VfGH V23/07

VfGHV23/0726.2.2009

Zurückweisung des Individualantrags eines Taxikonzessionsinhabers auf Aufhebung einer Bestimmung der Salzburger Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-Betriebsordnung über die Erforderlichkeit einer zivilrechtlichen Erlaubnis für die Benützung von Verkehrsflächen im Bereich des Flughafens; zivilrechtlicher Rechtsweg angesichts des Kontrahierungszwanges der in öffentlicher Hand befindlichen, Versorgungsaufgaben wahrnehmenden Flughafenbetreiber möglich und zumutbar

Normen

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Sbg Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-BetriebsO §34 Abs3
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Sbg Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-BetriebsO §34 Abs3

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. Der Antragsteller besitzt eine Konzession gemäß §3 Abs1 Z3

des Gelegenheitsverkehrsgesetzes zur Personenbeförderung mit Personenkraftwagen, die zu jedermanns Gebrauch an öffentlichen Orten bereitgehalten werden oder durch Zuhilfenahme von Fernmeldeeinrichtungen angefordert werden (Taxigewerbe).

Mit einem auf Art139 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten Individualantrag begehrt er, §34 Abs3 der Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 14. April 1994 über die Ausübung des Taxigewerbes und des mit Personenkraftwagen betriebenen Mietwagen- und Gästewagengewerbes (Salzburger Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-Betriebsordnung), LGBl. 56/1994 idF LGBl. 16/2006, einem Verordnungsprüfungsverfahren zu unterziehen und diese Bestimmung "wegen Verfassungswidrigkeit bzw. Gesetzwidrigkeit" aufzuheben.

§34 dieser Verordnung lautet wie folgt:

"Standplätze

§34

(1) In Gemeinden, in denen Standplätze für das Taxigewerbe festgelegt sind (§96 Abs4 StVO 1960) dürfen Taxifahrzeuge nur auf diesen Plätzen auffahren, sofern besondere straßenpolizeiliche Anordnungen nicht anderes bestimmen.

(2) Anläßlich der Abhaltung von Großveranstaltungen ist das Auffahren und Aufstellen von Taxifahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 auch außerhalb von Standplätzen gestattet.

(3) Im Bereich von Zivilflughäfen ist das Auffahren und Bereithalten von Taxifahrzeugen auf Verkehrsflächen (Vorfahrten oder Vorflächen), die keine Straßen mit öffentlichem Verkehr sind, nach Maßgabe der zivilrechtlichen Erlaubnis durch den Verfügungs- oder Nutzungsberechtigten über diese Flächen erlaubt."

2. Zur Begründung seiner Antragslegitimation führt der Antragsteller aus:

"Ich bemühe mich seit längerem, zuletzt seit dem Antrag vom 08.06.2006 um den Abschluß eines zivilrechtlichen Gestattungsvertrages zur Benützung der Schrankenanlage, der Taxispur am Salzburg Airport sowie zur Erlangung einer Dauerparkkarte. Der Salzburg Airport, handelnd durch die CARPORT Parkmanagement GmbH, verweigert mir diese Dauerparkkarte und habe ich somit keine Möglichkeit, meine Beförderungsdienstleistungen am Airport Salzburg anzubieten. Die beschrankte Taxispur vom Salzburger Flughafen dient nicht dem öffentlichen Verkehr und darf ohne zivilrechtliche Erlaubnis nicht befahren werden.

Nach meinem Informationsstand bin ich in Salzburg nicht der einzige betroffene Taxiunternehmer, mit welchem der Airport Salzburg bzw. dessen handelnde Gesellschaften keinen Gestattungsvertrag für die Benützung der Taxispur am Salzburger Flughafen abschließen wollen. Den meisten Salzburger Taxikonzessionären ist die Zufahrt auf Grund eines abgeschlossenen Gestattungsvertrages jedenfalls möglich. Ohne Zufahrt zur Taxispur am Salzburger Flughafen ist für mich die Aufnahme von Fahrgästen, die mit Flugzeugen in Salzburg landen, nicht möglich und wird dies auch durch Verwaltungsstrafen bei Zuwiderhandeln geahndet. Ich erleide als Taxiunternehmer dadurch einen empfindlichen Wettbewerbsnachteil, weil die Aufnahme von Fluggästen bzw. Fahrgästen am Salzburger Flughafen im Allgemeinen und für mich im besonderen eine gute Erwerbsquelle darstellt. Es gibt somit im Bereich der Stadt Salzburg zumindest zwei Kategorien von Taxiunternehmern, nämlich jene, die zum Flughafen (Taxispur) zufahren dürfen, und jene, wozu ich gehöre, denen dies auf Grund fehlender privatrechtlicher Gestattung nicht möglich ist. Ich bin daher durch die Verweigerung eines Gestattungsvertrages in meinem Recht auf Ausübung des Taxigewerbes beeinträchtigt, ein anderer zumutbarer Weg, die Gesetzwidrigkeit der Salzburger Taxi-, Mietwagen- und Gästewagenbetriebsordnung geltend zu machen, steht mir nicht zur Verfügung, ich müßte zur Bekämpfung der, wie unten dargelegt, meines Erachtens gesetzwidrigen Bestimmungen der Salzburger Taxi-, Mietwagen- und Gästewagenbetriebsordnung, Sbg. LGBl. 56/1994 idF LGBl. 16/2006 jedenfalls eine Verwaltungsstrafe in Kauf nehmen, wenn ich Fahrgäste am Flughafen in Salzburg aufnehmen würde.

..."

3. Die Landeshauptfrau von Salzburg verteidigt die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmungen und führt zur Antragslegitimation Folgendes aus:

"1.1. Mit dem gegenständlichen Individualantrag wird lediglich Abs3, nicht jedoch Abs1 des §34 Salzburger Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-Betriebsordnung angefochten. Wie aber diese angefochtene Bestimmung nachteilig in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifen soll, erscheint unklar. Denn das Verbot des Auffahrens eines Taxis auf nicht nach §96 Abs4 StVO 1960 ausgewiesene Standplätze und somit auch auf Privatflächen ohne öffentlichen Verkehr ergibt sich aus Abs1, nicht aber aus §34 Abs3 der Verordnung. Abs3 stellt vielmehr eine Ausnahme zu Abs1 dar, wenn normiert wird, dass im Bereich von Zivilflughäfen das Auffahren und Bereithalten von Taxifahrzeugen auf Verkehrsflächen, die keine Straßen mit öffentlichem Verkehr sind, nach Maßgabe der zivilrechtlichen Erlaubnis durch den Verfügungs- oder Nutzungsberechtigten über diese Flächen gestattet ist. Durch diese - ausschließlich angefochtene - Bestimmung erwächst dem Antragsteller kein Nachteil oder keine Beschränkung, zumal die zur Nutzung einer Privatfläche notwendige Zustimmung des Verfügungsberechtigten ein Erfordernis darstellt, das unabhängig von der Taxi-Betriebsordnung besteht. §34 Abs3 bringt für den Antragsteller nicht etwa - wie es aber für die Zulässigkeit des Antrages vonnöten wäre - einen Nachteil, sondern wegen der Verbotsausnahme sogar einen Vorteil mit sich. Dies zeigt sich auch daran, dass die beantragte Aufhebung dieser Vorschrift nicht etwa zur Folge hätte, dass der Antragsteller zur Ankunftshalle des Flughafens zufahren dürfte; im Gegenteil wäre dies dann sogar bei Vorliegen einer privatrechtlichen Zufahrtserlaubnis durch den Verfügungsberechtigten wegen der sich auch auf Privatflächen erstreckenden Verbotswirkung des §34 Abs1 (von einer solchen geht auch das Erk VfSlg 14.083/1995 sowie der VwGH im Erk v 6.9.2005, 2005/03/0076, aus) unzulässig.

Mangels nachteiligen Eingriffes in die Rechtssphäre des Antragstellers durch die von ihm angefochtene Bestimmung fehlt somit die Antragslegitmitation (vgl ähnlich zuletzt VfGH 11.10.2006, V11/05).

1.2. Zur Geltendmachung der behaupteten Rechtswidrigkeit steht dem Antragsteller aber auch ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung:

Der Antragsteller könnte ein gerichtliches Verfahren anhängig machen, das ihm die Gelegenheit böte, ein Verordnungsprüfungsverfahren anzuregen (vgl zB VfSlg 12.046/1989, 14.355/1995, 15.834/2000 uva). Es erscheint denkbar, einen Kontrahierungszwang der in der öffentlichen Hand befindlichen Salzburger Flughafen GmbH (Beteiligungsverhältnis: 75% Land Salzburg, 25% Stadt Salzburg) bzw der von dieser Gesellschaft dominierten (Beteiligung 85%) Carport Parkmanagement GmbH anzunehmen, sodass eine Klage auf Erteilung der im §34 Abs3 Salzburger Taxi-, Mietwagen- und Gästewagenbetriebsordnung vorgesehenen Zustimmung des Verfügungsberechtigten in Betracht kommt. Nach hM unterliegt nämlich die öffentliche Hand einschließlich solcher Unternehmen, die von ihr betrieben werden, um eine Versorgungsaufgabe wahrzunehmen, wegen der einem Monopolisten vergleichbaren Möglichkeit der Fremdbestimmung bei bloß formaler Parität auf Grund der aus ihrer spezifisch staatlichen Position folgenden, den Rechtsgeschäftspartner faktisch oder rechtlich bindenden Regelungsbefugnis einer Pflicht zur Gleichbehandlung und damit einem Abschlusszwang zu angemessenen Bedingungen (vgl zB Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung [1993] 150 ff).

Es ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass der Antragsteller bei Erfüllen der im Wesentlichen gleichen Voraussetzungen wie Inhaber der entsprechenden privatrechtlichen Gestattung einen im ordentlichen Rechtsweg durchsetzbaren Anspruch auf Erteilung der Zustimmung im Sinn des §34 Abs3 Salzburger Taxi-, Mietwagen- und Gästewagenbetriebsordnung hat. Da die Zustimmung in der inkriminierten Vorschrift ausdrücklich vorgesehen ist, erscheint ihre Präjudizialität bzw ihre Anwendung in einem entsprechenden Gerichtsprozess zumindest denkmöglich. Dies reicht aber für ein Verordnungsprüfungsverfahren und somit für die Zumutbarkeit dieses Weges aus (vgl zB VfSlg 9811/1983, 15.299/1998, 16.244/2001).

Der Individualantrag ist daher auch aus diesem Grund unzulässig.

..."

4. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie folgt den Ausführungen des Antragstellers und sieht entsprechend dem Vorerkenntnis VfSlg. 14.083/1995 die Gesetzwidrigkeit des §34 Abs3 der angefochtenen Verordnung. Der Antragsteller replizierte auf die Äußerungen der Landeshauptfrau von Salzburg und des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie ebenso wie auf das ergänzende Vorbringen der Landeshauptfrau von Salzburg.

II. Der Antrag ist nicht zulässig.

1. Nach der mit dem Beschluss VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung setzt die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 (letzter Satz) B-VG voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art139 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003).

Ein solcher zumutbarer Weg ist nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes u.a. gegeben, wenn ein gerichtliches Verfahren zulässig ist, in dem der Antragsteller die Möglichkeit hat, eine Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof anzuregen.

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller durch die angefochtene Verordnung tatsächlich aktuell und unmittelbar in seiner Rechtssphäre beeinträchtigt wird, da ihm unter den besonderen Voraussetzungen des vorliegenden Falles jedenfalls ein zumutbarer anderer Weg in Gestalt eines gerichtlichen Verfahrens zur Geltendmachung der von ihm behaupteten Gesetzwidrigkeit offen steht.

2.1. Der Antragsteller begehrt den Abschluss eines "Gestattungsvertrages" mit der Betreiberin des Salzburger Flughafens, die sich dem Antragsvorbringen zufolge bisher weigerte, einen solchen Vertrag abzuschließen. Wie die Landeshauptfrau von Salzburg zutreffend ausführt, ist diese aber in ihrer Entscheidung, ob sie mit dem Antragsteller einen Vertrag abschließt, nicht frei:

In Fällen eines Unternehmens, das von der öffentlichen Hand betrieben wird, um eine Versorgungsaufgabe wahrzunehmen, bei dem dessen faktische Übermacht bei bloß formaler Parität diesem die Möglichkeit der "Fremdbestimmung" über andere gibt, wird in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Pflicht zum Abschluss eines Vertrages angenommen (OGH 30.5.1994, 1 Ob 524/94, mwN auf Rechtsprechung und Literatur). Dies gilt insbesondere dann, wenn ein solches Unternehmen, das die Leistung bestimmter Sachen und Dienste in Aussicht gestellt hat, einem zum angesprochenen Personenkreis gehörenden Interessenten, dem zumutbare Ausweichmöglichkeiten fehlen, die Leistung und den sie vorbereitenden Vertragsschluss ohne sachliche Gründe verwehrt (vgl. Bydlinski, Zu den dogmatischen Grundfragen des Kontrahierungszwanges, AcP 1980, 1 [41]; Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 150 ff.).

2.2. Der Betrieb des Flughafens Salzburg und die Verwaltung der dazugehörigen Verkehrsflächen erfolgt durch die Salzburger Flughafen GmbH und die Carport Parkmanagement GmbH. An der Salzburger Flughafen GmbH ist das Land Salzburg zu 75 %, die Stadt Salzburg zu 25 % beteiligt. Sie beherrscht mit einer Beteiligung von 85 % die Carport Parkmanagement GmbH. Beide Gesellschaften befinden sich daher im Ergebnis in öffentlicher Hand und betreiben mit dem Flughafen und den dazugehörigen Verkehrsflächen ein Versorgungsunternehmen, das öffentliche Aufgaben im Bereich des Verkehrs wahrnimmt (vgl. OGH 30.5.1994, 1 Ob 524/94). Die mit der Verwaltung der Verkehrsflächen, auf denen der Antragsteller Zufahrt begehrt, betrauten Unternehmen sind daher verpflichtet, bei Vorliegen vergleichbarer Voraussetzungen mit interessierten Taxiunternehmen einen Vertrag zu schließen, der die Auffahrt auf den Salzburger Flughafen zur Aufnahme von Fahrgästen ermöglicht.

Daraus folgt, dass dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung steht: Für den Fall der Nichterteilung der zivilrechtlichen Erlaubnis kann er - bei Vorliegen derselben Voraussetzungen wie bei Taxiunternehmern, denen eine solche Erlaubnis erteilt wurde - beim zuständigen ordentlichen Gericht eine Klage einbringen.

2.3. Es ist dem Antragsteller jedenfalls zumutbar, auf Grund seiner Bedenken gegen die Verordnung in diesem Verfahren anzuregen, einen Verordnungsprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Die Gerichte sind zur Stellung von Anträgen auf Verordnungsprüfung an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art89 Abs2 iVm Art139 B-VG verpflichtet, wenn sie Bedenken gegen die anzuwendende Rechtsvorschrift haben (vgl. VfSlg. 14.355/1995).

2.4. Der Antrag ist daher bereits aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen.

III. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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