B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, der Beschwerdeführenden Gesellschaft zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit 2.340 € bestimmten Prozesskosten binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu erstatten.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Mit dem angefochtenen Bescheid wird der beschwerdeführenden Gesellschaft für den mit einem Nachprüfungsantrag (§162 Abs2 Z2 BVergG 2002) betreffs eines Lieferauftrags im Sinne des §2 BVergG 2002 (mit einem geschätzten Auftragswert von 2,1 Mio €) gestellten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (§171 Abs1 BVergG 2002) eine Pauschalgebühr von (weiteren) 1600 € vorgeschrieben.
Gegen diese Vorschreibung wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Gesetzwidrigkeit der Pauschalgebührenverordnung und die Gleichheitswidrigkeit der Gebührenvorschreibung gerügt und darüber hinaus die Verfassungswidrigkeit des Pauschalgebührensystems behauptet wird.
Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 undArt140 Abs1 B-VG von Amts wegen Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Wortfolge "Liefer- und Dienstleistungsaufträge ... 1600 €" in der letzten Zeile des §1 der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes, BGBl. II Nr. 324/2002, sowie zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge ", 171 Abs1" in §177 Abs1 und der Wortfolge "Liefer- und Dienstleistungsaufträge ..." in der letzten Zeile des Anhanges X jeweils des Bundesvergabegesetzes, BGBl. I Nr. 99/2002 (G124/06, V44/06) ein.
Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G124/06, V44/06, stellte er die Verfassungswidrigkeit der Wortfolge ", 171 Abs1" in §177 Abs1 und der Wortfolge "Liefer- und Dienstleistungsaufträge ..." in der letzten Zeile des Anhanges X jeweils des Bundesvergabegesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 99/2002 und die Gesetzwidrigkeit der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes, BGBl. II Nr. 324/2002 fest.
II. Die belangte Behörde hat ein verfassungswidriges Gesetz und eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der beschwerdeführende Gesellschaft wurde folglich durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).
Der Bescheid ist daher ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben (§19 Abs4 Z3 VfGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 360 € sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von 180 € enthalten.
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