Normen
B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
Tir GVG §3 Abs1 litg
Tir GVG §4 Abs2
B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
Tir GVG §3 Abs1 litg
Tir GVG §4 Abs2
Spruch:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Die I-WohnungseigentumsgesmbH ist grundbücherliche Eigentümerin der 790/37640 Anteile der Liegenschaft EZ ... KG Kitzbühel-Land, mit denen das Wohnungseigentum an Top 6 im Hause L untrennbar verbunden ist. Mit Mietvertrag vom 26. November 1973 wurde dieses Objekt dem bundesdeutschen Staatsbürger L W in Bestand gegeben und zu dessen Gunsten im Grundbuch das Bestandrecht bis zum 30. November 2072 einverleibt sowie die Vorauszahlung des Bestandzinses angemerkt.
1.2. Mit "Aufsandungsurkunde" vom 12. September 1979 hat L W mit Zustimmung der Liegenschaftseigentümerin die ihm aufgrund des Mietvertrages vom 26. November 1973 zustehenden Bestandrechte an die deutsche Staatsangehörige W K übertragen und in die grundbücherliche Eintragung der Übertragung der Bestandrechte eingewilligt. Für den Fall, daß es sich hiebei um ein grundverkehrsrechtlich bewilligungspflichtiges Rechtsgeschäft handle, suchten die Vertragspartner mit Eingabe vom 9. Juli 1980 bei der Grundverkehrsbehörde Kitzbühel um Erteilung der Zustimmung an, vertraten jedoch primär die Ansicht, daß nach dem klaren Gesetzeswortlaut für die Übertragung bereits eingeräumter Bestandrechte eine Genehmigungspflicht nicht bestehe.
1.3. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Kitzbühel vom 11. August 1982 wurde der Übertragung der Bestandrechte an W K die Zustimmung gemäß §3 Abs1 litf iVm. §4 Abs2 lita des Grundverkehrsgesetzes 1970 idgF - später wiederverlautbart mit Kundmachung der Tir. Landesregierung vom 18. Oktober 1983, LGBl. 69/1983, als Grundverkehrsgesetz 1983 (GVG 1983) - die Zustimmung verweigert.
1.4. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom 30. August 1983, Z LGv-692/2-82, als unbegründet abgewiesen und der beabsichtigten Rechtseinräumung die Zustimmung gemäß §3 Abs1 litg iVm. §4 Abs2 GVG versagt.
2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verlassenschaft der am 21. April 1983 verstorbenen W K, vertreten durch die erbserklärten Erben, die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums, der Sache nach auch des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend macht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
2.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
3. Ua. aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde leitete der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der lita sowie des Buchstaben "c" in der litb des §13 Abs4 Z2 GVG 1983 ein.
Mit Erk. vom 17. Oktober 1985, G86/85 ua., wurde sodann ausgesprochen, daß die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der VfGH erachtete es, ebenso wie der EuGMR im Urteil vom 22. Oktober 1984 in der Rechtssache Sramek, mit Art6 MRK für unvereinbar, daß ein Tribunal - die Landesgrundverkehrsbehörde ist ein solches - jemand zu seinen Mitgliedern zählt, der sich in seiner beruflichen Tätigkeit außerhalb der Landesgrundverkehrsbehörde gegenüber einer im grundverkehrsbehördlichen Verfahren einschreitenden Partei in einem Verhältnis funktioneller oder dienstlicher Unterordnung befindet, wie dies im Fall Sramek beim Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde in Relation zum Landesgrundverkehrsreferenten der Fall war. Der Verfassungsverstoß sei jedoch nicht in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen grundgelegt. Da das dargelegte, aus Art6 MRK erfließende Verfassungsgebot einfach-gesetzlicher Anordnungen nicht bedürfe, um der Verfassung Geltung zu verschaffen, seien die aufgeworfenen Bedenken nicht den in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen anzulasten.
4. Aufgrund dieses Ergebnisses des Gesetzesprüfungsverfahrens ist auf die Beschwerdebehauptungen einzugehen. Der VfGH hat hiezu erwogen:
4.1.1. In der Beschwerde wird zunächst die Ansicht vertreten, daß eine Abtretung von Bestandrechten denkmöglich nicht unter §3 Abs1 litg GVG subsumiert werden könne, weil für diesen Fall litf völlig überflüssig wäre. Es handle sich bei litf um eine Spezialnorm, die nach der auch im Verwaltungsrecht anzuwendenden Regel "lex specialis derogat legi generali" die Anwendung der allgemeineren Norm der litg ausschließe. Da aber die bloße Übertragung eines bereits begründeten Bestandrechtes grundverkehrsrechtlich einen "bedeutend schwächeren Rechtserwerb" darstelle als die Neubegründung eines Bestandrechtes, werde die Abtretung von Bestandrechten vom Grundverkehrsgesetz nicht erfaßt.
4.1.2. Mit dem Vorwurf, die Behörde stütze sich in denkunmöglicher Weise auf §3 Abs1 litg GVG, spricht die Bf. der bel. Beh. die Zuständigkeit zur Verweigerung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung ab und macht damit - der Sache nach - die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend.
Hiezu wird zunächst auf die Ausführungen des (beiliegenden) Erk. des VfGH vom 12. Juni 1986 in der Rechtssache B202/83 verwiesen. Geht man nicht davon aus, daß der im vorliegenden Beschwerdefall zur Rede stehende Rechtserwerb nach §3 Abs1 litf GVG einer Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf, so kann, ausgehend von den vorliegenden Vertragsbedingungen, der Ansicht der bel. Beh., daß die Bf. eine eigentümerähnliche Stellung erlangt und daß deshalb der Rechtserwerb der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde gemäß §3 Abs1 litg leg. cit. bedarf, nicht entgegengetreten werden. Da die bel. Beh. somit zu Recht davon ausgegangen ist, daß eine Genehmigungspflicht iS des §3 Abs1 GVG gegeben ist, kann ihr auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß sie im angefochtenen Bescheid dahingestellt läßt, ob (schon) nach §3 Abs1 litf leg. cit. eine Genehmigungspflicht bestanden hätte.
Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter liegt somit nicht vor.
4.2.1. Weiters wirft die Bf. der bel. Beh. eine denkunmögliche Anwendung des §4 Abs2 GVG vor. Durch den beabsichtigten Rechtserwerb werde weder die Zahl ausländischer Besitzer noch der Umfang des in ausländischen Händen befindlichen Besitzes in Kitzbühel vergrößert. Auf die nach dem Gesetz verpönte Überfremdung des Grundbesitzes in einer Gemeinde wirke sich der untersagte Rechtsvorgang in keiner Weise aus. Ebensowenig sei die lange Bestanddauer erheblich; das bis zum Jahr 2072 wirksame Bestandrecht sei bereits vor 10 Jahren grundbücherlich einverleibt worden und werde vom vorliegenden Vertrag nicht beeinflußt. Die im Bescheid erster Instanz angeführten Vergleichsziffern zwischen in- und ausländischem Grundbesitz ließen nicht erkennen, welchen Quellen sie entnommen seien und welcher Zeitpunkt der für diese Daten maßgebliche sei. Handle es sich um Zahlen, die erst im Zeitpunkt der Entscheidung zuträfen, sei die Behörde willkürlich vorgegangen, weil sie sich mit der Entscheidung 2 Jahre Zeit gelassen habe. Der angefochtene Bescheid befasse sich aber auch in unzulässiger Weise mit der Frage, ob es sich bei dem 1973 von L W abgeschlossenen Vertrag um ein Umgehungsgeschäft gehandelt habe; der vom ursprünglichen Mieter abgeschlossene Bestandvertrag sei nach den damaligen Bestimmungen gültig zustande gekommen. Der angefochtene Bescheid verletze die Bf. somit im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.
4.2.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wird die Zustimmung zu einem Rechtserwerb durch eine Person verweigert, die dem Personenkreis nach §1 Abs1 Z2 GVG angehört. Der angefochtene Bescheid greift somit in das Eigentumsrecht ein. Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen - verfassungsrechtliche Bedenken gegen §3 Abs1 litg GVG oder andere Bestimmungen, die dem Bescheid zugrunde liegen, sind von der Bf. nicht geltend gemacht worden, aus Anlaß der Beratung des vorliegenden Beschwerdefalles sind solche Bedenken beim VfGH auch nicht entstanden - käme die behauptete Verletzung des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums nur im Falle einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung in Frage, ein Fall, der nur dann vorliegt, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. VfSlg. 9708/1983, 9720/1983).
Ein solcher Vorwurf kann der bel. Beh. jedoch nicht gemacht werden.
Der angefochtene Bescheid übernimmt die Überlegungen des Bescheides erster Instanz, daß die KG Kitzbühel-Land von Überfremdung bedroht sei, weil auf jeden zehnten Inländer ein ausländischer Grundbesitzer treffe. Das gleiche Verhältnis ergebe sich im Hinblick auf das Ausmaß des ausländischen Grundbesitzes, weil von zirka 470 ha Grund über 50 ha in ausländischem Besitz stünden. Mit Rücksicht auf die Grenznähe und die Bedeutung des Ortes für den Fremdenverkehr komme in dieser Stadtgemeinde wegen der bereits fortgeschrittenen Überfremdung dem Grundverkehr besondere Bedeutung zu. Der Tatbestand des §3 Abs1 litg sei im Jahre 1974 in das GVG aufgenommen worden; den Erläuternden Bemerkungen sei zu entnehmen, daß damit auch der Zweck verfolgt werde, die aufgetretenen Umgehungen des Grundverkehrsgesetzes einzudämmen. Im konkreten Fall habe der deutsche Staatsangehörige L W im Jahre 1973 unter Ausnützung der damaligen Gesetzeslage ein 99jähriges Bestandrecht grundbücherlich einverleiben lassen und durch die lange Bestanddauer und die Vorauszahlung des gesamten Bestandzinses eine eigentümerähnliche Stellung erworben. Wörtlich wird weiter ausgeführt:
"Es würde nämlich dem Sinne des Gesetzes im Hinblick auf die Bestimmung des §3 (1) g aber auch den Zielsetzungen des Gesetzgebers völlig zuwiderlaufen, wenn ... durch die Erteilung der Zustimmung ein von einem Ausländer unter Umgehung der Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes erlangtes Recht nun nachträglich geradezu bestätigt wird, indem man es zum Gegenstand des freien Geschäftsverkehrs werden läßt. Schließlich hat ein Ausländer ... unter Ausnützung einer Gesetzeslücke ein den Zielsetzungen dieses Gesetzes aber auch nach den bürgerlich rechtlichen Normen ihm nicht zustehendes, eigentumsähnliches Recht an einem Grundstück erlangt. Zur Füllung der ehemaligen Gesetzeslücke und zur Verhinderung derartiger Rechtserwerbe durch Ausländer wurde zwischenzeitlich eine diesbezügliche Genehmigungspflicht normiert. Daraus ist nun eindeutig der Schluß zu ziehen, daß eine Genehmigung im vorliegenden Fall vor allem im Hinblick auf die Absichten des Gesetzgebers nicht vertretbar erscheint. Es darf einfach nicht übersehen werden, daß bis zur Schließung dieser Gesetzeslücke zahlreiche derartige Verfügungsrechte über Grundstücke von Ausländern erlangt wurden ..."
Der VfGH kann nicht finden, daß der bel. Beh. eine denkunmögliche Gesetzesanwendung vorgeworfen werden kann. Es ist keineswegs abwegig, wenn die bel. Beh. dem Rechtserwerb durch einen Ausländer nach der zitierten, auf der GVG-Novelle 1974 beruhenden Bestimmung die Zustimmung versagt, obwohl auch der Rechtsvorgänger die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besaß, weil dieser seine Rechte auf dem Boden einer anderen Rechtslage erworben hat; es kann dabei unerörtert bleiben, ob schon nach der in diesem Zeitpunkt maßgeblichen Rechtslage von einem Umgehungsgeschäft gesprochen werden konnte. Es ist aber auch keineswegs denkunmöglich, wenn die bel. Beh. aus dem unbekämpft gebliebenen Umstand, daß 10 vH der Grundeigentümer der KG Kitzbühel-Land Ausländer sind und sich in deren Händen mehr als 10 vH des gesamten Grundbesitzes befinden, auf eine drohende Überfremdung iS des §4 Abs2 lita GVG schließt, wozu es genügt, auf die Erk. VfSlg. 8436/1978 und 8501/1979 zu verweisen. Soweit die Bf. dieser Annahme des angefochtenen Bescheides entgegentritt, ist das Vorbringen so wenig substantiiert, daß es zum Nachweis einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung nicht geeignet ist. Der bel. Beh. kann jedenfalls nicht angelastet werden, das Gesetz so unvertretbar angewendet zu haben, daß dies einem gesetzlosen Vorgehen gleichzuhalten wäre. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums liegt somit nicht vor.
4.3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden, wobei auf den Vorwurf der Willkür nicht einzugehen war, weil das Gleichheitsrecht nur von österreichischen Staatsbürgern in Anspruch genommen werden kann.
Da im grundverkehrsbehördlichen Verfahren der Landesgrundverkehrsreferent nicht eingeschritten ist, kommt auch eine Verletzung des Art6 MRK, wie sie im Fall Sramek gerügt wurde, nicht in Frage.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Bf. in von ihr nicht geltend gemachten sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
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