VfGH B168/81

VfGHB168/8127.11.1981

AVG 1950; Partei im Verwaltungsstrafverfahren iS des §8; Entzug des gesetzlichen Richters durch Zurückweisung einer zulässigen Berufung

Normen

B-VG Art83 Abs2
AVG §8
Krnt FischereiG 1951 §8 Abs1
Verordnung der Krnt Landesregierung LGBl 66/1931 ArtI Abs1
B-VG Art83 Abs2
AVG §8
Krnt FischereiG 1951 §8 Abs1
Verordnung der Krnt Landesregierung LGBl 66/1931 ArtI Abs1

 

Spruch:

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt (Expositur Feldkirchen) vom 29. August 1980, Z 1966/1/80/ha/Fi, wurde gemäß §8 Abs1 Fischereigesetz 1951, LGBl. 43, idgF, in Verbindung mit ArtI, Abs1 der Verordnung der Ktn. Landesregierung vom 14. Dezember 1931, LGBl. 66, F. K. auf Grund eines vorgelegten Kaufvertrages vom 14. Mai 1980 sowie eines vorliegenden Grundbuchsauszugs als Fischereiberechtigter der ideellen Hälfte des Fischereieigenrevieres "Gurk - Teilstrecke, mit Wimitzbach, Reinitzbach, Roggbach" im Fischereikataster für fließende Gewässer, Blatt Nr. 4, der politischen Expositur Feldkirchen vorgemerkt und unter einem die bisher für den Vorbesitzer G. K. aufscheinende Eintragung im Kataster gelöscht.

Begründend führte die Behörde ua. wörtlich aus:

"Gemäß §8 Abs1 des Fischereigesetzes 1951, LGBl. Nr. 43 idgF in Verbindung mit der Verordnung der Ktn. Landesregierung vom 14. 12. 1931, LGBl. Nr. 66, ArtI, Abs1, sind alle Fischereirechte im Lande in einem von der Bezirksverwaltungsbehörde zu führenden Fischereikataster vorzumerken und stets in Übereinstimmung mit der jeweiligen Rechts- und Sachlage zu führen. Mit Eingabe vom 13. 8.

1980 beantragte ... F. K. ... unter Vorlage eines Grundbuchauszuges

vom 5. August 1980 ... die Vormerkung des im Spruch angeführten

Fischereirechtes. Aus diesen Unterlagen ist ersichtlich, daß ... F.

K. die Liegenschaft EZ. 32, KG N-S., mit der auch das gegenständliche

Fischereirecht verbunden ist, von ... G. K. ... erworben hat.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens teilte das Bezirksgericht Feldkirchen unter Beischluß eines Grundbuchauszuges am 26. August 1980 der ho. Behörde mit, daß das genannte Fischereirecht am 10. September 1953 in der Liegenschaft EZ 32, KG N-St., beim Grundbuch Feldkirchen eingetragen wurde. Auf Grund der vorliegenden rechtsbegründenden Urkunden war das gegenständliche Fischereirecht zur ideellen Hälfte für ... F. K. im Fischereikataster vorzumerken."

1.2. G. K. ergriff gegen diesen - auch an ihn ergangenen - Bescheid das Rechtsmittel der Berufung; er brachte darin sinngemäß insbesondere vor, daß der Kaufvertrag vom 14. Mai 1980 der in Rede stehenden Fischereirechte überhaupt nicht gedenke und daß diese Rechte (dem F. K.) nach dem Willen der Vertragsschließenden nicht verkauft worden seien. Er habe daher beim Landesgericht Klagenfurt (gegen F. K.) zur Zl. 27 Cg 336/80 eine Löschungsklage eingebracht; in diesem Zivilrechtsstreit sei ihm bereits mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 2. September 1980 die Anmerkung der Klage im Grundbuch Feldkirchen zur Liegenschaft EZ 32 der KG N-St., und zwar beim Eigentumsrecht des F. K., bewilligt worden.

Diese Berufung wurde mit Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 13. März 1981, Z 10R-336/1/1981, gemäß §66 Abs4 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung des Berufungsbescheides heißt es ua.:

"Gemäß Erkenntnis des VwGH. vom 7. 6. 1971, Slg. 8032 A, kann das Berufungsrecht einer Partei im Verwaltungsverfahren nicht weiter reichen als jenes rechtliche Interesse oder jener Rechtsanspruch, auf dem die Parteistellung beruht; dies folgt aus der Erwägung, daß ein prozessuales Recht als Mittel der Rechtsverfolgung nicht weiter gehen kann, als das dahinterstehende materielle Recht, das im Prozeß (Verwaltungsverfahren) durchgesetzt werden soll. Weiters findet gemäß Erk. des VwGH. vom 2. 7. 1971, Zl. 301/70, das volle Berufungsrecht seine Grenze am Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung.

In Anbetracht des vom Berufungswerber gemäß vorgelegtem Kaufvertrag bekundeten Vertragswillens, wonach die Verwaltungsbehörde davon auszugehen hat, daß auch die Fischereirechte als mitverkauft zu gelten haben, kann dem Berufungswerber ein Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse am gegenständlichen verwaltungsbehördlichen Verfahren dahin gehend, daß die von F. K. begehrte Änderung der Vormerkung im Fischereikataster nicht vorgenommen werde, nicht zuerkannt werden."

1.3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des G. K. an den VfGH, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, ferner hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH begehrt wird.

1.3.2. Die Ktn. Landesregierung als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:

2.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 7457/1974, 7980/1977 ua.) dann verletzt, wenn die Behörde gesetzwidrigerweise ihre Zuständigkeit ablehnt und damit eine Sachentscheidung verweigert, etwa dadurch, daß sie eine verfahrensrechtlich zulässige Berufung zurückweist (vgl. VfSlg. 5162/1965, 6216/1970, 7980/1977).

2.2. Der VfGH hatte daher zu prüfen, ob das Rechtsmittel des Beschwerdeführers von der belangten Behörde zu Recht zurückgewiesen wurde.

Die belangte Behörde räumt in der Begründung ihres Zurückweisungsbescheides ausdrücklich ein, daß G. K. als vorgemerkter Fischereiberechtigter im Verfahren zur Änderung (Löschung) dieser Eintragung im Fischereikataster jedenfalls Parteistellung genieße (S 4 des Bescheides). Als Partei im Verwaltungsverfahren iS des §8 AVG 1950 steht ihm vorliegend aber auch das Berufungsrecht gegen einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft zu, der die Löschung der ihn betreffenden Katastereintragung verfügt (s. Mannlicher - Quell, I8, S 916: 63, 4, B 1). Wenn die belangte Behörde zur Stützung ihres gegenteiligen Rechtsstandpunktes auf das Erkenntnis des VwGH VwSlg. 8032 A/1971 verweist und daraus ableitet, das Berufungsrecht des Berufungswerbers reiche nicht über den im Kaufvertrag vom 14. Mai 1980 als Verkäufer "manifestierten Vertragswillen hinaus", bleibt dem entgegenzuhalten, daß dieser Vertragswille offenkundig strittig ist und es hier um die Zulässigkeit der Berufung gegen die Löschung einer den Berufungswerber berührenden öffentlich-rechtlichen Katastereintragung - wenngleich im Hinblick auf einen vorangegangenen Kaufvertrag - geht, dem zitierten Erkenntnis des VwGH jedoch der damit nicht vergleichbare Fall einer Berufung des Verkäufers gegen die auch ihm erteilte behördliche Genehmigung eines Privatrechtsgeschäfts (nach dem Ktn. Wohnsiedlungsgesetz) zugrunde lag. Das von der belangten Behörde im gegebenen Zusammenhang überdies zitierte Erk. des VwGH vom 2. 7. 1971, Z 301/70, wieder befaßt sich nur mit der - hier nicht relevanten - Frage des Begriffs der "Sache" iS des ersten Satzes des Abs4 des §66 AVG 1950, die dort nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war.

2.3. Zusammenfassend ergibt sich, daß der Beschwerdeführer deshalb, weil die Ktn. Landesregierung seine verfahrensrechtlich zulässige Berufung als unzulässig zurückwies, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt wurde.

Der angefochtene Bescheid war darum als verfassungswidrig aufzuheben.

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