VfGH B718/91

VfGHB718/917.3.1992

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Feststellung eines (geringeren) Bedarfes für die beabsichtigte Errichtung von (Zahn-)Ambulatorien durch einen Krankenversicherungsträger bei Fehlen des Einvernehmens mit der öffentlich-rechtlichen Interessenvertretung der Ärzte (Dentisten); keine Bedenken gegen die Regelung der Erfordernisse des Einvernehmens bzw des Bedarfes für die Errichtungsbewilligung für Ambulatorien im Grundsatzgesetz bzw im Landesausführungsgesetz

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art83 Abs2
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
KAG §3 Abs5
Vlbg SpitalG §9 Abs3
ASVG §339
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art83 Abs2
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
KAG §3 Abs5
Vlbg SpitalG §9 Abs3
ASVG §339

 

Spruch:

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden.

Die Beschwerde wird daher abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Unter Hinweis darauf, daß das gemäß §339 ASVG vorgesehene Verfahren zu keinem Einvernehmen geführt hat, begehrte die Vorarlberger Gebietskrankenkasse mit Antrag vom 12. November 1990 die Feststellung des Bedarfes gemäß §9 Abs3 und 4 des Gesetzes über Heil- und Pflegeanstalten (Spitalgesetz - SpG.), Anlage zur Verordnung der Landesregierung über die Neukundmachung des Spitalgesetzes, Vorarlberger LGBl. Nr. 1/1990 (im folgenden: Vbg. SpG), für je ein Zahnambulatorium in Begrenz mit sechs Behandlungsstühlen und in Bludenz mit vier Behandlungsstühlen.

1.2. Mit Bescheid vom 14. Mai 1991, Z IVb-112-28-3/4-1991, stellte die Vorarlberger Landesregierung gemäß §9 Abs3 bis 5 Vbg. SpG den Bedarf für die Errichtung eines Zahnambulatoriums in Bregenz mit drei Behandlungsstühlen sowie in Bludenz mit zwei Behandlungsstühlen fest.

2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit der Erwerbsausübung durch Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

2.2. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt. Weiters haben die Österreichische Dentistenkammer und die Ärztekammer für Vorarlberg Äußerungen abgegeben, in denen die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde begehrt wird.

3. Die Bewilligung für die Errichtung von Krankenanstalten ist als Angelegenheit der "Heil- und Pflegeanstalten" (Art12 Abs1 Z1 B-VG) in der Gesetzgebung über die Grundsätze Sache des Bundes, in der Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung Sache des Landes.

Die für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde maßgeblichen Bestimmungen des Krankenanstaltengesetzes (im folgenden: KAG) und des Vorarlberger Spitalgesetzes lauten wie folgt:

3.1. Krankenanstaltengesetz:

"§2 (1) Krankenanstalten im Sinne des §1 sind:

1. ...

7. selbständige Ambulatorien (Röntgeninstitute, Zahnambulatorien und ähnliche Einrichtungen), das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist."

"§3 (1) Krankenanstalten bedürfen sowohl zu ihrer Errichtung wie auch zu ihrem Betriebe einer Bewilligung der Landesregierung.

(2) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt im Sinne des Abs1 darf nur erteilt werden, wenn insbesondere

a) der Bedarf im Hinblick auf den angegebenen Anstaltszweck (§2 Abs1) unter Beachtung der Höchstzahl an systemisierten Betten nich dem jeweiligen Landes-Krankenanstaltenplan (§10a) gegeben ist;

b) ...

(3) Im Bewilligungsverfahren nach Abs2 ist ein Gutachten des Landeshauptmannes einzuholen, das zu dem Antrag vom Standpunkt der sanitären Aufsicht Stellung nimmt. Außerdem ist im Bewilligungsverfahren bei Prüfung des Bedarfes nach Abs2 lita die gesetzliche Interessenvertretung der privaten Krankenanstalten, bei Bewilligung der Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums (§2 Abs1 Z7), sofern nicht Abs6 anzuwenden ist, auch die zuständige Ärztekammer und bei Bewilligung der Errichtung eines selbständigen Zahnambulatoriums auch die Österreichische Dentistenkammer zu hören.

(4) ...

(5) Ist der Rechtsträger der Krankenanstalt ein Krankenversicherungsträger, so bedarf er lediglich bei Ambulatorien einer Bewilligung zur Errichtung; diese ist zu erteilen, wenn ein Einvernehmen zwischen dem Krankenversicherungsträger und der zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretung der Ärzte bzw. Dentisten oder zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und der Österreichischen Ärztekammer bzw. der Österreichischen Dentistenkammer vorliegt (§339 ASVG). Liegt kein Einvernehmen vor, ist die Bewilligung zur Errichtung zu erteilen, wenn der Bedarf durch die Landesregierung festgestellt ist. Die beabsichtigte Errichtung einer allgemeinen Krankenanstalt durch einen Sozialversicherungsträger ist der Landesregierung anzuzeigen. Die Bewilligung zum Betriebe der Krankenanstalt eines Sozialversicherungsträgers ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Abs4 litb, c und d gegeben sind.

(6) Im behördlichen Verfahren wegen Genehmigung der Errichtung oder Inbetriebnahme von Ambulatorien eines Krankenversicherungsträgers haben die zuständige Ärztekammer und bei Zahnambulatorien auch die Österreichische Dentistenkammer Parteistellung im Sinne des §8 AVG 1950 und das Recht der Beschwerde gemäß Art131 Abs2 B-VG, wenn

a) über das Vorhaben des Krankenversicherungsträgers kein Einvernehmen im Sinne des §339 ASVG zustande gekommen ist,

b) der Antrag des Krankenversicherungsträgers nicht mit einem nach §339 ASVG erzielten Einvernehmen übereinstimmt oder

c) die Entscheidung der Behörde über den Inhalt des nach §339 ASVG erzielten Einvernehmens hinausgeht.

Im übrigen haben die berührten gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen die Stellung eines Beteiligten."

3.2. Vorarlberger Spitalgesetz:

"§3

Betriebsformen

Krankenanstalten sind:

a) ...

g) Selbständige Ambulatorien (Röntgeninstitute, Zahnambulatorien und ähnliche Einrichtungen), das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist."

"§9

Errichtungsbewilligung

(1) Krankenanstalten dürfen - unbeschadet sonstiger Erfordernisse nach anderen Rechtsvorschriften - nur mit Bewilligung der Landesregierung errichtet werden (Errichtungsbewilligung). ...

(2) Die Errichtungsbewilligung ist zu erteilen, wenn

  1. a) ein Bedarf besteht,
  2. b) ...

(3) Ist der Rechtsträger der Krankenanstalt ein Krankenversicherungsträger im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung, so bedarf er lediglich bei Ambulatorien einer Bewilligung zur Errichtung. Diese ist zu erteilen, wenn ein Einvernehmen zwischen dem Krankenversicherungsträger und der zuständigen gesetzlichen Berufsvertretung der Ärzte bzw. der Dentisten oder zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und der Österreichischen Ärztekammer bzw. der Österreichischen Dentistenkammer vorliegt. Liegt kein Einvernehmen vor, ist die Bewilligung zur Errichtung zu erteilen, wenn der Bedarf durch die Landesregierung festgestellt ist. Die beabsichtigte Errichtung einer allgemeinen Krankenanstalt durch einen Sozialversicherungsträger ist der Landesregierung anzuzeigen.

(4) Im behördlichen Verfahren zur Genehmigung der Errichtung von Ambulatorien eines Krankenversicherungsträgers im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung haben die gesetzlichen Berufsvertretungen der Ärzte und bei Zahnambulatorien auch die der Dentisten Parteistellung und das Recht der Beschwerde gemäß Art131 Abs2 B-VG, wenn

a) über das Vorhaben des Krankenversicherungsträgers kein Einvernehmen zustande gekommen ist,

b) der Antrag des Krankenversicherungsträgers nicht mit einem erzielten Einvernehmen übereinstimmt oder

c) die Entscheidung der Behörde über den Inhalt des erzielten Einvernehmens hinausgeht. Im übrigen haben die berührten gesetzlichen Berufsvertretungen die Stellung eines Beteiligten.

(5) Der Bedarf ist nach der Anzahl und der Betriebsgröße der bestehenden Krankenanstalten mit gleichartigem Anstaltszweck, nach der Verkehrslage, nach der Einwohnerzahl und nach den Erfahrungen über die Häufigkeit der in Betracht kommenden Behandlungsfälle zu beurteilen; bei den Krankenanstalten nach §60 Abs2 ist überdies die Höchstzahl der systemisierten Betten nach dem Spitalplan zu beachten. Bei selbständigen Ambulatorien ist außerdem auf die bestehenden Ordinationsstätten von praktischen Ärzten und Fachärzten des einschlägigen Fachgebietes und deren medizinisch-technische Einrichtung Bedacht zu nehmen. Ein Bedarf ist dann nicht mehr anzunehmen, wenn die dem Anstaltszweck entsprechende Versorgung des in Betracht kommenden Personenkreises bereits ausreichend gesichert ist. Bei Prüfung des Bedarfes nach Abs2 lita ist im Bewillungsverfahren die gesetzliche Interessenvertretung der privaten Krankenanstalten, bei der Bewilligung der Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums, sofern nicht Abs4 anzwenden ist, auch die gesetzliche Berufsvertretung der Ärzte, bei der Bewilligung der Errichtung eines selbständigen Zahnambulatoriums auch die der Dentisten zu hören."

3.3. Des weiteren sind folgende Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) maßgeblich:

Gemäß §23 Abs6 ASVG sind die Träger der Krankenversicherung berechtigt, "nach Maßgabe der hiefür geltenden gesetzlichen Vorschriften

a) Krankenanstalten, Heil- und Kuranstalten, Erholungs- und Genesungsheime, sonstige Einrichtungen der Krankenbehandlung und

b) Einrichtungen zur Feststellung des Gesundheitszustandes

zu errichten, zu erwerben und zu betreiben oder sich an solchen Einrichtungen zu beteiligen. Die Neuerrichtung von Ambulatorien oder deren Erweiterung ist nur zulässig, wenn der Bedarf von der zur Genehmigung berufenen Behörde festgestellt ist."

Nach §153 Abs3 ASVG werden Zahnbehandlung und Zahnersatz als Sachleistungen durch Vertragsärzte ua. sowie in eigens hiefür ausgestatteten Einrichtungen (Ambulatorien) der Versicherungsträger (des Hauptverbandes) oder in Vertragseinrichtungen gewährt.

§§338 und 339 ASVG - auf letzteren wird in §3 Abs5 und 6 KAG Bezug genommen - lauten:

"§338. (1) Die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Hauptverbandes) zu den freiberuflich tätigen Ärzten, Dentisten, Hebammen, Apothekern und anderen Vertragspartnern werden durch privatrechtliche Verträge nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen geregelt. Diese Verträge bedürfen zu ihrer Rechtsgültigkeit der schriftlichen Form.

(2) Durch die Verträge nach Abs1 ist die ausreichende Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen. Eigene Einrichtungen der Versicherungsträger dürfen für die Versorgung mit diesen Leistungen nur nach Maßgabe der hiefür geltenden gesetzlichen Vorschriften herangezogen werden.

(3) Die Abs1 und 2 gelten entsprechend für die Regelung der Beziehungen der Träger der Sozialversicherung zu den Krankenanstalten.

(4) ..."

"§339. (1) Vor der beabsichtigten Errichtung, Erwerbung oder Erweiterung von Ambulatorien (§2 Abs1 Z7 des Krankenanstaltengesetzes) haben die Träger der Krankenversicherung das Einvernehmen mit der in Betracht kommenden örtlich zuständigen Ärztekammer bzw. der Österreichischen Dentistenkammer herzustellen. Kommt ein Einvernehmen innerhalb von drei Monaten nach der diesbezüglichen Anzeige des Krankenversicherungsträgers nicht zustande, so ist über Ersuchen des Krankenversicherungsträgers oder der zuständigen gesetzlichen beruflichen Vertretung innerhalb weiterer drei Monate der Versuch zu unternehmen, das Einvernehmen zwischen dem Hauptverband und der Österreichischen Ärztekammer bzw. der Österreichischen Dentistenkammer herzustellen.

(2) Ein nach Abs1 erzieltes Einvernehmen ist schriftlich festzuhalten."

3.4. Aufgrund der so eben zitierten Rechtsvorschriften läßt sich zusammenfassend folgendes festhalten:

Krankenanstalten bedürfen zu ihrer Errichtung einer Bewilligung der Landesregierung (§3 Abs1 KAG; §9 Abs1 Vbg. SpG). Ist der Rechtsträger einer Krankenanstalt ein Krankenversicherungsträger, so bedarf er nach §3 Abs5 KAG (§9 Abs3 Vbg. SpG) lediglich bei Ambulatorien einer Bewilligung zur Errichtung; diese ist zu erteilen, wenn ein Einvernehmen zwischen dem Krankenversicherungsträger und der zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretung der Ärzte bzw. Dentisten oder zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und der Österreichischen Ärztekammer bzw. Österreichischen Dentistenkammer vorliegt (§339 ASVG), oder - im Falle der Nichteinigung im Sinne des §339 ASVG - wenn der Bedarf durch die Landesregierung festgestellt ist.

4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

4.1.1. Die Beschwerdeführerin macht zunächst unter Berufung auf den hg. Einleitungsbeschluß vom 12. Oktober 1990, B458/90, geltend, daß Ambulatorien dann nicht dem Kompetenztatbestand "Heil- und Pflegeanstalten" (Art12 Abs1 Z1 B-VG) zuzuordnen seien, wenn es sich lediglich um Einrichtungen handelt, die mit Heil- und Pflegeanstalten in keinem Zusammenhang stehen. Aus diesem Grund sei §3 litg Vbg. SpG sowie §2 Abs1 Z7 KAG verfassungswidrig. Der angefochtene Bescheid verletze die Beschwerdeführerin daher in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, weil er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sei.

4.1.2. Hinsichtlich dieses Vorbringens genügt es, auf das hg. Erkenntnis vom 7. März 1992, G198,200/90 ua., zu verweisen, mit dem der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, daß die soeben erwähnten Bestimmungen nicht verfassungswidrig sind.

4.2.1. Weiters erachtet sich die Beschwerdeführerin durch die im §9 Abs3 und 4 Vbg. SpG vorgesehene Bedarfsprüfung im Verfahren über die Bewilligung der Errichtung eines Ambulatoriums durch einen Krankenversicherungsträger in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf freie Erwerbsausübung und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt. Begründend führt sie dazu aus, daß sie durch die Bedarfsprüfung in der Erfüllung eines ausdrücklichen gesetzlichen Auftrages beeinträchtigt (§§23 Abs5 und 6, §116 Abs1 Z3, §153 und §338 Abs2 ASVG) werde. Im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz erachtet sich die Beschwerdeführerin deshalb verletzt, weil §9 Abs3 und 4 sowie §10 Abs5 Vbg. SpG in sachlich unzulässiger Weise die wirtschaftlichen Interessen der Zahnärzte und Dentisten einerseits mit spitalsbehördlichen Fragen andererseits "vermengen". Die Gleichbehandlung von Heil- und Pflegeanstalten einerseits und (Zahn-)Ambulatorien andererseits sei sachlich nicht zu rechtfertigen. Während bei einem Einvernehmen zwischen Interessenvertretungen und Krankenversicherungsträger ohne Rücksicht auf sachliche Voraussetzungen offenbar ein Bedarf als gegeben angesehen werde, habe sich die spitalsbehördliche Bedarfsfeststellung an gesetzlich relativ präzise definierten Kriterien zu orientieren. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin fehle hiefür ebenso eine sachliche Rechtfertigung wie für die Parteistellung der gesetzlichen Interessenvertretungen der Zahnärzte und Dentisten. Es sei nicht einsichtig, daß diesen Interessenvertretungen nur in solchen Verfahren Parteistellung zugebilligt werde, in welchen der Antrag auf Bewilligung zur Errichtung eines Ambulatoriums von einem Krankenversicherungsträger gestellt werde. Sei der Bewilligungswerber ein anderer Rechtsträger oder ein Privater, sei weder den Interessenvertretungen noch dem Krankenversicherungsträger Parteistellung eingeräumt, obwohl auch in diesem Fall Interessen ähnlicher Art im Zusammenhang mit der Errichtung privater Ambulatorien vorlägen.

4.2.2. Auf die Bedenken der Beschwerdeführerin hinsichtlich des §10 Abs5 Vbg. SpG (diese Bestimmung regelt die Erteilung der Betriebsbewilligung für eine Krankenanstalt) war schon mangels Präjudizialität dieser Bestimmung nicht einzugehen.

4.2.3. Die von der Beschwerdeführerin behaupteten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §9 Abs3 Vbg. SpG (§3 Abs5 KAG) veranlassen den Verfassungsgerichtshof nicht, in ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen einzutreten.

Die landesausführungsgesetzliche Bestimmung des §9 Abs3 Vbg. SpG findet in §3 Abs5 KAG Deckung. Zu dieser Bestimmung hat der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 4093/1961 ausgesagt:

"Durch §3 Abs5 KAG. werden die Träger der Sozialversicherung insofern begünstigt, als sie die sonst in jedem Fall erforderliche Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt nur im Falle der Errichtung eines Ambulatoriums brauchen, und daß die Bewilligung für Ambulatorien nur bei Bedarfsmangel versagt werden kann, während ansonsten die Errichtungsbewilligung auch von anderen Voraussetzungen abhängt. Außerdem sind die Sozialversicherungsträger als Rechtsträger von Krankenanstalten auch noch insofern begünstigt, als die Betriebsbewilligung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (§3 Abs4 litb, c und d) erteilt werden muß, während sie anderen Rechtsträgern nur erteilt werden darf, wenn diese Voraussetzungen insbesondere vorliegen.

...

Nach der geltenden Rechtslage ist ein beachtlicher Teil der österreichischen Bevölkerung von der Sozialversicherung erfaßt. Die Sozialversicherungsträger sind auf Grund der diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen - zu beachten ist insbesondere der im §3 Abs5 KAG. zitierte §23 Abs6 ASVG. - berechtigt, im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben für diesen Teil der Bevölkerung Krankenanstalten zu errichten und zu betreiben. Im Hinblick auf diesen Unterschied zu allen sonstigen juristischen und physischen Personen, die eine Krankenanstalt errichten und betreiben wollen (einschließlich der Länder, wenn sie dies in Erfüllung ihrer Verpflichtung gemäß §18 KAG. tun), erscheint es vor allem nicht unsachlich, daß die Sozialversicherungsträger - wie geschehen - von der Bedarfsprüfung (§3 Abs2 lita KAG.) ausgenommen werden. Umsomehr ist die Einräumung der sonstigen in §3 Abs5 KAG. enthaltenen Begünstigungen, deren Bedeutung im Verhältnis zur Bedarfsfrage wesentlich geringer ist, aus dem aufgezeigten Unterschied im Tatsächlichen ableitbar und daher nicht sachfremd.

Der Verfassungsgerichtshof hat demnach keine Bedenken in der Richtung, daß §3 Abs5 KAG. dem Gleichheitsgebot widerspräche. Auch andere Bedenken sind nicht hervorgekommen. Eine Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des §3 Abs5 des Grundsatzgesetzes gemäß Art140 B-VG von Amts wegen war daher nicht in die Wege zu leiten."

Der Verfassungsgerichtshof sieht sich aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles nicht veranlaßt, von diesen Überlegungen abzugehen.

Zu bemerken ist, daß die mit dem bereits unter 4.1.2. zitierten hg. Erkenntnis vom 7. März 1992, G198,200/90 ua., erfolgte Aufhebung von Bestimmungen über eine Bedarfsprüfung nicht Einrichtungen von Sozialversicherungsträgern, sondern nur private, erwerbswirtschaftlich geführte Krankenanstalten untereinander betrifft.

Die allgemeine Regelung des §3 Abs5 KAG, daß Sozialversicherungsträger Krankenanstalten ohne Bewilligung errichten dürfen, ist somit, wie in VfSlg. 4093/1961 bereits dargelegt, sachlich gerechtfertigt.

Aber auch die Einschränkung dieser Ermächtigung, nämlich daß Ambulatorien nur errichtet werden dürfen, wenn entweder ein Einvernehmen zwischen dem Krankenversicherungsträger und der Berufsvertretung der Ärzte (Dentisten) besteht oder ein Bedarf festgestellt ist, ist sachlich.

Aus §338 ASVG ergibt sich, daß die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Hauptverbandes) zu den freiberuflich tätigen Ärzten (Dentisten) durch privatrechtliche Verträge geregelt werden; durch diese Verträge ist die ausreichende Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen. Eigene Einrichtungen der Versicherungsträger dürfen für die Versorgung mit diesen Leistungen nur nach Maßgabe der hiefür geltenden gesetzlichen Vorschriften herangezogen werden. Gemäß Abs3 gilt Entsprechendes für die Regelung der Beziehungen der Träger der Sozialversicherung zu den Krankenanstalten.

Die daran anknüpfende Regelung des §339 ASVG betreffend die beabsichtigte Errichtung, Erwerbung oder Erweiterung von Ambulatorien dient, wie in VfSlg. 7785/1976 ausgesagt, der Herbeiführung eines Interessenausgleiches zwischen den Krankenversicherungsträgern und den öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen der Ärzte (Dentisten). Es ist daher nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber in §3 Abs5 KAG (§9 Abs3 Vbg. SpG) anordnet, daß dann, wenn ein Einvernehmen vorliegt, also ein Interessenausgleich erzielt wurde, einem Antrag eines Krankenversicherungsträgers auf Bewilligung der Errichtung eines Ambulatoriums stattzugeben ist. Fehlt aber das Einvernehmen, dann kann dem Gesetzgeber nicht deshalb entgegengetreten werden, weil er die Behörde ermächtigt, aufgrund eines Antrages auf Bewilligung der Errichtung eines Ambulatoriums, den ein Sozialversicherungsträger stellt, bei Bedarf die Errichtungsbewilligung zu erteilen.

Der Verfassungsgerichtshof sieht sich daher auch insofern zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens nicht veranlaßt.

4.3.1. Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlage könnte die behauptete Gleichheitsverletzung nur dann vorliegen, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hätte. Derartige Behauptungen werden in der Beschwerde gar nicht aufgestellt; das Verfahren hat auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die belangte Behörde eine Grundrechtsverletzung dieser Art gesetzt hätte.

4.3.2. In Anbetracht des gesetzlichen Auftrages, der eine erwerbswirtschaftliche Betätigung der Sozialversicherungsträger ausschließt, kann auch ein Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit nicht vorliegen.

4.3.3. Die Beschwerdeführerin behauptet schließlich, der angefochtene Bescheid verletze sie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10374/1985).

Auch dieser Vorwurf trifft nicht zu. §9 Abs3 Vbg. SpG sieht vor, daß die Landesregierung im Falle der beabsichtigten Errichtung eines Ambulatoriums bei Fehlen eines Einvernehmens das Vorliegen eines Bedarfes festzustellen hat. Die belangte Behörde konnte sich bei Erlassung des angefochtenen Bescheides auf diese Regelung stützen; sie hat sich demnach nicht eine Zuständigkeit angemaßt, für die jede gesetzliche Grundlage fehlt.

4.4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

Kosten waren den Beteiligten nicht zuzusprechen, weil es sich bei den von ihnen erstatteten Äußerungen um keine abverlangten Schriftsätze handelt und die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich war.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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