VfGH B1222/02

VfGHB1222/0218.6.2004

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit EUR 2.142,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 2000 als Sachbearbeiter des Arbeitsmarktservice Ried Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Zudem nahm er in diesem Jahr - im Hinblick auf die beabsichtigte Ablegung der Studienberechtigungsprüfung - an Vorbereitungskursen sowie als außerordentlicher Studierender an Lehrveranstaltungen des ordentlichen Diplomstudiums "Rechtswissenschaften" an der Universität Linz teil.

2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 7. Juni 2002 wurden die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2000 geltend gemachten Aufwendungen für die genannte Studienberechtigungsprüfung nicht als steuerlich abzugsfähige Werbungskosten anerkannt. Zur Begründung wurde ausgeführt, kraft §16 Abs1 Z10 letzter Satz EStG 1988 stellten Aufwendungen im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium keine abzugsfähigen Ausbildungskosten dar.

3. In der gegen diesen Bescheid erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung von Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des §16 Abs1 Z10 EStG 1988, geltend gemacht und der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben. Mit Eingabe vom 17. Februar 2004 stellte der Beschwerdeführer zudem den Antrag, "der Verfassungsgerichtshof möge die Einhebung der [die Einkommensteuer 2000 betreffenden] Abgabenschuld bis zu seiner endgültigen Entscheidung aussetzen".

4. Die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich legte als belangte Behörde im verfassungsgerichtlichen Verfahren die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde begehrt wird.

II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am 5. Dezember 2003 gemäß Art140 Abs1 B-VG die Worte "oder im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium" im letzten Satz des §16 Abs1 Z10 EStG 1988 in der hier maßgeblichen Fassung des SteuerreformG 2000, BGBl. I 1999/106, von Amts wegen zu prüfen.

2. Mit Erkenntnis vom 15. Juni 2004, G8-10/04, hob der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig auf.

Die belangte Behörde hat bei Erlassung des angefochtenen Bescheides ein verfassungswidriges Gesetz angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, dass seine Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

3. Damit erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag des Beschwerdeführers vom 17. Februar 2004.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. Der zugesprochene Betrag enthält Umsatzsteuer in Höhe von EUR 327,-- sowie den Ersatz der entrichteten Eingabengebühr (§17a VfGG) in Höhe von EUR 180,--.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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