VfGH E3297/2016

VfGHE3297/201628.6.2017

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Ausschluss subsidiär Schutzberechtigter von Leistungen nach dem Nö MindestsicherungsG angesichts der Leistungen aus der Grundversorgung

Normen

EMRK Art3
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
Nö MindestsicherungsG §5 Abs3 Z4
Nö GrundversorgungsG §5
Bund-Länder-Vereinbarung gemäß Art15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung, BGBl I 96/2010
Statusrichtlinie 2011/95/EU Art29 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2017:E3297.2016

 

Spruch:

I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

II. Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, besachwaltert und hat den Status eines subsidiär Schutzberechtigten. Er wohnt im gemeinsamen Haushalt mit seiner Mutter, einer polnischen Staatsangehörigen. Mit Eingabe vom 17. August 2016 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (im Folgenden: Mindestsicherung), welchen die Bezirkshauptmannschaft Melk mit Bescheid vom 24. August 2016 mit der Begründung abwies, dass subsidiär Schutzberechtigte seit der am 5. April 2016 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle nach §5 Abs3 Z4 Niederösterreichisches Mindestsicherungsgesetz (im Folgenden: NÖ MSG) nicht mehr in den Kreis der anspruchsberechtigten Personen fallen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Erkenntnis vom 7. Dezember 2016 als unbegründet ab.

2. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1973_390_0/1973_390_0.pdf ) und in Rechten nach Art3 EMRK sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§5 Abs3 Z4 NÖ MSG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Der Beschwerdeführer habe die Mindestsicherung seit deren Einführung auf Basis seines Status als subsidiär Schutzberechtigter bezogen. Auf Grund der Gesetzesänderung im NÖ MSG erhalte er nun nur mehr die Grundversorgung und Pflegegeld der Stufe 1. Seine Grundbedürfnisse könnten jedoch nicht aus dem NÖ Grundversorgungsgesetz (im Folgenden: NÖ GVG) abgedeckt werden, beispielsweise sei schon allein die Wohnungsmiete (ohne Betriebskosten) teurer als die gewährte Grundversorgung. Der Lebensunterhalt sei so in absehbarer Zeit nicht mehr finanzierbar. Die Beschneidung der Leistung und die ausschließliche Zuerkennung der Grundversorgung stelle eine Verletzung in Rechten des Art3 EMRK dar. Auch verstoße die Gesetzesänderung gegen den Vertrauensschutz: Auf Grund der Art15a B‑VG‑Vereinbarung über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung habe der Beschwerdeführer seit seiner Einstufung als subsidiär Schutzberechtigter davon ausgehen dürfen, dass auf Basis der Mindestsicherung sein weiterer Unterhalt sichergestellt sei. Die nunmehrige Gesetzesänderung stelle einen in keiner Weise vorhersehbaren, einseitigen und somit sachlich nicht gerechtfertigten Eingriff in das vom Beschwerdeführer entwickelte Vertrauen in die Mindestsicherung dar. Es bestehe auch keine sachliche Rechtfertigung, warum der Beschwerdeführer im Vergleich zu Asylberechtigten keine Mindestsicherung erhalte. Der Wegfall der Mindestsicherung sei auch unionsrechtswidrig, da in die sozialen Kernleistungen der Status-Richtlinie (RL 2011/95/EU ) eingegriffen werde. Auch sei die Gesetzesänderung völkerrechtswidrig, da sie gegen die UN-Behindertenrechtskonvention verstoße. Nicht nachvollziehbar sei auch, warum die Mutter des Beschwerdeführers als polnische Staatsangehörige über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügen solle. Auf Grund der bestehenden Behinderung sei der Beschwerdeführer einem Minderjährigen gleichzustellen, für den die Mutter sorge. Der Beschwerdeführer sei sohin auch in Art21 AEUV iVm der Unionsbürger-Richtlinie (RL 2004/38/EG ) verletzt.

3. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat die Gerichtsakten und die Bezirkshauptmannschaft Melk die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift wurde jeweils abgesehen.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. §5 des NÖ Mindestsicherungsgesetzes (NÖ MSG), LGBl für Niederösterreich 9205-0 idF LGBl 9205‑3, lautete wie folgt:

"§5

Anspruchsberechtigte Personen

 

(1) Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung haben nach Maßgabe dieses Abschnittes Personen, die

1. hilfsbedürftig sind,

2. ihren Hauptwohnsitz oder mangels eines solchen ihren Aufenthalt in Niederösterreich haben und

3. zu einem dauernden Aufenthalt im Inland berechtigt sind.

 

(2) Zum Personenkreis nach Abs1 Z3 gehören jedenfalls:

1. österreichische Staatsbürger und Staatsbürgerinnen sowie deren Familienangehörige, die über einen Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' gemäß §47 Abs2 NAG verfügen;

2. Staatsangehörige eines anderen Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz sowie deren Familienangehörige im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG , jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden oder die Einreise nicht zum Zweck des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erfolgt ist;

3. Asylberechtigte gemäß §3 AsylG 2005 und subsidiär Schutzberechtigte gemäß §8 AsylG 2005;

4. Drittstaatsangehörige mit einem Aufenthaltstitel

a) 'Daueraufenthalt-EU' gemäß §45 NAG oder

b) 'Daueraufenthalt-EU' eines anderen Mitgliedstaates und einem Aufenthaltstitel gemäß §49 NAG.

 

(3) Keinen Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung des Landes haben insbesondere:

1. Personen nach Abs2 Z2 während der ersten drei Monate ihres Aufenthaltes im Inland, außer es handelt sich um Arbeitnehmer oder Selbständige und deren Familienangehörige;

2. Personen während ihres sichtvermerksfreien oder sichtvermerkspflichtigen Aufenthaltes im Inland, soweit nicht Z1 anwendbar ist;

3. Asylwerber gemäß §13 AsylG 2005.

 

(4) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann auf Grundlage des Privatrechts auch an andere als die in Abs2 genannte Personen, die sich für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten rechtmäßig in Niederösterreich aufhalten, geleistet werden, wenn dies auf Grund der persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Verhältnisse zur Vermeidung einer sozialen Härte geboten ist und eine vergleichbare Leistung nicht auf Grund einer anderen Rechtsgrundlage geltend gemacht werden kann."

 

2. §5 NÖ MSG lautet seit der Novelle LGBl für Niederösterreich 24/2016, in Kraft getreten am 5. April 2016, wie folgt:

"§5

Anspruchsberechtigte Personen

 

(1) Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung haben nach Maßgabe dieses Abschnittes Personen, die

1. hilfsbedürftig sind,

2. ihren Hauptwohnsitz oder mangels eines solchen ihren Aufenthalt in Niederösterreich haben und

3. zu einem dauernden Aufenthalt im Inland berechtigt sind.

 

(2) Zum Personenkreis nach Abs1 Z3 gehören jedenfalls:

1. österreichische Staatsbürger und Staatsbürgerinnen sowie deren Familienangehörige, die über einen Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' gemäß §47 Abs2 NAG verfügen;

2. Staatsangehörige eines anderen Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz sowie deren Familienangehörige im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG , jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden oder die Einreise nicht zum Zweck des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erfolgt ist;

3. Asylberechtigte gemäß §3 AsylG 2005;

4. Drittstaatsangehörige mit einem Aufenthaltstitel

a) 'Daueraufenthalt-EU' gemäß §45 NAG oder

b) 'Daueraufenthalt-EU' eines anderen Mitgliedstaates und einem Aufenthaltstitel gemäß §49 NAG.

 

(3) Keinen Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung des Landes haben insbesondere:

1. Personen nach Abs2 Z2 während der ersten drei Monate ihres Aufenthaltes im Inland, außer es handelt sich um Arbeitnehmer oder Selbständige und deren Familienangehörige;

2. Personen während ihres sichtvermerksfreien oder sichtvermerkspflichtigen Aufenthaltes im Inland, soweit nicht Z1 anwendbar ist;

3. Asylwerber gemäß §13 AsylG 2005;

4. Subsidiär Schutzberechtigte gemäß §8 AsylG 2005.

 

(4) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann auf Grundlage des Privatrechts auch an andere als die in Abs2 genannte Personen, die sich für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten rechtmäßig in Niederösterreich aufhalten, geleistet werden, wenn dies auf Grund der persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Verhältnisse zur Vermeidung einer sozialen Härte geboten ist und eine vergleichbare Leistung nicht auf Grund einer anderen Rechtsgrundlage geltend gemacht werden kann."

 

2.1. Die Materialien führen zur am 5. April 2016 in Kraft getretenen Änderung des §5 NÖ MSG aus (AA Ltg.‑839/A‑1/63‑2016):

"Bei subsidiär Schutzberechtigten handelt es sich um jene Personengruppe, deren Asylantrag zwar rechtskräftig abgewiesen wurde, die allerdings aus rechtlichen Gründen einen Schutz vor Abschiebung genießen. Subsidiär Schutzberechtigte haben einen Anspruch auf Leistungen aus der Grundversorgung. Zusätzlich können sie derzeit in Niederösterreich Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Form von Aufstockungsleistungen erhalten.

 

Ein Vergleich mit den Bundesländern Burgenland (§4 Abs1 Z5 des Burgenländischen Mindestsicherungsgesetzes) und Salzburg (§4 Abs3 Z3 des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes) zeigt, dass dort subsidiär Schutzberechtigte keinen Anspruch auf Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung haben, wenn sie Leistungen aus der Grundversorgung beziehen. Weiters ist in Oberösterreich geplant, subsidiär Schutzberechtigte vom Bezug der Bedarfsorientierten Mindestsicherung auszuschließen. Ein entsprechender Initiativantrag wurde bereits im oberösterreichischen Landtag eingebracht und wird derzeit im zuständigen Sozialausschuss beraten.

 

Da in zwei Bundesländern die vorgeschlagenen Regelungen bereits in Kraft sind und in einem dritten Bundesland eine ähnliche Regelung geplant ist, soll auch in Niederösterreich für den Personenkreis der subsidiär Schutzberechtigten eine Änderung im NÖ Mindestsicherungsgesetz vorgenommen werden."

 

3. Das NÖ Grundversorgungsgesetz, LGBl für Niederösterreich 9240‑0 idF LGBl für Niederösterreich 80/2015, lautet auszugsweise wie folgt:

"§1

Ziele und Grundsätze

 

(1) Die Grundversorgung soll hilfs- und schutzbedürftigen Fremden ein menschenwürdiges Leben ermöglichen, solange sie dazu Hilfe benötigen.

 

(2) – (4) […]"

 

"§4

Hilfs- und Schutzbedürftigkeit

 

(1) Hilfsbedürftig ist, wer den Lebensbedarf im Sinne der in den §§5 und 6 angeführten Leistungen in der im §7 angeführten Höhe für sich und seine mit ihm in Niederösterreich im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht oder nicht ausreichend von anderen Personen oder Einrichtungen erhält. Hilfsbedürftigkeit liegt nicht vor, wenn der Bund, ein anderes Bundesland oder sonstige Personen, Einrichtungen bzw. Stellen aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Regelung zur Erbringung von Grundversorgungsleistungen oder gleichartiger Leistungen – ausgenommen Leistungen nach dem NÖ Mindestsicherungsgesetz, LGBl 9205 – verpflichtet sind; dies gilt auch aufgrund von Ansprüchen, die sich aus gemeinschaftsrechtlichen Normen ergeben.

 

(2) Schutzbedürftig sind

1. Fremde ab Einbringung eines Antrages auf internationalen Schutz oder eines Asylantrages bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder zur Gegenstandslosigkeit des Asylverfahrens;

2. Fremde mit Aufenthaltsrecht gemäß §57 Abs1 Z1 oder 2 AsylG 2005 oder auf Grundlage einer Verordnung nach §62 AsylG 2005;

3. Fremde, bei denen nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens das Aufenthaltsrecht durch das Wiederaufleben der asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung infolge der vom Verwaltungsgerichtshof im Zuge einer Revision oder vom Verfassungsgerichtshof im Zuge einer Beschwerde gegen die asylrechtliche Entscheidung zuerkannten aufschiebenden Wirkung entstanden ist;

4. Fremde ohne Aufenthaltsrecht, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar sind;

5. Fremde, denen nach asylrechtlichen Vorschriften der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und

6. Asylberechtigte während der ersten vier Monate nach Asylgewährung.

 

§5

Umfang der Grundversorgung

 

(1) Im Rahmen der Grundversorgung können in Niederösterreich folgende Leistungen gewährt werden:

1. Unterbringung in geeigneten Unterkünften;

2. Versorgung mit angemessener Verpflegung;

3. Versorgung mit notwendiger Bekleidung;

4. Gewährung eines monatlichen Taschengeldes bei Unterbringung in organisierten Unterkünften, sofern kein Verpflegungsgeld ausbezahlt wird;

5. Sicherung der Krankenversorgung im Sinne des ASVG durch Bezahlung der Krankenversicherungsbeiträge;

6. Gewährung allenfalls darüber hinausgehender notwendiger, durch die Krankenversicherung nicht abgedeckter, medizinischer Leistungen nach Prüfung im Einzelfall;

7. Bereitstellung des notwendigen Schulbedarfs für Schüler;

8. Übernahme der bei Schülern für den Schulbesuch erforderlichen Fahrtkosten bis zur Kostentragung nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967;

9. Maßnahmen für pflegebedürftige Personen;

10. Übernahme von Transportkosten bei angeordneten Überstellungen und behördlichen Ladungen;

11. Information, Beratung und soziale Betreuung;

12. Maßnahmen zur Strukturierung des Tagesablaufs im Bedarfsfall;

13. Kostenübernahme einer einfachen Bestattung oder eines Rückführungsbetrages maximal in derselben Höhe;

14. Gewährung von Rückkehrberatung, von Reisekosten sowie einer einmaligen Überbrückungshilfe bei freiwilliger Rückkehr in das Herkunftsland;

15. Leistungen gemäß §6 für die dort genannten Personengruppen.

 

(2) […]

 

§6

Sonderbestimmungen für besonders hilfsbedürftige Personen

 

(1) – (3) […]

 

(4) Im Rahmen der Grundversorgung ist außer im Hinblick auf unbegleitete minderjährige Fremde im Einzelfall auch die spezielle Situation von besonders hilfsbedürftigen Personen, Menschen mit besonderen Bedürfnissen, älteren Menschen, Schwangeren, Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, Opfern des Menschenhandels, Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen, Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstigen schweren Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt ausgesetzt waren, zu erfassen und berücksichtigen.

 

§7

Höhe und Form der Grundversorgungsleistungen

 

(1) Grundversorgungsleistungen gemäß §5 und §6 können bis zur Höhe der in Art9 der Grundversorgungsvereinbarung festgelegten Kostenhöchstsätze gewährt werden. Sie können in Form von Geld- oder Sachleistungen oder auch in Mischform, unter Auflagen, Bedingungen oder Anordnungen und, wenn damit die Bedürfnisse des Fremden ausreichend befriedigt werden, auch eingeschränkt oder in Teilleistungen gewährt werden. Es besteht kein Anspruch auf eine bestimmte Leistungsform. Auflagen, Bedingungen und Anordnungen können insbesondere erteilt werden, wenn dies zum Schutz der Interessen an einem geordneten Ablauf der Grundversorgung in einer Unterkunft oder zum Schutz der öffentlichen Ruhe, Ordnung, Sicherheit, Gesundheit oder des öffentlichen Wohles dringend geboten erscheint.

 

(2) Es besteht kein Anspruch auf Gewährung einer individuellen Unterkunft bzw. Unterbringung in einer bestimmten Unterkunft. Bei jedem Wechsel der Unterkunft bedarf es für die Weitergewährung von Leistungen der vorangehenden Zustimmung der Landesregierung.

 

(3) Die Höhe der Leistungen ist unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der Hilfe suchenden bzw. leistungsempfangenden Person zu gewähren, wobei auch das Einkommen des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten, eingetragenen Partners, Lebensgefährten sowie der unterhaltspflichtigen Personen zu berücksichtigen ist. Als Einkommen und verwertbares Vermögen sind grundsätzlich alle Einkünfte, Geldleistungen bzw. Vermögenswerte zu berücksichtigen.

 

(4) Art und Ausmaß der Leistungen können insbesondere bei Personen gemäß §4 Abs2 Z2 bis 6 davon abhängig gemacht werden, dass sie unter Berücksichtigung der ausländerbeschäftigungsrechtlichen Bestimmungen ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise einsetzen und sich um entsprechende Erwerbsmöglichkeiten bemühen. Dabei ist auf deren persönliche Verhältnisse, insbesondere deren Lebensalter und gesundheitlichen Zustand, angemessen Bedacht zu nehmen.

 

(5) Die Landesregierung kann durch Verordnung Bestimmungen erlassen, inwieweit Einkommens- und Vermögenswerte der Hilfe suchenden bzw. leistungsempfangenden Person, des im selben Haushalt lebenden Ehegatten, eingetragenen Partners bzw. Lebensgefährten sowie der unterhaltspflichtigen Personen zu berücksichtigen sind oder anrechenfrei bleiben.

 

(6) Im Fall einer auf Grund einer Verordnung nach §76 NAG festgestellten Massenfluchtbewegung sind Leistungen zur Grundversorgung unter Beachtung der im Sinne des Art8 der Grundversorgungsvereinbarung festgelegten Regelungen zu gewähren. Jedenfalls ist die Unterbringung in geeigneten Unterkünften, die entsprechende Versorgung und die medizinische Notversorgung, einschließlich der unbedingt erforderlichen Behandlung von Krankheiten, zu gewähren."

 

4. Art9 der Grundversorgungsvereinbarung, BGBl I 80/2004, lautet wie folgt:

"Artikel 9

Kostenhöchstsätze

 

Die Kostenhöchstsätze für die Erfüllung der Aufgaben nach den Art6, 7 und 8 betragen inklusive aller Steuern und Abgaben:

1. für die Unterbringung und Verpflegung in einer organisierten Unterkunft pro Person und Tag €   17,--

2. für die Verpflegung bei individueller Unterbringung pro Person und Monat

für Erwachsene €  180,--

für Minderjährige €   80,--

für unbegleitete Minderjährige €  180,--

3. für die Miete bei individueller Unterbringung pro Monat

für eine Einzelperson €  110,--

für Familien (ab zwei Personen) gesamt €  220,--

4. für Taschengeld pro Person und Monat €   40,--

5. für Überbrückungshilfe bei Rückkehr, einmalig pro Person €  370,--

6. für die Sonderunterbringung für pflegebedürftige Personen, pro Person und Monat € 2480,--

7. für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Fremder pro Person und Tag

in Wohngruppen (mit Betreuungsschlüssel 1:10) €   75,--

in Wohnheimen (mit Betreuungsschlüssel 1:15) €   60--

in betreutem Wohnen (mit Betreuungsschlüssel 1:20), oder in sonstigen geeigneten Unterkünften €   37,--

8. für die Krankenversicherung maximal in Höhe des gemäß §§9 und 51 ASVG jeweils festgesetzten Beitragssatzes (derzeit 7,3 % inklusive Zusatzbetrag).

9. für Information, Beratung und soziale Betreuung (exkl. Dolmetscherkosten) nach einem maximalen Betreuerschlüssel von 1:170

10. für die zum Schulbesuch erforderlichen Fahrtkosten – bis zu einer Kostentragung nach dem Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) – die Tarifsätze der jeweiligen Verkehrsunternehmen.

11. für Schulbedarf pro Kind und Jahr €  200,--

12. für Freizeitaktivitäten in organisierten Quartieren pro Person/Monat

€   10,--

13. für Deutschkurse für unbegleitete minderjährige Fremde mit maximal 200 Unterrichtseinheiten und pro Einheit pro Person €     3,63

14. für notwendige Bekleidungshilfe jährlich pro Person €  150,--

15. für Rückreise nach den Kostenhöchstsätzen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und

16. für Kosten gemäß Art2 Abs1 Z5 pro Person und Tag maximal der gemäß §10 Abs2 FrG‑DV jeweils festgelegte Betrag."

 

5. Die Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Folgenden: Status-RL), lautet auszugsweise wie folgt:

"Erwägungsgrund 45

 

Insbesondere zur Vermeidung sozialer Härtefälle ist es angezeigt, Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, ohne Diskriminierung im Rahmen der Sozialfürsorge angemessene Unterstützung in Form von Sozialleistungen und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren. Bei der Sozialhilfe sollten die Modalitäten und die Einzelheiten der Gewährung der Kernleistungen für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, durch das nationale Recht bestimmt werden. Die Möglichkeit der Einschränkung der Sozialhilfe auf Kernleistungen ist so zu verstehen, dass zumindest eine Mindesteinkommensunterstützung sowie Unterstützung bei Krankheit oder bei Schwangerschaft und bei Elternschaft umfasst sind, soweit diese Leistungen nach dem nationalen Recht eigenen Staatsangehörigen gewährt werden."

 

"Artikel 29

Sozialhilfeleistungen

 

(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der diesen Schutz gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten.

 

(2) Abweichend von der allgemeinen Regel nach Absatz 1 können die Mitgliedstaaten die Sozialhilfe für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, auf Kernleistungen beschränken, die sie im gleichen Umfang und unter denselben Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige gewähren."

 

III. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §5 Abs3 Z4 NÖ MSG.

2.1. Der Ausschluss subsidiär Schutzberechtigter von Leistungen nach dem NÖ MSG stellt keine Verletzung in Rechten gemäß Art3 EMRK dar. Denn die Leistungen, wie sie in §5 des NÖ GVG aufgeführt sind, decken jedenfalls die zu einem menschenwürdigen Leben erforderlichen Grundbedürfnisse ab. Es besteht zwar nach §7 Abs1 dritter Satz leg.cit. "kein Anspruch auf eine bestimmte Leistungsform", es besteht aber daran kein Zweifel, dass im Falle eines entsprechenden Bedarfes die benötigten Leistungen nach dem Gesetz nicht schlechthin verweigert werden dürfen, sondern entweder in natura oder in Geld zu gewähren sind, je nachdem welche Maßnahme erforderlich ist, um für die Betroffenen eine nach Art3 EMRK verpönte Situation nicht eintreten zu lassen. Die vom Beschwerdeführer angeführten höheren Pflegekosten auf Grund seiner Behinderung werden durch die Gewährung von Pflegegeld berücksichtigt. 

2.2. §5 Abs3 Z4 NÖ MSG verstößt auch nicht gegen das Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander:

2.2.1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

2.2.2. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, Leistungen der Mindestsicherung (bzw. der Sozialhilfe) in unbeschränkter Weise zu gewähren, wenn dies eine Förderung rechtspolitisch unerwünschter Ziele zur Folge hätte, bei deren Verfolgung er grundsätzlich frei ist (vgl. VfSlg 5972/1969 und 8541/1979); zum weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum bei der Beurteilung sozialer Bedarfslagen und bei der Ausgestaltung von an diese Bedarfslagen anknüpfenden sozialen Maßnahmen vgl. VfSlg 18.885/2009). Der dem Gesetzgeber zustehende Gestaltungsspielraum wird durch das Gleichheitsgebot nur insofern beschränkt, als es ihm verwehrt ist, Regelungen zu treffen, für die eine sachliche Rechtfertigung nicht besteht, was insbesondere dann der Fall wäre, wenn in einem vom Gesetzgeber eingerichteten System der Sicherung zur Gewährung eines zu einem menschenwürdigen Leben erforderlichen Mindeststandards der Zweck, dem betroffenen Personenkreis das Existenzminimum zu gewähren, nicht mehr gewährleistet sein würde, da ein solches Sicherungssystem offensichtlich insoweit seine Aufgabenstellung verfehlen würde (vgl. zuletzt VfSlg 19.698/2012).

2.2.3. Eine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche sozialhilferechtliche Behandlung Asylberechtigter und subsidiär Schutzberechtigter liegt hier vor, weil zwischen diesen Gruppen im ausreichenden Maße Unterschiede bestehen, welche eine derartige Differenzierung zu rechtfertigen vermögen:

2.2.3.1. Im Gegensatz zu Asylberechtigten erhalten subsidiär Schutzberechtigte nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht von einem Jahr, welches bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen verlängert werden kann. Dies entspricht der Überlegung, dass jene Umstände, die typischerweise subsidiären Schutz rechtfertigen, wie zB eine schlechte Sicherheitslage oder bürgerkriegsähnliche Zustände, jedenfalls in der Tendenz eher vorübergehenden Charakter haben und rascher beendet sein können, als dies im Allgemeinen von systematischen Verfolgungen aus den in Art1 Abschnitt A Z2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen durch staatliche Einrichtungen unter bestimmten Regimen angenommen werden kann.

2.2.3.2. Anders als bei Asylberechtigten ist der Aufenthaltsstatus daher bei der Personengruppe subsidiär Schutzberechtigter von vornherein eher von provisorischer Natur als dies bei Asylberechtigten im Allgemeinen der Fall ist.

2.2.4. Dem Gesetzgeber kommt daher bei den Anforderungen an das Niveau der Versorgung zur Ermöglichung eines menschenwürdigen Lebens – den genannten Gegebenheiten Rechnung tragend – ein dementsprechender rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Dieser Gestaltungsspielraum umfasst nicht nur – wie dies auch ganz allgemein beim Sozialhilfe- bzw. Mindestsicherungsrecht gilt – ein grundsätzliches Wahlrecht, ob die erforderlichen Leistungen als Geld – oder eher als Sachleistungen, sondern ferner, ob, angesichts des Provisorialcharakters des durch subsidiären Schutz vermittelten vorübergehenden Aufenthaltsrechtes subsidiär Schutzberechtigter, die für ein menschenwürdiges Dasein erforderlichen Leistungen nur im zwingend erforderlichen Umfang gewährt werden.

2.2.5. Die Materialien zu §5 Abs3 Z4 NÖ MSG (AA Ltg.‑839/A‑1/63‑2016) lassen erkennen, dass subsidiär Schutzberechtigte nach dem Vorbild anderer Bundesländer künftig keinen Anspruch auf Leistungen aus der Mindestsicherung mehr haben sollen, wenn sie Leistungen aus der Grundversorgung beziehen. Die Grundversorgung nach dem NÖ GVG zielt (ebenso wie die Mindestsicherung für die davon erfassten Personen) darauf ab, hilfs- und schutzbedürftigen Fremden ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, solange sie Hilfe benötigen. Im Rahmen der Grundversorgung werden geeignete Unterkünfte, angemessene Verpflegung, notwendige Bekleidung, ein monatliches Taschengeld, medizinische Versorgung und ähnliche Leistungen in erster Linie als Sachleistung gewährt (§5 NÖ GVG). Die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung hält sich daher im Rahmen des ihm zuzubilligenden rechtspolitischen Spielraums.

2.3. Auch sonst sind keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §5 Abs3 Z4 NÖ MSG entstanden:

2.3.1. Insbesondere kann nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein möglicher Verstoß gegen die Vorschriften der Vereinbarung nach Art15a B‑VG über eine bundesweite bedarfsorientierte Mindestsicherung, BGBl I 96/2010, eine Verfassungswidrigkeit des §5 Abs3 Z4 NÖ MSG nicht begründen. Art15a B‑VG-Vereinbarungen verpflichten nur die Vertragsparteien und bedürfen der Transformation. Sie stellen aus diesem Grund auch keine höherrangige Norm dar, an der etwa landesrechtliche Vorschriften unmittelbar gemessen werden könnten (siehe VfSlg 19.964/2015 mwN).

2.3.2. Ebenso wenig genießt das Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches einen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. zB VfSlg 19.411/2011 mwN). Dies gilt im Besonderen für steuerfinanzierte Transferleistungen, denen keine Anwartschaft oder Beitragsleistung der berechtigten Person gegenübersteht (vgl. VfSlg 19.434/2011 mwN, vgl. etwa auch VfSlg 19.698/2012). Nur unter besonderen Umständen muss den Betroffenen zur Vermeidung unsachlicher Ergebnisse die Gelegenheit gegeben werden, sich rechtzeitig auf die neue Rechtslage einzustellen (vgl. VfSlg 19.411/2011 mwN).

2.3.2.1. Besondere Umstände, die ungeachtet der notorischen Zunahme der Anzahl der nach Österreich gekommenen Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigten eine verschlechternde Rechtsgestaltung verbieten würden, werden auch in der Beschwerde nicht geltend gemacht. Die Beschwerdebehauptung, dass die Richtsätze der Grundversorgung nicht einmal die (konkret anfallenden) Mietkosten der beschwerdeführenden Partei abdecken würden, reicht dazu nicht aus, zumal es in der Grundversorgung (verfassungsrechtlich zulässigerweise) auf das absolut Unerlässliche, nicht aber darauf ankommt, ob die beschwerdeführende Partei über diese Grenze hinausgehende tatsächliche Aufwendungen hat.

2.3.3. Dem behaupteten Verstoß gegen Völkerrecht ist entgegenzuhalten, dass die unter Erfüllungsvorbehalt stehende UN-Behindertenrechtskonvention kein Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen ist.

3. Zu den geltend gemachten Vollzugsfehlern:

3.1. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass das Verwaltungsgericht diesen Vorschriften fälschlicherweise einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander nur verletzt worden sein, wenn das Verwaltungsgericht Willkür geübt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall:

3.2. Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

3.2.1. Die Beschwerde behauptet, dass §5 Abs3 Z4 NÖ MSG gegen Unionsrecht verstoße. In der Beschwerde wird die Behauptung der Unionsrechtswidrigkeit des §5 Abs3 Z4 NÖ MSG (und damit die Unanwendbarkeit dieser Norm im vorliegenden Verfahren) damit begründet, dass in die sozialen Kernleistungen der Status-RL (RL 2011/95/EU ) eingegriffen werde. Dem ist zu entgegnen, dass ein möglicher Verstoß gegen Unionsrecht keine Verfassungsverletzung darstellt und vom Verfassungsgerichtshof nur dann aufzugreifen ist, wenn der Widerspruch zum Unionsrecht offenkundig und die angefochtene Entscheidung daher mit einem Verstoß gegen das aus dem Gleichheitssatz abgeleitete Willkürverbot behaftet ist (vgl. EuGH 6.10.1982, Rs.283/81, CILFIT, Slg. 1982, I‑3415, Rz 16; VfSlg 14.886/1997, https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=15583&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ). Letzteres trifft im vorliegenden Fall nicht zu (vgl. hiezu schon das Erkenntnis des VwGH vom 15.12.2011, 2008/10/0001, in dem dieser keinen Widerspruch des burgenländischen Sozialhilfegesetzes [abgelöst durch das bgld. Mindestsicherungsgesetz] zur [früheren] Status-RL (RL 2004/83/EG ) erblickte, mit welchem die Ansprüche von subsidiär Schutzberechtigten auf Leistungen der Grundversorgung eingeschränkt wurden).

3.2.2. Gemäß Art29 Abs2 der Status-RL (RL 2011/95/EU ) können die Mitgliedstaaten die Sozialhilfe für subsidiär Schutzberechtigte auf Kernleistungen beschränken, die sie im gleichen Umfang und unter denselben Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige gewähren. Bei diesen Kernleistungen handelt es sich gemäß Erwägungsgrund 45 der Richtlinie um "zumindest eine Mindesteinkommensunterstützung sowie Unterstützung bei Krankheit oder bei Schwangerschaft und bei Elternschaft", "soweit diese Leistungen nach dem nationalen Recht eigenen Staatsangehörigen gewährt werden". Mit den Kernleistungen sollen existenzielle Grundbedürfnisse befriedigt werden. Die einheitliche Leistung der Mindestsicherung an subsidiär Schutzberechtigte bedarfsmäßig auf deren Kern zu beschränken, steht daher auch nicht in einem offenkundigen Widerspruch zur Richtlinie.

Die Grundversorgung, die der Beschwerdeführer bezieht, entspricht jenen Kernleistungen, die vom Staat "im gleichen Umfang und unter denselben Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige" gewährt werden.

3.3. Die in der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die Mutter des Beschwerdeführers über einen (unionsrechtlichen) Aufenthaltstitel verfügt bzw. ob ein Verstoß gegen die Unionsbürger-Richtlinie (RL 2004/38/EG ) besteht, ist keine Frage verfassungsrechtlicher Natur. Es stellen sich in diesem Zusammenhang allenfalls einfachgesetzliche Fragen, deren Beantwortung in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fällt.

4. Eine Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte ist im Verfahren ebenso wenig hervorgekommen.

IV. Ergebnis

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

2. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

3. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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