VfGH V26/01 ua

VfGHV26/01 ua9.10.2001

Keine hinreichende Bestimmtheit der planlichen Abgrenzung bestimmter Zonen innerhalb des Nationalparkgebietes Donau-Auen; kein ausreichender Maßstab mangels in der Natur erkennbarer Grenzen; keine ausreichenden fachlichen Grundlagen für die Festlegung von Naturzonen, Naturzonen mit Managementmaßnahmen und Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen; Widerspruch der Festlegung von bisher als Ackerflächen genutzten Teilen der Lobau als Naturzonen mit Managementmaßnahmen zum Wr Nationalparkgesetz

Normen

B-VG Art18 Abs2
Wr NationalparkG §4, §5
Wr NationalparkV §2, §3 Abs2
B-VG Art18 Abs2
Wr NationalparkG §4, §5
Wr NationalparkV §2, §3 Abs2

 

Spruch:

I. §2 und §3 Abs2 der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festlegung und Einteilung des Nationalparkgebietes (Wiener Nationalparkverordnung), LGBl. für Wien Nr. 50/1996, sowie der eine Anlage zu dieser Verordnung bildende Plan, soweit in diesem Flächen durch dunkle Grünfärbung als "Naturzonen", durch helle Grünfärbung als "Naturzonen mit Managementmaßnahmen" und durch Braunfärbung als "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" ausgewiesen sind, werden als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Oktober 2002 in Kraft.

II. Die Wiener Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu B330/00 und B2141/00 Beschwerden anhängig, denen folgender Sachverhalt zugrundeliegt:

1.1. Zu B330/00:

Der Berufungssenat der Stadt Wien wies aufgrund eines Devolutionsantrags mit Bescheid vom 16. Dezember 1999 im Spruchpunkt I gemäß §7 Abs3 des Gesetzes über den Nationalpark Donau-Auen (Wiener Nationalparkgesetz), LGBl. für Wien Nr. 37/1996 idF LGBl. für Wien Nr. 45/1998, den Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft auf Erteilung einer bis zur Beendigung der Erntearbeiten 1998 befristeten Bewilligung für die Bewirtschaftung näher bezeichneter Grundstücke (darunter die Grundstücke Nr. 1/8 und 1/9) ab. Im Spruchpunkt II versagte der Berufungssenat der Stadt Wien gemäß §7 Abs3 Wiener Nationalparkgesetz die Erteilung einer bis zur Beendigung der Erntearbeiten 1999 befristeten Bewilligung für die Bewirtschaftung näher bezeichneter Grundstücke (darunter die Grundstücke Nr. 1/8 und 1/9), soweit diese in der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festlegung und Einteilung des Nationalparkgebietes (Wiener Nationalparkverordnung), LGBl. für Wien Nr. 50/1996, nicht als "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" ausgewiesen sind. Im Spruchpunkt III erteilte der Berufungssenat gemäß §7 Abs1 Wiener Nationalparkgesetz die Bewilligung zur Bewirtschaftung in der im Schreiben vom 22. Oktober 1998 beantragten Weise auf jenen Flächen näher bezeichneter Grundstücke (darunter ebenfalls die Grundstücke Nr. 1/8 und 1/9), soweit diese in der Wiener Nationalparkverordnung als "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" ausgewiesen sind, für das Erntejahr 1999.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die nunmehr beschwerdeführende Gesellschaft eine konventionelle Landwirtschaft betreibe. Die belangte Behörde hatte Gutachten der Amtssachverständigen für Naturschutz, Landschaftsschutz und Nationalparkfragen, für Wasserbau und Agrartechnik eingeholt. Sie stellte fest, dass bis zum Inkrafttreten der Naturraum- und Managementpläne (§5 Abs5 und 7 Wiener Nationalparkgesetz) gemäß §6 Abs3 Wiener Nationalparkgesetz in "Naturzonen" und "Naturzonen mit Managementmaßnahmen" nur Maßnahmen durchgeführt werden dürfen, die den Zielsetzungen des Nationalparkgesetzes oder der jeweiligen Zone nicht zuwider laufen. In "Naturzonen" (§5 Abs3 leg. cit.) sei somit jede wirtschaftliche Nutzung verboten, somit sowohl der konventionelle als auch der ökologische Landbau. Auf Liegenschaften, die sich in "Naturzonen mit Managementmaßnahmen" (§5 Abs6 leg. cit.) befinden, stimme die beantragte (ökologische oder konventionelle) landwirtschaftliche Nutzung nicht mit dem Ziel dieser Zonen (§5 Abs6 leg. cit., Erhaltung und Förderung artenreicher Wiesenflächen sowie Waldflächen) und auch nicht mit den in den Managementplänen festzulegenden Zielen (§5 Abs7 leg. cit., ua. Dünge- und Pestizidverzicht) überein, weshalb eine Gefährdung der Zielsetzungen des Nationalparkgesetzes (§1 leg. cit.) und der Zone gegeben sei. Daher sei die Bewilligung der Maßnahmen diesbezüglich gemäß §7 Abs3 leg. cit. zu versagen gewesen. In den "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" könne ökologischem Landbau - unter Verzicht auf den Einsatz von Pestiziden und aufgrund eines modifizierten Antrages - zugestimmt werden und die Bewilligung erteilt werden.

1.2. Zu B2141/00:

Der Berufungssenat der Stadt Wien versagte mit Bescheid vom 6. September 2000 gemäß §7 Abs3 Wiener Nationalparkgesetz aufgrund eines Devolutionsantrages nach Einholung von Gutachten und Stellungnahmen die Bewilligung einer für den Zeitraum 2000 bis 2004 befristeten konventionell-ackerbaulichen Bewirtschaftung näher bezeichneter Grundstücke mit einer dem Bescheid vom 16. Dezember 1999 im Wesentlichen entsprechenden Begründung. Die beabsichtigten Maßnahmen würden bereits die allgemeinen Zielsetzungen des Nationalparks gemäß §1 Abs1 Wiener Nationalparkgesetz gefährden. Es wurde auch die Bewilligung von Maßnahmen in den "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" aufgrund des geplanten Einsatzes von Pestiziden versagt.

2. Aus Anlass dieser Beschwerden hat der Verfassungsgerichtshof am 7. März 2001 beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit des §2 und des §3 Abs2 der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festlegung und Einteilung des Nationalparkgebietes (Wiener Nationalparkverordnung), LGBl. für Wien Nr. 50/1996, sowie des eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plans, soweit in diesem Flächen durch dunkle Grünfärbung als "Naturzonen", durch helle Grünfärbung als "Naturzonen mit Managementmaßnahmen" und durch Braunfärbung als "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" ausgewiesen sind, von Amts wegen zu prüfen.

Der Verfassungsgerichtshof ist im Einleitungsbeschluss vorläufig davon ausgegangen, dass die Beschwerden zulässig sind, die belangte Behörde die in Rede stehende Verordnung bei Erlassung der angefochtenen Bescheide angewendet hat und er zur Beurteilung der Beschwerden die in Prüfung gezogene Verordnung anzuwenden hätte.

3. Aus folgenden Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnung:

"(...) §4 Abs1 des Gesetzes über den Nationalpark Donau-Auen (Wiener Nationalparkgesetz, LGBl. für Wien Nr. 37/1996 idF LGBl. für Wien Nr. 45/1998; im Folgenden: Wr NatParkG) regelt, welche Flächen das Nationalparkgebiet nach Maßgabe der örtlichen naturräumlichen Voraussetzungen und unter Bezugnahme auf die Verordnung der Wiener Landesregierung vom 9. August 1978, LGBl. für Wien Nr. 32/1978 (Erklärung von Gebieten zu Voll- und Teilnaturschutzgebieten) zu enthalten habe und ermächtigt die Landesregierung, den genauen Grenzverlauf durch Verordnung festzulegen und die Nationalparkflächen zu 'Naturzonen', 'Naturzonen mit Managementmaßnahmen' und 'Außenzonen' (§5 Abs2 Wr NatParkG) zu erklären.

Gemäß §5 Abs3 Wr NatParkG sind Nationalparkflächen, die über ein ausreichendes Potential zur dauerhaften Entwicklung zu natürlichen Auwaldbeständen verfügen oder Pflanzen- und Tierarten, Lebensräume oder geomorphologische Erscheinungen von besonderer Bedeutung für die Ziele des §1 leg. cit. enthalten, zu 'Naturzonen' zu erklären. Gemäß Abs4 dieser Bestimmung ist in den Naturzonen der Schutz der Natur in ihrer Gesamtheit möglichst unter Berücksichtigung des Ablaufs natürlicher Entwicklungen und unter Ausschluss jeglicher wirtschaftlicher Nutzung nach Maßgabe von Naturraumplänen gemäß Abs5 zu gewährleisten. Hiebei können Teilbereiche untergliedert werden, für welche auf Grund der verschiedenen Ausgangsbedingungen Renaturierungsmaßnahmen mit verschiedenen Zeithorizonten festgelegt werden können. Gemäß Abs5 dieser Bestimmung hat die Behörde zur Erreichung der Zielsetzungen des Abs4 für Naturzonen auf Vorschlag der Nationalparkverwaltung Naturraumpläne festzulegen.

Gemäß §5 Abs6 leg. cit. sind artenreiche Wiesenflächen sowie Waldflächen, auf denen überlieferte Formen der Auwaldnutzung (Mittel- und Niederwaldbewirtschaftung) zur Erhaltung wertvoller Lebensräume betrieben werden, zu 'Naturzonen mit Managementmaßnahmen' zu erklären. Für 'Naturzonen mit Managementmaßnahmen' hat die Behörde gemäß Abs7 dieser Bestimmung auf Vorschlag der Nationalparkverwaltung Managementpläne festzulegen, welche jedenfalls

a) die Festlegung eines Dünge- und Pestizidverzichts

b) die Festlegung der Mähhäufigkeit der Wiesen und

c) die Festlegung der waldbaulichen Pflege- und Verjüngungsmaßnahmen in den Wäldern

zu enthalten haben.

Gemäß §5 Abs8 litb leg. cit. sind zu 'Außenzonen' zu erklären: 'Sonderbereiche', das sind zB Wasserstraßen, künstliche Gerinne und Ackerflächen für biologischen Landbau.

§6 leg. cit. regelt Eingriffsverbote, mit der Übergangsbestimmung des Abs3 für die Zeit vor Inkrafttreten der Naturraum- und Managementpläne.

Gemäß §7 Abs1 leg. cit. bedarf die Durchführung von Maßnahmen, die nachteilige Auswirkungen auf das Nationalparkgebiet haben können, insbesondere die Errichtung oder Inbetriebnahme von mobilen oder stationären Anlagen oder sonstige Tätigkeiten im Gebiet des Nationalparkes Donau-Auen einer Bewilligung der Behörde. Gemäß Abs3 ist die Bewilligung zu versagen, wenn die beabsichtigte Maßnahme die Zielsetzungen des Nationalparks oder einer einzelnen Zone (§5), die gemäß §5 Abs5 erlassenen Naturraumpläne, die gemäß §5 Abs7 erlassenen Managementpläne und die gemäß §8 Abs3 und 4 erlassenen jagd- und fischereilichen Managementpläne gefährdet und nicht durch Vorschreibung entsprechender Vorkehrungen eine Beeinträchtigung weitgehend ausgeschlossen werden kann.

§19 leg. cit. enthält Strafbestimmungen: 'Wer einer Verordnung gemäß §5 Abs2 zuwiderhandelt, nach §6 Abs1 bis 3 verbotene Eingriffe setzt, in Bescheiden gemäß §7 vorgeschriebene Vorkehrungen nicht einhält, den jagd- und fischereilichen Managementplänen gemäß §8 Abs3 und 4 zuwiderhandelt oder als Eigentümer Maßnahmen zur Kennzeichnung gemäß §10 nicht duldet, begeht, wenn die Tat nicht den Gegenstand einer gerichtlich strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 200 000 S, im Fall der ersten und jeder weiteren Wiederholung bis zu 400 000 S, zu bestrafen.'

(...) Die §§2 und 3 Abs1 und 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festlegung und Einteilung des Nationalparkgebietes (Wiener Nationalparkverordnung), LGBl. für Wien Nr. 50/1996 lauten (die in Prüfung gezogenen Teile sind hervorgehoben):

'§2. (1) Die in dem eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plan durch dunkle Grünfärbung ausgewiesenen Flächen werden zu Naturzonen erklärt.

(2) Die in dem eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plan durch helle Grünfärbung ausgewiesenen Flächen werden zu Naturzonen mit Managementmaßnahmen erklärt.

§3. (1) Die in dem eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plan durch Blaufärbung ausgewiesenen Flächen werden zu Außenzonen - Sonderbereich Schiffahrtsrinne erklärt. Diese Flächen dienen der Ausübung der Schiffahrt sowie der hierfür erforderlichen Erhaltungs- und Ausbaumaßnahmen.

(2) Die in dem eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plan durch Braunfärbung ausgewiesenen Flächen werden zu Außenzonen - Sonderbereich Ackerflächen erklärt. Diese Flächen dienen der Ausübung ökologischen Landbaus gemäß den Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel, Abl. Nr. L 198 vom 22. Juli 1991 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 418/96 der Kommission vom 7. März 1996, Abl. Nr. L 59 vom 8. März 1996.'

(...) Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass die Wiener Nationalparkverordnung die Abgrenzung jener Flächen innerhalb des Nationalparkgebietes, die zu 'Naturzonen', zu 'Naturzonen mit Managementmaßnahmen' und zu 'Außenzonen - Sonderbereich Ackerflächen' erklärt wurden, nicht dem Rechtsstaatsgebot entsprechend bestimmt vorgenommen hat.

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 14.851/1997 (und VfSlg. 15.548/1999) zur Kärntner Wasserschongebietsverordnung ua. dargetan, dass Wasserschongebietsverordnungen aufgrund der dadurch bewirkten erheblichen Nutzungsbeschränkungen für Liegenschaftseigentümer und andere Nutzungsberechtigte hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen mit gemeindlichen Flächenwidmungsplänen vergleichbar sind. Für Flächenwidmungspläne hat der Verfassungsgerichtshof aber wegen dieser ihrer Rechtswirkungen in ständiger Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 11.807/1988, 13.716/1994, 13.887/1994 und 14.270/1995) ausgesprochen, dass der Rechtsunterworfene die Rechtslage aus der planlichen Darstellung mit hinlänglicher Genauigkeit eindeutig und unmittelbar feststellen können muss; ansonsten genügt der Plan rechtsstaatlichen Anforderungen nicht. Im Erkenntnis VfSlg. 14.851/1997 hat der Verfassungsgerichtshof für die Darstellung der Grenzen von Wasserschongebieten eine parzellenscharfe Planung verlangt. Er verstand unter einer solchen eine Darstellung der mit normativer Wirkung in Gestalt von Nutzungsbeschränkungen ausgestatteten Grenzen, die mit gleicher Genauigkeit wie Parzellengrenzen erfolgt. Diese Genauigkeit dürfte ein Plan im Maßstabe von 1:25.000 nicht erreichen.

Die Erklärung zum Nationalparkgebiet und die Einbeziehung von Grundstücken durch die Wiener Nationalparkverordnung scheint aufgrund von Eingriffsverboten (§6 Wr NatParkG) und der Bewilligungspflichtigkeit von Maßnahmen (§7 Wr NatParkG), die ua. an den Zielen des Nationalparkgesetzes und der Zonen zu messen sind, Nutzungsbeschränkungen für Liegenschaftseigentümer und andere Nutzungsberechtigte mit sich zu bringen, die hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen mit gemeindlichen Flächenwidmungsplänen und Wasserschongebietsverordnungen vergleichbar sind.

Da in dem eine Anlage zur Wiener Nationalparkverordnung bildenden Plan weder Parzellengrenzen noch Parzellennummern erkennbar sind, scheint es dem Rechtsunterworfenen nicht möglich zu sein, die Grenzen der einzelnen Zonen aus der planlichen Darstellung der kundgemachten Verordnung und damit die Auswirkungen der Festlegungen auf sein (hier: gepachtetes) Grundstück zu erkennen. Die planliche Darstellung in der Anlage zur Wiener Nationalparkverordnung lässt zwar teilweise Wege, Wasserläufe oder Gräben erkennen und enthält Flurbezeichnungen; die Abgrenzung der Zonen scheint jedoch diesen im Plan erkennbaren Grenzen nicht zu folgen.

Die Gegenschrift behauptet, die im Plan festgelegten Grenzen seien in der Natur erkennbar. Die von der belangten Behörde vorgelegte Luftbildaufnahme aus dem Jahr 1984 lässt zwar die zum damaligen Zeitpunkt landwirtschaftlich genutzten Flächen zum Teil erkennen. Die Grenzziehung der 'Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen' in dem eine Anlage zur Wiener Nationalparkverordnung bildenden Plan scheint jedoch weder mit in der Natur vorhandenen Grenzen (wie zB Waldrändern, Wegen, Wasserläufen) übereinzustimmen noch dürfte sie dem Plan mit gleicher Genauigkeit wie Parzellengrenzen entnehmbar sein. Beispielsweise scheint die Grenzziehung für die Festlegung einer 'Außenzone-Sonderbereich Ackerflächen' im Norden des Nationalparkgebietes in Form einer Ellipse oder für die südlich davon liegende 'Außenzone-Sonderbereich Ackerflächen', die in der Mitte die Bezeichnung 'Unterer Wolfsboden' trägt, nicht in Form einer parzellenscharfen Planung vorgenommen zu sein. Gleiches scheint auch für die Abgrenzung der 'Naturzonen' von den 'Naturzonen mit Managementmaßnahmen' zu gelten. Beispielsweise sei auf die nördlich des Ölhafens gelegene mit 'Königshaufen' und 'Tausendster Hirschhaufen' bezeichnete und dem früheren Verlauf einer Ackerfläche entsprechende als 'Naturzone' ausgewiesene Fläche verwiesen, deren südliche und nordwestliche Teile zu 'Naturzonen mit Managementmaßnahmen' erklärt wurden.

Dazu kommt, dass es für die ausreichende Bestimmtheit der Regelung nicht darauf ankommen dürfte, ob ein Flächenteil, etwa der Teil eines Ackers, für den eine Zonierung (zB als 'Naturzone mit Managementmaßnahmen') erfolgte, in der Natur (an Hand von Wegen oder Wasserläufen) als Teil eben dieses Ackers erkennbar ist. Für eine Verordnung, mit der für Flächen - je nach der Art der Zone - verschiedene Verfügungsbeschränkungen normiert werden, dürfte es das Rechtsstaatsgebot erfordern, dass aus der Verordnung und ihrer planlichen Darstellung die Gebietsabgrenzungen (zB in Form von Wegen oder Wasserläufen) erkennbar sein müssen.

Schließlich scheint für das Erfordernis der Erkennbarkeit der Abgrenzung einzelner Zonen aus der Verordnung im vorliegenden Fall von besonderer Bedeutung zu sein, dass die Frage, ob ein Teil einer vor Inkrafttreten der Verordnung als Acker genutzten Fläche zur 'Naturzone', zur 'Naturzone mit Managementmaßnahmen' oder zur 'Außenzone-Sonderbereich Ackerflächen' erklärt wurde, in direktem Zusammenhang mit der Frage der Strafbarkeit landwirtschaftlicher Bewirtschaftungsmaßnahmen steht. Da der (ökologische) Landbau nur auf zur 'Außenzone-Sonderbereich Ackerflächen' erklärten Flächen erlaubt ist, führt die Überschreitung der Grenze zur 'Naturzone' oder zur 'Naturzone mit Managementmaßnahmen' bei der landwirtschaftlichen Nutzung zur Strafbarkeit gemäß §19 Wr NatParkG (vgl. VfSlg. 15.200/1998 zu dem die Klarheit einer Strafnorm betreffenden Erfordernis der Erkennbarkeit, welche Handlungen und Unterlassungen den Rechtsunterworfenen strafbar werden lassen).

Die Wiener Landesregierung legte eine Karte der Nationalpark-Forstverwaltung Lobau vor, die Parzellengrenzen und Parzellennummern und die Festlegung der Zonen erkennen lässt. Auf Grundlage dieser Karte könnte auch ein Feststellungsbescheid erlassen werden. Dieser Umstand scheint jedoch nichts an der Notwendigkeit der Erkennbarkeit der Rechtslage unmittelbar aufgrund der Verordnung oder einer einen unmittelbaren Bestandteil der Verordnung bildenden planlichen Darstellung zu ändern, da auch ein derartiger Bescheid anders nicht auf seine Rechtmäßigkeit überprüft werden könnte. Der im Verfahren zu B330/00 angefochtene Bescheid zeigt, dass es selbst der belangten Behörde offenbar nicht möglich war, die Teile der Grundstücke näher zu bezeichnen, die als 'Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen' ausgewiesen sind, weil sie die Bewilligung gemäß §7 Abs1 Wr NatParkG für näher bezeichnete Grundstücke erteilt hat, soweit diese in der Wiener Nationalparkverordnung als 'Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen' ausgewiesen sind und damit letztlich den Umfang der Bewilligung offen gelassen hat.

(...) Der Verfassungsgerichtshof hegt aber nicht nur Bedenken ob der ausreichenden Bestimmtheit der in der Wiener Nationalparkverordnung vorgenommenen Zonierungen. Er vermag vorläufig aus den vorgelegten Akten auch nicht zu erkennen, dass die Wiener Landesregierung die Entscheidung, bestimmte Flächen als 'Naturzonen', 'Naturzonen mit Managementmaßnahmen' und 'Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen' festzulegen, auf Grund ausreichender fachlicher Grundlagen getroffen hat.

Dem Antrag der MA 22 - Umweltschutz an die Wiener Landesregierung vom 18. September 1996 ist Folgendes zu entnehmen:

'Auf Grundlage einer im Zuge der Vorbereitungsarbeiten erstellten Waldstrukturkartierung wurde die Einteilung des Nationalparkgebietes in Zonen unterschiedlicher Schutzniveaus vorgenommen.

Zu 'Naturzonen' wurden jene naturnahen Bestände mit zahlreichen seltenen Tier- und Pflanzenarten erklärt, in welchen jegliche wirtschaftliche Nutzung ausgeschlossen werden soll. Hierzu sind vor allem Laub- und Mischwaldgesellschaften, wie etwa Silberweiden an der Donau, zu zählen. Auch die ökologisch besonders sensiblen Uferbereiche der Donau sowie die sonstigen Gewässer der Au wurden als Naturzonen ausgewiesen.

Zu 'Naturzonen mit Managementmaßnahmen' wurden vor allem jene Wiesen und Waldbereiche erklärt, deren natürliches Gefüge an Tieren und Pflanzen durch gezielte Managementmaßnahmen sowie überlieferte Formen der Auwaldnutzung zu erhalten ist. Hiezu sind vor allem Mittel- und Niederwaldgesellschaften, wie Ahorn- oder Eichen-Hainbuchenwälder, aber auch Heißländen und besonders artenreiche (z.B. Orchideen beherbergende) Wiesen zu zählen.

...

Letztlich wurde die im Nationalparkgebiet bestehende Ackerbaunutzung auf die Ausübung ökologischen Landbaus eingeschränkt und auch auf ein Drittel der Flächen reduziert.

Es ergibt sich daher, daß sich das Nationalparkgebiet in ca. 65% Naturzonen, ca. 25% Naturzonen mit Managementmaßnahmen und ca. 10% Außenzone gliedert, sodaß durch den hohen Wert an Naturzonen und Naturzonen mit Managementmaßnahmen (zusammen ca. 90%) die internationale Anerkennung des Nationalparks Donau-Auen gewährleistet ist.'

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass Ackerflächen prinzipiell über ein ausreichendes Potential zur dauerhaften Entwicklung zu natürlichen Auwaldbeständen verfügen oder Pflanzen- und Tierarten, Lebensräume oder geomorphologische Erscheinungen enthalten können (§5 Abs3 Wr NatParkG, 'Naturzonen'). Die Entscheidung, welche Ackerflächen der natürlichen Auwaldbildung überlassen werden sollen, dürfte im Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers liegen. Dagegen scheint aber §5 Abs6 Wr NatParkG ('Naturzonen mit Managementmaßnahmen') von bestehenden artenreichen Wiesenflächen sowie Waldflächen, auf denen überlieferte Formen der Auwaldnutzung (Mittel- und Niederwaldbewirtschaftung) zur Erhaltung wertvoller Lebensräume betrieben werden, auszugehen. Dem scheint die bisherige ackerbauliche Nutzung dieser Grundstücke entgegen zu stehen. Wenn der Gesetzgeber aber nicht auf bestehende Wiesen- oder Waldflächen abstellt und die Schaffung und Entwicklung neuer Wiesen- und Waldflächen im Auge hat, so dürfte dem Verordnungsgeber nur dann ein Planungsermessen bezüglich der Auswahl der Flächen zustehen, wenn bisher als Ackerbaufläche genutzte Flächen das Potential einer Entwicklung zu Wiesenflächen oder zu Mittel- und Niederwaldflächen haben. Nach den Kriterien der IUCN scheint es erforderlich, dass 3/4 der Flächen des Nationalparkgebietes außerhalb jeder wirtschaftlichen Nutzung stehen und zu Naturzonen erklärt werden müssen. Dies scheint aber keine Rechtfertigung dafür zu geben, nicht bezüglich aller zu 'Naturzonen' erklärter Flächen die in §5 Abs3 Wr NatParkG normierten Voraussetzungen nachweisen zu müssen.

Für die Ackerflächen im Nationalpark scheint der Verordnungsgeber eine 'Drittellösung' vorgesehen zu haben, die allerdings nicht auf eine Entscheidung des Gesetzgebers rückführbar scheint. Dieses Konzept scheint eine teilweise Nutzungseinstellung vorzusehen, insofern als je ein Drittel der Ackerflächen in der Oberen Lobau aufgeforstet, in Wiesen umgewandelt werden oder biologisch bewirtschaftet werden soll. Diese angestrebte Entwicklung, die erst durch entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden kann, scheint aber der Bestimmung des §5 Abs6 Wr NatParkG ('Naturzonen mit Managementmaßnahmen'), die von der Erhaltung artenreicher Wiesen- und Waldflächen auszugehen scheint, zu widersprechen. In einer im Auftrag des Bundes und der Länder Niederösterreich und Wien erstellten Studie des DI R B vom April 1996, 'Nationalpark Donau-Auen, Zonierung, Richtlinien aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen und Kriterien der IUCN', scheint der Verfasser davon auszugehen (S. 42), dass die 'Drittellösung' nicht den Kriterien der IUCN entspreche, da die Ackernutzung an sich nicht nationalparkkonform sei.

(...) Der Verfassungsgerichtshof hat daher beschlossen, den §2 und den §3 Abs2 Wiener Nationalparkverordnung von Amts wegen zu prüfen. Mangels anderer planlicher Abgrenzungskriterien (etwa Grundparzellennummern) scheint es notwendig zu sein, den eine Anlage zur Wiener Nationalparkverordnung bildenden Plan insofern von Amts wegen zu prüfen, als sie Flächen durch dunkle Grünfärbung ('Naturzonen'), durch helle Grünfärbung ('Naturzonen mit Managementmaßnahmen') und durch Braunfärbung ('Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen') ausweist."

4. Die Wiener Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, die in Prüfung gezogenen Verordnungsstellen sowie die in Prüfung gezogenen Teile des eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plans nicht als gesetzwidrig aufzuheben. Sie bringt ua. vor:

"Zu den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes hinsichtlich der Bestimmtheit der Wiener Nationalparkverordnung wird seitens der Wiener Landesregierung bemerkt, dass die Parzellierung im Gebiet des Nationalpark Donau-Auen eine historisch gewachsene Festlegung von Grundstücksgrenzen mit zivilrechtlichem Ursprung ist. Sowohl der Gesetzgeber als auch der Verordnungsgeber haben sich jedoch bei der Festlegung des Nationalparkgebietes bzw. der Zonengrenzen ausschließlich an naturräumlichen Gegebenheiten orientiert. Für eine Orientierung an den Grundstücksgrenzen gab es aus naturschutzrechtlicher Sicht daher auf Grund der konkreten landschaftlichen Gegebenheiten keine sachliche Rechtfertigung. Im Gegenteil müsste eine Festlegung von Nationalpark- beziehungsweise Zonengrenzen ausschließlich anhand der Grundgrenzen als willkürlich betrachtet werden.

Diese Art der Zonierung erfordert von der Behörde bei Erlassung von Bescheiden unabhängig vom Kartenmaßstab statt der Aufzählung von Grundstücken auf die planliche Anlage zur Verordnung zu verweisen. Dies darf aber nicht als Indiz dafür gewertet werden, dass es der Behörde selbst unmöglich sei, den Spruchinhalt von Bescheiden auf Grund des Wiener Nationalparkgesetzes bestimmen zu können und dass damit der Bescheidinhalt offen gelassen wurde, sondern ergibt sich zwangsläufig aus der Notwendigkeit, von den zivilrechtlich festgelegten Grundstücksgrenzen abzugehen.

Zur Bestimmtheit der planlichen Darstellung des Nationalparks als Anlage zur Wiener Nationalparkverordnung wird angemerkt, dass im Hinblick auf die Genauigkeit des Planes des Gebietes des Nationalparks Donau-Auen als Anlage zur Nationalparkverordnung und der Tatsache, dass dieser sich überwiegend an den bestehenden naturräumlichen Gegebenheiten (Wege, Waldränder, ...) orientiert, es jedem Rechtsunterworfenen ohne Schwierigkeit möglich ist, die Grenzen der einzelnen Zonen in der Wirklichkeit unmittelbar und mit ausreichender Genauigkeit festzustellen. Das bestätigt auch die langjährig bewährte Praxis planlicher Darstellungen im Maßstab 1:25.000 als Teil von Verordnungen. In dem vom Verfassungsgerichtshof erwähnten Erkenntnis VfSlg. 14.851/1997 (und VfSlg. 15.548/1999) zur Kärntner Wasserschongebietsverordnung hat der Verfassungsgerichtshof eine planliche Darstellung im Verhältnis 1:50.000, also im doppelt so großen Maßstab, angesprochen. In Anbetracht dieses großen Unterschiedes in der Genauigkeit erscheint es nicht gerechtfertigt, dieses Erkenntnis als Vergleichsmaßstab für das gegenständliche Prüfungsverfahren heranziehen.

Flächenwidmungspläne erfordern vom Gegenstand her betrachtet einen anderen, strengeren, Genauigkeitsmaßstab; müssen doch in diesem Regelungsbereich bereits z.B. Gebäudeumrisse und Baufluchtlinien konkret ersichtlich sein, während im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Naturschutzes, dem Regelungsgegenstand entsprechend eine derart präzise Festlegung nicht erforderlich erscheint. Allgemein darf auch bemerkt werden, dass durch eine planliche Darstellung in jedem Falle eine gewisse Messungenauigkeit gegeben ist und es daher fraglich ist, welchen Planmaßstab der Verfassungsgerichtshof im konkreten Fall als ausreichend betrachten würde.

Als fachliche Grundlage für die Zonierung diente ein naturwissenschaftliches Konzept für den Nationalpark Donau-Auen der Betriebsgesellschaft Marchfeldkanal Deutsch-Wagram im Auftrag des Bundes und der Länder Niederösterreich und Wien und eine Studie von Dipl.-Ing. B vom April 1996 mit dem Titel: 'Nationalpark Donau-Auen, Zonierung, Richtlinien auf Grund der rechtlichen Rahmenbedingungen und Kriterien der IUCN'. Beide Arbeiten wurden dem Verfassungsgerichtshof bereits im Zuge der Beschwerdeverfahren zur Zahl B330/00 und B2141/00 vorgelegt. Ein Mangel an fachlichen Grundlagen für die Zonierung kann diesbezüglich nicht erkannt werden.

In Bereichen, in denen es die naturräumlichen Gegebenheiten und Erfordernisse zuließen, wurden die bestehenden Grundstücksgrenzen sowohl bei der Festlegung der Grenzen des Nationalparkgebietes als auch bei Festlegung der Zonengrenzen berücksichtigt. In wenigen Bereichen orientierte sich der Verordnungsgeber nicht an den tatsächlich vorhandenen räumlichen Gegebenheiten, sondern legte Flächen unter Inanspruchnahme seiner planerischen Gestaltungsfreiheit auf Grund des individuellen Potenziales des jeweiligen Naturraumes fest. Das betrifft v.a. auch das vom Verfassungsgerichtshof angesprochenen Grundstück im Norden der Oberen Lobau (Gst 1/9 Eßlinger Scheibe der KG Kaiser- Ebersdorf Herrschaft) und das Grundstück mit der Bezeichnung 'Königshaufen' und 'Tausendster Hirschhaufen' (GSt 153/1 Mitterhaufen der KG Kaiser-Ebersdorf Herrschaft).

Zur Umwandlung von Ackerflächen in 'Naturzonen mit Managementmaßnahmen' durch die Wiener Nationalparkverordnung ist auszuführen, dass die Wiener Landesregierung bei der Erlassung der Verordnung nicht nur von §5 Abs6 auszugehen hatte, sondern das gesamte Wiener Nationalparkgesetz zu beachten war. Um der durch einen eigenen Absatz 2 im §1 Wiener Nationalparkgesetz hervorgehobenen Zielsetzung, den Nationalpark Donau-Auen so einzurichten, dass die internationale Anerkennung im Sinne der Richtlinien der Weltnaturschutzunion (International Union for Conservation of Nature and Natural Ressources - IUCN) für Nationalparks, Stand 1994, auf Dauer erreicht und erhalten wird, war es erforderlich, den sehr hohen Flächenanteil an Ackerflächen im Bereich der Oberen Lobau zu reduzieren und darüber hinaus nur mehr in Form der Ausübung biologischer Landwirtschaft zuzulassen.

In einer Stellungnahme der IUCN im Rahmen des Begutachtungsverfahrens zur Wiener Nationalparkverordnung im Jahr 1996 wird auch ausdrücklich festgestellt, dass aus Sicht der IUCN in international anerkannten Nationalparkgebieten der IUCN Kategorie II nur biologische Landwirtschaft, und diese in einem durchaus längerfristigen Rahmen nur auf Zeit erlaubt werden dürfe.

Da die Zielsetzungen des Wiener Nationalparkgesetzes inhaltlich - systematisch als 'Überbau' des gesamten Gesetzes gesehen werden müssen, hat daher die Wiener Landesregierung im Hinblick auf die Umwandlung von Ackerflächen in Naturzonen Managementmaßnahmen eine zielkonforme Auslegung des §5 Abs6 Wiener Nationalparkgesetz vorgenommen bzw. ist von einer Überlagerung dieser Bestimmung durch die IUCN Richtlinien ausgegangen."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes, dass die zu B330/00 und B2141/00 protokollierten Beschwerden zulässig sind und die in Prüfung gezogene Verordnung bei ihrer Behandlung präjudiziell ist, haben sich als zutreffend erwiesen.

2. Auch die vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die Gesetzmäßigkeit der in Rede stehenden Verordnung treffen zu:

2.1. Zu den Bedenken gegen die im Widerspruch zum Rechtsstaatsgebot stehende mangelnde Bestimmtheit der Zonenabgrenzung:

Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner Annahme, dass - mangels anderer exakter Abgrenzungskriterien etwa in Form von im Plan dargestellten Wegen und Wasserläufen - auch ein Maßstab von 1:25.000 nicht ausreicht, Grenzen festzulegen, die Nutzungsbeschränkungen für Grundstücke bzw. Teile von Grundstücken bewirken. Der zu wählende Planungsmaßstab steht somit auch mit der sonstigen Art der abgrenzenden Darstellung - die nicht notwendigerweise in Form von Parzellennummern erfolgen muss - im Zusammenhang. Jedoch schon aus rechtsstaatlichen Gründen kann sich die Art der notwendigen Grenzziehung eines Nationalparkgebietes und der Einteilung in verschiedene Zonen nicht allein nach deren naturwissenschaftlicher Bedeutung für den Nationalpark bemessen lassen (vgl. VfSlg. 14.851/1997 und VfSlg. 15.548/1999). Die Wiener Landesregierung räumt selbst ein, dass sich die planliche Darstellung nur überwiegend an naturräumlichen Gegebenheiten orientiert. Ein Waldrand ist einerseits der planlichen Darstellung nicht entnehmbar, andererseits unterliegt er - im Hinblick auf das Potential der Flächen zur dauerhaften Entwicklung zu natürlichen Auwaldbeständen - einem ständigen Wandel. Die Wiener Landesregierung hat selbst dem Beschwerdevorbringen zum mangelnden Entwicklungspotential von Ackerflächen entgegengesetzt, dass bei Unterbleiben der Bestellung die bisherigen Ackerflächen in kurzer Zeit (ca. 2 Jahre im Auwaldgebiet aufgrund der guten Bodenbonität) von Gehölzen besiedelt werden und damit die Entwicklung zum Wald eingeleitet würde. Dieses Vorbringen bestätigt aber, dass schon aufgrund der vom Verordnungsgeber erwarteten und beabsichtigten Veränderungen in der Natur, der Ist-Zustand des Waldes für eine dauerhafte Abgrenzung eines Gebietes nicht geeignet ist.

Das von der Wiener Landesregierung vorgebrachte Argument der "bewährten Praxis" planlicher Darstellungen im Maßstab 1:25.000 vermag den Vorwurf der relativen Unbestimmtheit der Abgrenzung der einzelnen Zonen nicht zu entkräften. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass man offenbar von dieser Praxis wieder abgegangen ist, weil beispielsweise die Anlagen zu den Verordnungen über die Landschaftsschutzgebiete Hietzing (LGBl. für Wien Nr. 1/1998), Lainzer Tiergarten (LGBl. Nr. 2/1998) und Prater (LGBl. Nr. 3/1998 idF der Druckfehlerberichtigung LGBl. Nr. 21/1998) im Maßstab 1:10.000 dargestellt sind. Unbeschadet einer näheren Prüfung der Gesetzmäßigkeit dieser Verordnungen fällt dort auf, dass sich die Abgrenzungen an in der Natur erkennbaren Grenzen (z.B. Straßenzüge, bebaute Flächen) orientieren. Welcher Maßstab für die planliche Darstellung einer Gebietsabgrenzung, mit der Eigentumsbeschränkungen und Strafsanktionen verbunden sind, als noch ausreichend zu beurteilen ist, richtet sich nach der Möglichkeit, die Abgrenzung in der planlichen Darstellung in die Natur zu übertragen und damit die Grenze zwischen dem erlaubten und dem unerlaubten Eingriff eindeutig zu ziehen. Je mehr sich die Abgrenzung an in der Natur erkennbaren oder eindeutig in die Natur übertragbaren Grenzen (z.B. Straßenzüge, Wege, bebaute Flächen, Parzellengrenzen) orientiert, desto höher wird das Ausmaß der Verkleinerung gewählt werden dürfen. Hängt die im Plan vorgenommene Abgrenzung ausschließlich vom Verlauf und der Strichstärke der Linie im Plan ab, so wird der Maßstab von 1:25.000, der bei einer Strichstärke von 0,5 mm eine Ungenauigkeit von 12,5 m verursacht, dem Gebot einer ausreichenden Abgrenzung eines Gebietes mit unter Strafsanktionen stehenden Eingriffsbeschränkungen nicht gerecht.

Da die Abgrenzung der Zonen den in der Natur dauerhaft erkennbaren Grenzen nur teilweise folgt, und die herangezogenen "natürlichen Gegebenheiten" aufgrund des Veränderungspotentials der Flächen - insbesondere bezüglich der Entwicklung von Ackerflächen zu Wäldern und Wiesen - eine eindeutige Gebietsabgrenzung nicht sicherstellen, sind die Zonenabgrenzungen aus der Verordnung und ihrer planlichen Darstellung nicht mit hinreichender Genauigkeit erkennbar.

Der Verfassungsgerichtshof bleibt daher bei seiner im Prüfungsbeschluss vertretenen Auffassung, dass die in Form von Eingriffsverboten (§6 Wr NatParkG) und der Bewilligungspflichtigkeit von Maßnahmen (§7 Wr NatParkG) bewirkten erheblichen und unter Strafsanktion stehenden Nutzungsbeschränkungen für Liegenschaftseigentümer und andere Nutzungsberechtigte aus der planlichen Darstellung (Anlage zur Verordnung) mit hinreichender Genauigkeit erkennbar sein müssen und die in der Wiener Nationalparkverordnung vorgenommene Abgrenzung jener Flächen innerhalb des Nationalparkgebietes, die zu "Naturzonen", zu "Naturzonen mit Managementmaßnahmen" und zu "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" erklärt wurden, nicht dem Rechtsstaatsgebot entsprechend bestimmt ist.

2.2. Zu den Bedenken, dass die Wiener Landesregierung die Entscheidung, bestimmte Flächen als "Naturzonen", "Naturzonen mit Managementmaßnahmen" und "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" festzulegen, nicht auf Grund ausreichender fachlicher Grundlagen getroffen hat:

Die Wiener Landesregierung versucht den Vorwurf, dass aus den Verordnungsakten keine ausreichenden fachlichen Grundlagen erkennbar seien, mit dem Hinweis auf das naturwissenschaftliche Konzept für den Nationalpark Donau-Auen der Betriebsgesellschaft Marchfeldkanal Deutsch-Wagram im Auftrag des Bundes und der Länder Niederösterreich und Wien und einer Studie von DI B vom April 1996, "Nationalpark Donau-Auen, Zonierung, Richtlinien auf Grund der rechtlichen Rahmenbedingungen und Kriterien der IUCN" zu entkräften. Die Wiener Landesregierung verabsäumt es jedoch, die konkreten Entscheidungsgrundlagen für die Festlegung der Zonen - zumindest bezüglich der von der beschwerdeführenden Gesellschaft gepachteten Grundstücke - näher darzulegen. Aus den allgemeinen Aussagen der genannten Arbeiten, die keine grundstücksspezifischen Ausführungen enthalten, lassen sich aber keine Aussagen betreffend Eigenschaft und Entwicklungspotential der von der beschwerdeführenden Gesellschaft gepachteten Böden gewinnen.

Wenn die Wiener Landesregierung vorbringt, sie habe sich in wenigen Fällen nicht an den tatsächlich vorhandenen Gegebenheiten orientiert, sondern habe Flächen unter Inanspruchnahme ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit auf Grund des individuellen Potentiales des jeweiligen Naturraumes festgelegt, so hat sie durch diese Aussage keinen Versuch unternommen, das jeweilige konkrete Potential der betroffenen Grundstücke zur Festlegung von "Naturzonen" darzulegen, um die Inanspruchnahme der planerischen Gestaltungsfreiheit zu rechtfertigen.

2.3. Zum Widerspruch der Festlegung von Naturzonen mit Managementmaßnahmen zu §5 Abs6 Wr NatParkG:

Der Verfassungsgerichtshof hält schließlich auch das Bedenken aufrecht, dass die Ausweisung bisher als Ackerflächen genutzter Teile der Lobau als "Naturzonen mit Managementmaßnahmen" deshalb §5 Abs6 Wr NatParkG widerspricht, weil nach dieser Bestimmung nur Flächen mit - bestehenden - artenreichen Wiesenflächen sowie Waldflächen, auf denen überlieferte Formen der Auwaldnutzung (Mittel- und Niederwaldbewirtschaftung) zur Erhaltung wertvoller Lebensräume betrieben werden, zu Naturzonen mit Managementmaßnahmen erklärt werden dürfen. Der Gesetzgeber ist nicht etwa von einem "ausreichenden Potential zur dauerhaften Entwicklung" (vgl. §5 Abs3 Wr NatParkG) sondern von "artenreichen Wiesenflächen sowie Waldflächen" ausgegangen. Eine Auslegung in dem Sinne, dass auch Ackerflächen, die ein Entwicklungspotential zu Wald- und Wiesenflächen haben, zu Naturzonen mit Managementmaßnahmen erklärt werden dürfen, ist deshalb unzulässig, weil sich der Gesetzgeber selbst innerhalb derselben Bestimmung (§5 Wr NatParkG) zur Beschreibung der Voraussetzungen für unterschiedliche Zonen unterschiedlicher Begriffe bedient hat, denen eine unterschiedliche Bedeutung zuzumessen ist. Darüber hinaus ist den Erläuternden Bemerkungen zum Wiener Nationalparkgesetz zu §5 Abs6 Wr NatParkG zu entnehmen, dass "in der Naturzone mit Managementmaßnahmen (...) gewisse Pflegemaßnahmen zur Erhaltung der Eigentümlichkeit des Gebietes sowie des Artenreichtums erforderlich" sind.

Sollten die Kriterien der IUCN (§1 Abs2 Wr NatParkG) und somit ein Ziel des Wiener Nationalparkgesetzes aufgrund der natürlichen Gegebenheiten nicht erfüllt werden können, so ändert dies nichts daran, dass die bisherige ackerbauliche Nutzung nach dem Gesetz der Erklärung zu Naturzonen mit Managementmaßnahmen entgegensteht.

3. Aus all diesen Gründen waren §2 und §3 Abs2 der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festlegung und Einteilung des Nationalparkgebietes (Wiener Nationalparkverordnung), LGBl. für Wien Nr. 50/1996, sowie - mangels anderer planlicher Abgrenzungskriterien - der eine Anlage zu dieser Verordnung bildende Plan, soweit in diesem Flächen durch dunkle Grünfärbung als "Naturzonen", durch helle Grünfärbung als "Naturzonen mit Managementmaßnahmen" und durch Braunfärbung als "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" ausgewiesen sind, als gesetzwidrig aufzuheben.

4. Um allfällige legistische Vorkehrungen zu ermöglichen, hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten der als gesetzwidrig erkannten Verordnungsbestimmungen den Ablauf des 31. Oktober 2002 bestimmt.

Die Verpflichtung der Wiener Landesregierung zur Kundmachung dieser Aufhebung stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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