VfGH V45/2018

VfGHV45/201826.6.2019

Keine Gesetzwidrigkeit einer Fußgängerzonenverordnung der Landeshauptstadt Graz auf Grund ordnungsgemäßer Kundmachung; Ende der Fußgängerzone leicht und rechtzeitig erkennbar trotz – aus einem bestimmten Blickwinkel – Verdeckung des Verkehrszeichens durch einen Parkautomaten

Normen

B-VG Art139 Abs1 Z1
StVO 1960 §44, §76a
FußgängerzonenV des Stadtsenats der Landeshauptstadt Graz vom 29.11.2013

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2019:V45.2018

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

1. Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Steiermark,

"auszusprechen, dass die Verordnung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 29.11.2013, GZ: A10/1-057044/2013-0004, Stadtgebiet, Fußgängerzonen, Rechtes Murufer, soweit damit die Fußgängerzone auf der als 'Nikolaiplatz' ausgewiesenen Fläche eingerichtet wurde, gesetzwidrig war; in eventu auszusprechen, dass die Verordnung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 29.11.2013, GZ: A10/1-057044/2013-0004, Stadtgebiet, Fußgängerzonen, Rechtes Murufer, zur Gänze gesetzwidrig war."

II. Rechtslage

1. Die – bekämpfte – Verordnung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 29. November 2013, Z A10/1-057044/2013-0004, lautet wie folgt:

"VERORDNUNG

 

Gemäß §76a StVO 1960, BGBl Nr 159/1960, in der derzeit gültigen Fassung, werden für Teile des Stadtgebietes von Graz Fußgängerzonen verordnet.

Die beiliegenden Lagepläne, in welchen die örtlichen Begrenzungen, sowie allfällige Ausnahmeregelungen eingetragen sind, bilden einen integrierenden Bestandteil dieser Verordnung.

 

Diese Verordnung ist gem. §44 StVO 1960 durch die entsprechenden Verkehrszeichen kundzumachen und tritt am Tage der Anbringung in Kraft."

In den Lageplänen wird der Nikolaiplatz als Fußgängerzone ausgewiesen.

2. Am 13. Jänner 2017 wurde die Verordnung Stadtgebiet, Fußgängerzone, rechtes Murufer, Z A10/1-057044/2013-0009, erlassen, die am 5. April 2017 kundgemacht wurde. Diese Verordnung weist neuerlich den Nikolaiplatz als Fußgängerzone aus.

3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), lauten – auszugsweise – wie folgt:

" §44. Kundmachung der Verordnungen

 

(1) Die im §43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des §8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie die Hinweiszeichen 'Autobahn', 'Ende der Autobahn', 'Autostraße', 'Ende der Autostraße', 'Einbahnstraße', 'Ortstafel', 'Ortsende', 'Internationaler Hauptverkehrsweg', 'Straße mit Vorrang', 'Straße ohne Vorrang', 'Straße für Omnibusse' und 'Fahrstreifen für Omnibusse' in Betracht. Als Bodenmarkierungen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen Markierungen, die ein Verbot oder Gebot bedeuten, wie etwa Sperrlinien, Haltelinien vor Kreuzungen, Richtungspfeile, Sperrflächen, Zickzacklinien, Schutzwegmarkierungen oder Radfahrerüberfahrtmarkierungen in Betracht.

 

(1a) – (5) […]

 

[…]

 

§48. Anbringung der Straßenverkehrszeichen.

 

(1) Die Straßenverkehrszeichen (§§50, 52 und 53) sind als Schilder aus festem Material unter Bedachtnahme auf die Art der Straße und unter Berücksichtigung der auf ihr üblichen Verkehrsverhältnisse, namentlich der darauf üblichen Geschwindigkeit von Fahrzeugen, in einer solchen Art und Größe anzubringen, daß sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Im Verlauf derselben Straße sind womöglich Straßenverkehrszeichen mit gleichen Abmessungen zu verwenden.

 

(1a) –(6) […]

 

[…]

 

§76a. Fußgängerzone

 

(1) Die Behörde kann, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere des Fußgängerverkehrs, die Entflechtung des Verkehrs oder die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines Gebäudes oder Gebietes erfordert, durch Verordnung Straßenstellen oder Gebiete dauernd oder zeitweilig dem Fußgängerverkehr vorbehalten (Fußgängerzone). Vor Erlassung einer solchen Verordnung ist die Eisenbahnbehörde anzuhören, wenn auf der betroffenen Straßenstelle oder in dem betroffenen Gebiet Schienenfahrzeuge verkehren. In einer solchen Fußgängerzone ist jeglicher Fahrzeugverkehr verboten, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt; das Schieben eines Fahrrades ist erlaubt. Die Bestimmungen des §45 über Ausnahmen in Einzelfällen bleiben unberührt.

(2) Sind in einer Fußgängerzone Ladetätigkeiten erforderlich, so hat die Behörde in der Verordnung nach Abs1 nach Maßgabe der Erfordernisse die Zeiträume zu bestimmen, innerhalb deren eine Ladetätigkeit vorgenommen werden darf. Ferner kann die Behörde in der Verordnung nach Abs1 nach Maßgabe der Erfordernisse und unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten bestimmen, daß mit

1. Kraftfahrzeugen des Taxi- und Mietwagen-Gewerbes und Fiakern jeweils zum Zubringen oder Abholen von Fahrgästen,

2. Kraftfahrzeugen des Gästewagen-Gewerbes zum Zubringen oder Abholen von Fahrgästen von Beherbergungsbetrieben,

3. Fahrrädern und

4. Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht bis zu 3 500 kg, die zur Ausübung der Tätigkeit als Handelsvertreter dienen und die mit einer Tafel mit der Aufschrift 'Bundesgremium der Handelsvertreter, Kommissionäre und Vermittler' und mit dem Amtssiegel des Landesgremiums, dem der Handelsvertreter angehört, gekennzeichnet sind,

die Fußgängerzone dauernd oder zu bestimmten Zeiten befahren werden darf.

(2a) Die Behörde kann weiters in der Verordnung nach Abs1 nach Maßgabe der Erfordernisse (wie insbesondere der Erreichbarkeit von Ärztezentren, Ambulatorien, Sozialversicherungseinrichtungen und dgl.) und unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten auch bestimmen, dass Inhaber eines Ausweises gemäß §29b Abs1 oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß §29b Abs1 befördern, die Fußgängerzone dauernd oder zu bestimmten Zeiten befahren dürfen. Hat die Behörde in der Verordnung nach Abs1 Zeiträume bestimmt, innerhalb derer eine Ladetätigkeit vorgenommen werden darf, dürfen Inhaber eines Ausweises gemäß §29b Abs1 oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß §29b Abs1 befördern, zu diesen Zeiten jedenfalls die Fußgängerzone befahren.

(3) Für die Kundmachung einer Verordnung nach Abs1 gelten die Bestimmungen des §44 Abs1 mit der Maßgabe sinngemäß, daß am Anfang und am Ende einer Fußgängerzone die betreffenden Hinweiszeichen (§53 Z9a bzw 9b) anzubringen sind.

(4) An Stelle einer Zusatztafel können die vorgesehenen Angaben im blauen Feld des Hinweiszeichens angebracht werden, wenn dadurch die Erkennbarkeit des Zeichens nicht beeinträchtigt wird.

(5) Unbeschadet der Bestimmung des Abs2 dürfen Fußgängerzonen

a) mit Fahrzeugen des Straßendienstes und der Müllabfuhr sowie gegebenenfalls mit Schienenfahrzeugen und Omnibussen des Kraftfahrlinienverkehrs,

b) mit den zur Durchführung einer unaufschiebbaren Reparatur eines unvorhersehbar aufgetretenen Gebrechens notwendigen Fahrzeugen,

c) mit Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Feuerwehr in Ausübung des Dienstes und

d) mit Krankentransportfahrzeugen, sofern der Ausgangs- oder Endpunkt des Krankentransports in der Fußgängerzone liegt,

befahren werden.

(6) Die Lenker von Fahrzeugen dürfen in eine Fußgängerzone nur an den hiefür vorgesehenen Stellen einfahren. Sie haben von ortsgebundenen Gegenständen oder Einrichtungen (wie Häusern, Brunnen, Laternen, Bänken, Bäumen u. dgl.) einen der Verkehrssicherheit entsprechenden seitlichen Abstand einzuhalten und dürfen nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Schienenfahrzeuge ist nach den eisenbahnrechtlichen Vorschriften festzusetzen.

(7) Fußgänger dürfen in Fußgängerzonen auch die Fahrbahn benützen. Sie dürfen dabei aber den erlaubten Fahrzeugverkehr nicht mutwillig behindern."

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Beim Landesverwaltungsgericht Steiermark ist ein Verfahren über eine Beschwerde gegen ein Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 18. April 2017 anhängig. Mit diesem Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer vor dem antragstellenden Gericht zur Last gelegt, er habe am 17. Dezember 2016, um 18 Uhr 55, in Graz, Nikolaiplatz 4, seinen Pkw mit einem näher bezeichneten Kennzeichen in einer Fußgängerzone gehalten, obwohl die Voraussetzungen des §24 Abs1 liti Z1 bis Z3 StVO 1960 nicht gegeben gewesen seien. Dadurch sei die Rechtsvorschrift des §24 Abs1 liti StVO 1960 verletzt worden. Die Verwaltungsbehörde verhängte gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von € 50,00.

In seiner Beschwerde gegen das Straferkenntnis brachte der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht unter anderem vor, dass die Fußgängerzone am Nikolaiplatz nicht rechtswirksam kundgemacht worden sei.

2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellte das Landesverwaltungsgericht Steiermark gemäß Art139 Abs1 Z1 B‑VG den vorliegenden Antrag.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark stellte den bisherigen Verfahrensgang sowie die Bedenken hinsichtlich der nicht ordnungsgemäßen Kundmachung der Verordnung wie folgt dar:

"Im Zuge des beim Landesverwaltungsgericht Steiermark anhängigen Beschwerdeverfahrens zu dem Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 18.04.2017, […], fand am 30.01.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor Ort am Nikolaiplatz in Graz statt. Wie den aus Anlage A zur Verhandlungsschrift beigelegten Fotos (Nr 2, 3, 34 und 35) zu entnehmen ist, stellt sich die Lage hinsichtlich der Kundmachung des Endes der Fußgängerzone 'Nikolaiplatz' wie folgt dar:

 

Auf Foto 34 der Anlage A ist zu ersehen, dass auf der rechten Seite das Ende der Fußgängerzone mit der entsprechenden Verkehrstafel angegeben ist. Dies betrifft das rechte Ende. Wie aus der planlichen Beilage zur Verordnung zu ersehen ist, endet die Fußgängerzone 'Nikolaiplatz' aber diagonal. Das linke Ende der Fußgängerzone, wo die Diagonale endet, ist durch eine weitere entsprechende Verkehrstafel 'Ende einer Fußgängerzone') kundgemacht. Wie aus den oben angeführten Fotos zu entnehmen, befindet sich diese Verkehrstafel aber verdeckt hinter einem Parkautomaten und ist nicht erkennbar.

 

In Entsprechung des §48 Abs1 StVO müssen Straßenverkehrszeichen derart angebracht sein, dass sie leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Die gesetzmäßige Anbringung von Verkehrszeichen nach den Vorschriften der §§48 ff. StVO gehört zur ordentlichen Kundmachung von Verordnungen (vgl VwGH 13.02.1985, 85/18/0024; 10.10.2014, 2013/02/0276). Dies bedeutet, dass Lenker auf eine ihnen zumutbare Weise ohne Mühe und damit auch ohne Beeinträchtigung des Verkehrs im Stande sein müssen, den Inhalt der betreffenden Anordnung zu erfassen und sich danach zu richten (VwGH 25.04.1985, 84/02/0267; 26.02.2004, 2003/07/0174). Die leichte Erkennbarkeit der Straßenverkehrszeichen bezieht sich hinsichtlich der Anordnung einer Fußgängerzone und des damit bestehenden Halte- und Parkverbotes nicht nur auf den Beginn der Fußgängerzone, sondern auch auf das das Ende der Fußgängerzone markierende Straßenverkehrszeichen (vgl VwGH 16.01.1987, 86/18/0230). Kann ein Straßenverkehrszeichen von den Lenkern herannahender Fahrzeuge nicht leicht und rechtzeitig erkannt werden, so liegt eine gehörige Kundmachung der zugrundeliegenden Verordnung nicht vor (vgl VfGH 24.09.1996, V75/96; VwGH 25.04.1985, 84/02/0267; 23.10.1986, 86/02/0109; 13.09.1985, 85/18/0278; 25.04.1985, 84/02/0267).

 

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark kann dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argument der belangten Behörde, dass das Ende der Fußgängerzone im konkreten Fall bereits durch die erste Tafel auf der rechten Seite ausreichend markiert sei, nicht gefolgt werden. Im konkreten Fall reicht das alleinige Anbringen des Endes der Fußgängerzone auf der rechten Seite nicht aus, weil die Fußgängerzone nicht an diesem Punkt gegenüber endet, sondern diagonal endet und die Tafel hinter dem Parkautomaten genau den Punkt markiert, wo die Diagonale endet.

 

In seiner bisherigen Rechtsprechung legte der Verfassungsgerichtshof Art89 Abs1 B‑VG dahingehend aus, dass nur gesetzmäßig kundgemachte Verordnungen von den ordentlichen Gerichten und den Verwaltungsgerichten (Art135 Abs4 iVm Art89 Abs1 B‑VG) anzuwenden waren. Nicht gesetzmäßig kundgemachte Verordnungen entfalteten hingegen keine Rechtswirkungen und waren daher von den Verwaltungsgerichten nicht anzuwenden (während nach der sogenannten Gehorsamsthese Normunterworfene und Verwaltungsbehörden derartige Verordnungen anzuwenden hatten). Von dieser Rechtsprechung ging der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.06.2017, V4/2017, ab. Aus diesem Erkenntnis lässt sich ableiten, dass auch Gerichte nunmehr gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen die rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten haben (vgl auch VfGH 11.06.2018, V13/2018). Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind nicht rechtmäßige Verordnungen daher für jedermann verbindlich. Eine 'gehörig kundgemachte' generelle Norm, also eine für einen unbestimmten, externen Adressatenkreis verbindliche Anordnung von Staatsorganen, die vom Gericht gemäß Art89 B‑VG anzuwenden ist, liegt dann vor, wenn eine solche Norm ausreichend allgemein kundgemacht wurde, wenn auch nicht in der rechtlich vorgesehenen Weise. Dies bedeutet, dass jeglicher Akt von staatlichen Organen, der einen normativen Inhalt für einen unbestimmten Adressatenkreis aufweist und – in einer zumindest den Adressaten zugänglichen Form – allgemein kundgemacht worden ist, als generelle Norm anzuwenden und gegebenenfalls von den Gerichten gemäß Art139 ff B‑VG vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten ist. Eine generelle Norm ist dann gehörig kundgemacht, wenn sie als Akt eines staatlichen Organs mit normativem Inhalt zumindest den Adressaten (allgemein) zugänglich gemacht worden ist, somit, wenn sie ein Mindestmaß an Publizität aufweist.

 

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark sieht sich daher an die im Tatzeitpunkt geltende gesetzwidrig kundgemachte Verordnung betreffend die Fußgängerzone 'Nikolaiplatz' vom 29.11.2013, GZ: A10/1-057044/2013-0004, gebunden und beantragt den Ausspruch, dass die genannte Verordnung betreffend die Fußgängerzone 'Nikolaiplatz' gesetzwidrig war, in eventu, dass die genannte Verordnung zur Gänze gesetzwidrig war."

3. Die verordnungserlassende Behörde hat die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt.

4. Die Steiermärkische Landesregierung, die verordnungserlassende Behörde und der am Verfahren beteiligte Beschwerdeführer des beim Landesverwaltungsgericht Steiermark anhängigen Verfahrens haben von der Erstattung einer Äußerung abgesehen.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof vertritt in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung zu Art89 Abs1 B‑VG seit dem Erkenntnis VfSlg 20.182/2017 die Auffassung, dass eine "Gehörig kundgemachte" generelle Norm – als eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt (vgl zB VfSlg 12.382/1990, 16.875/2003, 19.058/2010, 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; vgl auch VfGH 18.9.2015, V96/2015, sowie die Rechtsprechung zu nicht ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen VfSlg 16.152/2001, 16.848/2003 und die darin zitierte Vorjudikatur). Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in rechtlich vorgesehener Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art139 B‑VG anzuwenden und diese, wenn sei Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie verbindlich.

1.2. Die Aufstellung der vom Stadtsenat mit der angefochtenen Verordnung verfügten Verkehrszeichen erfolgte am 12. Dezember 2013. Gemäß §44 Abs1 StVO 1960 ist die angefochtene Verordnung damit jedenfalls kundgemacht worden, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist und in Geltung stand.

1.3. Soweit mit der bekämpften Verordnung für den Nikolaiplatz eine Fußgängerzone verordnet wurde, ist sie präjudiziell, weil dem Beschwerdeführer vor dem antragstellenden Verwaltungsgericht zur Last gelegt wurde, er habe sein Kraftfahrzeug in einer Fußgängerzone, und zwar am Nikolaiplatz 4, gehalten. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, erweist sich der (Haupt)Antrag als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Der Antrag ist nicht begründet.

2.3. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark begründet seinen Antrag damit, dass das Verkehrszeichen "Fußgängerzone Ende" an der Ecke Nikolaiplatz und Arche Noah von einem Parkautomaten verdeckt und daher von den Verkehrsteilnehmern nicht leicht und rechtzeitig im Sinne des §48 Abs1 StVO 1960 erkennbar sei.

2.4. Eine Kundmachung, die nicht an allen Örtlichkeiten dem Gesetz entspricht, ist mangelhaft. Eine auf diese Weise kundgemachte Verordnung ist zwar existent, jedoch bis zur Behebung des Mangels mit Gesetzwidrigkeit behaftet (vgl VfSlg 5824/1968, 6346/1970). Ein solcher Fehler liegt hier aber nicht vor.

2.5. Im Hinblick auf die in einer Fußgängerzone zulässige Höchstgeschwindigkeit (§76a Abs6 StVO 1960) und unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Verhältnisse ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass das Ende der Fußgängerzone leicht und rechtzeitig im Sinne des §48 Abs1 StVO 1960 erkannt werden kann, auch wenn aus einem bestimmten Blickwinkel das Verkehrszeichen an der Ecke Nikolaiplatz und Arche Noah von einem Parkautomaten verdeckt ist. Darüber hinaus ist auch wie sich aus dem im Akt befindlichen unbestrittenen Bildmaterial ergibt, ein Verkehrszeichen "Fußgängerzone Ende" nicht nur an der Ecke Nikolaiplatz und Arche Noah sondern auch schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite aufgestellt.

V. Ergebnis

1. Die Verordnung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 29. November 2013, GZ: A10/1-057044/2013-0004, 0004, Stadtgebiet, Fußgängerzonen, Rechtes Murufer, soweit damit die Fußgängerzone auf der als "Nikolaiplatz" ausgewiesenen Fläche eingerichtet wurde, war nicht gesetzwidrig kundgemacht. Daher ist der Antrag des Verwaltungsgerichtes Steiermark abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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