VfGH B123/79

VfGHB123/7910.10.1984

StVO 1960; Abweisung eines Antrages auf Gewährung von Einsicht in einen Aktenvermerk und dessen Abschriftnahme über die Anbringung von Straßenverkehrszeichen mangels Parteistellung gemäß §44 Abs1; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine Beeinträchtigung von aus Art144 B-VG erfließenden Rechten aufgrund der Möglichkeit, Beweisanträge beim VfGH zu stellen

Normen

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Allg
AVG §8
StVO 1960 §44 Abs1
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Allg
AVG §8
StVO 1960 §44 Abs1

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom 2. Feber 1979 wies die Ktn. Landesregierung den Antrag des Bf. ab, ihm Einsicht in einen Aktenvermerk über die Anbringung von Straßenverkehrszeichen (der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende") in der Stadt Bleiburg gemäß einer straßenpolizeilichen V der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt ("Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 25. 9. 1968, Zahl 6 B-26/68, mit der die Erlassung von straßenpolizeilichen Anordnungen für ein Teilstück der Eberndorf-Lavamünder Bundesstraße sowie die Aufstellung von Ortstafeln in der Stadt Bleiburg verfügt wird") sowie dessen Abschriftnahme zu gestatten. Die Landesregierung begründete diese Entscheidung unter Hinweis auf §44 Abs1 StVO im wesentlichen folgendermaßen: Zufolge §8 AVG gelten nur solche Personen als Parteien, die an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, wobei unter "Sache" jedenfalls eine konkrete, den Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens bildende Verwaltungsangelegenheit zu verstehen sei. Diese Voraussetzung liege nicht vor. Stelle sich doch das Anbringen des Bf. eindeutig als bloß abstraktes Ersuchen dar, ihm die Einsichtnahme in den die seinerzeitige Anbringung bestimmter Ortstafeln festhaltenden Aktenvermerk zu gestatten. Ein Zusammenhang zwischen diesem Begehren und einem konkreten, auf der diesbezüglichen V fußenden und gegen den Bf. anhängigen Verwaltungsverfahren sei weder aus dem vorliegenden Akteninhalt feststellbar noch sei derlei vom Bf. behauptet worden. Sein Hinweis auf die mit dem Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 6. September 1978 erledigte Verwaltungsangelegenheit gehe fehl, weil jenes Verfahren eine Eingabe betroffen habe, womit der Bf. die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln in Bleiburg begehrte. Inwieweit die beiden Anbringen miteinander in einem sachlichen oder rechtlichen Zusammenhang stünden, vermöge die Berufungsbehörde nicht zu erkennen; auch der Bf. habe einen derartigen Konnex nicht aufzuzeigen vermocht. Daraus folge, daß der Bf., selbst wenn er in jenem Verfahren Parteistellung genossen hätte, nicht berechtigt wäre, sie auch im vorliegenden Fall zu beanspruchen.

2. Gegen den Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 2. Feber 1979 richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den VfGH "wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, insbesondere des Rechtes auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und der Rechte aus Art144 B-VG, und wegen Verletzung von Rechten infolge Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt im Aktenvermerk, in den Einsicht verweigert wurde". Der Bf. begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

II. Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

1. Wenn der Bf. ohne nähere Begründung eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend macht, so ist davon auszugehen, daß diese Rechtsverletzung nach der Lage des Beschwerdefalles gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8828/1980) nur gegeben sein könnte, wenn die bel. Beh. die Zuständigkeit zu der von ihr getroffenen Sachentscheidung zu Unrecht in Anspruch genommen hätte. Dies trifft aber nicht zu und wird auch vom Bf. nicht behauptet, der im gegebenen Zusammenhang darauf hinzuweisen ist, daß dieses Grundrecht die inhaltliche Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht gewährleistet (zB VfGH 13. Oktober 1982 B302/80).

2. Der Bf. erachtet sich weiters in dem seiner Meinung nach aus Art144 B-VG erfließenden Recht auf Beschwerdeerhebung an den VfGH verletzt. Die vorliegende Beschwerdesache bietet jedoch schon deshalb keinen Anlaß, die Frage zu beantworten, ob Art144 B-VG überhaupt ein solches subjektives Recht gewährleistet, weil die vom Bf. angenommene Beeinträchtigung eines verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens aus folgenden Gründen auszuschließen ist:

In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid präzisierte der Bf. die von ihm in Anspruch genommene Befugnis, Einsicht in den Aktenvermerk zu nehmen und diesen abzuschreiben, unter Bezugnahme auf §44 Abs1 dritter Satz StVO dahin, daß er gegen den Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 6. September 1978 Beschwerde an den VwGH erhoben habe (gemeint ist jedoch offenkundig die zu B629/78 ergriffene VfGH-Beschwerde mit dem Eventualantrag auf Beschwerdeabtretung an den VwGH), sodaß er aufgrund von Bestimmungen des VwGG (ersichtlich ist jedoch das VerfGG gemeint) "Partei im Sinne des §8 AVG" sei. Entgegen dieser Ansicht ist aber festzuhalten, daß sich §44 Abs1 dritter Satz StVO infolge seines eindeutigen Wortlautes ausschließlich auf Verwaltungsverfahren bezieht sowie daß kein Anlaß für die vom Bf. vorgeschlagene ausdehnende Auslegung dieser Vorschrift besteht. Erachtet nämlich eine bf. Partei die Kenntnis eines solchen Aktenvermerks im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren für erforderlich, um ihren Rechtsschutzanspruch durchzusetzen, so steht es ihr frei, im Beschwerdeverfahren die erforderlichen Beweisanträge, insbesondere den Antrag auf Beischaffung des den Aktenvermerk enthaltenden Aktes der Verwaltungsbehörde, zu stellen, worüber der VfGH in Handhabung der sein Beschwerdeverfahren regelnden Prozeßvorschriften zu befinden hat.

3. Was die vom Bf. behauptete Rechtsverletzung "infolge Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt im Aktenvermerk, in den Einsicht verweigert wurde", anlangt, ist festzuhalten, daß diese V bei der Erlassung des bekämpften Bescheides weder angewendet wurde noch anzuwenden war.

4. Zusammenfassend ergibt sich, daß die vom Bf. geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht stattgefunden haben. Da das Beschwerdeverfahren auch keinen Anhaltspunkt für eine sonstige im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren wahrzunehmende Rechtsverletzung erbrachte, war die Beschwerde abzuweisen.

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