VfGH G166/92

VfGHG166/9229.9.1992

Zurückweisung eines Individualantrags auf teilweise Aufhebung einer Bestimmung des Gasöl-SteuerbegünstigungsG; Zumutbarkeit der Erwirkung eines Abgabenbescheides

Normen

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Gasöl-SteuerbegünstigungsG §3 Abs1
MineralölsteuerG 1981 §9
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Gasöl-SteuerbegünstigungsG §3 Abs1
MineralölsteuerG 1981 §9

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. Die antragstellende Gesellschaft betreibt nach eigener Darstellung einen Groß- und Einzelhandel mit Brennstoffen aller Art, unter anderem auch mit Gasöl, welches zum Verheizen abgegeben wird, und wäre "kurzfristig in der Lage, sämtliche Voraussetzungen für einen Erzeugungsbetrieb im Sinne des §16 Abs1 MinStG (Mineralölsteuergesetz 1981) zu schaffen". In Hinkunft werde beabsichtigt, auch "Gasöl steuerbegünstigt im Sinne des §1 Gasöl-StbG (Gasöl-Steuerbegünstigungsgesetz), BGBl. 259/1966 i. d.g.F. (zu) verkaufen". Die genannte Gesetzesbestimmung ordnet an, daß "die Mineralölsteuer (Mineralölsteuergesetz 1981) ... für Gasöl der Unternummer 27 10 00 D des Zolltarifs (Zolltarifgesetz 1988 ...), das besonders gekennzeichnet wurde (§3 Abs1) und aus einem Erzeugungsbetrieb (§16 Abs1 MinStG 1981) oder einem Freilager (§20 Abs1 MinStG 1981) zum Verheizen abgegeben oder in einem Erzeugungsbetrieb oder einem Freilager verheizt wird", ermäßigt wird. §3 Abs1 Gasöl-StbG weist die Kompetenz zum Kennzeichnen von Gasöl ausschließlich Erzeugungsbetrieben zu, in denen Gasöl aus rohem Erdöl hergestellt wird oder die mit einem solchen Betrieb durch eine der Beförderung von Mineralöl dienende Rohrleitung verbunden sind.

Waren der Unternummer 27 10 00 D des Zolltarifs sind gemäß §1 Abs2 Z1 MinStG 1981 Mineralöl im Sinne dieses Bundesgesetzes. Nach §9 MinStG 1981 ist die Mineralölsteuer im Wege der Selbstberechnung zu entrichten.

2. Gestützt auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG begehrt die antragstellende Gesellschaft nun die Aufhebung der Wortfolge "in dem Gasöl aus rohem Erdöl hergestellt wird oder der mit einem solchen Betrieb durch eine der Beförderung von Mineralöl dienende Rohrleitung verbunden ist" in §3 Abs1 Gasöl-Steuerbegünstigungsgesetz, BGBl. 259/1966 idF BGBl. 142/1976.

Da für den Handel mit bereits gekennzeichnetem Gasöl als geeignete Abgabestelle ein Erzeugungsbetrieb iSd §16 Abs1 MinStG 1981 in Betracht kommt, während die Durchführung der Kennzeichnung (Beimischung von Farbstoffen) von Gasöl und daher die Abgabe des Produktes zum ermäßigten Steuersatz zusätzlich an die Voraussetzung geknüpft ist, daß in diesem Betrieb "Gasöl aus rohem Erdöl hergestellt wird" oder dieser Betrieb "durch eine der Beförderung von Mineralöl dienende Rohrleitung verbunden ist", erachtet sich die antragstellende Gesellschaft unmittelbar in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt.

3. Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führt die antragstellende Gesellschaft aus, daß ihr wohl nicht zuzumuten sei, trotz des eindeutigen Gesetzeswortlautes Gasöl zu kennzeichnen und womöglich in größerem Umfang steuerbegünstigt abzugeben, um auf diese Weise einen anfechtbaren Bescheid zu provozieren.

II. Der Antrag ist unzulässig.

Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10481/1985).

Entgegen der Ansicht der antragstellenden Gesellschaft ist hier ein solcher Weg gegeben.

Wie sich nämlich aus den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in den gleichfalls Selbstbemessungsabgaben betreffenden Beschlüssen VfSlg. 9571/1982, 9867/1983, 9900/1983 und VfGH 17.6.1992, G99/92, ergibt, hätte die antragstellende Gesellschaft die Möglichkeit, einen Antrag auf Rückerstattung der von ihr im Wege der Selbstbemessung entrichteten Abgaben mit der Begründung zu stellen, die Abgabenentrichtung hätte sich im Hinblick auf die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Vorschrift als unrichtig erwiesen (§201 der Bundesabgabenordnung, BGBl. 194/1961 idF BGBl. 151/1980).

Bei Beschreitung dieses Weges befände sich die antragstellende Gesellschaft, was ihre Verpflichtung zur Entrichtung inzwischen fällig gewordener Abgaben betrifft, in keiner anderen Situation als jene Abgabepflichtigen, die die Rechtswidrigkeit von Steuerbescheiden rügen wollen. Da dieser Weg zur Erwirkung eines Bescheides der Antragstellerin somit durchaus zumutbar wäre, mangelt es an einer der Voraussetzungen für die Legitimation zur Antragstellung nach Art140 Abs1 B-VG.

Angesichts dieser Rechtslage erübrigt es sich, darauf einzugehen, ob die antragstellende Gesellschaft durch die angefochtene Gesetzesbestimmung überhaupt in ihren Rechten aktuell verletzt werden konnte, weil sie - ihren eigenen Behauptungen zufolge - derzeit kein Erzeugungsbetrieb iSd §16 MinStG 1981 ist.

Der Antrag ist daher mangels Legitimation der antragstellenden Gesellschaft in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953).

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