Normen
Nö GVG 1989 §3 Abs2 lith
Nö GVG 1989 §3 Abs3 litb
Nö GVG 1989 §3 Abs2 lith
Nö GVG 1989 §3 Abs3 litb
Spruch:
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführer erwarben mit Kaufvertrag vier landwirtschaftliche, und zwar als Weingarten genutzte Grundstücke im Ausmaß von zusammen 8.774 m2 um den Preis von 1,150.000.- S.
Die Grundverkehrs-Bezirkskommission für den Wirkungsbereich der Bezirksbauernkammer Mödling am Sitz der Bezirkshauptmannschaft Mödling versagte der beabsichtigten Eigentumsübertragung die Zustimmung.
Die gegen diesen Bescheid (nur) von den Käufern eingebrachte Berufung wurde von der Grundverkehrs-Landeskommission beim Amt der NÖ Landesregierung abgewiesen.
2. Gegen den Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission richtet sich die ausschließlich von den Käufern erhobene, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
3. Die Grundverkehrs-Landeskommission als die Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, legte die Verwaltungsakten vor und begehrte in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
II. Der Verfassungsgerichtshof
hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Die für den angefochtenen Bescheid inhaltlich bedeutsamen Vorschriften des NÖ Grundverkehrsgesetzes 1989, LGBl. 6800-0, idF der Gesetze LGBl. 6800-1 und 6800-2 (im folgenden: NÖ GVG 1989) lauten:
"§1
Begriffsbestimmungen
1. Land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaften sind
a) ...
b) einzelne oder mehrere Grundstücke, Betriebs- und Wohngebäude, die ganz oder überwiegend zu einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gehören oder land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden. Hiebei ist die Beschaffenheit oder die Art ihrer tatsächlichen Verwendung maßgebend. ...
2. Landwirt (Voll-, Zu- oder Nebenerwerbslandwirt) ist, wer
a) einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb als selbständige Wirtschaftseinheit persönlich (d.h. allein oder zusammen mit Familienangehörigen und/oder landwirtschaftlichen Dienstnehmern) bewirtschaftet und daraus seinen und den Lebensunterhalt seiner Familie zumindest zu einem erheblichen Teil bestreitet;
b) nach Erwerb einer land- oder forstwirtschaftlichen Liegenschaft einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb als selbständige Wirtschaftseinheit persönlich (allein oder zusammen mit Familienangehörigen und/oder landwirtschaftlichen Dienstnehmern) bewirtschaften und daraus seinen und den Lebensunterhalt seiner Familie zumindest zu einem erheblichen Teil bestreiten will, wenn er
aa) diese Absicht durch ausreichende Gründe belegen und
bb) aufgrund praktischer Tätigkeit oder fachlicher Ausbildung die dazu erforderlichen Fähigkeiten glaubhaft machen kann.
3. Interessenten sind
a) Landwirte, die bereit sind, anstelle des Erwerbers oder des Nutzungsberechtigten ein gleichartiges Rechtsgeschäft unter Lebenden über die land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft abzuschließen, wenn sie glaubhaft machen, daß die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes oder Pachtzinses und die Erfüllung sonstiger ortsüblicher und für den Verkäufer (Verpächter, Fruchtgenußgeber u. dgl.) lebensnotwendiger Vertragsbedingungen gewährleistet ist;
b) ... .
§2
Beschränkungen des Verkehrs mitland- oder forstwirtschaftlichen Liegenschaften
(1) Rechtsgeschäfte unter Lebenden über land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaften bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, wenn sie zum Gegenstand haben:
Z die Übertragung des Eigentums,
...
§3
Voraussetzungen für die Zustimmung
(1) Die Grundverkehrsbehörde hat einem Rechtsgeschäft die Zustimmung zu erteilen, wenn es dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes nicht widerstreitet. Soweit ein solches Interesse nicht besteht, hat die Grundverkehrsbehörde dem Rechtsgeschäft auch dann die Zustimmung zu erteilen, wenn das Rechtsgeschäft dem Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerstreitet.
(2) Ein solcher Widerstreit ist jedenfalls gegeben, wenn
a) der Erwerber, Pächter oder Fruchtgenußberechtigte einer Liegenschaft kein Landwirt ist und ein oder mehrere Interessenten vorhanden sind;
b) ...
c) das Interesse an der Stärkung oder Schaffung eines oder mehrerer bäuerlicher Betriebe das Interesse an der Verwendung aufgrund des vorliegenden Vertrages überwiegt und Interessenten vorhanden sind;
...
g) Gründe zur Annahme vorliegen, daß eine spekulative Kapitalsanlage beabsichtigt ist. Eine solche liegt insbesondere dann vor, wenn aus der Tatsache der beruflichen Tätigkeit des Erwerbers oder aus seiner Entfernung von der land- oder forstwirtschaftlichen Liegenschaft zwingend geschlossen werden kann, daß er zur Selbstbewirtschaftung offenbar nicht in der Lage ist oder der Erwerb nur zum Zweck der Verpachtung erfolgt oder eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nicht zu erwarten ist;
h) die Gegenleistung den ortsüblichen Verkehrswert, bei Pachtverträgen den ortsüblichen Pachtzins ohne ausreichende Begründung erheblich übersteigt;
...
(3) Ein solcher Widerstreit liegt nicht vor, wenn eine land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft
a) ...
b) zum Zweck der Errichtung oder Vergrößerung einer gewerblichen, industriellen oder bergbaulichen Anlage bestimmt ist, es sei denn, daß mehr Grundflächen als notwendig in Anspruch genommen werden. Die Zweckbestimmung ist durch eine Bescheinigung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich glaubhaft zu machen und von der Grundverkehrsbehörde zu überprüfen;
..."
2. Die Grundverkehrs-Landeskommission hat, indem sie der Berufung der Beschwerdeführer nicht Folge gab, einen mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmenden neuen Bescheid erlassen (s. zB VfSlg. 13192/1992 mit Hinweisen auf Vorjudikatur), mit dem sie der beabsichtigten Eigentumsübertragung die Zustimmung versagte.
Die Grundverkehrsbehörde erster Instanz begründete die Versagung der Zustimmung im wesentlichen damit, daß zum einen die Beschwerdeführer keine Landwirte seien und eine Interessentin vorhanden sei, zum anderen der vereinbarte Kaufpreis den ortsüblichen Verkehrswert ohne ausreichende Begründung erheblich übersteige. Sie stützte ihren Bescheid somit der Sache nach auf §3 Abs2 lita und h NÖ GVG 1989. Die Grundverkehrs-Landeskommission berief sich im Spruch ihres Bescheides außer auf diese Bestimmungen überdies ausdrücklich auch auf §3 Abs2 litc und g sowie auf §3 Abs3 litb NÖ GVG 1989. Sie verneinte das Vorliegen der in §3 Abs3 litb NÖ GVG 1989 umschriebenen Voraussetzungen für die Erteilung der Zustimmung und ging demnach insbesondere davon aus, daß die Kaufgrundstücke nicht im Sinne dieser Vorschrift zum Zweck der Errichtung oder Vergrößerung einer gewerblichen, industriellen oder bergbaulichen Anlage bestimmt seien. Sie vertrat die Auffassung, daß die grundverkehrsbehördliche Zustimmung - unabhängig vom Vorliegen weiterer Versagungsgründe - jedenfalls bereits aus dem in §3 Abs2 lith NÖ GVG 1989 angeführten Grund (die Gegenleistung übersteigt ohne ausreichende Begründung erheblich den ortsüblichen Verkehrswert) zu versagen sei.
3.a) Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 13406/1993 mit Hinweisen auf Vorjudikatur) durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur verletzt werden, wenn dieser auf einer mit dem Gleichheitsgebot in Widerspruch stehenden Rechtslage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides Willkür geübt hat.
b) Der Verfassungsgerichtshof hat aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die Vorschriften des NÖ GVG 1989, die dem von der Grundverkehrs-Landeskommission primär herangezogenen Versagungsgrund inhaltlich zugrunde liegen - also §3 Abs2 lith und §3 Abs3 litb NÖ GVG 1989 - keine verfassungsrechtlichen Bedenken (s. in diesem Zusammenhang zu §3 Abs2 lith etwa das Erkenntnis vom 1.3.1994, B1056/93, und die zu gleichartigen Bestimmungen ergangenen Erkenntnisse VfSlg. 12611/1991 und 13101/1992 und die dort jeweils zitierte Vorjudikatur; zu §3 Abs3 litb etwa VfSlg. 9564/1982).
c) Die Grundverkehrs-Landeskommission hat diese Vorschriften aber auch nicht denkunmöglich (was Willkür indizieren würde; s. dazu etwa VfSlg. 5396/1966, 9792/1983, 11754/1988) oder willkürlich angewendet.
Wie sich aus §3 Abs1 iVm §3 Abs3 litb NÖ GVG 1989 ergibt, ist der Übertragung des Eigentums an einer land- oder forstwirtschaftlichen Liegenschaft zuzustimmen, wenn sie zum Zweck der Errichtung oder Vergrößerung einer gewerblichen, industriellen oder bergbaulichen Anlage bestimmt ist, es sei denn, daß mehr Grundflächen als notwendig in Anspruch genommen werden.
Die Grundverkehrs-Landeskommission ging davon aus, daß diese Voraussetzung für die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung nicht vorliege, weil die Kaufgrundstücke keineswegs zum Zweck der Errichtung oder Vergrößerung einer gewerblichen, industriellen oder bergbaulichen Anlage bestimmt seien, sondern nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer lediglich insofern der Erweiterung einer gewerblichen Tätigkeit dienen sollten, als der produzierte Wein im Rahmen des von den Beschwerdeführern betriebenen Gastgewerbes abgegeben werden sollte. Die - in der Beschwerde nicht bekämpfte - Auffassung der Grundverkehrs-Landeskommission, daß unter diesen Umständen die Voraussetzungen für die Erteilung der Zustimmung nach §3 Abs1 iVm §3 Abs3 litb NÖ GVG 1989 nicht vorliegen, ist jedenfalls - worauf es hier allein ankommt - vertretbar und daher weder denkunmöglich noch willkürlich.
Die Grundverkehrs-Landeskommission versagte die Zustimmung primär mit der Begründung, daß die Gegenleistung den ortsüblichen Verkehrswert ohne ausreichende Begründung erheblich übersteigt. Sie stützte den angefochtenen Bescheid insofern auf den in §3 Abs2 lith NÖ GVG 1989 normierten Versagungstatbestand. Dem von ihr eingeholten Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen folgend ging sie davon aus, daß der im Sinne dieser Bestimmung maßgebliche "ortsübliche Verkehrswert" der Kaufgrundstücke sich auf (höchstens) S 80.-/m2 belaufe. Zu diesem Ergebnis war der Amtssachverständige durch einen Vergleich der zwischen 1987 und 1993 in vier benachbarten Weinbaugemeinden erzielten Kaufpreise von Weingartenflächen gelangt. In dem Umstand, daß die Kaufgrundstücke in nur geringer Entfernung zum Bauland gelegen sind, sah die Grundverkehrs-Landeskommission keine ausreichende Begründung dafür, daß im vorliegenden Fall ein den ortsüblichen Verkehrswert erheblich übersteigender Kaufpreis von S 131,-/m2 vereinbart wurde.
Wenn die Beschwerde dies und den Umstand rügt, daß die Grundverkehrs-Landeskommission nicht ausreichend geprüft, jedenfalls aber nicht ausreichend begründet habe, ob der vereinbarte Kaufpreis den ortsüblichen Verkehrswert (vgl. dazu etwa VfSlg. 7539/1975) erheblich übersteigt, so wird damit eine allenfalls unrichtige, nicht aber eine denkunmögliche oder willkürliche Gesetzesanwendung geltend gemacht.
Die Grundverkehrs-Landeskommission konnte somit in denkmöglicher Weise davon ausgehen, daß der in §3 Abs2 lith NÖ GVG 1989 umschriebene Grund für die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung vorliegt. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob auch die weiteren Versagungsgründe in denkmöglicher Weise herangezogen wurden (vgl. etwa VfSlg. 12527/1990, S 431, mit Hinweisen auf Vorjudikatur).
Die Beschwerdeführer sind somit durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
4. Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid aber auch in dem durch Art6 StGG gewährleisteten Recht, Liegenschaften zu erwerben und darüber frei zu verfügen, nicht verletzt worden. Dem in diese Richtung zielenden Beschwerdevorwurf ist entgegenzuhalten, daß dieses Grundrecht, im vorliegenden Fall durch den angefochtenen Bescheid nur dann berührt worden sein könnte, wenn die Zustimmung zu dem Rechtsgeschäft versagt worden wäre, um einen Landwirt beim Erwerb der Grundstücke zu bevorzugen (s. zB VfSlg. 11139/1986, 12434/1990, 13406/1993).
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde, soweit er sich inhaltlich auf §3 Abs2 lith NÖ GVG 1989 stützt, der beabsichtigten Eigentumsübertragung die Zustimmung nicht versagt, um den Erwerb der Kaufgrundstücke durch die Beschwerdeführer zugunsten eines Landwirtes, der diese Grundstücke zu erwerben beabsichtigt, zu verhindern, vielmehr erfolgte diese Entscheidung insoweit unter dem Gesichtspunkt grundverkehrsbehördlicher Interessen deshalb, weil nach Ansicht der Grundverkehrs-Landeskommission der Kaufpreis den ortsüblichen Verkehrswert ohne ausreichende Begründung erheblich übersteigt und darum die in §3 Abs1 iVm §3 Abs2 lith NÖ GVG 1989 umschriebenen Voraussetzungen für die Erteilung der Zustimmung nicht vorliegen.
Es liegt demnach auch eine Verletzung des durch Art6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes nicht vor.
5. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte der Beschwerdeführer haben somit nicht stattgefunden.
6. Da der angefochtene - in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführer eingreifende (s. etwa VfSlg. 13406/1993 mwH) - Bescheid weder gesetzlos noch auf Grund eines verfassungswidrigen Gesetzes, aber auch nicht in denkunmöglicher Auslegung eines Gesetzes ergangen ist (s. dazu die Ausführungen unter II.3.b und c), sind die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums - dessen Verletzung in der Beschwerde im übrigen nicht behauptet wird - verletzt worden.
7. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in einem anderen von ihnen nicht geltend gemachten Recht verletzt worden sind.
Ob das Gesetz richtig angewendet wurde, hat der Verfassungsgerichtshof auch dann nicht zu prüfen, wenn, wie hier, die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art133 Z4 B-VG nicht zulässig ist (s. zB VfSlg. 13406/1993 mit Hinweisen auf Vorjudikatur).
8. Mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der im gegebenen Zusammenhang angewendeten Rechtsvorschriften (s. dazu oben unter II.3.b) ist es auch ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführer wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
9. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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