VfGH B1449/06 ua

VfGHB1449/06 ua12.3.2008

Keine Gesetzwidrigkeit der neuerlichen Grünlandwidmung der Grundstücke der Beschwerdeführer in der Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes mit dem Flächenwidmungsplan für den Bereich Eichweg-Höhenstraße in der Stadtgemeinde Klosterneuburg nach aufhebendem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes; ausreichende Interessenabwägung sowie Grundlagenforschung

Normen

B-VG Art18 Abs2
Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 28.02.03 für den Bereich Eichweg-Höhenstraße, Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes
Nö ROG 1976 §19 Abs2 Z2
B-VG Art18 Abs2
Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 28.02.03 für den Bereich Eichweg-Höhenstraße, Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes
Nö ROG 1976 §19 Abs2 Z2

 

Spruch:

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewähreisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerden werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Sachverhalt zu B1449/06:

1.1. Mit zwei im Wesentlichen gleichlautenden Bescheiden vom 26. August 2004 wies das Stadtamt Klosterneuburg die Anträge auf Erklärung der Grundstücke Nrn. 2661/7 und 2662/1 (im Eigentum der Erstbeschwerdeführerin) und Nrn. 2661/4 und 2662/4 (im Eigentum des Zweitbeschwerdeführers), alle KG Klosterneuburg, zu Bauplätzen gemäß §11 Abs2 NÖ Bauordnung 1996 (in der Folge: NÖ BauO 1996) ab. In der Begründung führte die Baubehörde aus, dass die Grundstücke der beiden Beschwerdeführer im geltenden Flächenwidmungsplan nunmehr als Grünland-Grüngürtel mit der Funktionsbezeichnung "Garten ohne Hauptgebäude" gewidmet seien. In den gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die vom Gemeinderat am 28. Februar 2003 erlassene Verordnung, mit der ihre Grundstücke umgewidmet wurden, gesetzwidrig sei. Mit Bescheiden vom 16. Dezember 2005 gab der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg den Berufungen der Beschwerdeführer keine Folge.

1.2. Die gegen diese Bescheide erhobenen Vorstellungen wies die Niederösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 27. Juni 2006 ab. Sie führte in der Begründung aus, dass für ein Grundstück, für das in einem Flächenwidmungsplan keine Widmungs- und Nutzungsart festgelegt ist, die Festlegung einer Widmungs- und Nutzungsart nur durch eine Neuerlassung, nicht aber durch eine Änderung des bestehenden Flächenwidmungsplanes erfolgen könne. Aus diesem Grunde sei §22 Abs3 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (in der Folge: NÖ ROG 1976), gemäß dem baubehördliche Verfahren, die vor der Kundmachung des Entwurfes der Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes bereits anhängig waren, durch diese Änderung nicht berührt werden, nicht anwendbar. Da sich durch die Festlegung des Jahres 2003 die Rechtslage hinsichtlich der Widmungs- und Nutzungsart der Grundstücke geändert habe, hätte auch keine Bindung an die Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes mehr bestehen können, zumal die Behörden an die Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes nur bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage gebunden seien.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) infolge Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

Die Beschwerdeführer führen aus, die Ergebnisse der neuen Grundlagenforschung könnten unter Berücksichtigung der bindenden Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes die neuerliche Grünlandwidmung nicht rechtfertigen. Der Befund der Gutachter und ihre Argumente würden sich nicht wesentlich von jener Grundlagenforschung unterscheiden, die der ersten Grünlandwidmung zugrunde lag.

Die Beschwerdeführer führen in der Folge Argumente aus, die gegen eine Grünlandeignung und für eine Baulandwidmung sprechen. Die Rechtsauffassung der Gutachter, die Widmung als Bauland würde eine flächenmäßig gleich große Rückwidmung von Bauland auf Grünland an anderer Stelle erfordern, sei deshalb unzutreffend, weil die Wiederherstellung des vom Verfassungsgerichtshof angeordneten rechtmäßigen Zustandes, nämlich die Wiederherstellung der bereits früher gegebenen Bebaubarkeit, nicht durch eine Verpflichtung der Gemeinde zur ersatzweisen Schaffung anderweitigen Baulandes "pönalisiert" werden könne.

Ferner wird vorgebracht, dass im Gegensatz zum Gutachten der Ortsplaner sehr wohl eine Anbindung an eine öffentliche Verkehrsfläche bestehe. Auch der Befund betreffend die Steilheit des Baugrundes wird von den Beschwerdeführern in Zweifel gezogen. Außerdem wird die von der Gemeinde vorgenommene Interessenabwägung als inadäquat bezeichnet.

Weiters wird bezweifelt, dass ein Anlass für die Widmungsänderung vorliege. So wie die Gemeinde das ursprüngliche Bauland nur bei wesentlichen Änderungen umwidmen dürfe, dürfe sie die vom Verfassungsgerichtshof als rechtswidrig erkannte Widmung nur dann wiederherstellen, wenn sich die Grundlagen, die dem Verfassungsgerichtshof bei seinem Erkenntnis vorlagen, "wesentlich" geändert haben. Davon könne aber keine Rede sein. Dazu komme, dass - wie sich aus §22 Abs1 Z6 NÖ ROG 1976 ergebe - eine Umwidmung von Bauland in Grünland nicht zulässig sei, wenn dadurch die geschlossene Siedlungsentwicklung beeinträchtigt und die Ausnützung günstiger Lagevorteile behindert werde, was im vorliegenden Fall zutreffe. Bei der Liegenschaft der Beschwerdeführer handle es sich um eine Baulücke in einem ansonsten locker, aber durchgehend verbauten und aufgeschlossenen Areal.

Schließlich wird die Rechtswidrigkeit der Widmung "Grünland Grüngürtel-Garten ohne Hauptgebäude" mit der Begründung behauptet, diese Widmungsart finde im NÖ ROG 1976 keine Deckung.

1.4. Die Stadtgemeinde Klosterneuburg und die Niederösterreichische Landesregierung legten die Verwaltungsakten vor, erstatteten jedoch keine Gegenschrift.

2. Sachverhalt zu B1671/06:

2.1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der Grundstücke Nrn. 2683/2 und 2684/1, beide KG Klosterneuburg. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2002 beantragten die Beschwerdeführer die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienwohnhauses samt Nebenanlagen auf dem Grundstück Nr. 2684/1. Mit Bescheid vom 31. Juli 2003 wies das Stadtamt der Stadtgemeinde Klosterneuburg das Bauansuchen gemäß §20 NÖ BauO 1996 wegen Widerspruchs zu §23 NÖ ROG 1976 (Vorliegen einer Bausperre) ab. Die dagegen erhobene Berufung wies der Stadtrat der Stadtgemeinde Klosterneuburg mit der Begründung ab, dass für das Grundstück nunmehr die Widmungsart "Grünland Grüngürtel-Garten ohne Hauptgebäude" gelte.

2.2. In der dagegen erhobenen Vorstellung brachten die Beschwerdeführer vor, die Umwidmung ihres Grundstückes sei gesetzwidrig erfolgt. Die Niederösterreichische Landesregierung wies die Vorstellung mit dem bekämpften Bescheid ab. Begründend wird ausgeführt, dass es sich bei dem geplanten Gebäude um ein Hauptgebäude handle, sodass das Bauansuchen wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan von der Baubehörde zu Recht abgewiesen worden sei.

2.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) und auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Zur behaupteten Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmung bringt die Beschwerde vor, entgegen den Vorgaben des §14 NÖ ROG 1976 werde das funktionsgerecht aufgeschlossene Bauland in mit Hauptgebäuden nicht mehr bebaubares Grünland festgelegt. Dies, obwohl das zur Bebauung vorgesehene Grundstück eine Straßenbeleuchtung, eine Stromversorgung sowie einen Kanal- und Wasseranschluss aufweise und mit einer für den Schwerverkehr tauglichen asphaltierten Straße aufgeschlossen sei. Außerdem gehöre es zur bestehenden Siedlungsstruktur in einem umschlossenen Siedlungsgebiet und sei strukturell in das bestehende Orts- und Landschaftsbild eingeordnet.

Die Bauparzelle der Beschwerdeführer habe weder für sich allein noch im Zusammenhalt mit dem umliegenden Bauland und verbauten "Grünland Grüngürtel" die Eigenschaft einer Fläche mit ökologischer Bedeutung. Die Bauparzelle sei aber auch für die Funktion des Grüngürtels nicht erforderlich. Die gewidmete Gürtelfläche ohne das Grundstück der Beschwerdeführer sei bereits ausreichend, um das Planungsziel einer Grüngürtelfunktion - wenn es dieser Art überhaupt erreicht werden könne - zu verwirklichen.

Ferner werden die von den Ortsplanern ermittelten Grundlagen in Zweifel gezogen. Die Gemeinde habe die schon im Widmungsverfahren vorgebrachten Einwendungen nicht berücksichtigt und übergangen. Die Widmung "Grünland Grüngürtel-Garten ohne Hauptgebäude" sei auch nicht erforderlich, um ein Zersiedeln des Landes zu verhindern, da das Grundstück Nr. 2684/1 im Siedlungsgebiet gelegen ist. Sie sei auch nicht erforderlich, um die Funktion eines Grüngürtels zu erreichen, weil der Grüngürtel zwischen der südlichen und der östlichen Grenze der Parzelle der Beschwerdeführer etwa das Sechsfache und Dreifache jenes Grüngürtels mit der Widmung "Ggü-Garten" im südwestlichen Widmungsteil oder an der Gschwendtstraße ausmache.

2.4. Die Stadtgemeinde Klosterneuburg und die Niederösterreichische Landesregierung legten die Verwaltungsakten vor, erstatteten jedoch keine Gegenschrift.

3. Zur Vorgeschichte der Flächenwidmung:

3.1. Mit Erkenntnis vom 21. Juni 2000, V2,3/00 (VfSlg. 15.853/2000) hob der Verfassungsgerichtshof die Verordnung der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987, mit der das örtliche Raumordnungsprogramm erlassen wurde, als gesetzwidrig auf, soweit damit für die Grundstücke Nrn. 2684/1, 2661/4, 2661/7, 2662/1 und 2662/4, alle KG Klosterneuburg, die Widmungs- und Nutzungsart "Grünland-landwirtschaftliche Nutzung" festgelegt wurde. Der Verfassungsgerichtshof stellte in seinem Erkenntnis fest, es sei für ihn nicht nachvollziehbar, weshalb die Aufschließung der Grundstücke nicht über den Eichweg erfolgen könne. Außerdem nahm der Verfassungsgerichtshof es als erwiesen an, dass die Beschwerdeführer einen Grundstücksstreifen abgetreten haben und verpflichtet wurden, einen Aufschließungsbeitrag zur Herstellung der Verkehrsfläche Eichweg zu leisten. Ferner traf auch das vorläufige Bedenken des Verfassungsgerichtshofes zu, dass der Gemeinderat bei der Auswahl der Grundstücke, die von "Bauland-Wohngebiet" in "Grünland-landwirtschaftliche Nutzung" umgewidmet wurden, keine Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen und jenen der betroffenen Grundeigentümer vorgenommen hat. Außerdem ließ die Grundlagenforschung nicht erkennen, dass die Festlegung der Widmungs- und Nutzungsart "Bauland-Wohngebiet" im Flächenwidmungsplan 1966 gesetzwidrig gewesen sei. Schließlich erachtete der Verfassungsgerichtshof die sich aus der Wienerwalddeklaration ergebende Zielsetzung, die Zersiedelung zu vermeiden, als keine ausreichende sachliche Rechtfertigung der Rückwidmung, zumal die Interessen der Beschwerdeführer nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.

3.2. Mit Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg wurde gemäß §23 NÖ ROG 1976 zur Sicherung der Durchführung der beabsichtigten Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes und des Flächenwidmungsplanes für die Grundstücke Nrn. 2684/1, 2661/4, 2661/7, 2662/2 und 2662/4, alle KG Klosterneuburg, eine Bausperre erlassen, die am 28. April 2001 in Kraft trat. Mit Verordnung vom 28. Februar 2003 wurde die Bausperre um ein Jahr verlängert.

3.3. Inzwischen hatte die Stadtgemeinde Klosterneuburg einen Ingenieurkonsulenten für Raumplanung und einen Ingenieurkonsulenten für Landschaftsplanung mit der Erstellung der Grundlagenforschung für die genannten Grundstücke beauftragt. In ihrem Gutachten vom Oktober 2002 erfassten die Ortsplaner zunächst alle im NÖ ROG 1976 enthaltenen Widmungen. In einem zweiten Schritt wurden aufgrund der Bestimmungen des NÖ ROG 1976 jene Widmungen selektiert, die im dritten Schritt einer Bewertung unterzogen wurden, die letztlich in der fachlichen Empfehlung für den Gemeinderat zur Festlegung der Widmung mündet.

Im Kapitel "Grundausstattung" stellt das Gutachten fest, dass die Parzelle 2662/1 über eine Fahne an die Gschwendtstraße angebunden sei. Die Parzelle 2662/4 habe keinen Anschluss an das öffentliche Gut. Die Parzellen 2661/4 und 2661/7 seien vom Eichweg durch eine rund 5 m hohe, steil abfallende Böschung getrennt. Lediglich die Parzelle 2684/1 habe einen direkten Anschluss an das öffentliche Gut Eichweg.

Im Kapitel "Überörtliche Planungen und rechtliche Nutzungsbeschränkungen" wird auf die Vorgaben der Verordnung über ein regionales Raumordnungsprogramm nördliches Wiener Umland, LGBl. 8000/86-0, betreffend erhaltenswerte Landschaftsteile gemäß §4 Abs3 und Siedlungsgrenzen gemäß §5 Abs1 Z2 der zitierten Verordnung verwiesen, ohne jedoch festzustellen, ob und welche der von der Änderung der Widmung betroffenen Grundflächen innerhalb oder außerhalb der Siedlungsgrenzen oder der erhaltenswerten Landschaftsteile liegen.

In der Bewertungstabelle des Gutachtens werden folgende Argumente gegen eine Widmung "Bauland-Wohngebiet" aufgelistet:

* erhaltenswerte Landschaftsteile gemäß §4 Abs3,

LGBl. 8000/86-0

* Siedlungsgrenzen gemäß §5 Abs1 Z2, LGBl. 8000/86-0

* §8 NÖ Naturschutzgesetz 2000, LGBl. 5500-0,betreffend Landschaftsschutzgebiete

* Ausrichtung der Maßnahmen der Raumordnung auf

schonende Verwendung natürlicher Ressourcen und auf sparsame Verwendung von Energie, insbesondere von nicht erneuerbaren Energiequellen sowie auf den wirtschaftlichen Einsatz von öffentlichen Mitteln

* Ordnung der einzelnen Nutzungen in der Art, dass sie

jenen Standorten zugeordnet werden, die dafür die besten Eignungen besitzen

* Bedachtnahme auf die Verkehrsauswirkungen bei allen

Maßnahmen im Hinblick auf die Verlagerung des Verkehrs zunehmend auf jene Verkehrsträger, welche die vergleichsweise geringsten negativen Auswirkungen haben sowie eine möglichst umweltfreundliche und sichere Abwicklung von nicht verlagerbarem Verkehr

* Erhaltung und Verbesserung des Orts- und Landschaftsbildes

* Unterstützung von Nationalparks durch Maßnahmen derRaumordnung im Umland dieser Nationalparks

* Von den besonderen Leitzielen der örtlichenRaumordnung gemäß §1 Abs2 Z3 NÖ ROG 1976:

o Planung der Siedlungsentwicklung innerhalb von oderim unmittelbaren Anschluss an Ortsbereiche

o Anstreben einer möglichst flächensparenden,

verdichteten Siedlungsstruktur unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, sowie Bedachtnahme auf die Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel und den verstärkten Einsatz von Alternativenergien

o Entwicklung von Orts- und Stadtkernen in der Art,

dass sie einer Vielfalt von Nutzungen dienen, sowie Bedachtnahme auf einen ausgewogenen Anteil an Wohnnutzung

o klare Abgrenzung von Ortsbereichen gegenüber der

freien Landschaft

* Sicherung der Verfügbarkeit von Bauland für den

gewidmeten Zweck durch geeignete Maßnahmen wie zB auch privatrechtliche Verträge

* Festlegung von Wohnbauland in der Art, dass

Einrichtungen des täglichen Bedarfes, öffentliche Dienste sowie Einrichtungen zur medizinischen und sozialen Versorgung günstig zu erreichen sind; Sicherstellung geeigneter Standorte für diese Einrichtungen

* Von den Planungsrichtlinien gemäß §14 Abs2 NÖ ROG

1976:

o Die Inanspruchnahme des Bodens für bauliche

Nutzungen aller Art ist auf ein unbedingt erforderliches Ausmaß zu begrenzen

o Im Wohnbauland ist die Siedlungsstruktur durchWohndichteklassen näher zu bestimmen

o Bei der Neuwidmung von Bauland ist dessen

Erschließung durch funktionsgerechte öffentliche Verkehrsflächen vorzusehen

o Wohnbauland ist unter Berücksichtigung der örtlichen

Verhältnisse und der Siedlungsstruktur an bestehendes Siedlungsgebiet so anzuschließen, dass geschlossene und wirtschaftlich erschließbare Ortsbereiche entstehen

o Bei der Festlegung von Widmungsarten ist auf

strukturelle und kulturelle Gegebenheiten sowie das Orts- und Landschaftsbild, insbesondere in historisch oder künstlerisch wertvollen Bereichen, Bedacht zu nehmen.

Als für die Widmung "Bauland-Wohngebiet" sprechende Argumente sind folgende aufgelistet:

* Von den Planungsrichtlinien gemäß §14 Abs2 NÖ ROG

1976:

o Wohnbauland und Sondergebiete mit besonderem

Schutzbedürfnis dürfen nur außerhalb von Störungseinflüssen angeordnet werden

o Bei der Festlegung von anderen Widmungsarten ist

sicherzustellen, dass Wohnbauland, Sondergebiete mit besonderem Schutzbedürfnis und Erholungsgebiete nicht durch Störungseinflüsse beeinträchtigt werden

o Bei der Festlegung von Betriebs- und Wohngebieten

ist mindestens deren baublockweise Trennung durch Verkehrsflächen und/oder Grüngürtel sicherzustellen.

Unter dem Gesichtspunkt der Standorteignung zur Bebauung gemäß §15 Abs3 bis 5 NÖ ROG 1976 wird die Widmung "Bauland-Wohngebiet" hinsichtlich Hochwasserschutz, Gefährdung, Grundwasserspiegel, Altlasten oder Verdachtsflächen sowie unter dem Gesichtspunkt der Widmungsbestimmungen des §16 NÖ ROG 1976 als positiv beurteilt.

Die Bewertung der Widmungen "Grünland-Landwirtschaft", "Grünland-Grüngürtel", "Grünland Ödland/Ökofläche" und "Grünland Freihaltefläche" würden hingegen überwiegend positive Argumente aufweisen.

Die Parzellen der Beschwerdeführer und die als "Grünland-Landwirtschaft" gewidmeten Flächen im Nahbereich seien fast durchwegs Gärten, zum Teil mit "Grünland-erhaltenswerten Gebäuden" (Geb), zum Teil mit Gartenhütten bzw. nicht konsensgemäß errichteten Gebäuden bebaut. Sie würden von der Nutzung, von der Parzellenstruktur und im landwirtschaftlichen Erscheinungsbild einen Übergang zwischen dem an der Talsohle der Gschwendt gelegenen Siedlungsbereich und der anschließenden freien Landschaft (überwiegend Wiesen) darstellen. Sie würden damit die Siedlungsnutzung von der landwirtschaftlichen Nutzung trennen und - auch ökologisch gesehen - eine Pufferzone bilden, die gegenseitige Beeinträchtigungen mindere.

Zwar seien die Gartenflächen auch von unbedeutender wirtschaftlicher Nutzung und unterlägen zur Zeit teilweise keiner Nutzung, seien im engeren Wortsinne jedoch weder Öko- noch Ödfläche. Die nach dem Raumordnungsgesetz erforderliche Bezeichnung der Funktion des Grüngürtels erzwinge zudem diese Festlegung gemäß der spezifischen Situation als "Gärten".

Zur Interessenabwägung wird zusammenfassend ausgeführt: Die vorgeschlagene Widmung "Grünland Grüngürtel-Gärten" bewirke zweifellos einen erheblichen Eingriff in die Interessensphäre der Liegenschaftseigentümer. Das Interesse an der Erhaltung des Werts ihres Eigentums werde durch die Entschädigungsregelung des §24 NÖ ROG 1976 berücksichtigt; eine vollständige Abgeltung der finanziellen Nachteile erscheine jedoch nicht mit Sicherheit gewährleistet. Für ihr Interesse an einer Verwertung der Grundstücke zu Wohnzwecken und an der Ausnutzung der Lagegunst sei keinerlei Ausgleich vorgesehen.

Dem stehe jedoch das massive Interesse der Stadtgemeinde Klosterneuburg gegenüber, im neu zu widmenden Teil des Gemeindegebietes jegliche Ausdehnung des bebauten Gebietes zu unterbinden. Es lägen somit hinsichtlich der in concreto von der Grünlandwidmung betroffenen Grundstücke - über die allgemeinen Interessen, die in den Wienerwaldgemeinden grundsätzlich Umwidmungen von Bauland in Grünland rechtfertigen, hinaus - besonders gewichtige Argumente dagegen vor, eine Baulandwidmung beizubehalten bzw. festzulegen. Diese öffentlichen Interessen würden aus fachlicher Sicht jene der Liegenschaftseigentümer überwiegen; dies insbesondere, wenn man bedenke, dass ihre Beeinträchtigung durch eine Baulandwidmung gänzlich irreparabel wäre, während die Beeinträchtigung der Interessen der Liegenschaftseigentümer zumindest teilweise ausgeglichen werde.

Das Gutachten empfahl daher dem Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg, auf den Parzellen 2661/4, 2661/7, 2662/1, 2662/4 und 2684/1 und in der planlich dargestellten näheren Umgebung die Widmung "Grünland-Grüngürtel" mit der Funktionsbezeichnung "Gärten" (Ggü-Gärten) festzulegen und auf den planlich dargestellten Parzellen des Umgebungsbereiches die Widmung "Grünland-Landwirtschaft" mit "Freihaltefläche" zu ergänzen.

3.4. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg beschloss auf dieser Grundlage, den Entwurf einer Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes in der Zeit vom 6. November bis 18. Dezember 2002 zur allgemeinen Einsicht aufzulegen.

Die Beschwerdeführer erhoben Einwendungen gegen die beabsichtigte Flächenwidmung.

3.5. Am 15. Jänner 2003 fand in der Stadtgemeinde Klosterneuburg eine Besprechung statt, an der der Leiter der Baurechtsabteilung und ein Amtssachverständiger für Raumordnung teilnahmen. Bei dieser Besprechung wurde zur Widmungsart "Grüngürtel" bemerkt, dass es sich beim umzuwidmenden Gebiet um einen unterschiedlich breiten Randstreifen handelt, der vor der generellen Überarbeitung des örtlichen Raumordnungsprogrammes bis Ende 1987 überwiegend als Bauland gewidmet gewesen sei und wegen der schwierigen Gelände- und Erschließungssituation nur sehr zögerlich und lückenhaft als Bauland angenommen worden sei. Die mangelhafte Erschließung und die exponierte Lage am Nordrand des Wienerwaldes in Verbindung mit den Zielsetzungen der Wienerwalddeklaration seien maßgebend für die vorgenommene Rückwidmung des Bereiches in Grünland im Jahre 1987 gewesen.

Zur Frage der Zuordnung von Gärten zur Widmungsart "Grüngürtel" sei festzustellen, dass gemäß den Intentionen bzw. Definitionen des NÖ ROG 1976 Gärten entweder dem Bauland oder der Grünlandwidmungsart "Kleingarten" oder der Grünlandwidmungsart "Grünland-Landwirtschaft" zuzuordnen seien. Eine der wesentlichen Zielsetzungen der Wienerwalddeklaration sei die Erhaltung des Grünlandes und die Vermeidung einer weiteren Zersiedelung mit baulicher Verdichtung. Obwohl im Planungsbereich Zäune und einzelne Baulichkeiten vorhanden seien, sei der Grünraumcharakter des Gebietes immer noch deutlich vorhanden. Den Ausführungen der Ortsplaner sei zu entnehmen, dass es sich bei diesem Bereich um einen "sanften, auch ästhetisch sehr ansprechenden Übergangsbereich von Wald über offenes Kulturland zum Siedlungs- bzw. Stadtrand" handle, der "für die Kulturlandschaft in Klosterneuburg identitätsstiftend und prägend" sei.

Dem gegenüber sei festzustellen, dass auf Flächen für die die Funktion "Gärten" ausdrücklich festgelegt werde, Gartenhütten, Gerätehäuschen, Schwimmbäder, Kegelbahnen, Saunagebäude, überdachte Autoabstellplätze ("Carports"), Pergolen, Terrassenbauten und Einfriedungen jeder Art berechtigter Weise nicht ausgeschlossen werden könnten. Die Zunahme dieser Baulichkeiten sollte jedenfalls im Sinne der Landschaftserhaltung vermieden werden, da zu erwarten sei, dass damit der Charakter der Übergangszone vom Wohnsiedlungsgebiet zur freien Landschaft verloren gehe und letztlich die Zersiedelung des Wienerwaldhanges voran getrieben werde.

Um den grundsätzlichen Zielsetzungen des Raumordnungsgesetzes und der Wienerwalddeklaration zu entsprechen, werde empfohlen, weitere Überlegungen anzustellen, die geeignet sind, eine bauliche Verdichtung des Bereiches hintanzuhalten. Im Sinn der Wienerwalddeklaration bestünden dafür aus fachlicher Sicht ausreichende Begründungen.

Es werde darauf hingewiesen, dass ein kleiner Bereich am Ende des Gschwendt-Grabens in der Natur nicht den Gartencharakter sondern bis in die heutige Zeit den Wald- und Wiesencharakter des Wienerwaldes besitze. Dieser Bereich sollte aus der Grüngürtel-Widmung ausgenommen und der entsprechenden Widmung zugeordnet werden.

Es gäbe eine Vielzahl von durchaus vergleichbaren Übergangsbereichen in allen Katastralgemeinden von Klosterneuburg und in vielen anderen Gemeinden, insbesondere in den von Zersiedelungserscheinungen besonders betroffenen Wienerwaldgemeinden, und in diesen Bereichen sollten weitergreifende Zersiedelungen vermieden werden.

Aufgrund der Ausführungen des Amtssachverständigen für Raumordnung werde aus rechtlicher Sicht empfohlen, die vorgesehene Widmungsart näher zu spezifizieren bzw. bestimmte Bauwerke (zB Hauptgebäude) auszuschließen und die zulässigen Grundrissflächen (allenfalls deren Summe) durch entsprechende Bebauungsbestimmungen einzuschränken. Es werde weiters zweckmäßig sein, die genaue Abgrenzung der Widmungsarten im Sinne des raumordnungsfachlichen Befundes zu überarbeiten.

3.6. Am 28. Februar 2003 beschloss der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes mit dem Flächenwidmungsplan für den Bereich Eichweg-Höhenstraße. Die im Auflageentwurf vorgesehene Widmung "Grünland-Grüngürtel-Garten" wurde mit dem Zusatz "ohne Hauptgebäude" als "Grünland-Grüngürtel-Garten ohne Hauptgebäude" mit der Kurzbezeichnung "Ggü-GoH" festgelegt. Am Ende des Verlaufes der Gschwendtstraße wurde auf Grund der Empfehlung des Amtssachverständigen im Bereich der Grundstücke 2691 und 2695 die geplante Änderung von "Grünland-Landwirtschaft" in "Gründland-Grüngürtel-Garten" nur teilweise durchgeführt.

3.7. Mit Bescheid vom 21. Juli 2003 genehmigte die Niederösterreichische Landesregierung gemäß §21 Abs6 und 9 sowie §22 Abs4 NÖ ROG 1976, LGBl. 8000-15, die Verordnung des Gemeinderates vom 28. Februar 2003, womit das örtliche Raumordnungsprogramm durch Festlegungen in den Katastralgemeinden Klosterneuburg und Weidling abgeändert wird. Diese Verordnung wurde in der Zeit vom 7. August 2003 bis 29. August 2003 durch Anschlag an der Amtstafel kundgemacht.

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässigen - in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Beschwerden erwogen:

2.1. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass die Gemeinde nach Aufhebung der Flächenwidmung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 15.853/2000 gehalten war, für die von der Aufhebung betroffenen Grundstücke eine Widmung neu festzusetzen. Ob gemäß §22 NÖ ROG 1976 ein Anlass für die Änderung der Flächenwidmung für die übrigen von der genannten Verordnung erfassten Grundstücke vorliegt, ist nicht zu untersuchen, weil die Widmung dieser Grundstücke im vorliegenden Verfahren nicht präjudiziell ist.

2.2. Was die in den Beschwerden behauptete Bindung der Gemeinde an die Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes betrifft, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es zwar der Gemeinde verwehrt wäre, auf Grund der alten Grundlagenforschung - die vom Verfassungsgerichtshof als mangelhaft angesehen wurde - und ohne Interessenabwägung wieder die gleiche Widmung vorzusehen. Es ist der Gemeinde jedoch nicht verwehrt, auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Grundlagenforschung und Interessenabwägung nunmehr zu einer dem Gesetz entsprechenden Grünlandwidmung zu kommen.

2.3. §19 Abs2 Z2 NÖ ROG 1976, LGBl. 8000-23, lautet:

"§19

Grünland

...

(2) Das Grünland ist entsprechend den örtlichen Erfordernissen und naturräumlichen Gegebenheiten in folgende Widmungsarten zu gliedern:

...

2. Grüngürtel:

Flächen zur Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes und zur Trennung von sich gegenseitig beeinträchtigenden Nutzungen (einschließlich immissionsabschirmender Maßnahmen) sowie Flächen mit ökologischer Bedeutung. Die Gemeinde hat die Funktion und erforderlichenfalls die Breite des Grüngürtels im Flächenwidmungsplan festzulegen.

..."

2.4. Wie die Ausführungen unter Punkt I.3.3. zeigen, hat der Gemeinderat die für und gegen eine Widmung der Grundstücke der Beschwerdeführer als Bauland sprechenden Gründe gegeneinander abgewogen und ist auf nachvollziehbare Weise zu dem Ergebnis gelangt, die genannten Grundstücke als Grünland zu widmen. Von den in §19 NÖ ROG 1976 vorgesehenen Grünlandwidmungsarten hat die verordnungserlassende Behörde ebenso nachvollziehbar zur Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes die Widmung "Grüngürtel" gewählt. Es kann dem Gemeinderat auch nicht entgegengetreten werden, wenn er - entsprechend der vorherrschenden Nutzung - die Funktionsbezeichnung "Garten" gewählt, die für die Nutzung als Garten erforderlichen Nebengebäude zugelassen und - mangels großflächiger Nutzungsmöglichkeiten für die Landwirtschaft - Hauptgebäude im Grünland ausgeschlossen hat. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass in dem als "Grünland-Grüngürtel-Garten" gewidmeten Gebiet vereinzelt Gebäude stehen, für die die Widmung "Grünland-erhaltenswerte Gebäude" vorgesehen ist. Es handelt sich jedoch bei diesem Gebiet nicht um ein geschlossenes Siedlungsgebiet und die Grundstücke der Beschwerdeführer sind auch nicht als Baulücken anzusehen. Darüber hinaus ist aus den unter den Punkten I.3.3. und I.3.4. dargestellten Ausführungen auch die ausreichende Interessenabwägung des Gemeinderates ersichtlich.

4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführer in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.

Die Beschwerden waren daher abzuweisen.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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