VwGH 2000/06/0124

VwGH2000/06/012420.6.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. Frowin Kaar, Rechtsanwalt in Weiz, Marburger Straße 9, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Juni 2000, Zl. 03-12.10 K 15 - 00/15, betreffend einen Abbruchauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Krottendorf, vertreten durch den Bürgermeister)

Normen

AVG §38;
BauG Stmk 1995 §40 Abs2;
BauG Stmk 1995 §40 Abs3;
BauG Stmk 1995 §41 Abs6;
BauRallg;
VwGG §21 Abs1;
AVG §38;
BauG Stmk 1995 §40 Abs2;
BauG Stmk 1995 §40 Abs3;
BauG Stmk 1995 §41 Abs6;
BauRallg;
VwGG §21 Abs1;

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Die von HG und AG in W, vertreten durch Dr. Gisella Possnig-Fuchs und Dr. Peter Wasserbauer, Rechtsanwälte in Weiz, Europa-Allee 1, eingebrachte Gegenschrift wird zurückgewiesen;

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines Grundstückes im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde sowie eines darauf errichteten Hauses (an welchem Wohnungseigentum begründet ist; er ist Eigentümer aller Anteile (beider Eigentumswohnungen)). An dieses Grundstück grenzt im Nordosten das Grundstück von HG und AG (kurz: Nachbarn G bzw. Grundstück G), im Südosten hingegen das Grundstück der Nachbarn F (kurz: Grundstück F).

Bezüglich des verfahrensgegenständlichen Hauses liegt eine Baubewilligung vom 19. September 1972 vor, sowie eine weitere Baubewilligung vom 22. Juli 1977 zwecks Vornahme von baulichen Veränderungen (Aufstockung, Zubau).

Als Ergebnis eines umfänglichen Verwaltungsgeschehens in den Jahren seit 1990 erteilte die erstinstanzliche Baubehörde mit Bescheid vom 3. Februar 1998 dem Beschwerdeführer den Auftrag den teils auf seinem und teils auf dem Grundstück G befindlichen Tank- und Heizraum (des gegenständlichen Hauses) samt darüberliegendem Wohnraum in näher bezeichneten Ausmaßen (in der Folge kurz: verfahrensgegenständlicher Bauteil) binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Berufungsbescheid vom 30. März 1998 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.

Die belangte Behörde führte an Ort und Stelle am 12. August 1998 eine "Besprechung" durch, welcher u.a. ein bautechnischer Sachverständiger, der Beschwerdeführer, sein rechtsfreundlicher Vertreter, sowie die Nachbarn G beigezogen wurden. In der hierüber aufgenommenen Niederschrift heißt es u.a. (zusammengefasst), lt. Aktenlage sei bezüglich dieses Gebäudes im Jahr 1977 ein zweiläufiges, zweigeschossiges Stiegenhaus mit einer Gesamtbreite von 2,50 m und einer südöstlichen Verlängerung mit einem Heizraum im Erdgeschoß mit näher bezeichneten Abmessungen genehmigt worden. Tatsächlich sei dieser Zubau anders ausgeführt worden. Es sei an Stelle des Stiegenhauses im Erdgeschoß ein Heiz- und Öllagerraum, im Obergeschoß ein Aufenthaltsraum errichtet worden, der über eine einläufige Stiege von außen erschlossen werde. Somit sei ein zweigeschoßiger Bauteil mit den Grundrissabmessungen von 65 cm x 5,10 m als bewilligungsloser Bestand zu bezeichnen. Die Nordostfassade zum Grundstück G sei im Wesentlichen "geschlossen". Der Grenzabstand zum Grundstück F betrage entlang der gesamten Gebäudefront ca. 2,60 m. Bei zwei Geschoßen betrage der Mindestgrenzabstand aber 4,0 m, dieser werde somit um 1,40 m unterschritten. Dieses Maß sei für den nicht konsentierten Bauteil (für die 65 cm breite Gebäudefront) nachträglich nicht bewilligungsfähig. Es könnte höchstens eine Ausnahmebewilligung nach § 13 Abs. 8 des Stmk. BauG in Erwägung gezogen werden. Der gegenständliche Zubau sei im Jahr 1978 erfolgt, jedenfalls vor dem 31. Dezember 1984.

Mit der Vorstellungsentscheidung vom 13. August 1998 wurde der Vorstellung gegen den Berufungsbescheid vom 30. März 1998 Folge gegeben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen.

Nach Hinweis auf § 41 Abs. 2 und 3 sowie § 43 Abs. 2 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG) heißt es begründend insbesondere, die Baubehörde müsse vor Erteilung eines Beseitigungsauftrages prüfen, ob tatsächlich keine Bewilligung vorliege. Dabei habe sie auch die Rechtmäßigkeitsvermutung des § 40 Abs. 2 Stmk. BauG zu beachten. Die Behörde müsse demnach den Errichtungszeitpunkt des Bauwerkes feststellen und dann, wenn dieser in dem in Abs. 2 leg. cit. genannten Zeitraum liege, von Amts wegen ein Feststellungsverfahren im Sinne des Abs. 3 leg. cit. durchführen. Ergebe dieses Verfahren, dass das Bauwerk zum damaligen Zeitpunkt (zum Zeitpunkt seiner Errichtung) bewilligungsfähig gewesen wäre, so gelte das Bauwerk als bewilligt; die Behörde habe einen positiven Feststellungsbescheid zu erlassen, der dann als Bau- und Benützungsbewilligung gelte. Komme die Behörde jedoch zur Ansicht, dass die bauliche Anlage zum damaligen Zeitpunkt nicht bewilligungsfähig gewesen sei, habe in weiterer Folge ein Beseitigungsauftrag zu ergehen.

Aus den vorliegenden Unterlagen könne der Schluss gezogen werden, dass der gegenständliche Tank- und Heizraum samt dem darüberliegenden Wohnraum vor dem 31. Dezember 1984 errichtet worden sei. So ergebe sich etwa aus einer Amtsbestätigung des Bürgermeisters vom 24. Oktober 1984, dass das gegenständliche Gebäude im Erdgeschoß einen Heiz- und Brennstofflagerraum im Ausmaß von 8,46 m2 sowie im Obergeschoß ein Kabinett im Ausmaß von 8,51 m2 aufweise. Diese Abmessungen stimmten mit dem nunmehr vorliegenden Bestandsplan überein. Bei einem Errichtungszeitpunkt zwischen dem 1. Jänner 1969 und dem 31. Dezember 1984 sei die Baubehörde vor Erlassung eines Baubeseitigungsauftrages jedoch verpflichtet, die Bewilligungsfähigkeit auf Grundlage der zum damaligen Zeitpunkt bestandenen Sachlage sowie der damaligen Rechtslage zu prüfen. Erst bei einem negativen Feststellungsergebnis hätte ein Baubeseitigungsauftrag erlassen werden dürfen. Diese Prüfung sei aber unterlassen worden.

Mit Erledigungen vom 1. September 1998 teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer einerseits und den Nachbarn G (jeweils zu Handen ihrer Vertreter) andererseits mit, auf Grund dieser Vorstellungsentscheidung leite die "Gemeinde" nunmehr ein Feststellungsverfahren gemäß § 40 Abs. 3 BauG ein, es wolle diesbezüglich Stellung genommen werden.

Der Beschwerdeführer äußerte sich in einer Stellungnahme vom 1. Oktober 1998 dahin, der verfahrensgegenständliche Bauteil sei nach der im Jahr 1977 erteilten Baubewilligung und jedenfalls vor dem 24. Oktober 1984 (Hinweis auf die zuvor genannte Amtsbestätigung) errichtet worden. Die nunmehrige Eigentümerin des Grundstückes G (die Mutter der damaligen Bauwerber) sei bei der Bauverhandlung am 30. Juni 1977 persönlich anwesend gewesen und habe das gesamte Baugeschehen verfolgt, sodass ihr klar gewesen sein musste, dass die Grenze zu ihrem Grundstück überbaut worden sei. Mit diesem Wissen habe sie der Überbauung zugestimmt, sodass "ihrerseits ein Konsens gegeben" sei. Im Übrigen sei diesbezüglich ein gerichtliches Verfahren anhängig. Der Abstand zum Grundstück G könne 0 m betragen. Was den Abstand zum Grundstück F betreffe, so sei dieser Abstand konsensmäßig, weil im Baubewilligungsbescheid aus dem Jahr 1977 ein Abstand zum Nachbargrundstück F von 2,70 m genehmigt worden sei.

Den Verwaltungsakten ist weiters zu entnehmen, dass im genannten gerichtlichen Verfahren zwischen dem Beschwerdeführer einerseits und der Eigentümerin des Grundstückes G andererseits am 19. März 1999 ein gerichtlicher Vergleich abgeschlossen wurde, wonach die Eigentümerin des Grundstückes G ihre Zustimmung zur Abschreibung einer näher bezeichneten Grundfläche von ihrem Grundstück unter Zuschreibung zum Grundstück des Beschwerdeführers erteilte.

Mit Berufungsbescheid vom 23. November 1999 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 3. Februar 1998 (abermals) gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Unter mehrfachem Hinweis auf die Niederschrift vom 12. August 1998 heißt es zusammengefasst begründend, der verfahrensgegenständliche Bauteil sei im Jahr 1978 (jedenfalls vor dem 31. Dezember 1984) nicht konsensgemäß ausgeführt worden; es sei ein zweigeschoßiger Bauteil errichtet worden, der abweichend vom Baubewilligungsbescheid die zum Zeitpunkt der Errichtung "bestandene Grundgrenze um zusätzliche 65 cm x 5,10 m übersteigt". Insgesamt habe sich somit anlässlich der Erhebung am 12. August 1998 ergeben, dass der bestehende konsenslose Bauteil weder nach der zum Errichtungszeitpunkt bestehenden Rechtslage noch nach dem nunmehr geltenden Steiermärkischen Baugesetz bewilligungsfähig gewesen noch nun bewilligungsfähig wäre. Eine Feststellung der Rechtmäßigkeit im Sinne des § 40 Abs. 3 BauG sei daher nicht möglich. Daraus ergebe sich in weiterer Folge, dass die Erlassung eines Baubeseitigungsauftrages zulässig gewesen sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und nach Hinweis auf die Rechtslage (insbesondere § 41 Abs. 3 und § 40 Abs. 2 sowie Abs. 3 Stmk. BauG) heißt es begründend, der gegenständliche Bauteil sei im Jahr 1978 in Abweichung vom Konsens errichtet worden. Die vom Bewilligungsbescheid abweichende Ausführung werde vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Der Errichtungszeitpunkt des gegenständlichen Bauteiles liege daher (nach dem 1. Jänner 1969 und) vor dem 31. Dezember 1984. Es sei daher zunächst zu prüfen gewesen, ob dieses Bauwerk als rechtmäßig im Sinne des § 40 Abs. 2 Stmk. BauG anzusehen sei. Ob die Eigentümerin des Grundstückes G der Bauführung auf ihrem Grund zugestimmt habe, habe letztlich nicht abschließend geklärt werden können; es sei auch möglich, dass die Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers Eigentum im Sinne des § 418 ABGB an dem in Anspruch genommenen Teil des Grundstückes G erworben hätten. Der gegenständliche Bauteil sei jedoch zum Zeitpunkt seiner Errichtung jedenfalls aus einem anderen Grund nicht bewilligungsfähig gewesen. Wie anlässlich des Augenscheines am 12. August 1998 festgestellt worden sei, betrage der Grenzabstand zum Grundstück F entlang der gesamten Gebäudefront ca. 2,60 m. Bei zwei Geschoßen müsste der Grenzabstand jedoch mindestens 4,0 m betragen. Dieses Maß sei für den nicht konsentierten Bauteil nachträglich nicht bewilligungsfähig, sodass aus diesem Grunde für den gegenständlichen Bauteil (zumindest für den dem Bewilligungsbescheid aus dem Jahr 1977 nicht entsprechenden Teil) nicht die Rechtmäßigkeit im Sinne des § 40 Abs. 3 BauG festgestellt werden könne. Die Erlassung eines Baubeseitigungsauftrages hinsichtlich dieses Bauteiles erweise sich daher als rechtmäßig.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die Eigentümer des Grundstückes G, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), anzuwenden.

Nach § 40 Abs. 1 Stmk. BauG gelten bestehende bauliche Anlagen und Feuerstätten, für die eine Baubewilligung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung erforderlich gewesen ist und diese nicht nachgewiesen werden kann, als rechtmäßig, wenn sie vor dem 1. Jänner 1969 errichtet wurden. Nach Abs. 2 leg. cit. gelten weiters solche bauliche Anlagen und Feuerstätten als rechtmäßig, die zwischen dem 1. Jänner 1969 und dem 31. Dezember 1984 errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären. Nach Abs. 3 leg. cit. ist die Rechtmäßigkeit nach Abs. 2 leg. cit. über Antrag des Bauwerbers oder von Amts wegen zu beurteilen. Dabei ist die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen. Liegen die Voraussetzungen nach Abs. 2 vor, hat die Behörde die Rechtmäßigkeit festzustellen. Der Feststellungsbescheid gilt als Bau- und Benützungsbewilligung.

Nach § 41 Abs. 3 BauG hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 leg. cit. zu erteilen. Nach Abs. 6 dieses Paragraphen steht den Nachbarn das Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zu, wenn (u.a.) die bauliche Anlage im Sinne des Abs. 3 ihre Rechte im Sinne des § 26 Abs. 1 leg. cit. (Nachbarrechte) verletzt.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass der verfahrensgegenständliche Bauteil in Abweichung der Bewilligung ex 1977 errichtet wurde (wie es auch durch die Bewilligung ex 1972 nicht gedeckt ist), er zieht auch nicht in Zweifel, dass diese geänderte Ausführung damals wie seither konsensbedürftig war und ist.

Der Beschwerdeführer bringt aber vor, seine Rechtsvorgänger im Eigentum an dieser Liegenschaft (und des Hauses) hätten nach Fertigstellung des Umbaues (und des Zubaues) am Gebäude Wohnungseigentum begründet, wozu von der Gemeinde am 24. Oktober 1984 eine Amtsbestätigung gemäß § 12 WEG 1975 ausgestellt worden sei (Anm.: das ist jene, die in der Sachverhaltsdarstellung erwähnt wurde). Daraus ergebe sich der Bestand des Tank- und Heizraumes samt darüberliegendem Wohnraum bereits im Herbst 1984, die mit einer (weiteren) "Bestätigung der Gemeinde Krottendorf ohne Datum genehmigt" worden seien. Die Gemeinde habe durch ihren damaligen Bürgermeister durch die Ausstellung dieser Bestätigung sowie auch durch die Ausstellung der Amtsbestätigung vom 24. Oktober 1984 erkennen lassen, dass die Errichtung des Tank- und Heizraumes samt darüberliegendem Wohnraum "damit bewilligt" worden sei. Gemäß § 12 WEG dürfe die Bescheinigung der Baubehörde über den Bestand an selbständigen Wohnungen oder sonstigen selbständigen Räumlichkeiten nur auf Grund der behördlich bewilligten Baupläne auf Antrag eines Miteigentümers ausgestellt werden. Richtig sei, dass diese Bescheinigung selbst wohl keinen Bescheid darstelle, es werde aber durch die Ausstellung der Bescheinigung impliziert, dass zumindest ein mündlich erteilter Bescheid für die Bewilligung der Baupläne vorliege, der später nicht mehr schriftlich ausgefertigt worden sei, da "die Gemeinde als Baubehörde" sonst diese Bescheinigung nicht hätte ausstellen können. Es liege damit ein Konsens bezüglich der Errichtung dieses Tank- und Heizraumes samt darüberliegendem Wohnraum vor.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Es trifft zu, dass sich in den vorgelegten Bauakten ein undatiertes behördliches Schriftstück (im Original wie auch in einer Ablichtung) befindet, das auf einem "Kopfpapier" der Gemeinde verfasst ist. Nach Anführung des Betreffes ("Wohnbauprojekt Geier-Kroisleitner "(Anm.: Nach der Aktenlage waren Personen dieses Namens Wohnungseigentümer)) heißt es (Anm: sprachlich nicht ganz stimmig):

"Aufgrund des dem Gemeindeamt vorliegenden Pauplanes vom 30.6.1977 war vom damaligen Bauwerber die Absicht, eine Gaststätte zu installieren.

Die Errichtung einer Gaststätte hat sich in der weiteren Folge zerschlagen und es wurde im Nachreichplan vom 22.8.1984 dahingehend abgeändert, dass anstatt der gedachten Gasträume diese für Wohnzwecke umgeplant wurden.

Von der Sicht der Baubehörde besteht gegen diese innerliche Umplanung kein Widerspruch und wird in der Form nachträglich genehmigt.

Der Bürgermeister: (darunter: Unterschrift) (darunter: Rundsiegel der Gemeinde)"

An wen dieses Schriftstück gerichtet bzw. für wen (oder auch für welchen Zweck) es bestimmt ist, ist daraus ebenso wenig ersichtlich wie, ob dieses Schriftstück aus- oder (an wen auch immer) abgefertigt wurde. Ebenfalls unklar ist, was es mit diesem nicht aktenkundigen Nachreichplan vom 22. August 1984 für ein Bewenden haben soll.

Richtig ist, dass der letzte Halbsatz des Textes in diesem vom Beschwerdeführer als Bestätigung bezeichneten Schriftstück ("... und wird in dieser Form nachträglich genehmigt." allenfalls als normativer Abspruch verstanden werden könnte (wobei man auch allenfalls angesichts dessen, dass der Text sprachlich nicht ganz stimmig ist und überhaupt weder ein entsprechender Antrag noch die Durchführung eines entsprechenden Verfahrens ersichtlich sind, überlegen könnte, ob dies allenfalls als Ankündigung für den Fall einer solchen Antragstellung zu verstehen wäre, nämlich dahin, dass es heißen solle "... und wird ... genehmigt werden."). Dieses Schriftstück kann aber (von der Frage ganz abgesehen, ob es überhaupt aus- und abgefertigt wurde, somit die Sphäre der Behörde verlassen hat) schon deshalb nicht als Bescheid angesehen werden, weil darin kein individuell bestimmter Adressat genannt ist (zu diesem wesentlichen Erfordernis siehe beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/06/0177, und vom 3. September 1998, Zl. 97/06/0217, je mwN), womit auch dahingestellt bleiben kann, ob damit unter Bedachtnahme auf den (nicht aktenkundigen) Plan vom 22. August 1984 über den Wortlaut hinaus nicht nur eine "innerliche Umplanung", sondern darüber hinaus eine von den früheren Bewilligungen abweichende Änderung der "äußeren" Form des Gebäudes (und seiner Abmessungen) bewilligt worden wäre.

Der Beurteilung des Beschwerdeführers, dass die Amtsbestätigung gemäß § 12 WEG 1975 vom 24. Oktober 1984 nicht als Baubewilligungsbescheid anzusehen ist, trifft angesichts ihres Inhaltes zu. Der Hinweis auf einen möglicherweise erteilten mündlichen Bescheid geht aber fehl, weil Baubewilligungsbescheide nach der zwingenden Vorschrift des § 62 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 (kurz: BO) schriftlich zu ergehen hatten, ein mündlicher Bescheid daher rechtsunwirksam wäre (siehe dazu beispielsweise die in Hauer/Trippl, Steiermärkisches Baurecht3, in E 55 und E 56 zu § 29 Stmk. BauG wiedergegebene Judikatur).

Der Beschwerdeführer hält der Argumentation der belangten Behörde, der Grenzabstand zum Grundstück F werde verletzt, entgegen, dies stelle "einen neuen Sachverhalt" dar, den die belangte Behörde plötzlich aufnehme. In keinem der Gemeindebescheide scheine dieser Abstand als "Sachverhalt" auf, weil er offenbar vom Bürgermeister und von der Berufungsbehörde als nicht relevant angesehen worden sei, habe der Nachbar F doch in der Bauverhandlung vom 30. Juni 1977 seine Zustimmung zum zweigeschoßigen Bau mit einem Abstand von 2,70 m zu seiner Grundgrenze erteilt.

Daraus ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen:

Ausgehend von den diesbezüglichen, unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde wurde der verfahrensgegenständliche Zubau in Abweichung von der erteilten Baubewilligung und im Mindestabstandsbereich (§ 4 BO) zum Grundstück F errichtet. Es mag nun sein (dies ist nicht näher zu prüfen), dass mit den erteilten Baubewilligungen ex 1972 und 1977 ein Abstand zum Grundstück F von (nur) 2,70 m bewilligt wurde, das kann sich begrifflich aber nur auf die bewilligten Projekte beziehen und nicht auf eine bewilligungswidrige Ausführung (die ausgeführte Front im Abstandsbereich ist länger als die bewilligte). Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer eine Zustimmung der Nachbarn F zur konsenswidrigen Bauführung gar nicht behauptet (und zudem an der Bauverhandlung gemäß der hierüber aufgenommen Niederschrift nur einer der beiden Nachbarn F teilgenommen hatte), wäre für ihn daraus auch nichts zu gewinnen, weil auch eine allfällige Zustimmung der Nachbarn F zu dieser bewilligungswidrigen Ausführung im Mindestabstandsbereich diese Ausführung nicht bewilligungsfähig gemacht hätte, weil Derartiges im § 4 BO nicht vorgesehen war, worauf die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat (ein Fall des § 4 Abs. 2 zweiter Satz BO liegt nicht vor). Entgegen den Beschwerdeausführungen war die belangte Behörde nicht daran gehindert, diesen Umstand im angefochtenen Bescheid aufzugreifen. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, dass der tatsächlich ausgeführte, verfahrensgegenständliche Bauteil schon deshalb nicht bewilligungsfähig im Sinne des § 40 Abs. 2 Stmk. BauG war, ist daher zutreffend, womit die weiters in der Beschwerde angeschnittene Frage der Zulässigkeit der Bauführung in Bezug auf das Grundstück G dahingestellt bleiben kann.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war ein bescheidmäßiger Abschluss des Feststellungsverfahrens gemäß § 40 Abs. 3 Stmk. BauG hier nicht erforderlich, es war nämlich zulässig, die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Annahme der Rechtmäßigkeit im Sinne des § 40 Abs. 2 leg. cit. als Vorfrage zu klären (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2001, Zl. 99/06/0130).

Dass auf Grundlage dessen der Abtragungsauftrag rechtens ergangen ist, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Den Eigentümern des Grundstückes G kommt in diesem Beschwerdeverfahren (entgegen der vorläufigen, durch die Nennung in der Zustellverfügung des angefochtenen Bescheides indizierten Annahme bei Einleitung des Vorverfahrens) nicht die Rechtsstellung von mitbeteiligten Parteien zu. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sie einen Antrag im Sinne des § 41 Abs. 6 Stmk. BauG gestellt hätten. Nun hat sich aus den Verwaltungsakten ergeben, dass sie zwar immer wieder und auch intensiv in das Verwaltungsgeschehen eingebunden wurden (erkennbar auch in der Absicht, eine einvernehmliche Lösung der Problematik herbeizuführen), sie aber einen solchen Antrag (§ 41 Abs. 6 Stmk. BauG) nicht gestellt haben (vgl. auch das Schreiben ihres Vertreters vom 18. Juli 1996, worin dieser den Bürgermeister ersucht hatte, gegen den Beschwerdeführer "mit entsprechender Schärfe" vorzugehen, damit "eine diesbezügliche Antragstellung von mir unterbleiben kann"). Ihre Gegenschrift war daher zurückzuweisen.

Ob ein entsprechender Baubewilligungsantrag auf Grundlage des Stmk. BauG Aussicht auf Erfolg hätte, ist im Hinblick auf § 41 Abs. 3 zweiter Satz Stmk. BauG nicht zu erörtern.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Juni 2002

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