Normen
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art87 Abs3
B-VG Art134 Abs7
B-VG Art135 Abs2
Vlbg LandesverwaltungsgerichtsG §11, §12
Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg für das Jahr 2021 §1, §4, §9
Vlbg BauG 2001 §18, §43, §55
VfGG §7 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2023:E1920.2022
Spruch:
I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Das Land Vorarlberg ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 7. Juni 2021 wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretungen des §55 Abs1 litk iVm §43 Abs1 Vorarlberger Baugesetz (im Folgenden: Vbg BauG) und des §55 Abs1 lita iVm §18 Abs1 lita Vbg BauG eine Geldstrafe in der Höhe von insgesamt € 7.000,– und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von insgesamt fünf Tagen verhängt.
2. Die dagegen an das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 7. Juni 2022 mit näherer Begründung mit der Maßgabe abgewiesen, dass die maßgeblichen Rechtsvorschriften durch die Zitierung ihrer jeweiligen Fundstelle im Landesgesetzblatt konkretisiert wurden.
3. In der auf Art144 B‑VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B‑VG) und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B‑VG) behauptet.
Begründend wird dazu auf das Wesentliche zusammengefasst Folgendes ausgeführt:
Dem Grundsatz der festen Geschäftsverteilung werde nur entsprochen, wenn von vornherein feststehe, welchem Organwalter auf Grund welcher nachvollziehbarer Kriterien eine Beschwerde zuzuteilen sei.
Aus der Beantwortung einer Anfrage seitens des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers durch den Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg würde sich ergeben, dass aus dem das Verfahren des Beschwerdeführers betreffenden Zuständigkeitsbereich neben der Beschwerde in seiner Sache noch eine weitere Beschwerde eingelangt sei. Über den konkreten Zeitpunkt des Einlangens sei keine Auskunft erteilt worden. Auch aus dem Akt würde sich der Zeitpunkt nicht ergeben, im Eingangsvermerk sei nur der Tag des Einlangens dokumentiert.
Es stehe somit von vornherein mangels entsprechend determinierter Zuteilungsregelung nicht fest, wem die Beschwerde zuzuteilen sei. Eine verpönte Einflussnahme auf die Zuteilung der Geschäftsfälle sei derart ebenso wenig ausgeschlossen.
Langten Schriftstücke etwa im Fall der Postzustellung gleichzeitig ein, sei dennoch zu gewährleisten, dass die Geschäftszuweisung fortlaufend nachvollziehbar und nachprüfbar erfolge. Weder aus der Geschäftsverteilung selbst noch aus irgendeiner anderen Bestimmung noch aus dem Verfahrensakt würde sich eine entsprechend nachvollziehbare Zuweisungsregelung ergeben. Insoweit die Zuweisung durch den Präsidenten bzw die Vizepräsidentin des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg ohne entsprechend determinierte Zuweisungsregelung erfolge, widerspreche dies dem Grundsatz der festen Geschäftsverteilung. Die Zuweisung erfolge willkürlich und es sei nicht gewährleistet, dass jeder Einfluss auf die Sachentscheidung über die Auswahl der Organwalter auch für Einzelfälle ausgeschlossen sei. Gerade für den Fall des gleichzeitigen Einlangens von Schriftstücken fehle jede Zuweisungsregelung, sodass dem Grundsatz der festen Geschäftsverteilung gar nicht entsprochen werden könne.
Um die Zuweisung zu den Einzelmitgliedern nachvollziehbar und – wie von der Rechtsprechung gefordert – nachprüfbar zu gestalten, wäre insbesondere der Zeitpunkt des Einlangens zu erfassen oder eine fortlaufende Nummerierung nach dem Zeitpunkt des Einlangens zu beurkunden, wie dies auch von den ordentlichen Gerichten auf Grundlage des GOG gehandhabt werde.
4. Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der es den Beschwerdebehauptungen mit der folgenden – auszugsweise wiedergegeben – Begründung entgegentritt:
Beschwerden würden auf unterschiedliche Weise beim Landesverwaltungsgericht einlangen. Mitunter würden auch mehrere Beschwerdevorlagen von Behörden gleichzeitig einlangen. Entsprechend der Kanzleiordnung würden alle einlangenden Schriftstücke mit dem Eingangsstempel des Landesverwaltungsgerichtes versehen. Dieser Eingangsstempel enthalte ua das Datum des Einlangens. Die Eingangspost werde dem Präsidenten von der Einlaufstelle zweimal täglich (vormittags und nachmittags) vorgelegt.
Für die Aufteilung der von den Verwaltungsgerichten zu besorgenden Geschäfte "auf die Einzelrichter und Senate" gelte der Grundsatz der festen Geschäftsverteilung gemäß Art135 Abs2 B‑VG. Die feste Geschäftsverteilung sei ein genereller Akt der Gerichtsbarkeit und keine Verordnung. Die feste Geschäftsverteilung habe für jene Fälle, in denen eine Zuständigkeit der Einzelrichter bestehe, genau zu bestimmen, welche Einzelrichter zuständig seien, darüber hinaus aber auch die Vertreter im Falle einer Verhinderung und die Reihenfolge, in der diese eintreten. Dabei sei sowohl die Verteilung nach sachlichen Gesichtspunkten wie auch die Normierung eines "Rotationsprinzips" zulässig, bei dem sich die Zuständigkeit nach der Reihenfolge des Einlangens der Rechtssachen richtet.
Die vorgelegten Beschwerden würden – anschließend an die zuvor erfolgten Zuteilungen – in der Reihenfolge der Namensnennung der Richterinnen und Richter in der Geschäftsverteilung zugewiesen. Dies ergebe sich klar aus dem Wortlaut der Geschäftsverteilung. Nach dem ebenfalls klaren Wortlaut des §12 Abs1 LVwG‑G sei die Geschäftsverteilung die Grundlage für die Zuweisung. Eine über die Geschäftsverteilung hinausgehende "Zuweisungsregelung" – wie sie dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vorzuschweben scheine – sei weder gesetzlich vorgesehen noch wäre eine solche Regelung zulässig. Die Geschäftsverteilung sei entgegen der Ansicht des Rechtsvertreters sehr wohl nachvollziehbar und eindeutig. Die Zuweisung habe an die in der jeweiligen Bestimmung der Geschäftsverteilung genannten Mitglieder fortlaufend in der dort genannten Reihenfolge zu erfolgen.
5. Der Beschwerdeführer hat dazu eine Replik erstattet.
II. Rechtsgrundlagen
1. Art135 Abs2 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B‑VG), BGBl 1/1930 idF BGBl I 51/2012, lautet – auszugsweise – wie folgt:
"Die vom Verwaltungsgericht zu besorgenden Geschäfte sind durch die Vollversammlung oder einen aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss, der aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und einer gesetzlich zu bestimmenden Zahl von sonstigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes zu bestehen hat, auf die Einzelrichter und die Senate für die gesetzlich bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen. […]"
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Vbg Landesverwaltungsgerichtsgesetzes (LVwG‑G), LGBl 19/2013 idF LGBl 69/2019, lauten auszugweise:
"§11
Geschäftsverteilung
(1) Vor Ablauf jedes Kalenderjahres hat die Vollversammlung für die Dauer des nächsten Kalenderjahres die Geschäftsverteilung zu beschließen.
(2) In der Geschäftsverteilung sind insbesondere zu regeln:
a) die Zahl der Senate und ihre Zusammensetzung,
b) die Verteilung der Geschäfte auf die Senate und auf die Einzelmitglieder,
c) die Heranziehung von Richtern und Richterinnen als Ersatz (§12 Abs2).
(3) Jedes Mitglied des Landesverwaltungsgerichtes kann mehreren Senaten angehören.
(4) Bei der Verteilung der Geschäfte ist auf eine möglichst gleichmäßige Auslastung aller Mitglieder des Landesverwaltungsgerichtes Bedacht zu nehmen.
(5) Die Geschäftsverteilung kann durch die Vollversammlung während des Jahres geändert werden, wenn dies infolge der Zuweisung neuer Angelegenheiten, infolge von Veränderungen im Personalstand oder infolge der Überbelastung einzelner Senate oder von Einzelmitgliedern erforderlich ist.
[…]"
"§12
Geschäftszuweisung
(1) Der Präsident oder die Präsidentin des Landesverwaltungsgerichtes hat die anfallenden Rechtssachen jenen Senaten oder Einzelmitgliedern zuzuweisen, die nach der Geschäftsverteilung zuständig sind.
(2) Die einem Richter oder einer Richterin zufallenden Aufgaben dürfen nur durch Verfügung der Vollversammlung abgenommen werden, wenn er oder sie verhindert ist oder sonst wegen des Umfangs der Aufgaben an deren Erledigung binnen angemessener Frist gehindert ist. Der Präsident oder die Präsidentin hat die Vertretung des Richters oder der Richterin durch jene Person zu verfügen, die nach der Geschäftsverteilung dafür zuständig ist."
3. Die Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg für das Jahr 2021, (LVwG‑GV 2021), Nr 3, digital kundgemacht im Rechtsinformationssystem des Bundes am 14. Mai 2021, hat – auszugsweise – folgenden Wortlaut:
"§1
Zuständigkeitsbereiche
(1) Die Geschäfte des Landesverwaltungsgerichtes werden aufgrund der nachfolgenden Bestimmungen auf seine Senate und Einzelmitglieder verteilt.
(2) Zum Zwecke der Verteilung der Geschäfte auf die einzelnen Senate und Mitglieder werden folgende Zuständigkeitsbereiche gebildet:
[…]
i) Umweltschutz-, Wirtschafts- und Baurecht:
Insbesondere AbfallwirtschaftsG, AbfalIG, AltlastensanierungsG, ArtenhandelsG, AusbildungsvorbehaltsG, BauG, BerufsausbildungsG, BauprodukteG, BilanzbuchhaltungsG, BundesluftreinhalteG, BundesstatistikG, Bundes-EnergieeffizienzG, Bundes-UmwelthaftungsG, CampingplatzG, ElektrizitätswirtschaftsG, Feuerpolizei0, GasG, GewO, HandelsstatistikG, ImmissionsschutzG-Luft ohne Geschwindigkeitsüberschreitungen, IPPC- und Seveso II- AnlagenG, KanalisationsG, KlärschlammG, Landes-LuftreinhalteG, LuftreinhalteG für Kesselanlagen, MarkenschutzG, MarktordnungsG, Maß- und EichG, MineralrohstoffG, Naturschutz- und LandschaftsentwicklungsG, PreisG, PreistransparenzG, ProduktsicherheitsG, RaumplanungsG ohne die Verfahren nach dem V. Hauptstück, Umweltgutachter- und StandorteverzeichnisG, UmweltinformationsG Bund und Land, UVP‑G, UWG, VermessungsG, WKG, WRG, WasserversorgungsG, WirtschaftstreuhänderberufsO, WohnungsgemeinnützigkeitsG, ZiviltechnikerG, ZiviltechnikerkammerG
[…]"
"§4
Verteilung der Geschäfte auf die Einzelmitglieder
In den Angelegenheiten, in denen das Landesverwaltungsgericht nach den gesetzlichen Vorschriften durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat, werden die Geschäfte nach den §§5 bis 16 verteilt."
"§9
Zuständigkeit der Einzelmitglieder
für Umweltschutz-, Wirtschafts- und Baurecht
(1) Verfahren aus dem Bereich Umweltschutz-, Wirtschafts- und Baurecht (§1 Abs2 liti) werden den nachfolgend angeführten Mitgliedern fortlaufend in der Reihenfolge Mag. Nikolaus Brandtner, Mag.a Birgit König, Dr. Dietmar Ellensohn, Dr.in Eva‑Maria Längle, Dr. Reinhold Köpfle, Dr.in Magdalena Honsig‑Erlenburg, Mag. Manuel Fleisch und Dr. Wilhelm Wachter LL.M. zugewiesen. Dies erfolgt getrennt für Administrativ- und Verwaltungsstrafverfahren.
(2) Mag.a Birgit König, Dr. Dietmar Ellensohn, Dr.in Eva‑Maria Längle, Mag. Manuel Fleisch und Dr. Wilhelm Wachter LL.M., sind bei der Zuweisung nach Abs1 jedes zweite Mal zu übergehen.
(3) Abweichend von Abs1 werden Verfahren, welche nur Entscheidungen nach dem BauG zum Gegenstand haben, den nachfolgend angeführten Mitgliedern fortlaufend in der Reihenfolge Mag.a Birgit König, Dr. Dietmar Ellensohn, Dr.in Eva‑Maria Längle, Mag. Otto‑Imre Pathy, Mag.a Eva Ostermeier, Dr.in Isabel Vonbank, LL.M, Mag.a Katharina Feuersinger, Dr. Reinhold Köpfle, Dr.in Magdalena Honsig‑Erlenburg, Mag. Manuel Fleisch und Dr.in Claudia Drexel BA zugewiesen.
(4) Mag.a Birgit König, Dr. Dietmar Ellensohn, Dr.in Eva‑Maria Längle, Mag. Otto‑Imre Pathy, Mag.a Eva Ostermeier, Dr. in Isabel Vonbank, LL.M, Mag.a Katharina Feuersinger, Dr. Reinhold Köpfle und Dr. in Claudia Drexel BA sind bei der Zuweisung nach Abs3 jedes zweite Mal zu übergehen.
(5) Abweichend von Abs1 werden Verfahren, welche nur Entscheidungen nach dem WRG zum Gegenstand haben, den nachfolgend angeführten Mitgliedern fortlaufend in der Reihenfolge Dr. Reinhold Köpfte und Mag. Manuel Fleisch zugewiesen."
III. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Art135 Abs2 B‑VG bestimmt, dass die vom Verwaltungsgericht zu besorgenden Geschäfte durch die Vollversammlung oder einen aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss, der aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und einer gesetzlich zu bestimmenden Zahl von sonstigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes zu bestehen hat, auf die Einzelrichter und die Senate für die gesetzlich bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen sind. Dieser Grundsatz der festen Geschäftsverteilung entspricht den Regelungen für die ordentliche Gerichtsbarkeit in Art87 Abs3 B‑VG. Dieser Grundsatz stellt sicher, dass durch generelle Vorschriften von vornherein festgelegt ist, wer der zuständige Richter in einem Verfahren sein wird. Es darf dabei kein Spielraum für eine wie immer geartete Einflussnahme bleiben und es muss jedenfalls eindeutig nachvollziehbar und verlässlich überprüfbar sein, warum eine Rechtssache gerade einem bestimmten Richter oder einer bestimmten Richterin zugeteilt wurde (Piska, Art87 Abs3 B‑VG, in: Korinek/Holoubek et. al. [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 9. Lfg 2009). Für das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg sieht §11 Landesverwaltungsgerichtsgesetz vor, dass die Geschäftsverteilung durch die Vollversammlung des Landesverwaltungsgerichtes zu erlassen ist.
3. Der Beschwerdeführer macht die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B‑VG) geltend, weil die Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg für das Jahr 2021 im Fall des gleichzeitigen Einlangens von mehreren Beschwerden aus einem Zuständigkeitsbereich keine nachvollziehbare und überprüfbare Zuweisung eines Geschäftsfalles an einen bestimmten Richter ermögliche.
Dieses Vorbringen trifft zu:
3.1. Die Geschäftsverteilung ist eine Aufgabe der Justizverwaltung, welche in Verwaltungsgerichten von Verfassungs wegen gemäß Art135 Abs2 B‑VG durch ein richterliches Kollegialorgan zu besorgen ist, sodass die Mitwirkung der Mitglieder dieses Kollegialorgans gemäß Art134 Abs7 iVm Art87 Abs2 B‑VG in Ausübung ihres richterlichen Amtes und sohin unabhängig erfolgt (VfSlg 19.825/2013). Die Geschäftsverteilung eines Verwaltungsgerichtes ist demnach keine Verordnung im Sinne des Art89 und des Art139 B‑VG, sondern ein genereller Akt der Gerichtsbarkeit (vgl VfGH 18.9.2014, V79/2014 ua; 18.6.2018, G39/2018; VwGH 22.1.2021, Ra 2020/21/0457, Rz 22; 7.10.2021, Ra 2021/06/0140, Rz 9). Aus diesem Grund ist dem Verfassungsgerichtshof die Überprüfung einer Geschäftsverteilung eines Verwaltungsgerichtes in einem Verfahren gemäß Art139 B‑VG verwehrt.
In Betracht kommt allerdings das Aufgreifen einer in der Geschäftsverteilung – allenfalls im Verein mit der Vorgangsweise des Verwaltungsgerichtes bei der Dokumentation des Einlangens von Geschäftsfällen – begründeten Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter in einem Verfahren gemäß Art144 B‑VG.
3.2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B‑VG) wird durch eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes verletzt, wenn das Verwaltungsgericht eine ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (vgl zB VfSlg 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002). Dies ist im Hinblick auf den Grundsatz der festen Geschäftsverteilung gemäß Art135 Abs2 B‑VG auch dann der Fall, wenn ein nach der Geschäftsverteilung nicht zuständiger Richter oder Senat des Verwaltungsgerichtes entscheidet (vgl zu den Unabhängigen Verwaltungssenaten und zum Asylgerichtshof zB VfSlg 19.514/2011, 19.556/2011, 19.764/2013).
Eine Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter liegt vor diesem Hintergrund (auch) immer dann vor, wenn sich für einen konkreten Geschäftsfall aus der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtes gemäß Art135 Abs2 B‑VG und, soweit diese auf den Zeitpunkt des Einlangens eines Geschäftsfalles abstellt, aus der Dokumentation des Verwaltungsgerichtes über diesen Zeitpunkt keine zweifelsfrei nachvollziehbare und überprüfbare, sohin eindeutige Zuständigkeit eines Richters oder eines Senates ergibt (vgl in diesem Zusammenhang VfSlg 15.937/2000, 17.771/2006, 19.425/2011, 19.764/2013 über die auf Grund Art83 Abs2 B‑VG erhöhten Bestimmtheitsanforderungen an Zuständigkeitsregelungen).
3.3. Die Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (Nr 3) sieht für das Jahr 2021 in §9 vor, dass die – hier maßgeblichen – Geschäftsfälle aus dem Zuständigkeitsbereich "Umweltschutz-, Wirtschafts- und Baurecht" fortlaufend in der Reihenfolge namentlich genannten Richtern zuzuweisen sind.
Es werden jedoch in der Geschäftsverteilung keine Vorkehrungen für den Fall getroffen, dass an einem Tag zwei oder mehrere Geschäftsfälle aus demselben Zuständigkeitsbereich beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg einlangen. Aus den insofern unwidersprochen gebliebenen Beschwerdeausführungen ergibt sich, dass die beim Landesverwaltungsgericht einlangenden Geschäftsfälle mit einem Eingangsvermerk versehen werden, der (lediglich) den Tag, aber nicht die Uhrzeit des Einlangens dokumentiert. Eine Reihung und Zuweisung im Sinne der in der Geschäftsverteilung festgelegten fortlaufenden Zuteilung nach dem (konkreten) Zeitpunkt des Einlangens an einem Tag ist sohin nicht möglich. Daher ist es im Ergebnis nicht nachvollziehbar und überprüfbar, warum in einer solchen Konstellation ein Geschäftsfall gerade einem bestimmten Richter zugewiesen wird (vgl auch OGH 28. Juni 2017, 1 Ob 74/17i). Es werden in der Geschäftsverteilung auch keine anderen Vorkehrungen – etwa in Gestalt einer Regelung, wie mit gleichzeitig einlangenden Geschäftsfällen umgegangen werden muss – getroffen, um die Zuteilung an einen bestimmten Richter nachvollziehbar festzulegen und somit überprüfbar zu machen.
3.4. Die – dem hier angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegende – Beschwerde langte ebenso wie eine weitere, nur das Vbg BauG iSd §9 Abs3 der damals geltenden Geschäftsverteilung 2021 (Nr 3) betreffende Beschwerde aus dem Zuständigkeitsbereich "Umweltschutz-, Wirtschafts- und Baurecht" am 12. Juli 2021 beim Verwaltungsgericht Vorarlberg ein. Nach dem insofern unwidersprochen gebliebenen Beschwerdevorbringen wurde der Tag, nicht aber auch der konkrete Zeitpunkt des Einlangens dieser Geschäftsfälle vom Landesverwaltungsgericht Vorarlberg dokumentiert. Die Geschäftsfälle wurden jeweils einer der in §9 Abs3 der Geschäftsverteilung angeführten Richterinnen zugewiesen. Daraus folgt vor dem geschilderten Hintergrund, dass die Zuständigkeit für die Erlassung des hier angefochtenen Erkenntnisses nicht in der von Art83 Abs2 iVm Art135 Abs2 B‑VG gebotenen eindeutigen Weise und damit nachvollziehbar sowie nachprüfbar feststeht.
IV. Ergebnis
1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Das Erkenntnis ist daher aufzuheben.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.
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