VwGH 2000/05/0231

VwGH2000/05/023121.11.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Gemeinde Bad Tatzmannsdorf, vertreten durch Dr. Gerhard Ochsenhofer, Rechtsanwalt in Oberwart, Schulgasse 11, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 6. September 2000, Zl. II-T-8- 2000, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: TELE.RING Telekom Service Ges.m.b.H. in Wien III, Hainburgerstraße 33), zu Recht erkannt:

Normen

BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die Erstmitbeteiligte beantragte mit Eingabe vom 31. Jänner 2000 die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Sende- und Empfangsanlage auf dem Grundstück Nr. 12, KG Sulzriegel. In der mündlichen Bauverhandlung vom 11. Februar 2000 hat der Anrainer H.Sch. eingewendet, die Antennenanlage stelle eine wesentliche Störung des Ortsbildes dar.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 7. März 2000 wurde die Baubewilligung unter Auflagen erteilt und die Einwendung des H.Sch. abgewiesen. Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung u.a. des H.Sch. wurde mit Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 6. Juli 2000 der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen.

Auf Grund der dagegen von der Erstmitbeteiligten erhobenen Vorstellung wurde der Berufungsbescheid mit dem angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde im Fall einer beschränkten Parteistellung, wie sie im vorliegenden Baubewilligungsverfahren gegeben sei, auf jenen Themenkreis eingeschränkt sei, in dem dieser Partei ein Mitspracherecht zustehe. Die Berufungsbehörde - und auch die Gemeindeaufsichtsbehörde - habe im Baubewilligungsverfahren nur zu prüfen, ob die Anrainer durch die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung in ihren subjektiven Rechten verletzt worden seien. Der Berufungsbehörde sei es nicht mehr möglich, den bei ihr angefochtenen Bescheid aufzuheben, weil er ihrer Ansicht nach bestimmten, ausschließlich von der Behörde wahrzunehmenden (im öffentlichen Interesse liegenden) Vorschriften widerspreche (etwa dem Ortsbild). Die Berufungsbehörde habe daher nur über die Frage zu entscheiden, ob die Entscheidung des Bürgermeisters über die Einwendung wegen behaupteter Störung des Ortsbildes zu Recht erfolgt sei. Für eine inhaltliche Prüfung der Frage der Beeinträchtigung des Ortsbildes bleibe kein Raum. Die Berufungsbehörde habe eine derartige inhaltliche Prüfung vorgenommen. Sie habe dadurch ihre Prüfungsbefugnis überschritten.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Unbestritten hat der Zweitmitbeteiligte im erstinstanzlichen Verfahren gegen die verfahrensgegenständliche Anlage nur eine wesentliche Störung des Ortsbildes eingewendet.

Gemäß § 21 Abs. 1 Z. 2 Bgld. Baugesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1998 (Bgld. BauG), sind Parteien im Bauverfahren u.a. die Eigentümer der an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke (Anrainer). Ein Anrainer kann gemäß § 21 Abs. 2 Bgld. BauG gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird. Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumordnungsrechtlichen Vorschriften (z.B. Bauverordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Bebauungsrichtlinien) behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Anrainers dienen (öffentlichrechtliche Einwendung), hat die Baubehörde gemäß § 21 Abs. 4 Bgld. BauG hierüber im Bescheid zu erkennen und gegebenenfalls die Baubewilligung zu versagen oder die Einwendung als unbegründet abzuweisen und die Baubewilligung zu erteilen.

Gemäß § 42 Abs. 1 AVG i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 hat, wenn eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlungen Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

Der Anrainer H.Sch. hat zwar unbestritten in der mündlichen Verhandlung am 11. Februar 2000 im erstinstanzlichen Verfahren Einwendungen in Bezug auf das Ortsbild erhoben, damit aber kein Nachbarrecht im Sinne des § 21 Abs. 4 Bgld. BauG geltend gemacht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2000, Zl. 99/05/0142). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, u.v.a.). Dies gilt in gleicher Weise für Nachbarn, die gemäß § 42 AVG Parteistellung erlangt haben.

Die Aufhebung des Berufungsbescheides ist somit zu Recht erfolgt, weil die erstinstanzliche Baubewilligung allein auf Grund der auch in der Berufung erhobenen Bedenken in Bezug auf die Beeinträchtigung des Ortsbildes von der Berufungsbehörde aufgehoben wurde. Eine Aufhebung einer erstinstanzlich erteilten Baubewilligung auf Grund einer Berufung eines Nachbarn kommt aber immer nur insoweit in Betracht, als dem Nachbarn in Bezug auf den Aufhebungsgrund ein Mitspracherecht zukommt und er diesbezüglich rechtzeitig im erstinstanzlichen Verfahren Einwendungen erhoben hat.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Erledigung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 21. November 2000

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