VfGH G276/09

VfGHG276/0911.3.2010

Gleichheitswidrigkeit des im Finanzausgleichsgesetz 2008 geregelten Getränkesteuerausgleichs; keine sachliche Rechtfertigung des dauerhaften Abstellens auf die Getränkesteuereinnahmen eines bestimmten Zeitraums; keine Verfassungswidrigkeit des Aufteilungsschlüssels für die Anteile der Gemeinden an der Umsatzsteuer als gemeinschaftlicher Bundesabgabe beim Getränkesteuerausgleich

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs5 / Fristsetzung
B-VG Art140 Abs7
FAG 2008 §9 Abs7 Z5 litb sublitbc, §11 Abs2 Z2
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs5 / Fristsetzung
B-VG Art140 Abs7
FAG 2008 §9 Abs7 Z5 litb sublitbc, §11 Abs2 Z2

 

Spruch:

I. §11 Abs2 Z2 des Bundesgesetzes, mit dem der Finanzausgleich

für die Jahre 2008 bis 2013 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2008 - FAG 2008), BGBl. I Nr. 103/2007, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2010 in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc des Bundesgesetzes, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2008 bis 2013 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2008 - FAG 2008), BGBl. I Nr. 103/2007, wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine auf Art137 B-VG

gestützte Klage der Gemeinde Mils bei Imst gegen das Land Tirol anhängig, mit der die klagende Partei den Zuspruch von € 340.000,-- s. A. begehrt. Die Klage stützt sich auf das Finanzausgleichsgesetz 2005 (FAG 2005), BGBl. I 156/2004, und das Finanzausgleichsgesetz 2008, BGBl. I 103/2007 (FAG 2008). Die Klage wird damit begründet, dass die klagende Partei seit dem Jahr 2005 jährlich zumindest € 85.000,-- mehr an Ertragsanteilen aus den gemeinschaftlichen Bundesabgaben erhalten hätte, wenn die Aufteilung eines bestimmten Teils der gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die Gemeinden nicht nach Maßgabe der - von der klagenden Partei als verfassungswidrig gerügten - Regelungen des §11 Abs2 Z2 FAG 2008 ("Getränkesteuerausgleich") erfolgt wäre.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat am 25. September 2009 beschlossen, aus näher dargelegten Gründen (siehe Pkt. I.4.) gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit folgender Gesetzesbestimmungen des FAG 2008, BGBl. I 103/2007, einzuleiten (die in Prüfung gezogenen Wortfolgen sind hervorgehoben):

"§9. (1) Die Erträge der im §8 Abs1 angeführten gemeinschaftlichen Bundesabgaben mit Ausnahme der Spielbankabgabe werden zwischen dem Bund, den Ländern (Wien als Land) und den Gemeinden (Wien als Gemeinde) in folgendem Hundertsatzverhältnis geteilt: ...

(2) - (6) ...

(7) Die Teile der Erträge der gemeinschaftlichen Bundesabgaben, die gemäß Abs1 bis 5 auf die Länder und Gemeinden entfallen, werden auf die Länder und länderweise auf die Gemeinden nach den folgenden Schlüsseln aufgeteilt:

1. - 4. ...

  1. 5. bei den Abgaben mit einheitlichem Schlüssel (§9 Abs1) mit Ausnahme der auf die Länder entfallenden Anteile an der Erbschafts- und Schenkungssteuer

a) auf die Länder

...

b) auf die Gemeinden

  1. ba) ein Anteil nach der Volkszahl,
  2. bb) ein Anteil nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel,
  3. bc) der verbleibende Anteil zunächst mit einem Betrag in Höhe von 1,888% des Aufkommens an der Umsatzsteuer nach Abzug des in §8 Abs2 Z1 genannten Betrages als Getränkesteuerausgleich als Anteile an der Umsatzsteuer in folgendem Verhältnis:

Burgenland 2,505 %

Kärnten 8,496 %

Niederösterreich 15,185 %

Oberösterreich 14,587 %

Salzburg 9,426 %

Steiermark 13,086 %

Tirol 14,512 %

Vorarlberg 4,811 %

Wien 17,392 %

  1. bd) dann der Ausgleich für die Abschaffung der Selbstträgerschaft für die Gemeinden im Verhältnis der länderweisen Auswirkungen (§24 Abs6)
  2. be) und die weiteren verbleibenden Anteile nach einem Fixschlüssel.

...

§11. (1) Zur Ermittlung der Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben mit Ausnahme der Spielbankabgabe werden zunächst die Ertragsanteile auf die Gemeinden länderweise unter Beachtung der im §9 Abs7 angeführten Schlüssel rechnungsmäßig aufgeteilt (ungekürzte Ertragsanteile). [Es folgt eine Regelung, wonach ein Anteil von 12,7 % als an die Länder zur Verwendung für Bedarfszuweisungen bestimmter Anteil auszuscheiden ist.]

(2) Die restlichen Anteile sind als Gemeindeertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben an die Länder zu überweisen und von diesen - außer in Wien - an die einzelnen Gemeinden nach folgenden Schlüsseln aufzuteilen:

1. ...

2. Die Anteile aus dem Getränkesteuerausgleich werden im Verhältnis der durchschnittlichen Jahreserträge an Getränke- und Speiseeissteuer in den Jahren 1993 bis 1997 verteilt. Bei Gemeinden, in denen der Ertrag an Getränke- und Speiseeissteuer im Jahr 1998 oder im Jahr 1999 mehr als 50 % über dem durchschnittlichen Jahresertrag der Jahre 1993 bis 1997 gelegen ist, wird jedoch statt der durchschnittlichen Jahreserträge in den Jahren 1993 bis 1997 der jeweils höhere Wert der Jahre 1998 oder 1999 für die Berechnung der Anteile der Gemeinde herangezogen.

  1. 3. Die Anteile aus dem Gemeinde-Werbesteuernausgleich

    ...

4. - 6. ...

7. Die restlichen Ertragsanteile sind nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel auf alle Gemeinden des Landes zu verteilen."

3. Die Rechtsentwicklung, die der Erlassung der zitierten Regelungen voranging, stellte der Verfassungsgerichthof im Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"... Bis zu der am 31. Mai 2000 kundgemachten Änderung des

Finanzausgleichgesetzes 1997 (FAG 1997), BGBl. 201/1996, durch das

Bundesgesetz BGBl. I 29/2000 waren 'Abgaben auf die entgeltliche

Lieferung von Speiseeis ... und von Getränken ...' als

ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben geregelt (§14 Abs1 Z8 FAG 1997) und konnten gemäß §15 Abs3 Z2 leg.cit. im Ausmaß von 10 % bzw. (hinsichtlich alkoholfreier Getränke) im Ausmaß von 5 % als Gemeindeabgaben auf Grund freien Beschlussrechts erhoben werden.

Die zitierte Änderung des FAG 1997 erfolgte als Reaktion auf das Urteil des EuGH vom 9. März 2000, Rs. C-437/97 , Evangelischer Krankenhausverein Wien, Slg. I-1157 (vgl. RV 87 BlgNR 21. GP). In diesem Urteil hatte der EuGH - mit auf den Zeitraum nach Erlassung des Urteils eingeschränkter Wirkung - ausgesprochen, dass die Erhebung einer Getränkesteuer auf alkoholische Getränke in Fällen wie jenem, der dem EuGH vorlag, gegen Art3 Abs3 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 verstößt. Mit der zitierten Novelle des FAG 1997 wurde die Ermächtigung der Gemeinden zur Ausschreibung von Getränkesteuer auf alkoholische Getränke beseitigt. Zur Kompensierung der Aufkommensausfälle der Gemeinden wurden u.a. die aus der Umsatzsteuer resultierenden (auf die Gemeinden aufzuteilenden) Ertragsanteile der Länder erhöht. Der beim Bund dadurch entstehende Entfall von Anteilen sollte durch materiellrechtliche Änderungen u.a. bei der Umsatzsteuer ausgeglichen werden.

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage führen dazu wörtlich aus (RV 87 BlgNR 21. GP):

'Reform der Getränkebesteuerung, Getränkesteuerausgleich

In intensiven Gesprächen mit dem Österreichischen Städtebund, dem Österreichischen Gemeindebund und Vertretern der betroffenen Wirtschaftszweige wurde der erforderliche gemeinschaftsrechtskonforme Ausgleich erarbeitet.

Die Gemeinden erhalten einen Getränkesteuerausgleich durch höhere Ertragsanteile bei der Umsatzsteuer zu Lasten des Bundes.

Steuerliche Anpassungen bei der Umsatzsteuer, der Biersteuer, Alkoholsteuer und der Zwischenerzeugnissteuer und Änderungen der Teilungsverhältnisse bei diesen Abgaben ersetzen dem Bund einen Teil der für die Gemeinden bereitgestellten Mittel.

Die Steuerpflichtigen werden um rund 1,3 Milliarden Schilling entlastet. Durch den beabsichtigten gänzlichen Entfall der Getränkesteuer ab 1. Jänner 2001 treten für Wirtschaft und Gemeinden bedeutende Verwaltungsentlastungen ein.

Die Aufteilung des Getränkesteuerausgleichs auf die Gemeinden erfolgt über Vorschlag des Österreichischen Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes im Wege der Länder nach dem Verhältnis der Getränkesteuereinnahmen in den Jahren 1993 bis 1997.

...

Die Anteile der Gemeinden an der Umsatzsteuer werden zu Lasten des Bundes in dem Ausmaß erhöht, das sich aus den steuerlichen Maßnahmen dieses Gesetzesentwurfes ergibt. Da diese nicht im gesamten Jahr 2000 gelten, wird die volle Erhöhung der Gemeinde-Ertragsanteile um 4,5 Milliarden Schilling im Jahr 2001 wirksam werden und beim FAG 2001 zu berücksichtigen sein.

Die Mehreinnahmen bei Umsatzsteuer, Biersteuer und Alkoholsteuer kommen als Ersatz dem Bund zu Gute. Auch hier werden die vollen Auswirkungen in Höhe von 4,18 Milliarden Schilling im nächsten FAG zu berücksichtigen sein.

Die zusätzlichen Ertragsanteile der Gemeinden werden als Getränkesteuerausgleich auf die Gemeinden nach dem Durchschnitt der Aufkommen an Getränke- und Speiseeissteuer in den Jahren 1993 bis 1997 verteilt.'

Rechtstechnisch wurde der 'Getränkesteuerausgleich' durch Einfügung einer Ziffer 5a in den (u.a. die Aufteilung des Aufkommens an Umsatzsteuer auf die Länder und Gemeinden regelnden) §8 FAG 1997 bewerkstelligt.

...

... Mit dem Finanzausgleichsgesetz 2001 (FAG 2001),

BGBl. I 3, sind sowohl die ausdrückliche Erwähnung von 'Abgaben auf Getränke' in der Aufzählung der ausschließlichen Landes-(Gemeinde)abgaben (§15 leg.cit.) als auch die Ermächtigung der Gemeinden zur Ausschreibung von Getränkesteuern entfallen (§16 leg.cit.). Die Regelung des 'Getränkesteuerausgleichs' wurde im Wesentlichen fortgeführt. Zur Unterverteilung der dem Getränkesteuerausgleich gewidmeten Ertragsanteile der Länder auf die Gemeinden wurde grundsätzlich das Aufteilungsverhältnis nach dem jeweiligen Aufkommen aus Getränke- und Speiseeissteuern aus den Jahren 1993 bis 1997 beibehalten. Neu eingeführt wurde eine besondere Regelung für jene Gemeinden, bei denen im Jahr 1998 oder 1999 ein überdurchschnittliches Aufkommen angefallen ist: Für diese ist zur Ermittlung des Aufteilungsverhältnisses der jeweils höhere Wert maßgeblich. §12 Abs2 Z3 FAG 2001 lautet:

'3. Die Anteile aus dem Getränkesteuerausgleich werden im Verhältnis der durchschnittlichen Jahreserträge an Getränke- und Speiseeissteuer in den Jahren 1993 bis 1997 verteilt. Bei Gemeinden, in denen der Ertrag an Getränke- und Speiseeissteuer im Jahr 1998 oder im Jahr 1999 mehr als 50 vH über dem durchschnittlichen Jahresertrag der Jahre 1993 bis 1997 gelegen ist, wird jedoch statt der durchschnittlichen Jahreserträge in den Jahren 1993 bis 1997 der jeweils höhere Wert der Jahre 1998 oder 1999 für die Berechnung der Anteile der Gemeinde herangezogen.'

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage wird dazu Folgendes ausgeführt (RV 379 BlgNR 21. GP, 26):

'Zu §12 (Verteilung der Ertragsanteile der Gemeinden):

Die Verteilung des Getränkesteuerausgleiches erfolgt derzeit noch als Übergangslösung im Verhältnis der Erträge an Getränke- und Speiseeissteuer in den Jahren 1993 bis 1997. Es werden jedoch bereits in einer Arbeitsgruppe Möglichkeiten beraten, wie diese Verteilung in Zukunft an wirtschaftliche Veränderungen angepasst werden kann. Als erster Schritt werden im Verteilungsschlüssel außergewöhnliche Steigerungen beim Aufkommen an Getränke- und Speiseeissteuer in den Jahren 1998 und 1999 gegenüber dem Durchschnittsaufkommen 1993 bis 1997 mit berücksichtigt.'

... Im Finanzausgleichsgesetz 2005 (FAG 2005), BGBl. I

156/2004, wurde diese Regelung weitergeführt. Danach war weiterhin ein als Getränkesteuerausgleich gewidmeter Anteil der Länder am Umsatzsteueraufkommen (§9 Abs7 Z4 litb sublit. bc leg.cit.) nach dem bisherigen Verteilungsmodus auf Basis des Getränksteueraufkommens der Jahre 1993 bis 1997 (bzw. 1998 und 1999) auf die Gemeinden aufzuteilen. §11 Abs2 Z2 leg.cit. lautet dementsprechend:

'2. Die Anteile aus dem Getränkesteuerausgleich werden im Verhältnis der durchschnittlichen Jahreserträge an Getränke- und Speiseeissteuer in den Jahren 1993 bis 1997 verteilt. Bei Gemeinden, in denen der Ertrag an Getränke- und Speiseeissteuer im Jahr 1998 oder im Jahr 1999 mehr als 50 vH über dem durchschnittlichen Jahresertrag der Jahre 1993 bis 1997 gelegen ist, wird jedoch statt der durchschnittlichen Jahreserträge in den Jahren 1993 bis 1997 der jeweils höhere Wert der Jahre 1998 oder 1999 für die Berechnung der Anteile der Gemeinde herangezogen.'

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des FAG 2005 findet die Beibehaltung der Getränkesteuerausgleichsregelung keine Erwähnung (RV 702 BlgNR 22. GP).

... Auch das Finanzausgleichsgesetz 2008 (FAG 2008), BGBl. I

103/2007, führte die Regelung fort. In der die Ertragsanteileverteilung auf die Gemeinden betreffenden Regelung des §9 Abs7 Z5 litb leg.cit. wird ein Anteil des Umsatzsteueraufkommens (zulasten des nach allgemeinen Regeln zu verteilenden Anteils) vorweg für Zwecke des Getränkesteuerausgleichs ausgeschieden (vgl. §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc sowie §11 Abs2 Z2 leg.cit.). Die Z2 des §11 Abs2 leg.cit. regelt die Aufteilung des solcherart ausgeschiedenen Anteils auf die Gemeinden.

...

Auch die Regierungsvorlage zum FAG 2008 enthält keine näheren Erläuterungen zur Fortführung der Getränkesteuerausgleichsregelung und des entsprechenden Verteilungsmodus (RV 289 BlgNR 23. GP)."

4. Die Bedenken in der Sache formulierte der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss folgendermaßen:

"§11 Abs2 Z2 FAG 2008 (iVm §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc leg.cit.) geht historisch auf die so genannte Getränkesteuer-Ersatzregelung zurück. Es handelt sich um den wesentlichen Teil jener Maßnahmen, die mit BGBl. I 29/2000 getroffen wurden und den Zweck verfolgten, für die Gemeinden die finanziellen Konsequenzen aus dem Entfall der kommunalen Getränkesteuer abzufangen. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis VfSlg. 16.457/2002 (S 245) die Auffassung vertreten, dass diese Regelung 'inhaltlich geeignet ist, einen nach sachlichen Gesichtspunkten gestalteten Ausgleich für die entfallende Getränkesteuer herbeizuführen'.

Schon in den seinerzeitigen Verhandlungen zwischen den Finanzausgleichspartnern bestand allerdings Übereinstimmung darüber, dass es sich um eine Übergangslösung handle und dass die Notwendigkeit bestehe, die Verteilung künftig an die wirtschaftlichen Veränderungen anzupassen (vgl. die oben wiedergegebenen Erläuterungen zum FAG 2001, RV 379 BlgNR 21. GP). In diesen Erläuterungen wird hervorgehoben, dass als erster Schritt (sc. dieser Anpassung an wirtschaftliche Veränderungen) außergewöhnliche Steigerungen beim Aufkommen an Getränkesteuer in den Jahren 1998 und 1999 gegenüber dem Durchschnittsaufkommen 1993 bis 1997 berücksichtigt werden.

Zu weiteren Änderungen ist es jedoch seit diesem Zeitpunkt nicht mehr gekommen. In den Finanzausgleichsgesetzen 2005 und 2008 wurde der 'Getränkesteuerausgleich' offenbar unverändert fortgeschrieben. Es kam anscheinend weder zu einer (schrittweisen) Zurücknahme dieser Maßnahme noch wurden die seither geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse bei den Gemeinden, für die der Anlassfall dieses Verfahrens ein anschauliches Beispiel bildet, berücksichtigt. Damit dürfte es sich bei §11 Abs2 Z2 FAG 2008 um eine Norm handeln, die eine bestimmte historische Situation im Bereich der seinerzeitigen Getränkesteuer derart berücksichtigt, dass ein bestimmter Anteil des Umsatzsteueraufkommens auf die Gemeinden nach Maßgabe ihrer Erträge an Getränke- und Speiseeissteuer in den Jahren 1993 bis 1997 bzw. - ausnahmsweise - der Jahre 1998 und 1999 verteilt wird. Eine solche Regelung begünstigt anscheinend auf Dauer Gemeinden, die in den genannten Jahren erhebliche bzw. überdurchschnittliche Getränkesteuererträge erzielten, auch wenn diese in den nachfolgenden Jahren nicht mehr erzielt wurden, und dürfte jene nicht bloß vorübergehend benachteiligen, bei denen diese Abgabe in den fraglichen Jahren eine unterdurchschnittliche Bedeutung hatte, obwohl sie in späteren Jahren erhebliche Getränkeumsätze zu verzeichnen hatten. In besonderem Maße dürfte sie Gemeinden privilegieren, die - aus welchen Gründen immer - im Jahr 1998 oder im Jahr 1999 Getränkesteuererträge erzielen konnten, die weit über dem Durchschnitt der Jahre 1993 bis 1997 lagen: Diese erhalten die überdurchschnittlichen Erträge auch dann abgegolten, wenn in den Folgejahren vergleichbare Getränkeumsätze gar nicht mehr erzielt wurden.

Eine Regelung dieses Inhaltes ist, wie der Verfassungsgerichtshof bereits im zitierten Erkenntnis VfSlg. 16.457/2002 festgehalten hat, als Übergangsregelung sachlich vertretbar. Ihre unveränderte Fortschreibung, die eine bestimmte historische Situation finanzausgleichsrechtlich fixiert und auf veränderte Verhältnisse nicht Rücksicht nimmt, dürfte aber nach Ablauf einer Übergangsfrist sachlich nicht mehr zu rechtfertigen sein. Der Verfassungsgerichtshof kann zumindest vorderhand nicht erkennen, was es rechtfertigen könnte, eine solche Regelung auch noch für eine Finanzausgleichsperiode aufrecht zu erhalten, die mehr als zehn Jahre nach dem Entfall der Getränkesteuer endet. Er geht vorläufig davon aus, dass eine Ausgleichsmaßnahme dieses Inhaltes in dieser Zeit entweder mit entsprechender 'Abfederung' hätte abgebaut werden müssen oder dass der Gesetzgeber bei der finanzausgleichsrechtlichen Verteilung auf die Entwicklung der Getränkeumsätze in den einzelnen Gemeinden in den Jahren nach 1999 Bedacht nehmen, die Verteilung somit generell so vornehmen hätte müssen, als gäbe es noch die Getränkesteuer. Die unveränderte Beibehaltung der Regelung scheint jedenfalls nach Ablauf einer angemessenen Frist zu Differenzierungen zwischen den Gemeinden zu führen, die auf zufälligen historischen Gegebenheiten beruhen und daher als unsachlich anzusehen sein dürften.

Der Umstand, dass die unveränderte Fortschreibung des Getränkesteuerausgleichs im FAG 2008 offenbar in dem diesem Gesetz vorausgegangenen 'Finanzausgleichspaktum' vereinbart wurde, dürfte diese Bedenken nicht entkräften. Zwar hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass finanzausgleichsrechtliche Regelungen, die im Einvernehmen zwischen den Gebietskörperschaften getroffen wurden, in der Regel im Einklang mit §4 F-VG stehen, dass ihnen also die Vermutung der sachlichen Richtigkeit zukommt (VfSlg. 12.505/1990 ua.). Er hat im Erkenntnis VfSlg. 12.505/1990 aber darauf hingewiesen, dass auch in solchen Fällen ein den §4 F-VG verletzender Fehler der Gesetzgebung vorliegen könne, und zwar (unter anderem) dann, wenn einzelne Gebietskörperschaften gezielt benachteiligt oder bevorzugt wurden bzw. wenn die notwendigen Anpassungen an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse nicht vorgenommen oder in die Wege geleitet wurden.

Solches scheint aber im vorliegenden Fall zuzutreffen: Eine Regelung, die bestimmte Gebietskörperschaften gezielt bevorzugt und die als Übergangsregelung zu rechtfertigen ist, wurde inzwischen zu Dauerrecht, das auf geänderte Verhältnisse nicht Rücksicht nimmt. Die Vermutung der Richtigkeitsgewähr kann eine solche Regelung anscheinend nicht in Anspruch nehmen.

§9 Abs7 Z5 litb sublit. bc FAG 2008 war deswegen mit in Prüfung zu ziehen, weil diese Vorschrift anordnet, dass ein bestimmter Anteil der 'Abgaben mit einheitlichem Schlüssel' bzw. der Umsatzsteuer als Getränkesteuerausgleich auf die Länder nach einem Schlüssel zu verteilen ist, der von dem allgemeinen Aufteilungsschlüssel abweicht und anscheinend ebenfalls das unterschiedliche historische Getränkesteueraufkommen in den Bundesländern berücksichtigt. Fiele §11 Abs2 Z2 FAG 2008 weg, dann würde im Hinblick auf §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc leg.cit. anscheinend weiterhin ein Teil des Aufkommens der gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die Gemeinden nach einem Maßstab verteilt werden, bei dem die historische Situation der Getränkesteuer in den verschiedenen Bundesländern eine Rolle spielt."

5.1. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufheben, und den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes wie folgt entgegentritt:

"Die Bundesregierung hält die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Finanzausgleichsgesetzes 2008 (FAG 2008) im Ergebnis nicht für verfassungswidrig.

Zur näheren Begründung dieser Ansicht werden zunächst die Verhandlungen der Finanzausgleichspartner betreffend den 'Getränkesteuerausgleich' und die dort behandelten Alternativen sowie die Gründe für die Beibehaltung des bisherigen Getränkesteuerausgleichs kurz skizziert (unter 1.). Daran anschließend wird näher begründet, warum die Bundesregierung die Regelung für im Einklang mit §4 F-VG 1948 erachtet (unter 2.). Schließlich wird näher ausgeführt, dass zumindest die länderweise Verteilung (§9 Abs7 Z5 litb sublit. bc FAG 2008) als verfassungskonform anzusehen ist (unter 3.).

1. Verhandlungen betreffend Getränkesteuerausgleich, finanzielle Auswirkungen der Abschaffung des Getränkesteuerausgleichs

Der Getränkesteuerausgleich war sowohl bei der Vorbereitung der Verhandlungen zum FAG 2005 als auch in den Verhandlungen zum FAG 2008 ein wesentlicher Beratungsgegenstand:

Im Paktum zum FAG 2001 wurde vereinbart, in einer Arbeitsgruppe zu beraten, welche Möglichkeiten einer regelmäßigen Anpassung der Verteilung des - derzeit im Verhältnis der gemeindeweisen Aufkommen 1993 bis 1997 verteilten - Getränkesteuerausgleichs bestehen. Diese Arbeitsgruppe ist in den Jahren 2000 bis 2004 zu insgesamt fünf Sitzungen zusammengetreten und hat eine Reihe von Vorschlägen beraten. Eine allgemein zufrieden stellende Lösung einer Neuregelung konnte allerdings nicht gefunden werden.

1.1. Diskutierte Modelle

Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe ist der Äußerung als Beilage 1 angeschlossen. Zusammengefasst wurden zwei unterschiedliche Konzepte beraten:

  1. 1. Möglichkeiten, das - fiktive - gemeindeweise Aufkommen auch in den Jahren nach Abschaffung der Getränkesteuer zumindest annähernd zu ermitteln und der Verteilung des Getränkesteuerausgleiches zugrunde zu legen.

  1. 2. Alternative Verteilungskriterien, zB eine Verteilung im Verhältnis von Nächtigungszahlen.

Während ein Einvernehmen auf alternative Verteilungskriterien daran scheiterte, dass diese zwangsläufig zu Verschiebungen zwischen den Gemeinden führen würden, konnte auch kein Konsens über eine laufende Erhebung fiktiver gemeindeweiser Getränkesteueraufkommen erzielt werden, weil das Bundesministerium für Finanzen den damit verbundenen administrativen Aufwand sowohl für die Finanzbehörden, vor allem aber auch für die betroffenen Unternehmen für ungerechtfertigt hoch hielt (dazu noch näher unter 1.4.).

Der Getränkesteuerausgleich wurde auch in den Verhandlungen zum FAG 2008 intensiv beraten, und zwar im Paket mit den sonstigen Ertragsanteile-Übergangsbestimmungen Werbesteuernausgleich und 'Spielbankausgleich' (Bedarfszuweisung an Spielbankländer und -gemeinden gemäß §23a FAG 2005). Über diese Beratungen auf Expertenebene wurde ein einvernehmlich formulierter Bericht an die politische Ebene erstellt; dieser ist der Äußerung samt seinen 4 Anhängen als Beilage 2 angeschlossen.

Das Bundesministerium für Finanzen hat in diesen Verhandlungen die Ansicht vertreten, dass die Übergangsbestimmungen über die Verteilung der Ertragsanteile und Bedarfszuweisungen, die zur Vermeidung von Härten nach der Abschaffung bzw. Senkung von Abgaben eine Verteilung nach früheren Aufkommen vorsehen, schrittweise abzubauen seien und die frei werdenden Mittel als reguläre Ertragsanteile verteilt werden sollten.

1.2 Vorschlag einer Abschaffung in zehn Jahresschritten

Vom Bundesministerium für Finanzen wurde vorgeschlagen, ohne Änderung der länderweisen Anteile den Getränkesteuerausgleich in zehn Jahresschritten abzubauen und die frei werdenden Mittel nach den regulären Verteilungsschlüsseln der Umsatzsteuer, sohin bei der Verteilung auf die einzelnen Gemeinden innerhalb des Landes nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel zu verteilen. Auf Basis der Abgabenaufkommen des Jahres 2007 (lt. BVA 2007) hätte jeder einzelne dieser zehn Schritte 1.649 Gewinnergemeinden (richtig, laut Beilage 2 aufgrund eines Redaktionsversehens: 1.469) mit einem Gesamtplus von 6,4 Mio. Euro p.a. und 707 Verlierergemeinden mit einem Gesamtminus von 6,4 Mio. Euro p.a. mit sich gebracht, die Gesamtauswirkung der zehn Schritte jeweils ein Plus bzw. Minus von 64 Mio. Euro.

Anhang 2 zum Bericht an die politische Ebene (Beilage 2) enthält die Auswirkungen dieses Vorschlages für jede einzelne Gemeinde auf Basis des Jahres 2007. Für die Gemeinde Mils bei Imst (Gemeindekennzahl 70.210) ist ein Wert von +34.092,- Euro p.a. nach der völligen Abschaffung des Getränkesteuerausgleiches ausgewiesen; dieser Wert stellt bereits den Saldo aus dem Wegfall des Getränkesteuerausgleichs (5.449,- Euro p.a. nach dieser Basis) und den neuen, nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel verteilten Ertragsanteilen dar.

Die Auswirkungen dieses Vorschlages auf Basis des Jahreserfolges 2008 sind aufgrund der diesbezüglich unveränderten Systematik ähnlich und nur aufgrund der Aufkommenssteigerungen etwas höher: 1.649 Gewinnergemeinden mit einem Gesamtplus von 66 Mio. Euro stehen 707 Verlierergemeinden mit einem Gesamtminus von 66 Mio. Euro gegenüber, die Auswirkung auf Mils bei Imst beträgt +35.487,- Euro. Auf Basis einer aktuellen Prognose für die Ertragsanteile des Jahres 2009, für die nicht mehr das Ergebnis der Volkszählung 2001, sondern die Bevölkerungsstatistik mit Stichtag 31.10.2008 anzuwenden ist, lauten die Auswirkungen: 1.612 Gewinnergemeinden und 744 Verlierergemeinden mit einem Gesamtplus bzw. -minus von 67 Mio. Euro. Die Auswirkung auf Mils bei Imst beträgt +33.695,- Euro.

Nach den Berechnungen des Bundesministeriums für Finanzen ändert sich die Auswirkung auf die Gemeinde Mils bei Imst bei ansonsten gleichen Voraussetzungen auf Basis der aktuellen Prognose für das Jahr 2009 von +33.695,- Euro auf +20.734,- Euro, wenn nicht nur die Verteilung des Getränkesteuerausgleichs innerhalb des Landes, sondern auch die länderweise Verteilung von 1,888 % des Aufkommens an der Umsatzsteuer (abzüglich der GSBG-Ausgaben) entfällt und durch die sonstigen Verteilungsschlüssel für die Umsatzsteuer (d.h. konkret: durch den Fixschlüssel gemäß §9 Abs7 Z5 litb sublit. be FAG 2008) ersetzt wird. Bei dieser Änderung würden die länderweise zusammengefassten Ertragsanteile der Gemeinden der Länder Oberösterreich (+6,8 Mio. Euro), Vorarlberg (+3,6 Mio. Euro) und Wiens (+40,6 Mio. Euro) zu Lasten der übrigen Länder steigen (bei diesen Beträgen handelt es sich um die gekürzten Ertragsanteile, zu denen noch die Auswirkungen auf die Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel gemäß §9 Abs11 FAG 2008 kommen); 1.383 Gewinnergemeinden mit einem Plus von 86 Mio. Euro stehen 974 Verlierergemeinden mit einem naturgemäß gleich hohen Gesamtminus gegenüber. Diese Variante wurde in den Finanzausgleichsverhandlungen jedoch vom Bundesministerium für Finanzen nicht eingebracht, weil es bei länderweisen Verschiebungen erfahrungsgemäß schwieriger ist, ein Einvernehmen zu erzielen.

Der Vorschlag des Bundesministeriums für Finanzen für eine stufenweise Abschaffung der Ausgleichszahlungen ohne Änderung der länderweisen Aufteilung wurde sowohl vom Österreichischen Städtebund als auch vom Österreichischen Gemeindebund wegen der teilweise hohen negativen Auswirkungen auf einzelne Gemeinden abgelehnt. Gemäß den Daten im Anhang 2 zur Beilage 2 wäre, gemessen in Prozent der bisherigen Ertragsanteile, die Gemeinde Tweng (Gmde-Kennzl. 50.512) nach vollständigem Abbau des Getränkesteuerausgleichs mit -62 % der größte Verlierer, gefolgt von Lech (Gmde-Kennzl. 80.113) mit -54 % und Ischgl (Gmde-Kennzl. 70.608) mit -53 %. Insgesamt hätte es allerdings nur 33 Gemeinden mit Mindereinnahmen von mehr als 20 % gegeben, die Summe der Mindereinnahmen dieser 33 Gemeinden hätte 16 Mio. Euro betragen.

Bei den Gewinnergemeinden sind die Auswirkungen homogener, die Gemeinde mit dem prozentuell höchsten Gewinn wäre Faggen (Gmde-Kennzl. 70.601) mit +11 % gewesen. Die Gemeinde Mils bei Imst (Gmde-Kennzl. 70.210) wäre mit +9 % der viertgrößte Gewinner einer solchen Neuregelung. Zu beachten ist aber, dass sich die volle Wirkung dieser +9 % für die Gemeinde Mils erst nach einem Zeitraum von zehn Jahren ergeben würde. Wesentlich bedeutender für die Entwicklung der Ertragsanteile der Gemeinden als derartige Anpassungen durch den Finanzausgleichsgesetzgeber ist die Entwicklung der Einnahmen aus gemeinschaftlichen Bundesabgaben: So stiegen nach den Berechnungen des Bundesministeriums für Finanzen die Ertragsanteile der Gemeinde Mils bei Imst von 381.567,- Euro für das Jahr 2007 auf 409.277,- Euro für das Jahr 2008 (Beträge jeweils 'für' das Jahr, d.h. Vorschüsse und Abrechnung im Folgejahr), sohin alleine in einem Jahr um +6,8 %, wovon nur ein relativ geringer Anteil (rd. +0,9 %) auf die Halbierung des so genannten Konsolidierungsbeitrages der Gemeinden entfällt. Aufgrund der Steuerreform und der Wirtschafts- und Finanzkrise sowie der unterdurchschnittlichen Entwicklung der Einwohnerzahl der Gemeinde Mils bei Imst sinken allerdings die Ertragsanteile dieser Gemeinde für das Jahr 2009, wiederum aufgrund einer aktuellen Prognose, auf 362.551,- Euro, also um -11,4 %.

1.3. Alternativvorschlag: alternative Verteilung der Steigerungen

Ein Alternativvorschlag des Bundesministeriums für Finanzen, nämlich den Getränkesteuerausgleich (und ebenso den Gemeinde-Werbesteuernausgleich) auf das Niveau 2007 zu beschränken und Steigerungen aus der Dynamik nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel zu verteilen, wurde von den beiden Gemeindebünden zunächst zur Kenntnis genommen und für eine interne Prüfung vorgemerkt, letztlich wurde aber auch dieser Vorschlag so wie der erste Vorschlag des Bundesministeriums für Finanzen in den entscheidenden Gesprächen auf politischer Ebene nicht aufgegriffen. Sieht man von der Klausel ab, dass alle weiteren Punkte des alten Finanzausgleichs unverändert bleiben, enthält das Paktum zum FAG 2008 daher keine Aussage zum Getränkesteuerausgleich.

1.4. EXKURS: Verteilung nach fiktivem Getränkesteueraufkommen

Die Bundesregierung teilt die vom Bundesministerium für Finanzen auch in der Arbeitsgruppe vorgebrachte Rechtsansicht, dass die Verteilung von Teilen der Ertragsanteile im Verhältnis des Ertrages der früheren Getränkesteuer nur ein Provisorium sein kann und schrittweise abzubauen und durch eine andere Verteilung - das muss nicht zwangsläufig der abgestufte Bevölkerungsschlüssel sein - zu ersetzen ist. Eine Änderung der Verteilung in der Form, dass ihr eine aktuelle Erhebung über ein gemeindeweises Aufkommen einer fiktiven Getränkesteuer zugrunde gelegt wird, kann von der Bundesregierung hingegen nicht befürwortet werden:

a) Zu hoher Verwaltungsaufwand auch für Unternehmer

Gegen eine derartige Aktualisierung spricht zum Ersten, wie bereits angeführt, der damit verbundene Verwaltungsaufwand für Behörden und Unternehmen. Nicht zuletzt durch den globalen Standortwettbewerb ist es für die Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes ausgesprochen wichtig, Verwaltungslasten für die Unternehmen auf das unbedingt erforderliche Ausmaß zu reduzieren. Der Bund betreibt derzeit ein Projekt zur Senkung der Verwaltungskosten von Unternehmen mit dem Ziel, diese Kosten deutlich zu senken. Es würde dieser Zielsetzung diametral widersprechen, die Unternehmen mit der Administration einer bereits aufgehobenen Abgabe zu belasten.

b) Negative Allokationseffekte einer 'fiktiven Getränkesteuer'

Zum Zweiten spricht gegen eine derartige Aktualisierung aber auch, dass damit die im System der früheren Getränkesteuer teilweise enthaltenen negativen Allokationseffekte fortgeschrieben würden, ohne dass die davon profitierenden Gemeinden damit rechnen durften. Mit diesen negativen Allokationseffekten sind die hohen Aufkommen an Getränkesteuer in denjenigen Gemeinden gemeint, die Standort von Einkaufszentren sind. Diese beeinflussen die regionale Kaufkraft und indirekt die Nahversorgung nicht nur in ihrer Standortgemeinde, weshalb es ein finanzausgleichspolitisches Ziel sein sollte, durch eine entsprechende Verteilung der Besteuerungsrechte und Ertragsanteile eine bessere Übereinstimmung zwischen Vor- und Nachteilen aus einem solchen Einkaufszentrum für die Standort- bzw. die Nachbargemeinden und den budgetären Effekten zu gewährleisten. Nunmehr aber Gemeinden, auf deren Gebiet nach der Aufhebung der Getränkesteuer Einkaufszentren errichtet wurden, im Nachhinein mit höheren Ertragsanteilen zu 'belohnen' und zusätzlich die Erwartungshaltung für alle Gemeinden zu schaffen, dass dies auch in weiterer Zukunft durch eine regelmäßige Aktualisierung der Verteilung geschehen wird, würde einer solcher Zielsetzung völlig widersprechen. Anderes gilt nach Ansicht der Bundesregierung für eine denkbare Anbindung der Verteilung an Kriterien, die die Entwicklung des Fremdenverkehrs abbilden, weil eine derartige Entwicklung in der Regel Infrastrukturausgaben für die Gemeinde mit sich bring[t], denen nur teilweise höhere Einnahmen aus eigenen Abgaben gegenüberstehen.

2. Verfassungskonformität des Getränkesteuerausgleichs

Trotz der gerade skizzierten kritischen Haltung des Bundesministeriums für Finanzen in den Finanzausgleichsverhandlungen zur derzeitigen Regelung des Getränkesteuerausgleiches vertritt die Bundesregierung die Rechtsansicht, dass schon aufgrund der Paktierung des Finanzausgleichsgesetzes davon ausgegangen werden kann, dass der Finanzausgleich für die Jahre 2008 bis 2013 insgesamt eine dem §4 F-VG 1948 entsprechende Gesamtregelung bildet. Keinesfalls kann davon gesprochen werden, dass der Getränkesteuerausgleich in Form eines extrem verfehlten Mittels zur Erzielung eines sachgerechten Finanzausgleichs gestaltet ist, denn sowohl bei der Beurteilung seines Zwecks - Schaffung eines zumindest teilweisen Ausgleichs für die frühere Getränkesteuer - als auch seiner konkreten Ausgestaltung - Aufteilung nach dem Verhältnis der früheren Getränkesteuer - ist von einem sachgerechten Mittel zu sprechen.

Fraglich ist aber, wann die notwendigen Anpassungen an geänderte Verhältnisse einzuleiten sind, um nicht in Widerspruch zu §4 F-VG 1948 zu kommen, wobei unter diesen geänderten Verhältnissen nach Ansicht der Bundesregierung nicht Änderungen beim örtlichen Aufkommen einer fiktiven Getränkesteuer zu verstehen sind, sondern vielmehr die Tatsache der Aufhebung der Getränkesteuer und die kleiner werdende Rechtfertigung einer Übergangslösung.

Im Hinblick auf die doch relativ großen Auswirkungen jeder Änderung beim Getränkesteuerausgleich vor allem auf die Gemeinden mit einem hohen Aufkommen an der ehemaligen Getränkesteuer vertritt die Bundesregierung die Ansicht, dass die Beibehaltung der bisherigen Verteilungsregelung im FAG 2008 noch keine Verfassungswidrigkeit des Getränkesteuerausgleichs bewirkt hat.

Das Finanzausgleichsgesetz enthält mittlerweile eine Reihe von Bestimmungen bei der Verteilung der Gemeinde-Ertragsanteile, die Ausgleichsregelungen für diverse Reformen enthalten und dabei auf deren Auswirkungen zum Zeitpunkt der Reformen abstellen (Gemeinde-Werbesteuernausgleich in §11 Abs2 Z3 FAG 2008, Vorausanteile gemäß §11 Abs5 und 6 FAG 2008 als Ausgleich für frühere und ab 2011 wirksam werdende Änderungen beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel sowie Vorausanteile gemäß §11 Abs8 FAG 2008 als Ausgleich für die Abschaffung der Selbstträgerschaft mit Wirkung vom Juni 2008), wobei einige davon erst mit dem FAG 2008 eingeführt wurden. Für alle diese Regelungen werden früher oder später Anpassungen erforderlich sein, wobei davon auszugehen ist, dass ein Einvernehmen über eine solche Neuregelung bei einer gesamthaften Lösung leichter zu erzielen sein wird als bei der Suche nach einer Neuregelung für eine dieser Bestimmungen. Solche Anpassungen werden jedenfalls bei den Verhandlungen zum nächsten Finanzausgleich anzustreben sein.

3. Verfassungskonformität der länderweisen Verteilung in §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc FAG 2008

Für den Fall, dass die Verteilung des Getränkesteuerausgleichs nach dem historischen Getränkesteueraufkommen vom Verfassungsgerichtshof als nicht mehr verfassungskonform angesehen werden sollte, vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass dies nicht automatisch auch für die Bildung der länderweisen Anteile in §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc FAG 2008 gilt. Die Argumente, die für die Verfassungswidrigkeit von §11 Abs2 Z2 FAG 2008 vorgebracht werden, können nicht ohne Weiteres auch auf die länderweise Verteilung angewendet werden.

Die Verteilung der Ertragsanteile der Gemeinden erfolgt in zwei Schritten:

In einem ersten Schritt (im Folgenden 'Oberverteilung') werden zum Zweck der Ermittlung der Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben (mit Ausnahme der Spielbankabgabe) die Ertragsanteile auf die Gemeinden länderweise unter Beachtung der im §9 Abs7 FAG 2008 angeführten Schlüssel rechnungsmäßig auf neun 'Ländertöpfe' aufgeteilt (§11 Abs1 erster Satz FAG 2008, so genannte ungekürzte Ertragsanteile).

In jedem Land außer Wien werden diese 'Ländertöpfe' in einem zweiten Schritt (im Folgenden 'Unterverteilung') auf die einzelnen Gemeinden des Landes aufgeteilt. Zunächst werden 12,7 % der länderweise errechneten Beträge (mit zwei im vorliegenden Zusammenhang nicht relevanten Ausnahmen) ausgeschieden und für die Gewährung von Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände bestimmt (§11 Abs1 zweiter Satz FAG 2008). Die verbleibenden so genannten gekürzten Ertragsanteile werden nach den in §11 Abs2 FAG 2008 genannten Verteilungskriterien auf die einzelnen Gemeinden aufgeteilt.

Auf Basis der Daten für die Zwischenabrechnung für das Jahr 2008 kommen den unterschiedlichen Verteilungskriterien in diesen beiden Schritten folgende Gewichtungen zu (hier einschließlich Spielbankabgabe, welche 0,2 %-Punkte zur Verteilung nach dem Aufkommen beiträgt):

Oberverteilung: Bildung der Ländertöpfe:

in Mio. Euro Gewichtung in %

Abgestufter Bevölkerungsschlüssel 4.222,9 53,6 %

Volkszahl 1.178,5 15,0 %

Aufkommen 647,0 8,2 %

Fixschlüssel 1.828,6 23,2 %

Summe 7.877,0 100,0 %

Im Fixschlüssel ist der Getränkesteuerausgleich gemäß §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc FAG 2008 mit einem Volumen von 379,3 Mio. Euro bzw. 4,8 % der Ertragsanteile der Gemeinden enthalten. Dieser Schlüssel in §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc FAG 2008 entspricht dem länderweisen Aufkommen an Getränkesteuer in den Jahren 1993 bis 1997, wobei - anders als in der Unterverteilung - besonders hohe Aufkommen in den Jahren 1998 und 1999 nicht berücksichtigt wurden; ein höherer Getränkesteuerausgleich für einzelne Gemeinden aufgrund dieser Regelung in §11 Abs2 Z2 FAG 2008 geht daher nur zu Lasten des jeweiligen Landestopfes und hat keine länderübergreifende Auswirkung.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass sich durch die Ersatzregelung nach der Aufhebung der Getränkesteuer im Jahr 2000 die Ertragsanteile der Gemeinden an der Umsatzsteuer auf - wiederum auf Basis der Ertragsanteile für das Jahr 2008 - insgesamt 405,8 Mio. Euro erhöht haben. Die Differenz von 26,5 Mio. Euro fließt in die Erhöhung der allgemeinen Ertragsanteile, wobei sich dieser Effekt aufgrund der seinerzeitigen Finanzausgleichssystematik ergab.

Unterverteilung: Verteilung in den Ländern (ohne Wien) auf die einzelnen Gemeinden

Von den Ertragsanteilen der Gemeinden für das Jahr 2008 iHv. 7.877,0 Mio. Euro entfallen 1.990,4 Mio. Euro auf Wien als Gemeinde. Die weiteren 5.886,6 Mio. Euro werden innerhalb der Länder in Summe nach folgenden Kriterien verteilt (die Rundungsdifferenz bei der Gewichtung wurde nicht ausgeglichen):

in Mio. Euro Gewichtung in %

Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel 737,1 12,5 %

Finanzkraft (§11 Abs3 u 4 FAG 2008) 210,3 3,6 %

Getränkesteuerausgleich 313,3 5,3 %

Gemeinde-Werbesteuernausgleich 19,1 0,3 %

Werbesteuer nach Volkszahl 32,0 0,5 %

Vorausanteil nach §11 Abs5 FAG 2008 122,6 2,1 %

Selbstträgerschaftsausgleich (§11 Abs8) 19,1 0,3 %

Spielbankabgabe: örtliches Aufkommen 12,5 0,2 %

abgestufter Bevölkerungsschlüssel 4.420,6 75,1 %

Summe 5.886,6 100,0 %

Die Bildung der Ländertöpfe erfolgt somit nach anderen Kriterien als die Verteilung innerhalb des Landes, für die Verteilung innerhalb des Landes ist es daher im Normalfall unerheblich, aus welchen Abgabeneinnahmen sich der Ländertopf zusammensetzt und welche Verteilungskriterien der Oberverteilung diesen zugrunde liegen. Für die Ertragsanteile einer einzelnen Gemeinde ist das Zusammenspiel beider Schritte von Relevanz, d.h. dass für die Beurteilung der Verfassungskonformität entscheidend ist, ob das Endergebnis aus diesen beiden Verteilungsschritten den verfassungsrechtlichen Vorgaben, insb. dem §4 F-VG 1948, entspricht. Daraus folgt aber nicht, dass bei einer Verfassungswidrigkeit eine[s] der beiden Aufteilungsschritte auch die Bestimmungen des zweiten Schritts automatisch verfassungswidrig wären.

Während beispielsweise in der Oberverteilung für die Anteile der Gemeinden an der Grunderwerbsteuer und der Bodenwertabgabe das örtliche Aufkommen entscheidend ist, werden diese Anteile in der Unterverteilung nicht gesondert behandelt. Eine allfällige Verfassungswidrigkeit des Kriteriums 'örtliches Aufkommen an der Grunderwerbsteuer' in der Oberverteilung würde die Verfassungskonformität der Bestimmungen über die Unterverteilung nicht berühren. Umgekehrt würde eine allfällige Verfassungswidrigkeit der Verteilung nach der Finanzkraft in der Unterverteilung keine Aussage zur Verfassungskonformität der Bestimmungen über die Oberverteilung zulassen.

Nach Ansicht der Bundesregierung sind auch beim Getränkesteuerausgleich die Oberverteilung und die Unterverteilung getrennt zu beurteilen und bedeutet eine allfällige Verfassungswidrigkeit dieser Regelung in der Unterverteilung nicht automatisch eine Verfassungswidrigkeit auch in der Oberverteilung.

Die Bestimmungen des Getränkesteuerausgleichs in der Oberverteilung sind ein Teil der Fixschlüssel bei der Verteilung von Teilen der Ertragsanteile der Länder und Gemeinden, die in den letzten Finanzausgleichsgesetzen durch diverse Systemänderungen entstanden sind und mehreren unterschiedlichen Motiven dienen. Ein Teil der Fixschlüssel stammt aus früheren Verteilungen nach örtlichem Aufkommen, ein Teil aus der Einbindung anderer Fixschlüssel, mit denen der länderweise Bedarf für die Erfüllung der jeweiligen Aufgabe abgebildet wurde. Auch wenn diese Fixierungen aus den unterschiedlichsten Gründen erfolgten, so ist deren gemeinsame Ursache, dass entweder zuvor verwendete Daten weggefallen sind oder unbrauchbar wurden (wie insbesondere das örtliche Aufkommen, wie beispielsweise bei der Kraftfahrzeugsteuer, der Gewerbesteuer, der Biersteuer - hier in Form des Bierverbrauchs -, der Anzeigen- und Ankündigungsabgaben oder eben der Getränkesteuer) oder dass von vornherein kein geeigneter und gesicherter dynamischer Schlüssel für einen bestimmten Aufgabenbereich zur Verfügung stand (insb. bei der Verteilung der Ertragsanteile der Länder: Umsatzsteueranteile für die Krankenanstaltenfinanzierung, in Ertragsanteile umgewandelte Zweckzuschüsse für die Wohnbauförderung und für die Finanzierung der Landesstraßen). Es liegt nach Ansicht der Bundesregierung im Gestaltungsspielraum des Finanzausgleichsgesetzgebers, einen Teil der Ertragsanteile der Länder und Gemeinden in dieser Form als einheitlichen Fixschlüssel zu regeln, ohne dass er die seinerzeitigen historischen Schlüssel, die dadurch ersetzt wurden, laufend - wie auch immer - dynamisiert. Entscheidend ist vielmehr, dass diese Verteilung insgesamt dem speziellen finanzausgleichsrechtlichen Grundsatz entspricht und dass dann, wenn sich die Verteilung der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ändert, auch dieser Schlüssel entsprechend angepasst wird.

Selbst wenn nun ein Fixschlüssel, wie er für den Getränkesteuerausgleich verwendet wird, als Kriterium für die Verteilung auf die einzelnen Gemeinden aufgrund des Zeitablaufs nach einer bestimmten Zeit als nicht mehr brauchbar angesehen werden sollte, so muss das nicht automatisch auch für die länderweisen Anteile gelten. Während bei einzelnen Gemeinden Veränderungen der Aufteilungskriterien - sei es die Einwohnerzahl, sei es das Aufkommen - relativ hohe Auswirkungen haben können, gleichen sich auf Länderebene unterschiedliche Entwicklungen zumindest großteils aus, sodass sich diese Kriterien bei länderweiser Betrachtung weitaus stabiler verhalten. Dazu kommt, dass sich die Fixschlüssel für die Verteilung der Ertragsanteile, wie beschrieben, als Summe unterschiedlichster Regelungen mit unterschiedlichsten Motiven ergeben haben und auch hier gegensätzliche Entwicklungen für eine stabilere Entwicklung sprechen können.

Nach Ansicht der Bundesregierung entspricht der - paktierte - Fixschlüssel bei der Verteilung der Ertragsanteile in seiner Gesamtheit weiterhin dem Grundsatz des §4 F-VG 1948, weil für die Prüfung, wann Anpassungen an geänderte tatsächliche Verhältnisse vorzunehmen sind, dieser Schlüssel in seiner Gesamtheit und im Zusammenhang mit den anderen Verteilungsschlüsseln zu beurteilen ist und nicht einzelne Bestandteile, auch wenn sie im Finanzausgleichsgesetz derzeit noch getrennt ausgewiesen sind, isoliert betrachtet werden können.

§9 Abs7 Z5 litb sublit. bc FAG 2008 ist daher nach Ansicht der Bundesregierung selbst bei einer allfälligen Verfassungswidrigkeit von §11 Abs2 Z2 FAG 2008 verfassungskonform. Auch die Worte 'als Getränkesteuerausgleich' in §9 müssten, wenn man dieser Ansicht folgt, für die Herstellung einer verfassungskonformen Rechtslage nicht aufgehoben werden, denn ihnen käme ohne die Regelung der Unterverteilung in §11 ohnehin keine normative Bedeutung mehr zu.

4. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass aus Sicht der Bundesregierung eine Verfassungswidrigkeit des §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc sowie des §11 Abs2 Z2 des Finanzausgleichsgesetzes 2008 (FAG 2008), BGBl. I Nr. 103/2007, nicht gegeben ist.

...

Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den

Antrag,

der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art140 Abs7 B-VG aussprechen, dass die aufgehobene Bestimmung nicht nur für den Anlassfall, sondern generell nicht mehr anzuwenden ist.

Die Bundesregierung begründet diesen Antrag wie folgt:

Die vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogenen Bestimmungen betreffen die Anteile des Bundes, der Länder und der Gemeinden an der Umsatzsteuer, wobei die Summe der zu verteilenden Mittel konstant ist. Die Beschränkung einer Aufhebung auf den Anlassfall würde mit sich bringen, dass die Aufteilung dieser Anteile nach zwei unterschiedlichen Methoden erfolgt, nämlich einmal für die Gemeinde Mils bei Imst und einmal für alle anderen Gemeinden. Auch wenn das technisch durchführbar wäre, würde eine solche Konstellation mit sich bringen, dass die zusätzlichen Ertragsanteile der Gemeinde Mils bei Imst nicht zu Lasten der durch die verfassungswidrige Regelung zu Unrecht begünstigten Gemeinden getragen würden, sondern durch einen Dritten, dessen Anteil verfassungskonform geregelt wurde.

Der Bundesminister für Finanzen wird nach einer Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen Gespräche mit den Finanzausgleichspartnern über eine Neuregelung führen, mit der den Entscheidungsgründen des verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses Rechnung getragen wird, wobei - abhängig von diesen Entscheidungsgründen - auch eine verfassungskonforme rückwirkende Neuregelung in Betracht zu ziehen sein wird."

5.2. Das Land Tirol als beklagte Partei in dem dem Gesetzesprüfungsverfahren zugrunde liegenden Verfahren nach Art137 B-VG nahm von der Abgabe einer Stellungnahme Abstand.

5.3. Die Gemeinde Mils bei Imst als klagende Partei im Anlassverfahren hat im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung abgegeben, in der sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes voll beipflichtet und anregt, der Verfassungsgerichtshof möge zusätzlich zur Prüfung der einschlägigen Bestimmungen des FAG 2008 auch noch jene des FAG 2005 in Prüfung ziehen (bzw. deren Verfassungswidrigkeit feststellen). Für den Fall der Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen regt die Gemeinde Mils bei Imst an, dass der Verfassungsgerichtshof eine möglichst kurze Frist für das Außer-Kraft-Treten der aufgehobenen Bestimmungen setzen bzw. aussprechen möge, dass diese Bestimmungen spätestens ab Ende des Jahres 2010 nicht mehr angewendet werden dürfen. Hinsichtlich der - neben §11 FAG 2008 - zusätzlich in Prüfung gezogenen Bestimmung des §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc FAG 2008 bringt die Gemeinde Mils bei Imst vor, dass sie zwar den grundsätzlichen Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes diesbezüglich beipflichtet, dass auch die dort vorgesehene Verteilung auf die Bundesländer ebenfalls auf ein nicht mehr aktuelles, historisches Getränkesteueraufkommen abstellt, dass aber die Aufrechterhaltung dieses Verteilungsschlüssels auf die Gemeinden der einzelnen Bundesländer zu weit weniger gravierenden Benachteiligungen geführt hat, als die länderinterne Verteilung auf die einzelnen Gemeinden entsprechend dem Aufkommen der Jahre 1993 bis 1997.

5.4. Der Verfassungsgerichtshof hat im Gesetzesprüfungsverfahren dem Österreichischen Gemeindebund und dem Österreichischen Städtebund die Möglichkeit eingeräumt, sich zu den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes zu äußern. Diese beiden Interessenvertretungen haben zunächst jeweils eine getrennte Stellungnahme sowie in der Folge eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben. In dieser wird Folgendes vorgebracht:

"Getrennte Betrachtung der länderweisen Unterverteilung nach §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc FAG 2008 und der gemeindeweisen Unterverteilung nach §11 Abs2 Z2 FAG 2008

Es entspricht der Systematik und Logik des Finanzausgleichs, dass Verteilungskriterien der länderweisen Unterverteilung von solchen der gemeindeweisen Unterverteilung getrennt voneinander zu betrachten sind. Daher lässt sich aus einem Kriterium der länderweisen Unterverteilung auch noch kein Kriterium der gemeindeweisen Unterverteilung ableiten, beide Bereiche sind daher strikt getrennt voneinander zu betrachten (vgl. VfSlg. 14.455/1996).

Die klagende Partei führte in der Begründung zu der den Anlass für die amtswegige Gesetzesprüfung bildenden Klage aus, dass die Regelung des Getränkesteuerausgleichs aufgrund der Bezugnahme auf die Abgabeneinnahmen der Jahre 1993 bis 1997 bzw. 1998 und 1999 nicht mehr dem Sachlichkeitsgebot entspräche. Der 'Getränkesteuerausgleichstopf' sei mit Umsatzsteuereinnahmen dotiert, die anteilig auch im Gemeindegebiet der klagenden Partei erwirtschaftet werden, ohne dass ein adäquater Rückfluss an die klagende Partei erfolge. Die Gemeinde Mils hat somit im Übrigen nur die gemeindeweise Unterverteilung des §11 Abs2 Z2 FAG 2008 in Frage gestellt.

Aufgrund des Urteils des EuGH vom 9. März 2000, Rs. C-437/97 , Evangelischer Krankenhausverein Wien, Slg. I-1157, entfiel im Finanzausgleichsgesetz 2001 (FAG 2001), BGBl. I 3 die Getränkesteuer als ausschließliche Landesabgabe sowie folglich das Ermächtigungsrecht der Gemeinden zu deren Ausschreibung. Seit dieser Abschaffung der Getränkesteuer im Jahr 2000 erhalten die Gemeinden einen Ausgleich durch höhere Ertragsanteile bei der Umsatzsteuer im Ausmaß von rund ¾ des seinerzeitigen Getränkesteueraufkommens. Als Teilkompensation wurde die Ertragsanteilsmasse des gebietskörperschaftlichen Sektors 'Gemeinden' in der länderweisen Unterverteilung als Teil des Fixschlüssels erhöht (§10 Abs7 Z6 litd FAG 2001). Gleichzeitig wurde in §12 Abs2 Z3 FAG 2001 in der gemeindeweisen Unterverteilung ein konkretes Prozedere zur Aufteilung auf die Einzelgemeinden geregelt.

Länderweise Unterverteilung nach §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc FAG 2008

Die länderweise Unterverteilung des §9 Abs7 Z5 litb FAG 2008 als Verteilung der Ertragsanteile auf die Gesamtheit aller Gemeinden der neun Länder erfolgt nach den Kriterien Volkszahl, abgestufter Bevölkerungsschlüssel und dem erwähnten Fixschlüssel.

Im Gegensatz zu den Verteilungskriterien Volkszahl und abgestufter Bevölkerungsschlüssel ist der Fixschlüssel eben gerade zu jenem Zweck in die Finanzausgleichssystematik eingeführt worden, um die damalige Situation der Steuereinnahmen möglichst genau abzubilden und in einer ähnlichen Dynamik weiterzuführen.

Der Finanzausgleich als Gesamtsystem muss sich an den Bestimmungen des §4 Finanz-Verfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45 (F-VG 1948) messen lassen. Diese Verfassungsbestimmung muss grundsätzlich auch in Verbindung mit §2 F-VG 1948 gesehen werden. §2 F-VG 1948 trifft Aussagen über den Grundsatz der Selbstträgerschaft der Kosten. Auch hier hat der Verfassungsgesetzgeber Grenzen durch den Hinweis auf den finanzverfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz gesetzt, wonach die Kostenbeteiligung einer Gebietskörperschaft sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach sachlich gerechtfertigt sein muss. Obwohl §4 F-VG 1948 darauf Bezug nimmt, dass die im §2 F-VG 1948 vorgesehene Regelung in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen und darauf Bedacht zu nehmen hat, dass die Grenzen der Leistungsfähigkeit nicht überschritten werden, werden permanent während einer Finanzausgleichsperiode durch Bund und Länder Aufgabenüberwälzungen an die Gemeinden bzw. an die Bezirksverwaltungsbehörden vorgenommen, wobei die Grenzen der Leistungsfähigkeit mehr als strapaziert werden, ohne dass bisher deswegen jede Aufgabenüberwälzung als sachlich nicht gerechtfertigte Gleichheitswidrigkeit beurteilt wurde.

Um die Berücksichtigung der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung sowie die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaft zu gewährleisten, ist neben den Kriterien der Volkszahl und des abgestuften Bevölkerungsschlüssels der Fixschlüssel als Bestandteil des verhandelten Finanzausgleichs ein wichtiger Parameter.

Die länderweise Unterverteilung gemäß §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc FAG 2008 und seine[n] Vorgängerregelungen (FAG 2001, FAG 2005) [wird] seitens des Österreichischen Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes daher im Ergebnis jedenfalls für verfassungskonform gehalten.

Gemeindeweise Unterverteilung nach §11 Abs2 Z2 FAG 2008

In einem weiteren Schritt erfolgt die gemeindeweise Unterverteilung, mit der die Ertragsanteile an die Gemeinden eines Bundeslandes aufgeteilt werden. Die gemeindeweise Unterverteilung des §11 Abs2 Z2 FAG 2008 auf die einzelnen Gemeinden des Bundeslandes erfolgt nach verschiedenen Kriterien, wobei der abgestufte Bevölkerungsschlüssel den dominanten Parameter darstellt (ca. 75%). Der Getränkesteuerausgleich in der gemeindeweisen Unterverteilung macht rund 5% der Verteilungsmasse aus.

Die Intention des Getränkesteuerausgleiches war es nicht, stark vom Tourismus, der Gastronomie oder dem (Getränke-)Handel geprägten Gemeinden einen Ausgleich für die damit verbundenen Lasten zu geben, sondern eine Teilkompensation für den Entfall der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke zu gewähren. Dies auch deshalb, weil seither seitens des Bundes den Gemeinden - auch auf deren ausdrücklichen Wunsch in den Finanzausgleichsverhandlungen - keine weiteren eigenen Abgaben oder die Erhöhung von Hebesätzen bestehender eigener Abgaben zugestanden wurden, die sie zur Einnahmenerzielung an Stelle der Getränkesteuer heranziehen könnten. Der Grund für den Wegfall des Getränkesteuerausgleichs ist somit nach wie vor nicht gegeben.

Zieht man wiederum §4 F-VG 1948 als Evaluierungskriterium heran, wird aufgrund des geringen Anteils des Getränkesteuerausgleiches an der kommunalen Verteilungsmasse sowie der Tatsache, dass der Getränkesteuerausgleich in §11 Abs2 Z2 FAG 2008 als Teilkompensation einer entfallenden Steuer gedacht war, nicht jedoch als Ausgleich für kommunale Anstrengungen zur Ansiedelung von Infrastruktur, die künftig womöglich in den Genuss dieses Getränkesteuerausgleichs fallen könnte, die Verfassungskonformität gegeben sein.

Bei der gemeindeweisen Unterverteilung mag es zwar womöglich im Einzelfall zu 'Härtefällen' kommen, aber gemäß dem Gleichheitsgrundsatz nach Art7 B-VG ist eine Regelung nicht schon dann gleichheitswidrig, wenn dadurch 'Härtefälle' entstehen. Es wird vielmehr von einer Durchschnittsbetrachtung ausgegangen. Demnach ist die isolierte Betrachtung einer einzelnen Gemeinde wohl nicht zulässig. Allerdings könnten etwaige entstehende 'Härtefälle' im Zusammenhang mit dem Getränkesteuerausgleich wohl mittels Bedarfszuweisungen nach §11 Abs1 FAG 2008 abgefedert werden, wie es in ähnlich gelagerten Fällen bereits zufriedenstellend durchgeführt wurde und es der Absicht der Bedarfszuweisungen entspricht, Härtefälle im Einzelfall auszugleichen.

Weiters hängt das Ausmaß der hinzunehmenden ungleichen Auswirkungen davon ab, ob eine differenzierende Lösung ohne erhebliche Schwierigkeiten vollziehbar ist (vgl. VfSlg. 13.890). Eine gewisse Ungleichbehandlung kann also wie im vorliegenden Fall aus verwaltungsökonomischen Gründen durchaus zulässig sein.

Die gemeindeweise Unterverteilung gemäß §11 Abs2 Z2 FAG 2008 und seine[n] Vorgängerregelungen (FAG 2001, FAG 2005) [wird] seitens des Österreichischen Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes im Ergebnis für verfassungskonform gehalten.

Zur sachlichen Rechtfertigung der gegenständlichen Regelungen

Der Verfassungsgerichtshof hat die gegenständlichen Bestimmungen zum Getränkesteuerausgleich bereits einmal geprüft und sie als Übergangsregelung mit Erkenntnis vom 1. März 2002, VfSlg. 16.457, in dem er die Auffassung vertreten hat, dass sie 'inhaltlich geeignet ist, einen nach sachlichen Gesichtspunkten gestalteten Ausgleich für die entfallende Getränkesteuer herbeizuführen' gebilligt.

Die nunmehrigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofs, es habe sich ursprünglich um eine Übergangslösung gehandelt und es sei seither weder zu einer schrittweisen Zurücknahme dieser Maßnahme noch zu einer Anpassung an die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse bei den Gemeinden gekommen, stützen sich auf die Frage ihrer sachlichen Rechtfertigung und damit auf die vermutete Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes.

Zu diesen Bedenken äußern sich der Österreichische Städtebund und der Österreichische Gemeindebund konsensual wie folgt:

Die klagende Partei unterstellt, dass dem Gedanken der Verteilung der Ertragsanteile aus der Umsatzsteuer oder dem Getränkesteuerausgleich eine 'Rückflusstheorie' zugrunde liege und somit eine Verteilung gemäß dem örtlichen Aufkommen vorzunehmen sei. Dies ist in beiden Fällen unzutreffend. Die Ansiedlung einer Autobahnraststätte oder andere touristische Maßnahmen besitzen keinerlei Einfluss auf die umsatzsteuerbezogene Ertragsanteilssituation einer Gemeinde.

Der Getränkesteuerausgleich diente dazu, den Einnahmenentfall der Gemeinden aus der Abschaffung der Getränkesteuer abzufedern. Zur Festlegung eines Aufteilungsschlüssels wurde zwar die Einnahmensituation bestimmter Jahre herangezogen, um Einnahmenerwartungen, mit denen bereits kalkuliert wurde, nicht zu frustrieren, es wurde damit aber keinesfalls eine Verteilung nach dem örtlichen Aufkommen normiert (vgl. VfSlg. 14.455).

Abgesehen davon ist die Tatsache einer neuen Autobahnraststätte für sich allein kein verlässlicher Indikator für ein höheres Getränkesteueraufkommen in einer Gemeinde oder im Verhältnis zu anderen Gemeinden. Das Getränkesteueraufkommen resultiert nämlich aus den vielfältigen wirtschaftlichen Veränderungen aller Handels- und Gastronomiebetriebe, wie Betriebsansiedlungen und -schließungen, aus Umsatzrückgängen und -ausweitungen, aus Preis- und Sortimentänderungen sowie aus Verschiebungen zwischen den Anteilen aus alkoholischen und nicht alkoholhältigen Getränken.

Zum Sachlichkeitsgebot, das sich in Bezug auf den Finanzausgleich aus §4 F-VG 1948 ableiten lässt, verweist der Verfassungsgerichtshof in der Begründung zu gegenständlichem Beschluss auf sein Erkenntnis vom 12. Oktober 1990, VfSlg. 12.505, das sich grundlegend und detailliert mit dem Sachlichkeitsgebot auseinandersetzt.

Aus diesem genannten Erkenntnis ergibt sich Folgendes:

Führen die vor der Erlassung eines Finanzausgleichsgesetzes unabdingbaren Gespräche zwischen den Finanzausgleichspartnern 'zumindest in den wesentlichen, grundsätzlichen Belangen zu einem Einvernehmen, so kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass eine dem §4 F-VG 1948 entsprechende Gesamtregelung getroffen wurde. Es ist nämlich nicht anzunehmen, dass die mit der Sach-, Rechts- und Interessenslage vertrauten Vertreter der Gebietskörperschaften bei den auf die Erzielung eines Konsenses abzielenden Verhandlungen zu einem Ergebnis gelangen, dem entgegengehalten werden könnte, es sei exzessiv unrichtig.'

Dem FAG 2008 gingen intensive Verhandlungen aller Finanzausgleichspartner, somit der Länder, Gemeinden und Städte wie auch des Bundes voraus, deren Ergebnis das Paktum zum FAG 2008 darstellt. Die Frage des Getränkesteuerausgleichs war Gegenstand dieser Verhandlungen zum FAG 2008 und ist somit als paktiert anzusehen. Im Sinne der Erzielung eines Konsenses sowie aus den bereits genannten Erwägungen wurde bewusst die Beibehaltung des bestehenden Getränkesteuerausgleichs vereinbart.

'... aus §4 F-VG 1948 geht hervor, dass die einzelnen

finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen nicht isoliert betrachtet werden dürfen; vielmehr hat [...] die Finanzausgleichsgesetzgebung insgesamt ein System zu entwickeln, das dem Gebot des §4 F-VG 1948 und des Art7 B-VG entspricht.'

Die Regelung des Getränkesteuerausgleichs ist daher nicht isoliert, sondern im Kontext des gesamten Finanzausgleichs zu betrachten, der gesamthaft als geeigneter Ausgleich zu werten ist und aus dessen Regelungen in ihrer Gesamtheit sich ergibt, dass die einzelnen Gebietskörperschaften ihren Finanzbedarf zu decken im Stande sind. Da mit dem Finanzausgleich 2008 jährliche Zahlungsströme von rd. 180 Mrd. Euro erfasst und geregelt werden, ist der in Prüfung gezogene Getränkesteuerausgleich ein nur verhältnismäßig kleiner Mosaikstein (rd. 0,2 %), welcher für sich allein wohl die erzielte Ausgewogenheit des Finanzausgleichs nicht beeinflussen kann.

'Ein - den Art7 B-VG und den §4 F-VG 1948 verletzender - Fehler des Gesetzgebers liegt im gegebenen Zusammenhang demnach nur dann vor, wenn einzelne (nicht das Gesamtsystem berührende) Bestimmungen zueinander in sachlich nicht rechtfertigbarem Widerspruch stehen [...], oder aber wenn die Partner der Finanzausgleichsverhandlungen von völlig verfehlten Prämissen ausgingen oder die artikulierte Interessenlage eines Partners geradezu willkürlich ignoriert oder missachtet wurde.'

Weder steht die Regelung des Getränkesteuerausgleichs im Widerspruch zu anderen Regelungen oder waren sich die Finanzausgleichspartner der Sach- und Rechtslage nicht bewusst, noch wurde bei den Verhandlungen die Interessenlage eines Finanzausgleichspartners ignoriert oder missachtet.

'Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das FAG [...] in folgenden Fällen mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Fehler behaftet wäre: Die Partner der Finanzausgleichsverhandlungen sind von völlig unrichtigen faktischen Gegebenheiten ausgegangen; es wurden offenkundig extrem verfehlte Mittel zur Erzielung eines sachgerechten Finanzausgleiches eingesetzt; einzelne Gebietskörperschaften wurden gezielt benachteiligt oder bevorzugt; die notwendigen Anpassungen an die geänderten Verhältnisse wurden - auch unter Beachtung des Zeithorizontes - nicht vorgenommen oder in die Wege geleitet.'

Wie erwähnt waren sich alle Finanzausgleichspartner in den Verhandlungen zum FAG 2008 der faktischen Gegebenheiten durchaus bewusst.

Die Wahl der Mittel zur Erzielung eines sachgerechten Finanzausgleichs kann sich im Lichte der zuvor angeführten Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs wohl wiederum nur auf die Gesamtheit des Finanzausgleichs beziehen.

Hielte der VfGH die gemeindeweise Unterverteilung der Getränkesteuer für verfassungswidrig, würde dies zu einer Verteilung dieser Ertragsanteile nach den gegebenen Verteilungsschlüsseln führen. Es würde somit wiederum weder auf getätigte Investitionen von Gemeinden, noch auf Betriebsansiedlungen Rücksicht genommen werden. Diese Aufteilung nach gegebenen Verteilungsschlüsseln wäre aber im Falle einer vom VfGH festgestellten Verfassungswidrigkeit der gemeindeweisen Unterverteilung im gegenwärtigen Finanzausgleich wiederum der einzig zu rechtfertigende Aufteilungsmodus.

All diese Erwägungen lassen den Finanzausgleich 2008 als Garant für die finanzielle Planungssicherheit jeder Gebietskörperschaft in seiner Gesamtheit als sachlich gerechtfertigt erscheinen.

Zum Zeithorizont

Zu dem vom Verfassungsgerichtshof angesprochenen Zeithorizont ist anzumerken, dass genau dieser in den Verhandlungen und im gefundenen Konsens Berücksichtigung fand. Auch wenn seit der Abschaffung der Getränkesteuer bereits einige Jahre vergangen sind, sind die diesbezüglichen Verfahren insbesondere beim Verwaltungsgerichtshof und auch die den Gemeinden drohenden Verfahren bezüglich Rückzahlungsverpflichtungen keinesfalls bis heute abgeschlossen.

In diesem Sinn trifft gerade jene Gemeinden, die in den für den Getränkesteuerausgleich herangezogenen Jahren hohe Einnahmen erzielten, zum einen eine erhebliche Belastung aus Verwaltungsaufwand und zum anderen nach wie vor das Risiko, Rückzahlungen leisten zu müssen. Die aus dem Getränkesteuerausgleich scheinbar bevorzugten Gemeinden sind somit von der Abschaffung der Abgabe nach wie vor erheblich betroffen.

Die aktuelle Getränkesteuerersatzleistung muss daher jedenfalls mindestens so lange als gerechtfertigt angesehen werden, als alle offenen Verfahren über die Rückzahlung der Getränkeabgabe noch nicht abgeschlossen sind. Im Paktum zum Finanzausgleich für die Jahre 2001 bis 2004 wurde außerdem unter Punkt 15 'Getränkesteuer' folgende Regelung aufgenommen:

'Es wird in einer Arbeitsgruppe zu beraten sein, welche Möglichkeiten einer regelmäßigen Anpassung der Verteilung des derzeit im Verhältnis der gemeindeweisen Aufkommen 1993 bis 1997 verteilten Getränkesteuerausgleichs bestehen.' Der Verweis auf die Arbeitsgruppe ist auch in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 379 BlgNR 21. GP, 26) zu §12 FAG 2001, der Unterverteilung, enthalten.

Die Arbeitsgruppe wurde im Bundesministerium für Finanzen eingerichtet und diskutierte als Valorisierungsparameter einerseits die laufende Ermittlung der fiktiven Getränkesteuer, andererseits alternative Kriterien, die ebenfalls laufend erhoben werden müssten.

Die Arbeitsgruppe kam schließlich zu Recht zu dem Ergebnis, dass eine Dynamisierung nach einer laufend erhobenen fiktiven Getränkesteuer aus administrativen (laufender Erhebungsaufwand durch Behörden und Unternehmen und damit erhebliche verwaltungsökonomische Belastung) und allokationsverzerrenden Gründen (Investitionsbemühungen der Gemeinden im Vertrauen auf - auch künftige - Dynamisierung bei jenen Projekten, die bei noch aufrechter Getränkesteuer aufkommenswirksam gewesen wären) keinesfalls erstrebenswert ist.

Zur Illustration dieses Ergebnisses ist darauf hinzuweisen, dass schon für die unterschiedlichen Steuersätze der abgeschafften Getränkesteuer kein adäquater Parameter gefunden werden konnte und durch die Anknüpfung des Getränkesteuer-Ersatzes an die Umsatzsteuer eine dynamischere Entwicklung der Mehreinnahmen der Gemeinden sichergestellt war.

Die Verwendung alternativer Valorisierungsparameter würde einerseits zu einer massiven Umverteilung zwischen den Gemeinden führen, andererseits nicht der Intention der Finanzausgleichspartner entsprechen, eine Teilkompensation für den Einnahmenentfall der Getränkesteuer zu etablieren.

Somit konnte bislang und vor allem während der laufenden Finanzausgleichsperiode noch kein alternativer, überhaupt keine Gemeinde begünstigender oder benachteiligender Aufteilungsschlüssel gefunden werden. Jedoch wird seitens der Finanzausgleichspartner weiterhin intensiv daran gearbeitet.

Mit Hinweis auf die erwähnte Arbeitsgruppe und ihre Ergebnisse kann daher nicht davon gesprochen werden, dass alle Finanzausgleichspartner - die Länder, die Gemeinden und der Bund - keinerlei Anstrengungen unternommen hätten, eine Regelung zu finden, welche eine regelmäßige Anpassung der Verteilung des Getränkesteuerausgleiches zum Inhalt hätte.

Abschließend wird in diesem Zusammenhang noch darauf hingewiesen, dass im Paktum zum FAG 2008 eine Arbeitsgruppe zur grundsätzlichen Reform des Finanzausgleiches eingerichtet wurde, die sich unter anderem mit einer stärkeren Aufgabenorientierung des Finanzausgleiches auseinandersetzen wird und deren Vorschläge in das FAG 2013 einfließen sollen. Im Rahmen der Tätigkeit dieser Arbeitsgruppe wird wohl auch der Getränkesteuerausgleich Thema sein.

Ein Aufschnüren der geltenden Finanzausgleichsregelungen zum jetzigen Zeitpunkt hätte zur Folge, dass die Städte und Gemeinden insbesondere in Zeiten einer Finanz- und Wirtschaftskrise in einem noch höheren Ausmaß als durch die Abschaffung der Getränkesteuer selbst in ihren getätigten Investitionen im Vertrauen auf die zu erwartenden Ertragsanteile frustriert würden.

Eine solche Vorgangsweise und umso mehr eine möglicherweise drohende Rückwirkung der Aufhebung der gegenständlichen Bestimmungen des FAG 2008 hätte fatale Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinden und Städte in Österreich. Dadurch würden viele Gemeinden an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gebracht werden, da sie nicht nur mit einem hohen Verwaltungsaufwand, sondern auch budgetär mit Getränkesteuerrückzahlungen tangiert würden und dies alles noch dazu, ohne in absehbarer Zeit entsprechende Ersatzmittel aus dem Finanzausgleich zu erhalten. Die Planungssicherheit der einzelnen Gemeinden käme damit nachhaltig zu Schaden. Schließlich würde dadurch auch das eine Einheit bildende Gesamtsystem des Finanzausgleiches schwerwiegend gestört.

Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass aus Sicht des Österreichischen Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes weder eine Verfassungswidrigkeit des §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc noch des §11 Abs2 Z2 Finanzausgleichsgesetz 2008 (FAG 2008), BGBl. I Nr. 103/2007 vorliegt."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Bundesregierung bestreitet die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Normen nicht. Auch sonst ist im Verfahren kein Prozesshindernis hervorgekommen. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist daher zulässig (vgl. auch VfSlg. 12.784/1991, S 955 f.).

2. Im Prüfungsverfahren konnten die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des §11 Abs2 Z2 FAG 2008 nicht zerstreut werden. Die Bundesregierung, aber auch die Interessenvertretungen der Städte und Gemeinden haben in ihren Äußerungen bzw. Stellungnahmen zwar die Auffassung vertreten, diese Vorschrift sei im Ergebnis nicht verfassungswidrig. Sie weisen aber darauf hin, dass bereits im Paktum zum Finanzausgleich 2001 bis 2004 eine Arbeitsgruppe in Aussicht genommen wurde, die beraten sollte, "welche Möglichkeiten einer regelmäßigen

Anpassung der Verteilung des ... Getränkesteuerausgleichs bestehen".

Die Bundesregierung vertritt in ihrer Äußerung selbst die Auffassung, dass die Verteilung von Teilen der Ertragsanteile auf die Gemeinden im Verhältnis des Ertrages der früheren Getränkesteuer nur ein Provisorium sein könne und schrittweise abzubauen und durch eine andere Verteilung zu ersetzen sei. Der Österreichische Gemeindebund führt an, dass sowohl in den Verhandlungen zum FAG 2005 als auch in jenen zum FAG 2008 Nachfolgeregelungen zum Getränkesteuerausgleich nach §11 Abs2 Z2 leg.cit. diskutiert wurden, eine Einigung jedoch nicht möglich war. Nach dem Vorbringen der Bundesregierung wurde der (vom Bundesminister für Finanzen unterbreitete) Vorschlag eines stufenweisen Abbaus des Getränkesteuerausgleichs von den Interessenvertretungen der Städte und Gemeinden "wegen der teilweise hohen negativen Auswirkungen auf einzelne Gemeinden" abgelehnt.

Der Verfassungsgerichtshof schließt daraus, dass den beteiligten Finanzausgleichspartnern selbst stets bewusst gewesen ist, dass die getroffene Ausgleichsmaßnahme kein Dauerrecht sein kann, sondern nur als Übergangsregelung in Betracht kommt. Dass über die erarbeiteten Alternativvorschläge (bisher) keine Einigung erzielt werden konnte, ändert daran nichts.

Die Verfassungskonformität dieser Regelung erblickt die Bundesregierung allein in dem Umstand, dass schon aufgrund der Paktierung des FAG 2008 davon ausgegangen werden könne, dass der Finanzausgleich für die Jahre 2008 bis 2013 eine dem §4 F-VG 1948 entsprechende Gesamtregelung bilde und der Getränkesteuerausgleich einen ebenfalls verfassungsrechtlich unbedenklichen (quantitativ geringfügigen) Teilbereich dieser Gesamtregelung darstelle. Auch die Interessenvertretungen der Städte und Gemeinden betonen diesen Gesichtspunkt.

Der Verfassungsgerichtshof hat schon im Prüfungsbeschluss an seine Vorjudikatur erinnert (beginnend mit VfSlg. 12.505/1990), der zufolge auch in Fällen eines paktierten Finanzausgleiches ein den §4 F-VG verletzender Fehler der Gesetzgebung (unter anderem) dann vorliegen kann, wenn einzelne Gebietskörperschaften gezielt benachteiligt oder bevorzugt bzw. wenn die notwendigen Anpassungen an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse nicht vorgenommen oder in die Wege geleitet wurden. Der Verfassungsgerichtshof bleibt dabei, dass eine finanzausgleichsrechtliche Regelung, die die Verteilung der Ertragsanteile auf die Gemeinden nach Aufhebung der Getränkesteuer in einer Weise vornimmt, die auf das Aufkommen dieser Steuer in den letzten Jahren vor ihrer Aufhebung abstellt, zwar als Übergangsregelung, nicht aber als Dauerlösung zu rechtfertigen ist. Eine solche Regelung führt nämlich notwendigerweise zu einer gezielten Begünstigung jener Gemeinden, die in einer bestimmten historischen Zeitspanne Erträge aus der Getränkesteuer erzielten, ohne Rücksicht darauf, ob diese Erträge auch in der Folge - bei Beibehaltung der Getränkesteuer - erzielt worden wären. Diese Sonderverteilung geht notwendigerweise zu Lasten derjenigen Gemeinden, die unterdurchschnittliche Getränkesteuereinnahmen erzielt haben, weil deren Anteil an den Ertragsanteilen entsprechend gekürzt wird. Der Getränkesteuerausgleich in seiner konkreten (nicht dynamisierten) Form führt andererseits zu einer Diskriminierung jener Gemeinden, die infolge der Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse in den Jahren nach 1999 ihrerseits Getränkesteuereinnahmen hätten erzielen können. Das fällt umso mehr ins Gewicht, als der Gesetzgeber so weit gegangen ist, im Getränkesteuerausgleich sogar außergewöhnlich hohe Getränkesteuereinnahmen einzelner Gemeinden in den Jahren 1998 und 1999 zu berücksichtigen und finanzausgleichsrechtlich "fortzuschreiben".

Wenn die Interessenvertretungen der Städte und Gemeinden in diesem Zusammenhang hervorheben, einer stufenweisen Abschaffung der Getränkesteuerausgleichszahlungen hätte nicht zugestimmt werden können, weil dies für "etliche Gemeinden" große finanzielle Nachteile mit sich gebracht hätte, bestätigen sie damit letztlich die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes. Sie räumen damit nämlich selbst indirekt ein, dass die mit dem Getränkesteuerausgleich verbundene spezielle Verteilung der Ertragsanteile verglichen mit den ansonsten zur Anwendung kommenden Verteilungskriterien für eine Minderheit von Gemeinden zu einem erheblichen Vorteil führt, für den Rest der Gemeinden aber neutral oder nachteilig ist. Es gibt keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigen könnte, diese Bevorzugung und Diskriminierung auf unbestimmte Zeit beizubehalten. Die als Übergangsregelung gerechtfertigte Ausgleichsmaßnahme kann daher nach Ablauf einer vertretbaren Zeitspanne die Vermutung der Richtigkeitsgewähr nicht mehr in Anspruch nehmen.

Jedenfalls im FAG 2008, das die finanzausgleichsrechtliche Situation bis zum Jahr 2013 gestaltet, hätte daher eine Neuregelung in Angriff genommen werden müssen. Klarzustellen ist dabei, dass im Fall des Abbaues des Getränkesteuerausgleichs keine Bedenken gegen Übergangsregelungen, die die Auswirkungen für die bisher begünstigten Gemeinden mildern, bestehen. Bei der Bemessung der Übergangsfristen wird freilich zu berücksichtigen sein, dass der provisorische Charakter der Ausgleichslösung den Finanzausgleichspartnern und auch den bisher bevorzugten Gemeinden seit dem FAG 2001 bewusst war und genügend Zeit gegeben war, um sich auf die neuen Verhältnisse einzustellen. Soweit die Interessenvertretungen der Gemeinden in diesem Zusammenhang vorbringen, die Aufhebung des Getränkesteuerausgleichs würde die finanzielle Planungssicherheit der betroffenen Gemeinden gefährden, kann der Verfassungsgerichtshof dem nicht folgen. Dieses Argument ist schon deswegen nicht einleuchtend, weil diese Planungssicherheit spätestens ab dem Zeitpunkt nicht mehr gegeben war, in dem die Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität der Getränkesteuer vom EuGH (Urteil vom 9. März 2000, Rs. C-437/97 , Evangelischer Krankenhausverein Wien, Slg. I-1157) verneint worden war. Dass der Finanzausgleichsgesetzgeber den daraus resultierenden Problemen durch eine spezielle Ausgleichslösung begegnet ist, war - wie erwähnt - für einen Übergangszeitraum vertretbar. Dabei war jedoch - wie schon oben hervorgehoben - der provisorische Charakter dieser Regelung allen Finanzausgleichspartnern bewusst. Keinesfalls konnten die betroffenen Gemeinden und ihre Interessenvertretungen daraus ableiten, dass die kommunalen Einnahmen auf Dauer keine Veränderung erfahren würden.

Wenn die Interessenvertretungen der Städte und Gemeinden hingegen vorbringen, die Fortführung des Getränkesteuerausgleichs sei deswegen weiterhin gerechtfertigt, weil die Abwicklung der Getränkesteuerrückzahlungen im Gefolge des erwähnten EuGH-Urteils noch immer nicht abgeschlossen sei, so kann der Verfassungsgerichtshof dem nicht beitreten. Bei dieser Abwicklung geht es um das Schicksal von Steuerbeträgen, die von den Gemeinden in den Jahren vor 2000 (konkret 1993 bis 1999) vereinnahmt wurden. Soweit dies in gemeinschaftsrechtswidriger Weise geschehen ist, ist die Rückzahlung durch die - vom Verfassungsgerichtshof grundsätzlich für verfassungskonform erachteten (vgl. VfSlg. 16.022/2000) - Regelungen über die Rückzahlungssperren in den einzelnen Bundesländern ohnehin auf die nicht überwälzten Steuerbeträge beschränkt worden. Die daraus resultierende finanzielle Belastung, die überdies teilweise vom Bund finanziert wird, kann es nicht rechtfertigen, dass für einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren eine finanzausgleichsrechtliche Verteilung der Gemeindeertragsanteile fortgeschrieben wird, die im Ergebnis dem Getränkesteueraufkommen in den Jahren vor Aufhebung dieser Steuer entspricht.

§11 Abs2 Z2 FAG 2008 ist daher als verfassungswidrig aufzuheben.

3. Hingegen hat das Verfahren die vom Verfassungsgerichtshof gegen §9 Abs7 Z5 litb sublit. bc FAG 2008 geäußerten Bedenken zerstreuen können. Zwar beruht auch dieser Aufteilungsschlüssel, bei dem es um die Bildung der sog. Ländertöpfe (dh. um die länderweise Ermittlung der Ertragsanteile der Gemeinden) geht, auf dem historischen Getränkesteueraufkommen. Zum einen wird dabei aber nur das Aufkommen in den Jahren 1993 bis 1997 berücksichtigt, nicht aber das besonders hohe Aufkommen einzelner Gemeinden in den Jahren 1998 und 1999 (dieses führt daher nicht zu Verschiebungen zwischen den Ländern). Zum anderen betrifft diese Regelung die Oberverteilung (dh. die Bildung der sog. Ländertöpfe) und beeinflusst die Ertragsanteileverteilung auf die Gemeinden nur in indirekter und - im Vergleich zur Regelung des §11 Abs2 Z2 leg.cit. - wesentlich abgeschwächter Form. Darüber hinaus steht die Regelung, wie die Bundesregierung plausibel ausführt, im Zusammenhang mit einer Entwicklung der letzten Jahre, auf Grund deren ein Teil der Ertragsanteile der Länder und Gemeinden nach einem einheitlichen Fixschlüssel verteilt wird, wobei die in Prüfung gezogene Regelung nur Teil dieses Fixschlüssels ist. Eine solche Regelung liegt - insoweit folgt der Verfassungsgerichtshof der Bundesregierung - im Gestaltungsspielraum des Finanzausgleichsgesetzgebers. Da die Auswirkungen der in Prüfung gezogenen Regelung auf die Ertragsanteile der einzelnen Gemeinden somit einerseits nur geringfügig sind und andererseits die geprüfte Norm in engem Zusammenhang mit den anderen die Oberverteilung betreffenden Regelungen (nämlich dem erwähnten Fixschlüssel) steht, kommt auch dem Umstand eine Bedeutung zu, dass diese Oberverteilung - wie sich auch aus den Stellungnahmen der kommunalen Interessenvertretungen ergibt - als zwischen den Finanzausgleichspartnern paktierte Regelung anzusehen ist. Jedenfalls aus der Sicht des FAG 2008 haben sich daher die ob der Regelung gehegten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht bestätigt.

§9 Abs7 Z5 litb sublit. bc FAG 2008 war daher nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

III. 1. Der Anregung der Bundesregierung, gemäß Art140 Abs7 B-VG auszusprechen, dass die aufgehobene Gesetzesstelle nicht mehr anzuwenden ist, folgt der Verfassungsgerichtshof nicht. Die Bundesregierung gesteht selbst zu, dass die Aufteilung der Ertragsanteile nach zwei unterschiedlichen Methoden (dh. einerseits nach der bereinigten Rechtslage für die Gemeinde Mils bei Imst, anderseits noch nach der aufgehobenen Rechtslage für die anderen Gemeinden) "technisch durchführbar wäre". Angesichts des Umstandes, dass im vorliegenden Fall (anders als im seinerzeitigen Fall des Wiener Randgemeindeschlüssels; vgl. VfSlg. 12.505/1990 und 12.784/1991) nur ein einziger Anlassfall zu berücksichtigen ist und die verwaltungstechnischen Probleme daher nicht ins Gewicht fallen, besteht keine Veranlassung zu einem solchen Ausspruch, zumal der für die Klägerin des Anlassverfahrens allenfalls notwendige Ausgleich mit unterschiedlichen finanzausgleichsrechtlichen Instrumenten hergestellt werden kann.

Im Hinblick darauf sieht sich der Verfassungsgerichtshof vielmehr veranlasst, für das Außer-Kraft-Treten der Regelung eine Frist einzuräumen (Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B-VG). Klarzustellen ist dabei, dass dem Finanzausgleichsgesetzgeber bei der Neuregelung ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt und er keineswegs dazu verhalten ist, den Weg einer "Dynamisierung" des Getränkesteuerausgleichs (Verteilung nach einem fiktiven Getränkesteueraufkommen) zu gehen.

2. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B-VG.

3. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B-VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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