Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1
MRG §16 Abs5 erster Satz
MRG §26 Abs2
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1
MRG §16 Abs5 erster Satz
MRG §26 Abs2
Spruch:
Dem Antrag wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 26. Feber 1986, Z Msch 16/85-19, wurde in der Mietrechtssache des Antragstellers I G wider den Antragsgegner K P über die Angemessenheit des begehrten Hauptmietzinses (iSd §16 Mietrechtsgesetz, BGBl. 520/1981 idF BGBl. 559/1985 - MRG) entschieden. Der Antragsgegner ergriff dagegen Rekurs, den das Landesgericht Linz mit Beschluß vom 25. September 1986, Z13 R 378/86-24, (nur) teilweise erledigte; die (Rekurs-)Entscheidung ua. darüber, ob der antragstellende Mieter einen Rückforderungsanspruch (iSd §27 Abs3 iVm §16 Abs5 1. Satz MRG) habe, blieb einem späteren Zeitpunkt vorbehalten.
Zugleich stellte das Landesgericht Linz in dieser bei ihm anhängigen Rekurssache gemäß Art140 B-VG iVm Art89 Abs2 B-VG den Antrag, der VfGH möge den 1. Satz des §16 Abs5 MRG als verfassungswidrig aufheben, und zwar (ausschließlich) wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG, Art14 EMRK).
1.1.2. Das antragstellende Gericht führte zunächst zur Frage der Präjudizialität der aufzuhebenden Norm aus:
"Für die Erledigung . . . (des) verbleibenden anhängigen
Rekursteiles ist die Bestimmung des §16 Abs5 Satz 1 MRG igF,
wonach der nach dem Abs1 dieser Bestimmung vereinbarte
Hauptmietzins so weit unwirksam ist, als er den für den
Mietgegenstand nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage,
Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag
überschreitet, präjudiziell. Denn bei Anwendung dieser Bestimmung
ergäbe sich die Unwirksamkeit des für die Zeit ab Oktober 1984
vereinbarten monatlichen Mietzinses . . . bis zur Höhe des
rechtskräftig festgestellten iSd §16 Abs1 MRG angemessenen Betrages
. . . ; der daraus folgende Rückforderungsanspruch gemäß §27 Abs3
MRG würde zum Zuspruch des Überschreitungsbetrages gemäß §37 Abs4 MRG - zumindest bis zum in erster Instanz zuerkannten und vom Antragsteller unbekämpft gebliebenen Betrag führen."
In der Sache selbst wurde der Aufhebungsantrag ua. folgendermaßen begründet:
"Das MRG beschränkt die Möglichkeit freier Mietzinsvereinbarungen insoweit, als 1) der höchstzulässige Hauptmietzins a) den sich aus Nutzfläche und Ausstattungskategorie ergebenden (§16 Abs2 MRG), b) ausnahmsweise den für den Mietgegenstand nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen (§16 Abs1 MRG) Betrag, 2) der höchstzulässige Untermietzins die im Vergleich zum vom Untervermieter entrichteten Mietzins angemessene Gegenleistung nicht unverhältnismäßig übersteigen darf.
Als Sanktion für einen Verstoß gegen diese Bestimmungen sieht im Fall der Hauptmiete §16 Abs5 MRG die Nichtigkeit der Überschreitungsbeträge vor - was die Rückforderung ex tunc ermöglicht, während der Untermieter gemäß §26 Abs2 MRG bloß die Ermäßigung des Untermietzinses auf die angemessene Gegenleistung ab dem folgenden Zinstermin verlangen kann.
Da den Vertragsteilen im Gegensatz zu den ziffernmäßig bestimmten Kategoriehöchstbeträgen nach §16 Abs2 MRG in der Regel die Grenzen sowohl des §16 Abs1 MRG ('angemessener Betrag') als auch des §26 Abs1 MRG ('die angemessene Gegenleistung nicht unverhältnismäßig übersteigender' Untermietzins) nicht exakt erkennbar sind (vgl. Würth in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, S 344 f), erscheint dem antragstellenden Gericht vorliegende Ungleichbehandlung der Folgen einer Mietzinsüberschreitung sachlich nicht gerechtfertigt."
1.2. Die zur Äußerung aufgeforderte Bundesregierung erstattete eine Gegenschrift; sie verteidigte darin die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Norm, stellte den Antrag, der VfGH wolle §16 Abs5 Satz 1 MRG nicht als
verfassungswidrig aufheben, und brachte begründend ua. wörtlich vor:
" . . . Der Gesetzgeber des MRG hat im Rahmen der ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit das Mietverhältnis grundsätzlich anders gestaltet als das Untermietverhältnis. Die sachliche Rechtfertigung hiefür ist in dem Umstand gegeben, daß die Rechtsstellung der Hauseigentümer als Vermieter eine gänzlich andere ist als jene eines Mieters, der als Untervermieter auftritt.
Das MRG hat - ähnlich wie das frühere, am 31. Dezember 1981 außer Kraft getretene Mietengesetz 1922 - in zahlreichen Regelungen die Rechtsposition des Untermieters als weniger schutzwürdig angesehen als die des Hauptmieters und hat daher dessen Rechte im Vergleich zu denjenigen des Hauptmieters (in dessen Verhältnis zum Hauseigentümer oder Fruchtnießer) grundsätzlich anders ausgestaltet. So hat beispielsweise der Untermieter gegenüber dem Untervermieter in Ansehung des Mietzinses keinerlei Verrechnungs- und Verwendungsanspruch (die in den §§3 bis 6 und §21 Abs3 bis 5 MRG angeführten Ansprüche stehen dem Untermieter nicht zu), d.h. der Untervermieter darf den vom Untermieter einkassierten Mietzins zur Gänze für sich behalten, ohne daß ihn irgendeine Verwendungspflicht trifft; demgegenüber hat der Hauseigentümer oder Fruchtnießer - jedenfalls im Fall eines entsprechenden Antrages der Mieterseite (§6 Abs1 MRG) - den eingehobenen Hauptmietzins für die Erhaltung und Verbesserung des Miethauses aufzuwenden; er darf nur bei Vornahme von Reparaturen und Verbesserungen gemäß §20 Abs1 Z2 litb MRG einen einmaligen Zuschlag von 20 % der Rechnungssumme zusätzlich zu den tatsächlichen Ausgaben als fiktive Ausgabe in die Mietzinsreserve verrechnen; erst nach zehn Jahren kann der Hauseigentümer oder Fruchtnießer den nicht für Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten verbrauchten Teil des Mietzinses - zuzüglich der auf das Miethaus entfallenden Vermögenssteuer - verrechnungsfrei behalten. Im Fall des Eigenbedarfes des Vermieters kann ein Untermieter (anders als ein Hauptmieter in den Fällen des §30 Abs2 Z8 MRG) generell ohne jegliche Beistellung von Ersatzwohnungen gekündigt werden (§30 Abs2 Z12 MRG); den Untervermieter trifft - anders als den Hauseigentümer - keine durch vertragliche Vereinbarungen unabdingbare Pflicht zur Erhaltung des Mietgegenstandes (§3 MRG gilt bloß für den Hauseigentümer, nicht aber auch für den Untervermieter). Darüber hinaus besteht bei Untermietsverhältnissen kein Eintrittsrecht der Angehörigen im Todesfall, und es besteht auch kein Recht auf Wohnungstausch. Die Regelungen des MRG bewirken daher in ihrer Summe eine völlig andere Position des Untermieters gegenüber der Position des Mieters. Ein 'punktueller' Vergleich einzelner Bestimmungen, wie ihn der Antrag des Landesgerichtes Linz anstellt, läßt dies völlig außer Acht. In diesem Sinn hat der VfGH im Erkenntnis VfSlg. 10001/1984 die unterschiedliche rechtliche Behandlung von Kreditunternehmen gegenüber anderen Unternehmen mit ihrer sich aus der Rechtsordnung ergebenden rechtlichen Sonderstellung als gerechtfertigt angesehen . . . "
1.3. Die im verfassungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Partei I G gab ebenfalls eine Stellungnahme ab, in der sie für die Abweisung des Aufhebungsantrages eintrat.
1.4. Abs5 Satz 1 der mit "Vereinbarungen über die Höhe des Hauptmietzinses" überschriebenen Vorschrift des §16 MRG hat folgenden Wortlaut:
"Übersteigt der nach Abs1 vereinbarte Hauptmietzins den für den Mietgegenstand nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag, so ist die Mietzinsvereinbarung so weit unwirksam, als sie dieses Höchstmaß überschreitet."
2. Der VfGH hat erwogen:
2.1. Zu den Prozeßvoraussetzungen:
Zunächst sei vorausgeschickt, daß der VfGH nicht berechtigt ist, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Rechtsmittelgericht an eine bestimmte Gesetzesauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung darf daher ein Antrag eines an sich antragslegitimierten Gerichtes iSd Art140 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der (gerichtlichen) Entscheidung im Anlaßfall bildet (vgl. zB VfSlg. 9911/1983; VfGH 3.10.1986 G86/86 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Es kann nun - im Hinblick auf die beim Landesgericht Linz als Rekursgericht zur Entscheidung heranstehende Mietrechtssache - keinesfalls mit Grund gesagt werden, daß das antragstellende Gericht die Präjudizialität des §16 Abs5 Satz 1 MRG denkunmöglich bejaht habe.
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist der Gesetzesprüfungsantrag gemäß Art140 B-VG zulässig.
2.2. Zur Sache:
Der VfGH vermag die Bedenken des Landesgerichtes Linz ob der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Gesetzesstelle - die im wesentlichen darin gipfeln, daß das MRG für die Überschreitung der Höchstzulässigkeitsgrenzen bei Hauptmietzinsen einerseits (§16 Abs5 Satz 1) und bei Untermietzinsen anderseits (§26 Abs2) unterschiedliche Sanktionen vorsehe aus folgenden Überlegungen nicht zu teilen:
Zunächst ist davon auszugehen, daß der Bundesgesetzgeber
mit dem MRG an die schon bisher unterschiedlich behandelten
Erscheinungen der Haupt- und Untermiete (§§1091 ff, 1098 ABGB,
Mietengesetz BGBl. 210/1929) anknüpft und diese
Unterschiedlichkeiten, wie die Bundesregierung in ihrer
schriftlichen Äußerung zutreffend hervorhebt, im Rahmen seiner
rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit nicht nur festschrieb, sondern
- teilweise - weiter ausbaute (vgl. Würth-Zingher,
Mietrechtsgesetz2, Anm. 1 zu §2, S 13: "Die Begriffe Hauptund
Untermieter bedeuten nun . . . vollberechtigter Mieter und Mieter
minderen Rechts . . . ; wer welche Stellung erlangt, ist kasuistisch
geregelt"). Wenn auf solche Weise - den jeweiligen Erfordernissen des Rechtsverkehrs adäquate - verschiedenartige Vertragsinstrumente geschaffen wurden, so kann es - im Blick auf bestehende Unterschiede im Tatsächlichen - grundsätzlich nicht gleichheitswidrig sein, für jedes dieser Vertragsmodelle angemessene Sanktionen für Mietzinsüberschreitungen vorzusehen, die naturgemäß voneinander ebenso abweichen können wie die gesetzlichen Vertragsformen selbst, und zwar je nachdem, ob es sich um Haupt- oder um Untermietfälle handelt. Die sinngemäße Argumentation des Landesgerichtes, unbedenklich - iS des Art7 Abs1 B-VG - sei wohl die Normierung inhaltlich verschiedener Mietrechtstypen (Haupt-, Untermiete), nicht aber die Statuierung verschiedener Rechtsfolgen für Zinsüberschreitungen, krankt an einem unlösbaren Widerspruch. Dies schon deshalb, weil sie - da angesichts aller Unterschiede zwischen den beiden (Miet-)Phänomenen nicht nachgewiesen wird und auch nicht zu ersehen ist, weshalb gerade die aus der (gar nicht in Zweifel gezogenen) Gesamtregelung herausgegriffenen Sanktionsnormen gleichförmig und übereinstimmend formuliert sein müssen - auf jede im MRG different beantwortete (Detail-)Frage der Haupt- und Untermiete zuträfe, d.h. letzten Endes zwangsläufig zu einem einheitlichen Mietbegriff überhaupt führen würde: Das Rekursgericht machte sich im gegebenen Zusammenhang ausschließlich die - nicht gerechtfertigten verfassungsrechtlichen Bedenken Würths, in:
Korinek-Krejci (Hrsg.), Handbuch zum Mietrechtsgesetz, S 344 f, zu eigen (s. auch: Würth, in: Rummel (Hrsg.), Kommentar zum ABGB, RZ 6 zu §16 MRG, S 3191), indem es ersichtlich vermeint, daß Verstöße gegen §16 Abs1 MRG (: Fälle der Hauptmiete) Vertragsnichtigkeit ex tunc nach sich zögen, dagegen §26 Abs2 MRG (: Fälle der Untermiete) nur eine (Zins-)Herabsetzung ex nunc zuließe, obgleich für die Höhe sowohl des Haupt- als auch des Untermietzinses im wesentlichen gleiche Angemessenheitskriterien mit geringem Bestimmtheitsgrad zu gelten hätten. Aus der Ähnlichkeit der Regelungen zur Haupt- und Untermietzinshöhe läßt sich aber nicht die Gleichheitswidrigkeit der bekämpften Norm ableiten, denn nicht dieser vom anfechtenden Gericht punktuell gesehene Teilbereich des Haupt- und Untermietrechtes gibt hier den Ausschlag, sondern der Umstand, daß der Gesetzgeber, wie schon einleitend festgehalten, mit Haupt- und Untermiete an sich Rechtspositionen unterschiedlicher Stärke schaffen und einräumen wollte. Geht man aber von einer solchen durchaus sachlichen Differenzierung im Grundsätzlichen aus, liegt auf der Hand, daß die den beiden Rechtseinrichtungen angepaßten Detailvorschriften nicht ohne weiteres miteinander verglichen werden dürfen.
Der Antrag des Landesgerichtes war darum als unbegründet abzuweisen.
2.3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.
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