B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Unabhängigen
Finanzsenates, Außenstelle Wien, wurde über die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2001 bis 2003 entschieden. Dabei wurde (u.a.) der Sachbezugswert für die vom Beschwerdeführer benützte Dienstwohnung, da es sich um eine vom Dienstgeber angemietete Wohnung handelte, gemäß §2 Abs4 der Verordnungen über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge für 1992 und ab 1993 bzw. ab 2002 (BGBl. 642/1992 bzw. ArtI Euro-Steuerumstellungsverordnung, BGBl. II 416/2001; in der Folge: Sachbezugsverordnungen) mit der vom Arbeitgeber tatsächlich bezahlten, um 25 Prozent gekürzten Miete (und nicht anhand der in §2 Abs1 der Sachbezugsverordnungen vorgesehenen Pauschalsätze) ermittelt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, die die Rechtswidrigkeit des §2 Abs4 und 6 der Sachbezugsverordnungen sowie die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet. Dies wird damit begründet, dass es zu einer sachlich nicht zu begründenden Schlechterstellung führe, wenn die Sachbezugsverordnungen lediglich im Falle einer durch den Dienstgeber angemieteten Wohnung auf die Preise am konkreten Verbrauchsort abstellen. Die Befriedigung des Wohnbedürfnisses werde steuerlich unterschiedlich behandelt, je nachdem ob der Dienstgeber eine Wohnung anmiete oder im Betriebsvermögen halte, da bei keiner angemieteten Wohnung der anzusetzende Wert unter den pauschalierten Sachbezugswerten liege. Damit verstoße §2 Abs4 und 6 der Sachbezugsverordnungen gegen das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.
Die Beschwerde rügt überdies, dass von der belangten Behörde die Kindergartenkosten für den Sohn des Beschwerdeführers nicht als außergewöhnliche Belastung nach §34 EStG 1988 anerkannt worden seien.
II. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der
Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit jeweils des §2 der in Punkt I. genannten Sachbezugsverordnungen ein. Mit Erkenntnis vom 30. September 2008, V349,350/08, hob er jeweils §2 der Sachbezugsverordnungen als gesetzwidrig auf.
III. Die Beschwerde ist begründet.
Aufgrund der Aufhebung jeweils des §2 der Sachbezugsverordnungen hat die Behörde die geldwerten Vorteile der dem Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Wohnung im Anlassfall nunmehr gemäß §15 Abs2 EStG 1988 mit den "üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes" anzusetzen. Der Verfassungsgerichtshof hat zwar im in Punkt II. genannten Erkenntnis (mit Blick auf den Verordnungsgeber) zum Ausdruck gebracht, dass er grundsätzlich keine Bedenken gegen die pauschale Ermittlung des Sachbezugswertes für vom Arbeitgeber angemieteten Wohnraum mit 75 Prozent der tatsächlichen Miete hat. Ob der solcherart festgesetzte Sachbezugswert jedoch auch im Anlassfall dem "üblichen Mittelpreis des Verbrauchsortes" iSd §15 Abs2 EStG 1988 entspricht, ist von der Behörde konkret zu ermitteln. Da ein solches Ermittlungsverfahren unter Einräumung von Parteistellung im Anlassfall nicht durchgeführt worden ist und es nicht ausgeschlossen ist, dass die belangte Behörde im Zuge dessen zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, wurde der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).
Der Bescheid war daher schon aus diesem Grund aufzuheben. Angesichts dessen ist auf die Frage der steuerlichen Behandlung von Kindergartenkosten (von deren Beantwortung im Übrigen eine Klärung verfassungsrechtlicher Fragen nicht zu erwarten wäre) nicht mehr einzugehen.
IV. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche
Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,--sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 180,-- enthalten.
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