VwGH 2000/05/0097

VwGH2000/05/009729.8.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Rudolf Wiesinger in Arbesbach, vertreten durch Dr. Martin Wandl und Dr. Wolfgang Krempl, Rechtsanwälte in St. Pölten, Kremsergasse 19, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. März 2000, Zl. RU1-V-99206/00, betreffend Kanalanschlussverpflichtung (mitbeteiligte Partei: Markgemeinde Arbesbach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §56 Abs2;
BauO NÖ 1996 §62 Abs2;
BauO NÖ 1976 §56 Abs2;
BauO NÖ 1996 §62 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 9. April 1999 wurde dem Beschwerdeführer der Auftrag zum Anschluss seiner Liegenschaft Arbesbach Nr. 112, Grundstück Nr. .199, KG Arbesbach, an den öffentlichen Schmutzwasserkanal erteilt. In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führte der Beschwerdeführer aus, der Kanalanschluss würde eine große finanzielle Belastung für ihn darstellen, da sich sein Haus auf einer gewachsenen Steinstruktur befände und die Herstellung des Anschlusses aufwendig und teuer wäre. Auf Grund seiner kleinen Gewerbepension sei es für ihn finanziell unmöglich, umfangreiche Sprengungen durchzuführen. Es habe keine Hausanschlussbegehung stattgefunden und es sei, wie aus einer beigelegten Kostenaufstellung zu ersehen sei, die finanzielle Belastung für den Beschwerdeführer unmöglich zu erbringen.

In der Folge holte die mitbeteiligte Marktgemeinde ein Anbot einer Baugesellschaft über die Herstellung des Kanalanschlusses ein, das erheblich unter der Summe des vom Beschwerdeführer eingeholten Kostenvoranschlages gelegen war.

Mit Bescheid vom 12. Oktober 1999 hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid abgewiesen. Die Bestimmungen des § 62 der NÖ BO 1996 und des § 17 Abs. 3 des NÖ Kanalgesetzes 1977 sähen eine wirtschaftliche Zumutbarkeitsprüfung nicht explizit vor. Nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1993, B 1633/92, sei die wirtschaftliche Zumutbarkeit als Abwägungskriterium zum öffentlichen Interesse an einer geordneten Abwasserentsorgung zu sehen. Diese Abwägung gehe trotz des niedrigen Einkommens des Beschwerdeführers zu Gunsten des angeführten öffentlichen Interesses aus. Eine Hausanschlussbegehung habe stattgefunden, der Beschwerdeführer, der von dieser Begehung verständigt worden sei, sei zwar im Hause gewesen, habe aber keine Bereitwilligkeit gezeigt, an der Findung einer kostengünstigen Kanalanschlussmöglichkeit mitzuwirken.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, die von der Gemeinde vorgenommene Trassenabweichung des Abwasserkanals sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wasserrechtlich nicht bewilligt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 12. Oktober 1999 als unbegründet abgewiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, Ausnahmebestimmungen, wie sie die Niederösterreichische Bauordnung 1976 gekannt habe, seien in der NÖ Bauordnung 1996 nicht mehr enthalten. Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsverfahrens sei lediglich der Auftrag zum Kanalanschluss, wobei nur zu prüfen sei, ob der Anschluss technisch überhaupt möglich sei. Bei der Hausanschlussbegehung sei diese Möglichkeit festgestellt worden, es habe auch der Beschwerdeführer nie behauptet, dass die Herstellung des Anschlusses technisch unmöglich sei, sondern sich in seinem Vorbringen nur auf die Kosten beschränkt. Der Verwaltungsgerichtshof habe aber bereits in seinem Erkenntnis vom 16. September 1997, Zl. 94/05/0357, ausgeführt, im Verfahren betreffend die Kanalanschlussverpflichtung sei die wirtschaftliche Zumutbarkeit der verfügten Maßnahme nicht zu prüfen, da das Gesetz auf dieses Kriterium nicht abstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, wobei ausgeführt wurde, eine Einleitung in den Schmutzwasserkanal sei aus technischer Sicht unmöglich, zumindest in jener technischen Hinsicht, die den zumutbaren, gesetzlich vorgesehenen Fall betreffe. Wie sich aus dem Akteninhalt ergebe, seien dem Beschwerdeführer zwei mögliche Anschlussvarianten für die Anschlussleitung angeboten worden. Diese beiden, dem Beschwerdeführer angebotenen Anschlussvarianten kämen auf dem im Mappenplan mit blauer Farbe markierten und wasserrechtlich nicht genehmigten Abwasserkanal zu liegen. Die belangte Behörde habe in keiner Weise über diesen Punkt abgesprochen, obwohl der Beschwerdeführer in seiner Vorstellung eindeutig gerügt habe, dass es in seinem Bereich zu wasserrechtlich nicht bewilligten Trassenänderungen gekommen sei, es liege ein beachtlicher Niveauunterschied vor, der nicht berücksichtigt worden sei.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 62 Abs. 2 NÖ BO 1996 sind die auf einer Liegenschaft anfallenden Schmutzwässer, wenn eine Anschlussmöglichkeit bereits besteht, in den öffentlichen Kanal abzuleiten. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach darauf hingewiesen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 1998, Zl. 98/05/0002, vom 24. März 1998, Zl. 98/05/0001, sowie vom 25. Jänner 2000, Zl. 99/05/0224), dass § 62 Abs. 2 leg. cit. die Regelung über die Anschlussverpflichtung einer Liegenschaft an den öffentlichen Kanal enthält.

Während § 56 Abs. 2 der NÖ BO 1976 noch eine Ausnahme von der Kanalanschlussverpflichtung für den Fall vorsah, dass entweder die Anschlussleitung länger als 50 m oder die Ableitung in den öffentlichen Kanal nicht ohne Pumpvorgang möglich war, sieht § 62 Abs. 2 BO keine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung mehr vor. Dies wurde im Ausschussbericht mit der Notwendigkeit eines "umfassenden Grundwasserschutzes" begründet (siehe dazu Hauer/Zaussinger, NÖ Baurecht, 5. Auflage, Seite 353).

Da es nicht mehr darauf ankommt, ob eine Ableitung in den öffentlichen Kanal ohne Pumpvorgang möglich ist, ist der in der Beschwerde (erstmals) hervorgehobene Umstand des Niveauunterschiedes auch nicht relevant.

Auf das in der Beschwerde erstmals erstattete Vorbringen betreffend die technische Undurchführbarkeit des Kanalanschlusses ist wegen des aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbaren Neuerungsverbotes nicht einzugehen. Tatsächlich hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren immer nur auf die finanzielle Belastung hingewiesen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem o.a. Erkenntnis vom 16. September 1997, Zl. 94/05/0357, ausgeführt hat, ist im Verfahren betreffend die Kanalanschlussverpflichtung die wirtschaftliche Zumutbarkeit der verfügten Maßnahmen nicht zu prüfen, da das Gesetz auf dieses Kriterium nicht abstellt. Der Beschwerdefall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzurücken. Für eine Auseinandersetzung mit dem vom Gemeinderat ins Spiel gebrachten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. das Erkenntnis des VfGH vom 14. Oktober 1993, B 1633/92) bietet der vorliegende Sachverhalt keinen Anlass.

Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens, die im Bereich der Liegenschaft des Beschwerdeführers vorgenommene Abweichung von der bewilligten Trasse sei wasserrechtlich nicht genehmigt, ist auf das hg. Erkenntnis vom 20. März 1997, Zl. 96/06/0158, zu verweisen, wonach die Anschlussverpflichtung nicht vom Bestehen einer für die öffentliche Kanalanlage erforderlichen öffentlich-rechtlichen Bewilligung abhängt.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.

Wien, am 29. August 2000

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte