VwGH 2000/05/0246

VwGH2000/05/024630.1.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Fritz Schömer Gesellschaft mbH in Klosterneuburg, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien VI, Mariahilfer Straße 1b, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. Jänner 1998, Zl. RU1-V-97204/00, betreffend Kanalanschlussverpflichtung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Achau, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs4;
BauO NÖ 1976 §56 Abs2;
BauO NÖ 1996 §62 Abs2;
BauO NÖ 1996 §62;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs3;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs4;
BauO NÖ 1976 §56 Abs2;
BauO NÖ 1996 §62 Abs2;
BauO NÖ 1996 §62;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und dem vorliegenden Verwaltungsakt ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Die beschwerdeführende Partei ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 298, KG Achau, mit dem Grundstück Nr. 316.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. Juli 1996 wurde der Beschwerdeführerin (Bescheidadressat: Firma Schömer) antragsgemäß die Bewilligung für den Umbau des Büro- und Verkaufsobjektes auf dem vorgenannten Grundstück erteilt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. August 1997 wurde der "Firma Schömer GesmbH" gemäß § 17 Abs. 1 und 3 NÖ Kanalgesetz 1997 und § 62 NÖ Bauordnung 1996 "für ihr Grundstück 314/1, 316 der Anschluss an den in der Biedermannsdorfer Straße neu gelegten Mischwasserkanal" binnen vier Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides aufgetragen. Die Zustellung erfolgte an die "Schömer GesmbH" in Klosterneuburg, Aufeldstraße 17-23. Die Übernahmebestätigung wurde vom Postbevollmächtigten für RSb-Briefe unterfertigt.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde von der Beschwerdeführerin u.a. ausgeführt, der bekämpfte Bescheid sei an die "Schömer HandelsgesmbH" gerichtet; tatsächlich werde jedoch der Baumarkt von der "Fritz Schömer Gesellschaft mbH" betrieben. Es werde ausdrücklich mangelnde Passivlegitimation geltend gemacht.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. Oktober 1997 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Der Berufungsbescheid wurde gegenüber der "Fritz Schömer GesmbH" erlassen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 30. Jänner 1998 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin "hinsichtlich der Anschlussverpflichtung des Grundstückes Nr. 314/1, KG Achau, Folge gegeben, der angefochtene Bescheid in diesem Punkt aufgehoben und diese Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Gemeinde Achau zurückverwiesen; im Übrigen wird die Vorstellung als unbegründet abgewiesen". Es läge kein Anwendungsfall der Übergangsbestimmung des § 77 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 vor, weil das Kanalanschlussverpflichtungsverfahren erst nach dem Inkrafttreten der NÖ Bauordnung 1996, also nach dem 1. Jänner 1997 mit dem erstinstanzlichen Anschlussverpflichtungsbescheid vom 22. August 1997 eingeleitet worden sei, also im Zeitpunkt des Inkrafttretens derselben kein diesbezügliches Verfahren anhängig gewesen sei. Jenes Verfahren, welches zur Erlassung des nach der Aktenlage durch kein Rechtsmittel bekämpften erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides vom 23. Juli 1996 hinsichtlich diverser Umbauarbeiten geführt habe, sei nach Ablauf der Rechtsmittelfrist rechtskräftig abgeschlossen und daher im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der NÖ Bauordnung 1996 im Sinne der Übergangsbestimmung nicht mehr anhängig. Abgesehen davon handle es sich bei Verfahren zur Erteilung einer Baubewilligung und solchen zur Kanalanschlussverpflichtung um getrennte Verwaltungsverfahren. Dem gegenständlichen Verfahren seien daher die Bestimmungen der NÖ Bauordnung 1996 zugrunde zu legen. In der Biedermannsdorfer Straße habe vor Verlegung des gegenständlichen öffentlichen Kanals kein solcher existiert; es handle sich daher im gegenständlichen Fall um eine Neulegung eines Hauptkanals im Sinne der vorzitierten Bestimmungen. Insofern die Beschwerdeführerin die Ansicht vertrete, dass im gegenständlichen Verfahren lediglich die Schömer GesmbH, nicht jedoch die Fritz Schömer GesmbH verpflichtet worden sei, sei darauf hinzuweisen, dass als Bescheidadressat der Name der Beschwerdeführerin zwar nicht vollständig aufscheine, die Angabe des Namens sowie jene der Anschrift aber den Bescheidadressaten so hinreichend umschrieben habe, dass eine Verwechslung mit einer weiteren Schömer GesmbH ausgeschlossen sei. Im Zuge ihrer Ermittlungen habe die belangte Behörde festgestellt, dass das Grundstück Nr. 314/1, KG Achau, derzeit unbebaut sei und für dieses Grundstück daher keine Anschlusspflicht bestehe, zumal sich aus den einschlägigen Bestimmungen ergebe, dass eine Anschlusspflicht nur hinsichtlich der Schmutzwässer von "Gebäuden mit Abwasseranfall" eintreten könne. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der in der Biedermannsdorfer Straße neu verlegte öffentliche Kanal erst am 3. Juli 1997 und die Anschlussleitung zu den verfahrensgegenständlichen Grundstücken erst im September 1996 fertiggestellt worden seien. Schon aufgrund dieser Tatsache könne ein "Verzicht" der Behörde auf die Anschlussverpflichtung nicht abgeleitet werden; insbesondere auch unter dem Aspekt, dass auf dem Grundstück Nr. 316 ein weiteres baubehördlich bewilligtes Gebäude (Lagerhalle) stehe und auch dieses von der Anschlusspflicht betroffen sei. Die hier anzuwendende Bestimmung des § 62 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1996 sehe von der Anschlussverpflichtung - anders als etwa die Bestimmung des § 56 Abs. 4 NÖ Bauordnung 1976 - im Zeichen eines umfassenden Grundwasserschutzes weder eine Ausnahme für den Fall, dass die Anschlussleitung länger als 50 m sei, noch dafür, dass die Ableitung der Schmutzwässer in den öffentlichen Kanal nur mittels eines Pumpvorganges möglich sei, vor. Für das Vorliegen der Anschlussverpflichtung komme es auch nicht darauf an, ob eine andere Möglichkeit der Abwasserbeseitigung bestehe. Im Verfahren betreffend die Kanalanschlussverpflichtung könne die wirtschaftliche Zumutbarkeit der verfügten Maßnahmen nicht geprüft werden, da das Gesetz auf dieses Kriterium nicht abstelle. Weder die NÖ Bauordnung 1996 noch das NÖ Kanalgesetz enthielten eine Bestimmung, wonach die Behörde verpflichtet wäre, die Anschlussverpflichtung erst nach Vorliegen eines rechtskräftigen Kanalanschlussgebührenbescheides zu erteilen. Die Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheides sei daher im Verfahren betreffend die Anschlussverpflichtung weder zu berücksichtigen noch zu prüfen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. September 2000, B 570/98-7, nach Ablehnung ihrer Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht "auf Vorliegen sämtlicher Wirksamkeits- und Mindesterfordernisse des Bescheides, insbesondere auf fehlerfreie Adressierung", verletzt; weiters erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht "auf Unterbleiben unnötiger, nicht gerechtfertigter und wirtschaftlich unzumutbarer Kanalanschlussgebühren verletzt". Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer "Nichtigkeit des Bescheides" führt die Beschwerdeführerin aus, aus einem Bescheid müsse hervorgehen, an wen er sich richte. Fehle ein Adressat oder sei ein solcher nur ungenau umschrieben, sei der Bescheid absolut nichtig. Im gegenständlichen Verfahren sei von der Behörde erster Instanz lediglich die "Schömer GesmbH", nicht jedoch die "Fritz Schömer GesmbH" verpflichtet worden, der Bescheidadressat sei weder aus der Anschrift des Bescheides noch aus dem Spruch noch aus der Zustellverfügung genau feststellbar. Der Adressat dieses Bescheides existiere überhaupt nicht. Die Angabe des Namens sowie jene der Anschrift des Bescheidadressaten sei auch nicht hinreichend umschrieben und es stehe demnach auch nicht eindeutig fest, wer im gegenständlichen Verfahren verpflichtet worden sei; an der Zustelladresse "firmieren" sieben "Schömer" Gesellschaften und zwar: Schömer-Leasing AG, Fritz Schömer Finanzierungs GmbH, Fritz Schömer Anteilsverwaltungs GmbH, Fritz Schömer Holding GmbH, Schömer Handelsgesellschaft mbH, Fritz Schömer Gesellschaft mbH und Schömer Logistik GmbH & Co KG. Der Bescheid sei daher mangels eines Adressaten rechtlich überhaupt nicht existent. Da dieser Bescheid an eine Nichtperson ergangen sei, fehle ihm der normative Gehalt.

Notwendiges Inhaltserfordernis eines jeden Bescheides ist die mit der Personsumschreibung getroffene Wahl des Normadressaten (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 19. Mai 1994, Zl. 92/07/0040, mit weiteren Nachweisen). Die Benennung jener Person, der gegenüber die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechtes in förmlicher Weise gestalten will, ist notwendiges Inhaltserfordernis des individuellen Verwaltungsaktes und damit konstituierendes Bescheidmerkmal (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 6. April 1994, Slg. Nr. 6.881/F, u.v.a.). Eine Umdeutung des Bescheidadressaten ist jedoch in den Fällen möglich, in welchen der gesamte Bescheidinhalt die von der Behörde gewählte Personenumschreibung als ein - den wahren behördlichen Willen verfälschendes - Vergreifen im Ausdruck erkennen lässt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher Fehlzitate und Schreibfehler - auch bei Unrichtigkeiten im Vornamen oder Namen von Bescheidadressaten - schon wiederholt als unbeachtlich, d.h. als dem richtigen Bescheidverständnis selbst dann nicht im Wege stehend angesehen, wenn noch kein Berichtigungsbescheid erlassen wurde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. Mai 1992, Slg. Nr. 6.675/F).

Die Bezeichnung des Bescheidadressaten im Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. August 1997 kann im Beschwerdefall nur als unbeachtliches Fehlzitat angesehen werden, weil sich schon aus dem Spruch dieses Bescheides klar ergibt, dass der auf § 17 Abs. 1 und 3 NÖ Kanalgesetz 1977 und § 62 NÖ Bauordnung 1996 gestützte Bescheid an die Beschwerdeführerin als Eigentümerin zweier ihr gehöriger Grundstücke gerichtet ist. Schon die objektive Rechtslage spricht dafür, dass sich die Behörde erster Instanz bei der Bezeichnung des Bescheidadressaten bloß vergriffen hat.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes trägt die Beschwerdeführerin vor, Voraussetzung für eine Verpflichtung zur Anbindung an das öffentliche Kanalnetz sei die Anwendung des § 24 NÖ Bauordnung 1996 (gemeint offensichtlich § 62 dieses Gesetzes). Die Arbeiten an der öffentlichen Kanalanlage seien im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung vom 23. Juli 1996 bereits abgeschlossen gewesen, weshalb § 56 NÖ Bauordnung 1976 in Verbindung mit § 77 NÖ Bauordnung 1996 anzuwenden gewesen wäre. Da der Baubewilligungsbescheid noch vor Inkrafttreten der NÖ Bauordnung 1996 rechtskräftig geworden sei, könne dieses Gesetz für die Verpflichtung zum Kanalanschluss nicht herangezogen werden.

Auch mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die NÖ Bauordnung 1996 ist nämlich mit 1. Jänner 1997 in Kraft getreten (§ 78 Abs. 1 leg. cit.). Gemäß § 77 Abs. 1 dieses Gesetzes sind die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen.

Gemäß § 62 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 sind die auf einer Liegenschaft anfallenden Schmutzwässer, wenn eine Anschlussmöglichkeit bereits besteht, in den öffentlichen Kanal abzuleiten. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, das § 62 Abs. 2 leg. cit. die Regelung über die Anschlussverpflichtung einer Liegenschaft an den öffentlichen Kanal enthält (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. August 2000, Zl. 2000/05/0097). Nach dieser Gesetzesstelle kommt es - entgegen der früheren Rechtslage - nun nicht mehr darauf an, ob eine Ableitung in den öffentlichen Kanal ohne Pumpvorgang möglich ist bzw. ob die Anschlussleitung nicht länger als 50 m ist.

Im hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2000, Zl. 99/05/0224, hat der Verwaltungsgerichtshof näher begründet ausgeführt, dass § 17 Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 nur einen Auftrag an die zuständige Behörde enthält, die Anschlussverpflichtung bescheidmäßig auszusprechen. Wann eine Anschlussverpflichtung entsteht, wird in dieser Norm nicht ausgesagt. Eine solche tritt jedoch gemäß § 62 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 dann ein, wenn auf der Liegenschaft Schmutzwässer anfallen und - wie etwa im Fall der Neulegung des Hauptkanals - bereits eine Möglichkeit besteht, diese Schmutzwässer in den öffentlichen Kanal abzuleiten. Wie vorzugehen ist, wenn keine Neulegung eines Hauptkanals erfolgt, aber aufgrund der Bauordnung eine Kanalanschlussverpflichtung vorliegt, regelt hingegen § 17 Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977. Liegen nach Inkrafttreten der NÖ Bauordnung 1996 (d.i. gemäß § 78 Abs. 1 leg. cit. der 1. Jänner 1997) aufgrund der Regelung des § 62 leg. cit. erstmals die Voraussetzungen für die Kanalanschlusspflicht vor, ist daher im Sinne des § 17 Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 vorzugehen.

Auf die Übergangsbestimmung des § 77 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 ist im Beschwerdefall nicht näher einzugehen, weil im Zeitpunkt des Inkrafttreten dieses Gesetzes kein die hier zu beurteilende Sache betreffendes Verfahren anhängig war.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 30. Jänner 2001

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