße Verwendung des jeweiligen Stoffes abstellt.

Die Verwendung von Dieselöl zu Reinigungszwecken ist keine übliche Verwendung von Dieselöl. Sie kann weder als (bestimmungsgemäßer) Gebrauch noch als produktspezifische Verwendung bezeichnet werden. Durch eine solche Verwendung wird das Dieselöl mit Stoffen verunreinigt, die nicht aus der üblichen Verwendung von Dieselöl als Treibstoff stammen, was aber nach den Intentionen des Gesetzgebers dazu führt, dass solcherart verschmutztes Öl nicht als Altöl im Sinne des 21 AWG angesehen werden kann. Zur Reinigung verwendetes und dadurch verunreinigtes Dieselöl erfüllt daher schon nicht die (Grund)Kriterien, die § 21 Abs. 1 AWG für eine Einstufung als Altöl im Sinne des AWG aufstellt. Eine Prüfung, ob auch die weiteren Voraussetzungen für die Einstufung als Altöl im Sinne des AWG, die § 21 Abs. 2 leg. cit. statuiert, vorliegen, erübrigt sich daher.

Das in Rede stehende Dieselöl ist daher nicht dem Altölbegriff des § 21 AWG zuzuordnen.

Die Schlüsselnummer 54102 der Anlage 1 zur Festsetzungsverordnung 1997 enthält keine Definition des in ihr verwendeten Begriffes "Altöle". Dass aber das in Rede stehende verunreinigte Dieselöl Altöl im weitesten Sinn ist, ergibt sich schon daraus, dass § 21 AWG verunreinigtes Mineralöl als Altöl einstuft, wobei die Beschränkung auf produktspezifische Verunreinigungen nur den Zweck hat, den Altölbegriff des AWG vom restlichen Altölbegriff abzugrenzen. Da durch eine nicht produktspezifische Verwendung verunreinigtes Dieselöl zwar Altöl im weitesten Sinn, aber nicht Altöl im Sinne des § 21 AWG ist, fällt es zwangsläufig unter dem Begriff des Altöls im Sinne der Schlüsselnummer 54102.

Die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Zuordnung zu dieser Schlüsselnummer erfolgte daher zu Recht.

Der Beschwerdeführer bemängelt, dass keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen worden seien, ob die in Rede stehende Flüssigkeit (verunreinigtes) Dieselöl sei.

Die diesbezüglichen Feststellungen konnte die belangte Behörde auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers und die Aussagen des Amtssachverständigen für Abfallchemie stützen. Der Beschwerdeführer behauptet selbst nicht, dass die Aussage des Amtssachverständigen, es handle sich um verunreinigtes Dieselöl, unzutreffend sei. Das Vorliegen von Dieselöl hat er vielmehr selbst bestätigt und es wurde diese Aussage vom Amtssachverständigen durch eine Geruchsprobe verifiziert. Der Amtssachverständige hat auch erläutert, wie er die Verunreinigung festgestellt hat. Der Beschwerdeführer hatte Gelegenheit, den entsprechenden Aussagen des Amtssachverständigen, die dieser in der Verhandlung vor der belangten Behörde gemacht hat, entgegenzutreten. Er hat hievon keinen Gebrauch gemacht. Die belangte Behörde konnte unbedenklich von den Äußerungen des Amtssachverständigen ausgehen. Einer chemischen Analyse bedurfte es angesichts dieses Sachverhaltes nicht mehr.

Der Beschwerdeführer bemängelt auch, es seien die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 AWG nicht ausreichend geprüft worden.

Nach § 21 Abs. 3 AWG entsteht Altöl im Sinne dieses Bundesgesetzes, sobald das Vorprodukt des Altöles nicht mehr seinem ursprünglichen Zweck entsprechend verwendet wird oder verwendet werden kann. Altöl entsteht jedoch nicht, wenn für eine neuerliche, dem ursprünglichen Zweck entsprechende Verwendung eine mechanische Reinigung im Betrieb des Altölbesitzers ausreicht und diese Reinigung innerhalb von zwei Monaten durchgeführt wird.

Auf diese Bestimmung kann sich der Beschwerdeführer schon deswegen nicht berufen, weil die in Rede stehende Flüssigkeit kein Altöl im Sinne des § 21 AWG, sondern Altöl im Sinne der Schlüsselnummer 54102 ist und § 21 Abs. 3 AWG daher nicht zum Tragen kommt.

Der Einleitungssatz des § 39 Abs. 1 AWG bedroht (auch) die im § 39 Abs. 1 lit. a Z. 2 leg. cit. angeführten Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe von mindestens 50.000 Schilling.

Die Wortfolge "von 50.000" in § 39 Abs. 1 lit. a AWG wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. März 2000, G 312/97, als verfassungswidrig aufgehoben.

Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden, so sind nach Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht.

Der vorliegende Fall war kein Anlassfall im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG.

Der Verfassungsgerichtshof hat lediglich ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge auf die den Anträgen G 196/98 und G 21/99 zugrunde liegenden Verfahren nicht mehr anzuwenden ist. Der Beschwerdefall gehört nicht zu diesen Verfahren.

Art. 140 Abs. 7 B-VG nimmt auf die vor der Aufhebung "verwirklichten Tatbestände" und damit auf den dem jeweiligen gerichtsbehördlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalt als Ausschnitt der Lebenswirklichkeit Bezug. Ein verwirklichter Tatbestand liegt dann vor, wenn der Sachverhalt den in einer gesetzlichen Vorschrift abstrakt umschriebenen Lebensverhältnissen (dem Tatbestand) entspricht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1992, 92/09/0298).

Die den Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildende Verwaltungsübertretung wurde vor der Aufhebung der Mindeststrafe durch den Verfassungsgerichtshof verwirklicht. Bei der Entscheidung des Beschwerdefalles ist daher von der Fassung des § 39 Abs. 1 AWG vor der Aufhebung eines Teiles dieser Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof auszugehen.

Ob die Erstbehörde ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit belastet hat, ist im Beschwerdefall ohne Belang, da sich diese Rechtswidrigkeit nicht mehr auf den angefochtenen Bescheid erstreckt. Im angefochtenen Bescheid wurde Spruchpunkt 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses aufgehoben und das Verfahren diesbezüglich eingestellt; aufrechterhalten wurde lediglich Spruchpunkt 2. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde kann daher kein Zweifel bestehen, wofür die Mindeststrafe von 50.000 S verhängt wurde, nämlich für die in Spruchpunkt 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses umschriebene Tat.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Oktober 2000

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