Normen
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art139 Abs3
B-VG Art139 Abs4
Nö VerbandsG betr den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden §21
WassergebührenO 1990 des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und Südbahngemeinden vom 18.12.89 §1
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art139 Abs3
B-VG Art139 Abs4
Nö VerbandsG betr den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden §21
WassergebührenO 1990 des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und Südbahngemeinden vom 18.12.89 §1
Spruch:
1. Die Betragsangaben "11.600,-" und "25.415,-" in §1 der Verordnung der Vollversammlung des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und Südbahngemeinden vom 18. Dezember 1989 (Wassergebührenordnung 1990), kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel des Wasserleitungsverbandes vom 19. Dezember 1989 bis zum 3. Jänner 1990, werden als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Niederösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
2. Im übrigen wird der Antrag abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Verwaltungsgerichtshof stellte aus Anlaß der bei ihm zu 98/17/0106 anhängigen Beschwerde mit Beschluß vom 22. März 1999, Z A26/99-1, gemäß Art139 Abs1 B-VG den Antrag,
"1. festzustellen,
- a) dass in §1 der Verordnung der Vollversammlung des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und Südbahngemeinden vom 18. Dezember 1989 (Wassergebührenordnung 1990) die Wortfolge: "für Anschluß 20 mm Durchmesser: 13.815,-- 11.600,-- 25.415,--" gesetzwidrig war,
in eventu
- b) dass §1 dieser Verordnung zur Gänze gesetzwidrig war,
in eventu
2.
- a) die unter Punkt 1.a) genannte Wortfolge als gesetzwidrig aufzuheben,
in eventu
- b) die unter Punkt 1.b) genannte Verordnungsbestimmung als gesetzwidrig aufzuheben."
2. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2.1. Die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (Beschwerdeführerin) meldete mit Schreiben vom 19. September 1991 bei der mitbeteiligten Partei, dem Wasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden, den Wasserbezug aus dem Netz des Verbandes für ein Wohngebäude mit einer Wohnung an.
Ihr wurde mit Abgabenbescheid des Obmannes der mitbeteiligten Partei gemäß §21 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden (VerbandsG) und §1 der Wassergebührenordnung 1990 dieses Wasserleitungsverbandes vom 18. Dezember 1989 (WassergebührenO 1990) eine Wasseranschlußgebühr im Gesamtbetrag von S 27.956,50 vorgeschrieben.
Die dagegen eingebrachte Berufung begründete sie im wesentlichen damit, daß mit "Wasseranschlußgebühr" die Gebühr für die Herstellung des Anschlusses bis zur Grundgrenze einschließlich Wassermesser gemeint sei. Für die Leitungslänge von knapp über einem Meter sei die vorgeschriebene Gebühr um vieles überhöht; eine Baufirma könne die Leitung um S 5.000,- herstellen. Die Anschlußgebühr widerspreche weiters den Bestimmungen des Niederösterreichischen Wasserleitungsanschlußgesetzes 1978, wonach die Leistungen ohne Gewinn, also nur kostendeckend verrechnet werden dürften. Die Vorschreibung eines Anschlusses von 20 mm Leitungsdurchmesser entspreche nicht dem zu erwartenden Wasserbedarf.
Die Vollversammlung der mitbeteiligten Partei wies diese Berufung als unbegründet ab.
Der dagegen eingebrachten Vorstellung an die Niederösterreichische Landesregierung (belangte Behörde) wurde Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Vollversammlung der mitbeteiligten Partei verwiesen. Dies mit der wesentlichen Begründung, daß der angefochtene Bescheid zwar auf die jeweilige Gesetzesstelle hingewiesen habe, es aber für die Abgabepflichtige nicht nachvollziehbar gewesen sei, wie sich die Anschlußgebühr durch Berechnung ergebe.
Mit Bescheid der Vollversammlung der mitbeteiligten Partei wurde der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid teilweise Folge gegeben und der Bescheid dahingehend abgeändert, daß er nunmehr lautete:
"Gemäß §21 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden, LGBl. 1652 und §1 der Wassergebührenordnung 1990 des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und Südbahngemeinden wird Ihnen aufgetragen, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheides für den auf Ihrer Liegenschaft herzustellenden Wasserleitungsanschluß mit 20 mm Durchmesser eine Wasseranschlußgebühr
in der Höhe von S 25.415,--
+ 10 % Umsatzsteuer S 2.541,50
Summe S 27.956,50
zu entrichten.
Berechnung der Anschlußgebühren:
Durchschn. Betrag Faktor Anteil an Anteil Anteil Wasser-
der Anschl. des laut Straßenleitg. Erdar- Install. anschluß-
leitung Tarif- Gesetz kosten beiten arbeiten gebühr
posten
_________________________________________________________________
20 mm 15.350,- 0,9 = 13.815,- 4.800,- 6.800,- = 25.415,-"
In der Begründung dieses Bescheides wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Wasseranschlußgebühr in der WassergebührenO 1990 des Wasserleitungsverbandes festgelegt sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin neuerlich Vorstellung. Sie beantragte, den bekämpften Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, und stellte darüber hinaus den Antrag, "feststellend auszusprechen", daß die Anschlußgebühr ohne Rechtsgrundlage einbehalten worden sei. In ihrer Begründung führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus, daß der bekämpfte Berufungsbescheid der bescheidmäßigen Handlungsanweisung der Aufsichtsbehörde nicht nachgekommen sei. Weiters sei der Bescheid ohne Ermittlungsverfahren erlassen worden. Es sei nicht möglich gewesen, spruchentscheidende Beweismittel, zB zu den unnötig teuer verrechneten Anschlußarbeiten, vorzulegen. Mangels genauer Angaben im Berufungsbescheid sei es ihr auch nicht möglich gewesen, die anzuwendende WassergebührenO 1990 auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die ausgewiesenen Anteile für Erdarbeiten und Installationsarbeiten seien ebenfalls nicht nachvollziehbar. Sollte es sich um einen Pauschalbetrag handeln, gebe es keinen Grund, nicht den tatsächlich für den Anschluß anfallenden Betrag zu verrechnen. Weiters wäre auch ein kleinerer Anschlußdurchmesser geeignet, die tägliche Wasserversorgung sicherzustellen. Die nach dem Anschlußleitungsdurchmesser berechnete Anschlußgebühr widerspreche auch dem Niederösterreichischen Wasserleitungsanschlußgesetz, sodaß die angewandte WassergebührenO 1990 sowohl gesetz- als auch gleichheitswidrig sei.
2.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Mai 1996 wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen und ihr Feststellungsantrag als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Berufungsbescheid entspreche der im (ersten) Vorstellungsbescheid zum Ausdruck gebrachten Handlungsanweisung der belangten Behörde. Die Rüge der Verletzung des Parteiengehörs gehe ins Leere, weil die Abgabenbehörde ihrer Vorschreibung ohnedies den kleinstmöglichen Durchmesser der Anschlußleitung zugrundegelegt habe.
Die Gebührenvorschreibung sei nach den Tarifsätzen der "Wassergebührenordnung 1992" erfolgt, welche mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. März 1994 auf ihre Gesetzmäßigkeit überprüft worden sei und vom 4. März bis 29. März 1994 an der Amtstafel des Verbandes angeschlagen worden sei.
Der Vorstellungsbehörde sei es darüber hinaus verwehrt, über bestehende Rechte oder Rechtsverhältnisse Feststellungsbescheide zu erlassen. Daher sei der Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zugrundeliegende, nach Ablehnung der Behandlung vor dem Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde.
3. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
3.1. Gesetz über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden LGBl. 1652-1:
"§1
Der Wasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden - im folgenden kurz als 'Verband' bezeichnet - besteht im Sinne des Art116a Abs1 und 2 B-VG aus den Gemeinden ... und hat die Aufgaben der Errichtung und des Betriebes einer gemeinsamen öffentlichen Wasserversorgung. Der Verband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und hat seinen Sitz in Bad Vöslau.
...
§18
Freiwilliger Anschluß an die Verbandswasserleitung
(1) Der Verband kann Eigentümern von Liegenschaften im Versorgungsbereich, die dem Anschlußzwang nach dem NÖ Wasserleitungsanschlußgesetz 1978, LGBl. 6951, nicht unterliegen, auf Grund eines schriftlichen Antrages den Anschluß an die Verbandswasserleitung gestatten, soferne dadurch die Leistungsfähigkeit der Verbandswasserleitung unter Berücksichtigung der Versorgungspflichten nicht beeinträchtigt wird. ...
...
§20
Wassergebühren
(1) Die Eigentümer der an die Verbandswasserleitung angeschlossenen Liegenschaften und die sonstigen in §30 Abs5 bis 7 genannten Personen haben für die Benützung der Verbandswasserleitung folgende Gebühren zu leisten:
1. Wasseranschlußgebühren und Ergänzungsgebühren,
...
Die Höhe der einzelnen Gebühren ist vom Verband nach den folgenden Bestimmungen in einer Wassergebührenordnung festzusetzen. Die Gebührenerträge dürfen insgesamt jene Kosten, die dem Verband bei einer sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Führung seiner Aufgaben erwachsen, nicht übersteigen und sind alle drei Jahre in dieser Richtung zu überprüfen.
(2) ...
§21
Wasseranschlußgebühr
(1) Die Wasseranschlußgebühr ist für den Anschluß an die Verbandswasserleitung zu entrichten und stellt einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungsleitung und der Anschlußleitung dar.
(2) Die Wasseranschlußgebühr ist grundsätzlich an Hand einer Tarifpost der Wassergebührenordnung, die nach Abs3 festzulegen ist, jedoch bei Anschlüssen ab 80 mm Durchmesser nach dem maximalen Stundenbedarf (Abs4) und bei Wohnhausanlagen nach der Anzahl der Wohnungen (Abs5) zu bemessen.
(3) Die Tarifposten für die Bemessung der Wasseranschlußgebühr sind zu berechnen wie folgt:
Die Summe der Kosten der Herstellung der Verbandswasserleitungen - einschließlich der Herstellung der Anschlußleitungen und der Installation der Wassermesser - in den neuerschlossenen Siedlungsgebieten aller Mitgliedsgemeinden ist durch die Anzahl der möglichen Hausanschlüsse zu teilen. ... Der so ermittelte Betrag ist für jeden in Betracht kommenden Durchmesser der Anschlußleitung mit dem in der folgenden Tabelle festgelegten Faktor zu vervielfachen:
Durchmesser der
Anschlußleitung Faktor
20 mm 0,9
25 mm 1,8
32 mm 3,4
40 mm 6,7
50 mm 12,0
80 mm 43,1
Die so errechneten Endbeträge sind in der Wassergebührenordnung als Tarifposten festzusetzen.
(4) Bei größeren Anschlußquerschnitten ist die Höhe der Anschlußgebühr auf Grund der in der Wassergebührenordnung für den Anschlußquerschnitt von 80 mm festgelegten Tarifpost und der Annahme zu berechnen, daß diesem Anschlußquerschnitt ein maximaler Stundenbedarf von 25 m3 entspricht.
(5) Die Anschlußgebühr für Wohnhausanlagen ist so zu bemessen, daß für die erste Wohneinheit ein gleichhoher Betrag wie laut Wassergebührenordnung für den kleinsten Anschlußquerschnitt und für jede weitere Wohneinheit ein Drittel dieses Betrages berechnet wird.
(6) Die Wasseranschlußgebühr ist auch anläßlich der Herstellung eines Anschlusses auf einem Grundstück zu entrichten, das durch Abteilung von einem anderen entstanden ist, für das eine Wasseranschlußgebühr entrichtet wurde.
§28
Wassergebührenordnung
(1) Die Wassergebührenordnung bedarf der Genehmigung durch die Landesregierung. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Verordnung einer Bestimmung dieses Gesetzes widerspricht.
(2) Die Wassergebührenordnung ist nach der Erteilung der Genehmigung durch öffentlichen Anschlag an der Amtstafel des Verbandes durch zwei Wochen kundzumachen. Sie tritt am Monatsersten, der dem Ende der zweiwöchigen Kundmachungsfrist folgt, in Kraft, soferne nicht in der Wassergebührenordnung ein späterer Zeitpunkt festgesetzt wird. Je eine Kopie dieser Kundmachung ist an den Amtstafeln der Verbandsgemeinden durch zwei Wochen anzuschlagen.
§30
Entstehen des Gebührenanspruches, Gebührenschuldner
(1) Der Anspruch auf die Wasseranschlußgebühr und die Sonderanschlußgebühr entsteht mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die Bewilligung des Anschlusses oder in dem Zeitpunkt, in dem der Anschlußzwang feststeht.
...
§32
Verfahrensvorschriften
(1) In Verfahren zur Bemessung, Vorschreibung und Einhebung der Gebühren sind die Bestimmungen der NÖ Abgabenordnung 1977, LGBl. 3400, mit der Maßgabe anzuwenden, daß in I. Instanz der Obmann und in II. Instanz die Vollversammlung entscheidet.
(2) Verfahren zur Erlassung anderer Bescheide sind nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen zu führen."
Mit Wirkung vom 1. Jänner 2000 wurde das VerbandsG novelliert; da der Abgabentatbestand in dem Fall, der Anlaß zum Antrag des Verwaltungsgerichtshofes gegeben hat, bereits vorher erfüllt und das Verwaltungsverfahren vorher durchgeführt worden war, hat dies keine Auswirkungen auf das vorliegende Verfahren.
3.2. Niederösterreichisches Wasserleitungsanschlußgesetz 1978 LGBl. 6951-0:
"§1
Anschlußzwang
(1) Der Wasserbedarf in Gebäuden, Betrieben und sonstigen Anlagen ist im Versorgungsbereich (§8 Abs2 Z1) eines gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens nach Maßgabe folgender Bestimmungen ausschließlich aus dessen Wasserversorgungsanlage zu decken (Anschlußzwang).
(2) - (4) ..."
Auch diese Bestimmung wurde inzwischen geringfügig novelliert.
3.3. Wassergebührenordnung 1990:
"§1
Wasseranschlußgebühren
(1) Gemäß §21 Abs3 des Verbandsgesetzes wird die Anschlußgebühr festgesetzt wie folgt:
Anteil an Her- Gesamt-
Straßen- stellungs- Anschluß-
leitungsk. kosten gebühr
Für Anschluß 20 mm Durchmesser: 13.815,- 11.600,- 25.415,-
" " 25 mm " 27.630,- 11.900,- 39.530,-
" " 32 mm " 52.190,- 13.100,- 65.290,-
" " 40 mm " 102.845,- 18.900,- 121.745,-
" " 50 mm " 184.200,- 29.600,- 213.800,-
" " 80 mm " 661.585,- 46.900,- 708.485,-
Für Anschlüsse, die ausschließlich der Löschwasserversorgung dienen, wird der Anteil an den Straßenleitungskosten auf 25 % reduziert.
Anmerkung 1.) Bei einem größeren Anschlußquerschnitt ist die Höhe der Anschlußgebühr nach §21 Abs4 des Verbandsgesetzes als Vielfaches des Anteiles an Straßenleitungskosten für einen Anschluß mit 80 mm Durchmesser zu berechnen; diesem Anschluß ist ein maximaler Stundenbedarf von 25 m3 Wasser gleichzusetzen. Dem so errechneten Betrag sind die Herstellungskosten des Anschlusses hinzuzurechnen.
Anmerkung 2.) Die Anschlußgebühr für eine Wohnhausanlage ist nach §21 Abs5 des Verbandsgesetzes so zu bemessen, daß für die erste Wohneinheit 100 % und für jede weitere Wohneinheit je ein Drittel des Anteiles an Straßenleitungskosten für einen Anschluß mit 20 mm Durchmesser berechnet wird. Dem so errechneten Betrag sind die Herstellungskosten des erforderlichen Anschlusses hinzuzurechnen."
4. Zur Präjudizialität führt der Verwaltungsgerichtshof aus:
"Gemäß §3 Abs1 NÖ AO 1977 entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Gemäß §30 Abs1 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden entsteht der Anspruch auf die Wasseranschlußgebühr mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die Bewilligung des Anschlusses oder in dem Zeitpunkt, in dem der Anschlußzwang feststeht.
Im gegenständlichen Beschwerdefall gibt es keinen Hinweis darauf, daß der Beschwerdeführerin gemäß §18 Abs1 des zitierten Gesetzes der freiwillige Anschluß an die Verbandswasserleitung gestattet worden wäre. Vorliegendenfalls kommt daher lediglich der Abgabentatbestand des §30 Abs1 zweiter Fall leg.cit. in Betracht. Gemäß §1 Abs1 des Niederösterreichischen Wasserleitungsanschlußgesetzes 1978 in der Fassung LGBl. 6951-0 ist der Wasserbedarf in Gebäuden im Versorgungsbereich eines gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens ausschließlich aus dessen Wasserversorgungsanlage zu decken (Anschlußzwang). Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung bedarf es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keiner bescheidmäßigen Feststellung der zuständigen Behörde über das Bestehen des Anschlußzwanges. Steht der Anschlußzwang fest, dann entsteht in diesem Zeitpunkt auch der Abgabenanspruch der Wasseranschlußabgabe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1996, Zl. 94/17/0163).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren brachte die Beschwerdeführerin vor, daß zum Zeitpunkt der Wasserbezugsmeldung am 19. September 1991 benützbare Aufenthaltsräume im Ausmaß einer Wohnung fertig gestellt gewesen seien. Eine Benützungsbewilligung sei jedoch bislang nicht erteilt worden.
Übereinstimmend bringen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vor, daß die Wasserversorgungsanlage im gegenständlichen Versorgungsgebiet zu diesem Zeitpunkt bereits fertig gestellt war.
Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, daß für ihre Bauparzelle Anschlußzwang bestanden habe.
Im Gegensatz zu den aktenwidrigen Ausführungen im Vorstellungsbescheid gründeten die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Partei die in Rede stehende Vorschreibung ausdrücklich auf die Wassergebührenordnung 1990.
Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß auf Basis des Beschwerdevorbringens der Anschlußzwang im Zeitpunkt der Wasserbezugsanmeldung vom 19. September 1991, also noch vor einem möglichen Inkrafttreten der Wassergebührenordnung 1993, im Sinne des §30 Abs1 letzter Satz (gemeint: §30 Abs1 zweiter Fall) des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden feststand, weil ein Wasserbedarf in einem (mit zumindestens einer Wohnung ausgestatteten) Gebäude bestand, welches im Versorgungsbereich eines gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens lag, und überdies eine Deckung dieses Bedarfes aus einer bereits errichteten Wasserversorgungsanlage möglich war (vgl. §1 Abs1 NÖ Wasserleitungsanschlußgesetz 1978 in der im Zeitpunkt der Bezugsmeldung geltenden Fassung der Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. 6951-0).
Feststellungen, aus denen sich ergäbe, daß der maßgebliche Abgabentatbestand erst während der Geltungsdauer der Wassergebührenordnung 1993 verwirklicht worden wäre, sind weder den Bescheiden der Abgabenbehörden noch jenem der Vorstellungsbehörde zu entnehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, daß die Abweisung der Vorstellung der Beschwerdeführerin diese jedenfalls dann in subjektiven Rechten verletzt hätte, wenn der Bescheid der Vollversammlung der mitbeteiligten Partei vom 19. Dezember 1995 in der Regelung des §1 der Wassergebührenordnung 1990 für Anschlüsse mit 20 mm Durchmesser keine Deckung fände.
Der Verwaltungsgerichtshof geht weiters aufgrund einer von der belangten Behörde vorgelegten Kopie aus dem Verordnungsakt und der dort aufscheinenden entsprechenden Beurkundung vorläufig davon aus, daß die Wassergebührenordnung 1990 mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 18. Dezember 1989 gemäß §28 des Verbandsgesetzes genehmigt wurde. Weiters ist aufgrund der vom Verwaltungsgerichtshof eingeholten Äußerung der mitbeteiligten Partei vom 18. Jänner 1999 vorerst davon auszugehen, daß die Wassergebührenordnung 1990 an der Amtstafel des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und Südbahngemeinden durch zwei Wochen, und zwar im Zeitraum vom 19. Dezember 1989 bis 3. Jänner 1990, kundgemacht wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof geht weiters aufgrund der glaubhaften Angaben der mitbeteiligten Partei davon aus, daß ein Anschlag je einer Kopie der Kundmachung an den Amtstafeln der Verbandsgemeinden erfolgte. Letzerer scheint für die Wirksamkeit der Kundmachung allerdings bedeutungslos zu sein.
Allein mit der unsubstantiierten und durch kein Beweisanbot gestützten Behauptung der Beschwerdeführerin in ihrer Äußerung vom 3. Februar 1999, wonach ein 'allfällig entsprechender Aushang nicht allgemein öffentlich zugänglich kundgemacht' worden sei, vermag diese daher keine Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes dahin zu erwecken, daß die Kundmachung der Wassergebührenordnung 1990 nicht dem §28 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden entsprochen hätte.
Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, daß er die in §1 der Wassergebührenordnung 1990 vorgesehene Tarifpost für Anschlüsse von 20 mm Durchmesser vorliegendenfalls anzuwenden hat und es sich bei der Wassergebührenordnung 1990 um eine Verordnung im Sinne des Art139 B-VG handelt. Ihre Präjudizialität erscheint daher gegeben."
5. Seine Bedenken legt der antragstellende Verwaltungsgerichtshof wie folgt dar:
5.1. §1 der WassergebührenO 1990 stütze sich ausdrücklich auf §21 Abs3 des VerbandsG, welches die Grundlage für die gegenständliche Abgabenvorschreibung bilde. Die Festsetzung der Höhe der Tarifpost sei Gegenstand der Wassergebührenordnung, welche den Bestimmungen des Landesgesetzes zu entsprechen habe.
Gemäß §21 Abs1 des VerbandsG sei die Wasseranschlußgebühr für den Anschluß an die Verbandswasserleitung zu entrichten und stelle einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungsleitung und der Anschlußleitung dar. Gemäß §21 Abs2 VerbandsG sei die Wasseranschlußgebühr (von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen) anhand einer Tarifpost der Wassergebührenordnung zu bemessen. Gemäß §21 Abs3 leg.cit. sei die Tarifpost für die Bemessung der Wasseranschlußgebühr wie folgt zu berechnen:
Die Summe der Kosten der Herstellung der Verbandswasserleitung - einschließlich der Herstellung der Anschlußleitungen und der Installation der Wassermesser - in den neu erschlossenen Siedlungsgebieten aller Mitgliedsgemeinden sei durch die Anzahl der möglichen Hausanschlüsse zu teilen. Der so ermittelte Betrag sei für jeden in Betracht kommenden Durchmesser der Anschlußleitung mit dem in der folgenden Tabelle festgelegten Faktor zu vervielfachen. Bei einem Durchmesser der Anschlußleitung von 20 mm betrage dieser Faktor etwa 0,9, bei einem solchen von 25 mm 1,8.
5.2. Bei Erlassung der WassergebührenO 1990 scheine der Berechnungsvorschrift des §21 Abs3 des VerbandsG lediglich in Ansehung des Anteiles an den Straßenleitungskosten entsprochen worden zu sein. Hingegen scheine die Berechnung der Herstellungskosten der Anschlußleitungen (Summe aus den Kosten der Erdarbeiten und der Installationsarbeiten) der auch für diese Kosten geltenden Berechnungsvorschrift des §21 Abs3 leg.cit. nicht zu entsprechen. So seien die Kosten der Erdarbeiten etwa für Anschlußdurchmesser von 20 mm und 25 mm in gleicher Höhe festgelegt. Das Verhältnis der Kosten der Installationsarbeiten zwischen Leitungsdurchmessern von 20 mm und 25 mm entspreche nicht dem Verhältnis der im Gesetz festgelegten Faktoren 0,9 zu 1,8.
Den Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sei die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 18. Februar 1999 nicht entgegengetreten.
Aber auch der Hinweis der mitbeteiligten Partei auf Punkt 3 der Tagesordnung (gemeint: des Protokolls) ihrer Vollversammlung vom 18. Dezember 1989 erscheine nicht geeignet, die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes zu entkräften.
Dort heiße es:
"Nach dem Gesetzestext ist die Summe der Kosten der Herstellung der Verbandswasserleitungen einschließlich der Herstellung der Anschlußleitungen und der Installation des Wassermessers in den neu erschlossenen Siedlungsgebieten aller Mitgliedsgemeinden durch die Anzahl der möglichen Hausanschlüsse zu teilen. Der so ermittelte Betrag ist für jeden in Betracht kommenden Durchmesser der Anschlußleitung mit dem im Gesetz festgelegten Faktor zu vervielfachen. Durch diese Formulierung wird bewirkt, daß bei größeren Anschlüssen nicht nur die Herstellungskosten der Verbandswasserleitungen in den Siedlungsgebieten, sondern auch die Herstellungskosten der Anschlußleitungen selbst mit dem im Gesetz vorgesehenen Faktor zu multiplizieren sind. Dadurch ergibt sich eine nicht beabsichtigte und nicht gerechtfertigte Verteuerung der größeren Anschlüsse. Es wäre daher von der Vollversammlung eine modifizierte Wassergebührenordnung 1990 zu beschließen, die diesen Formulierungsfehler korrigiert, wodurch die anzustrebende Gesetzesnovellierung vorweggenommen wird".
Vergleichbare Ausführungen fänden sich auch im Motivenbericht zur WassergebührenO 1990. Dort heiße es weiters:
"Dies lag weder in der Absicht des Verbandes noch in der Absicht der Aufsichtsbehörde und sicher auch nicht in der des Gesetzgebers. Es ist daher möglichst kurzfristig eine Novellierung des Gesetzes in der Form anzustreben, daß die Kosten der Herstellung der Anschlußleitungen und der Installation des Wassermessers erst nach der Vervielfachung des aus den Herstellungskosten der Verbandswasserleitung errechneten Betrages mit dem im Gesetz vorgesehenen Faktor hinzugezählt werden.
Als Übergangsregelung möge daher die Vollversammlung in Abänderung des derzeit gültigen Gesetzestextes in einem Beschluß die anzustrebende Gesetzesnovellierung vorwegnehmen."
Der unzweideutige Wortlaut des §21 VerbandsG schließe eine Interpretation dieser Bestimmung, die in der WassergebührenO 1990 vorgesehene Berechnung sei gesetzeskonform, jedenfalls aus.
Bei der Schaffung des §21 Abs3 VerbandsG sei der Landesgesetzgeber offenbar davon ausgegangen, daß sich die Höhe der Abgabe und damit der auf einen einzelnen Abgabepflichtigen entfallende Anteil an den Errichtungskosten nach der durch den jeweiligen Durchmesser der Anschlußleitung definierten Nutzungsmöglichkeit der Gesamtanlage durch den jeweiligen Abgabepflichtigen richten solle. Eine derartige Regelung sei nicht von vornherein als unsachlich zu erkennen. Es erscheine nämlich nicht ausgeschlossen, daß der Gesetzgeber die unterschiedliche Kostenrelation zwischen den einzelnen Anschlußdurchmessern in Ansehung der Stichleitungen (einschließlich Wasserzähler) einerseits und der Straßenleitungen andererseits im Zuge einer Gesamtbetrachtung bei Festlegung der in §21 Abs3 VerbandsG genannten Faktoren bereits mitberücksichtigt habe.
6. Den Anfechtungsumfang begründet der Verwaltungsgerichtshof wie folgt:
6.1. Gemäß §21 Abs2 des VerbandsG sei die Wasseranschlußgebühr anhand der Tarifpost der Wassergebührenordnung festzulegen. Eine getrennte Festsetzung einzelner Anteile an der Wasseranschlußgebühr sei im Gesetz nicht vorgesehen. Die aufgezeigten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Festlegung der Herstellungskosten in der WassergebührenO 1990 würden daher auch die Festlegung der Gesamtanschlußgebühr umfassen. Die Festlegung eines Anteils der Straßenleitungskosten für sich allein genommen entspreche ebenfalls nicht dem Gesetz. Der Verwaltungsgerichtshof gehe daher in seinem Hauptantrag davon aus, daß von der anscheinend vorliegenden Gesetzwidrigkeit die gesamte im Punkt I.1. unter 1.a) genannte Wortfolge in §1 WassergebührenO 1990 betroffen sei.
Mit Inkrafttreten der Wassergebührenordnung 1993 sei die WassergebührenO 1990 außer Kraft getreten. Es werde daher gemäß Art139 Abs4 B-VG beantragt auszusprechen, daß die zweitgenannte Verordnung gesetzwidrig war.
6.2. Die Tarifposten der Anschlüsse mit einem Durchmesser |ber 20 mm habe der Verwaltungsgerichtshof hier nicht anzuwenden. Der Hauptantrag beschränke sich daher auf die Feststellung der Gesetzwidrigkeit der für Anschlüsse von 20 mm Durchmesser geschaffenen Tarifpost. Für den Fall, daß der Verfassungsgerichtshof jedoch die Auffassung vertreten sollte, der Sinngehalt des §1 der WassergebührenO 1990 würde durch den Wegfall der Tarifpost für Anschlüsse mit 20 mm eine Veränderung seiner Bedeutung erfahren, werde hilfsweise die Feststellung der Gesetzwidrigkeit der gesamten Verordnungsbestimmung beantragt.
6.3. Die in Punkt 2. (vgl. oben I.1.) gestellten Anträge werden für den Fall erhoben, daß der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die Zeitraumbezogenheit des Abgabenrechtes die Auffassung vertreten sollte, die WassergebührenO 1990 sei noch nicht außer Kraft getreten.
7. Die angefochtene Verordnungsstelle wird von der mitbeteiligten Partei in ihrer Äußerung wie folgt verteidigt:
7.1. Die mitbeteiligte Partei bezweifelt zunächst die Präjudizialität der angefochtenen Verordnung. Nach ihrer Meinung steht nicht fest, ob für die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Wasserbezugsmeldung vom 19. September 1991 Anschlußzwang gemäß §1 Niederösterreichisches Wasserleitungsanschlußgesetz 1978 bestanden habe oder ob infolge freiwilligen Wasseranschlusses "der Anschlußzwang erst später - nach Inkrafttreten der Wassergebührenordnung 1993 - entstanden" sei.
Beim freiwilligen Anschluß lege §18 Abs2 VerbandsG lediglich fest, daß "die Bedingungen für alle Liegenschaftseigentümer im Versorgungsbereich gleich sein müssen". Es komme daher im Falle eines freiwilligen Wasseranschlusses lediglich auf die Gleichbehandlung aller Liegenschaftseigentümer an und nicht darauf, ob die Gebühr entsprechend §21 VerbandsG festgelegt worden sei.
Die Bezugnahme der mitbeteiligten Partei auf die Gebührenordnung 1990 im Verwaltungsverfahren könne damit begründet werden, daß sie dem Gleichbehandlungsgebot des §18 leg.cit. für alle Liegenschaftseigentümer habe entsprechen wollen.
7.2. Die beteiligte Partei tritt der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes, der unzweideutige Wortlaut des §21 VerbandsG schließe jedenfalls eine Interpretation aus, die in der WassergebührenO 1990 vorgesehene Berechnung sei gesetzeskonform, mit folgender Begründung entgegen:
Dem im Zuge des Verfahrens vorgelegten Motivenbericht für die WassergebührenO 1990 sei zu entnehmen, daß es - folge man der Interpretation des Verwaltungsgerichtshofes, daß gemäß §21 Abs3 VerbandsG sowohl die Herstellungskosten der Verbandsleitung als auch jene der Anschlußleitung mit den im Gesetz vorgesehenen Faktoren zu multiplizieren seien - zu einer wesentlichen und nicht gerechtfertigten Verteuerung von Anschlüssen mit größerem Leitungsdurchmesser gegenüber Anschlüssen mit geringerem Leitungsdurchmesser käme.
Die vom Verwaltungsgerichtshof angenommene Bedachtnahme des Landesgesetzgebers auf die unterschiedliche Kostenrelation von Anschlüssen mit geringerem und solchen mit größerem Leitungsdurchmesser sei deshalb unzutreffend, weil die teilweise in Prüfung gezogene WassergebührenO 1990 mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 18. Dezember 1989 gemäß §28 des VerbandsG genehmigt worden sei. Träfe die Auslegung des Verwaltungsgerichtshofes zu, so hätte die Landesregierung der WassergebührenO 1990 die Genehmigung versagen müssen.
Folge man der Wortauslegung des Verwaltungsgerichtshofes, so hätte die WassergebührenO 1990 eine sachlich nicht gerechtfertigte und daher gleichheitswidrige Berechnungsmethode der Wasseranschlußgebühr normiert.
Die Differenzierung nach dem Durchmesser der Anschlußleitung brächte ein überschießendes und damit unsachliches Ergebnis, wenn auch die Kosten der vom jeweiligen Wasserbezieher benützten Anschlußleitungen mit dem gesetzlichen Faktor multipliziert würden, dies deshalb, weil die Anschlußleitung im Gegensatz zur Straßenleitung nicht anteilig entsprechend dem jeweiligen Faktor beansprucht werde, sondern im Regelfall nur vom angeschlossenen Wasserbezieher benützt werde. Es käme dadurch zu einer sachlich nicht gerechtfertigten "Quersubventionierung" von Teilnehmern mit geringeren Anschlußdurchmessern zu Lasten der Teilnehmer mit größeren Anschlußdurchmessern.
Eine verfassungskonforme, gleichheitswidrige Ergebnisse vermeidende Interpretation des §21 Abs3 leg.cit. sei daher geboten und auch möglich.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes sei der Bestimmung des §21 Abs2 leg.cit. das Gebot einer Tarifpost (im Sinne eines Zahlwortes) nicht zu entnehmen. Es könne sich daher die Anschlußgebühr zB auch aus zwei Tarifposten zusammensetzen, die jeweils in verfassungskonformer Interpretation des §21 Abs3 VerbandsG zu bemessen wären. Dementsprechend habe die beteiligte Partei in §1 WassergebührenO 1990 eine sich aus zwei Posten (Straßenleitungskosten und Herstellungskosten) zusammengesetzte Tarifpost erlassen.
7.3. Bei der Auslegung des §21 Abs3 leg.cit. habe der Verordnungsgeber das Spannungsverhältnis zwischen der Wahrung des Legalitätsprinzips einerseits und einer vom Verordnungsgeber hier noch als möglich erachteten verfassungskonformen Interpretation dieser Bestimmung andererseits zu bewältigen.
Die Anwendung des vom Durchmesser der Anschlußleitung abhängigen jeweiligen Faktors auch auf die Kosten der Anschlußleitungen stelle "einen überschießend weiten Gesetzwortlaut dar", weil nach der "ratio legis" der größeren Inanspruchnahme des Hauptstranges durch Wasserbezieher mit höherem Anschlußleitungsdurchmesser durch eine entsprechend höhere Belastung dieser Teilnehmer Rechnung getragen werden solle. Die Anwendung desselben Faktors auf die Anschlußleitungskosten entspreche nicht diesem System. Die Gleichbehandlung der Anschlußleitungs- und Wasserzählerkosten mit den Straßenleitungskosten wäre nach dem Gesetzeszweck sachlich nicht gerechtfertigt. Die Bestimmung des §21 Abs3 leg.cit. sei daher insofern einschränkend zu interpretieren, als bei der Berechnung der Tarifpost die Herstellungskosten der Anschlußleitungen und der Wassermesser zwar ebenfalls gemäß Satz 2 dieser Bestimmung durch die Anzahl der möglichen Hausanschlüsse zu teilen seien. Für diese Kosten werde nur nach den tatsächlichen Herstellungskosten der jeweiligen Anschlußleitung eine Staffelung und Belastung des Anschlußgebührenschuldners angeordnet.
Durch diese "teleologische Reduktion" könne vom Verordnungsgeber ein vertretbares Auslegungsergebnis erzielt werden, welches eine gleichheitswidrige Kostenbelastung der Teilnehmer an der Wasserversorgung vermeide.
7.4. Der vom Verwaltungsgerichtshof gewählte Anfechtungsumfang wird von der beteiligten Partei als zu weit gerügt. Der Anteil an den Straßenleitungskosten sei entsprechend §21 Abs3 VerbandsG durch Multiplikation mit dem hier anzuwendenden Faktor richtig berechnet worden. Durch eine Teilung der Tarifpost in "Anteil an Straßenleitungskosten" und "Herstellungskosten" werde in Rechte der Beschwerdeführerin nicht eingegriffen. Eine solche Teilung sei auch durch §21 Abs2 WassergebührenO 1990 (gemeint: VerbandsG) nicht ausgeschlossen.
Aus dem Rechtsbestand wären daher gegebenenfalls nur die beiden Betragsangaben "11.600,-" und "25.415,-" auszuscheiden.
7.5. Für den Fall der Aufhebung wird beantragt, nach Art139 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten der Bestimmungen eine Frist von 18 Monaten zu bestimmen, da gesetzliche Vorkehrungen erforderlich wären, um die dargestellte, nach Auffassung der beteiligten Partei nicht gerechtfertigte überproportionale Belastung bestimmter Wasserbezieher zu vermeiden.
7.6. Abschließend beantragt die mitbeteiligte Partei, den Anträgen des Verwaltungsgerichtshofes keine Folge zu geben.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Antrag erwogen:
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iS des Art140 B-VG bzw. des Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlaßfall bildet (zB VfSlg. 9811/1983, 10296/1984, 11565/1987, 12189/1989).
In von Amts wegen eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren hat der Verfassungsgerichtshof den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, daß einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlaßfall ist, daß aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg. 7376/1974, 7726/1975, 9374/1982, 11506/1987).
Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, daß einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und daß andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfaßt werden (VfSlg. 6674/1972, 8155/1977, 9374/1982, 11455/1987).
1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausführlich (s. I.4.) und denkmöglich dargetan, weshalb er bei Erledigung der bei ihm anhängigen Beschwerde die angegriffene Bestimmung anzuwenden hat.
Insoweit die mitbeteiligte Partei die Präjudizialität der WassergebührenO 1990 bezweifelt, so ist ihr entgegenzuhalten, daß der erstinstanzliche Bescheid, der sich ausdrücklich auf die WassergebührenO 1990 stützt, erging, bevor die Wassergebührenordnung 1993 erlassen worden war. Da der Abgabentatbestand bereits vorher verwirklicht worden war (bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung bedarf es keiner bescheidmäßigen Feststellung des Anschlußzwanges, s. VwGH 22.3.1996, 94/17/0163), kommt der Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgabenvorschriften zum Tragen (vgl. VfSlg. 12930/1991, 13153/1992, 15202/1998; VwGH 26.5.1997, 96/17/0459; 20.12.1999, 99/17/0324; 26.6.2000, 99/17/0195). Prüfungsmaßstab für die WassergebührenO 1990 ist daher auch das VerbandsG in der damals geltenden Fassung LGBl. 1652-1. Im übrigen differenziert dessen §21 nicht zwischen freiwilligen Anschlüssen und Zwangsanschlüssen.
Die Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung ist daher gegeben.
2. Die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes treffen zu.
2.1. Gemäß §21 Abs1 VerbandsG ist die Wasseranschlußgebühr für den Anschluß an die Verbandswasserleitung zu entrichten und stellt einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungsleitung und der Anschlußleitung dar. Nach Abs2 leg.cit. ist diese Gebühr grundsätzlich anhand einer Tarifpost der Wassergebührenordnung, die nach Abs3 festzulegen ist, zu bemessen, wobei in den hier nicht relevanten Fällen von Anschlüssen von mehr als 80 mm Durchmesser und für Wohnhausanlagen die Abs4 und 5 leg.cit. abweichende Regelungen treffen. Für die Berechnung der Tarifposten für die Bemessung der Wasseranschlußgebühr normiert Abs3 leg.cit.:
Die Summe der Kosten der Herstellung der Verbandswasserleitungen - einschließlich der Herstellung der Anschlußleitungen und der Installation der Wassermesser - ist durch die Anzahl der möglichen Hausanschlüsse zu teilen. Der so ermittelte Betrag ist für jeden in Betracht kommenden Durchmesser der Anschlußleitung mit dem in der Tabelle festgelegten Faktor zu vervielfachen; die so errechneten Endbeträge sind in der Wassergebührenordnung als Tarifpost festzusetzen.
2.2. Der Faktor für eine Anschlußleitung mit dem Durchmesser von 20 mm beträgt 0,9, bei einem Durchmesser von 25 mm 1,8.
Die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gehen nun dahin, daß die WassergebührenO 1990 den Berechnungsvorschriften des §21 Abs3 VerbandsG nur hinsichtlich des Anteiles an den Straßenleitungskosten entspricht, nicht jedoch hinsichtlich der Herstellungskosten der Anschlußleitung. Hiemit ist er im Recht.
In der WassergebührenO 1990 sind die Kosten für die Anschlußleitungen mit Durchmessern von 20 mm und 25 mm in etwa gleich hoch und entsprechen im Verhältnis zueinander nicht den im Gesetz festgelegten Faktoren.
2.3. Die mitbeteiligte Partei verteidigt die angefochtene Verordnung mit dem Argument, daß bei Anwendung der im VerbandsG normierten Faktoren auch auf die Anschlußleitungs- und Wasserzählerkosten Anschlüsse mit großem Durchmesser unverhältnismäßig belastet würden. Daher müsse §21 Abs3 VerbandsG zur Erzielung eines sachlichen Ergebnisses dahingehend einschränkend interpretiert werden, daß die Herstellungskosten der Anschlußleitungen und der Wassermesser wohl durch die Anzahl der möglichen Hausanschlüsse geteilt werden, für diese Kosten aber eine Staffelung und Belastung des Anschlußgebührenschuldners nur nach den tatsächlichen Herstellungskosten der jeweiligen Anschlußleitung angeordnet werde.
2.4. Die Argumente der mitbeteiligten Partei treffen nicht zu. Im Motivenbericht zur Novelle 1989 zum VerbandsG LGBl. 1652-1 wird zur tarifmäßigen Festsetzung der Wasseranschlußgebühr unter anderem ausgeführt (S 10):
"Vorerst sind die Gesamtkosten der Herstellung der Verbandswasserleitung - einschließlich der Herstellung der Anschlußleitungen und der Installation der Wassermesser - in den neuerschlossenen Siedlungsgebieten aller Verbandsgemeinden durch die Zahl der möglichen Hausanschlüsse zu teilen. Der so ermittelte Betrag ist sodann mit Faktoren zu multiplizieren, die den einzelnen Anschlußdurchmessern entsprechend ihrem hydraulischen Durchflußvermögen nach der ÖNORM B 2531, 2. Teil, zugeordnet werden. So ergibt sich eine Tarifpost für jeden möglichen Anschlußquerschnitt."
Es kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er die Kosten der Gesamtanlage, in welche daher auch die Kosten der Anschlußleitungen als Teil davon miteinfließen, auf alle Anschlüsse umlegt und bei Festlegung der Faktoren für die unterschiedlichen Durchmesser der Anschlußleitungen auf den potentiellen Wasserverbrauch abstellt (vgl. VfSlg. 13310/1992), weil darin das unterschiedliche Interesse an der Anlage und an deren Dimensionierung zum Ausdruck kommt.
Der Einwand der mitbeteiligten Partei, bei der vom Verwaltungsgerichtshof gewählten Auslegung hätte die Landesregierung die WassergebührenO 1990 nicht genehmigen dürfen, ist schon vom Ansatz her nicht geeignet, deren Gesetzmäßigkeit zu erweisen.
3. Entgegen der Ansicht des antragstellenden Verwaltungsgerichtshofes genügt es jedoch, die Betragsangaben "11.600,-" und "25.415,-" aufzuheben, um die Gesetzwidrigkeit zu beseitigen, da die Straßenleitungskosten gesetzeskonform berechnet worden waren. Die Betragsangaben "11.600,-" und "25.415,-" in §1 der WassergebührenO 1990 waren daher als gesetzwidrig aufzuheben; der darüber hinausgehende Antrag war abzuweisen.
Die aufgehobene Regelung steht im Hinblick auf das Inkrafttreten der Wassergebührenordnung 1993 mit einem auf die Vergangenheit beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich in Geltung. Es war daher mit einer Aufhebung nach Art139 Abs3 B-VG und nicht mit einem Ausspruch nach Art139 Abs4 B-VG vorzugehen (vgl. zB VfSlg. 12930/1991, 13153/1992, 14524/1996, 14660/1996, 15202/1998, 15227/1998).
4. Die Verpflichtung der Niederösterreichischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B-VG iVm §60 VerfGG.
5. Entgegen dem Antrag der mitbeteiligten Partei bedarf es keiner Fristsetzung für das Außerkrafttreten, da die WassergebührenO 1990 nur (noch) auf Tatbestände anzuwenden ist, die vor dem Inkrafttreten der Wassergebührenordnung 1993 verwirklicht worden sind, ein Umstand, an dem die Setzung einer Frist nichts ändern würde (Art139 Abs6 B-VG).
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
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